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27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Juni 1994 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 12 und 125 StGB; fahrlässige Körperverletzung, actio libera in causa. | |
Sachverhalt | |
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B. wies zur Zeit der Tat eine Blutalkoholkonzentration von 2,09 - 2,32 Gewichtspromillen auf.
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B.- Am 12. März 1992 verurteilte das Bezirksgericht Baden B. wegen fahrlässiger Körperverletzung, Führens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand und weiterer SVG-Delikte zu 12 Monaten Gefängnis (unbedingt) und Fr. 2'000.-- Busse.
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C.- Auf Berufung von B. hin erkannte das Obergericht des Kantons Aargau am 4. November 1993 auf eine Strafe von zehn Monaten Gefängnis (unbedingt) und Fr. 2'000.-- Busse.
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D.- B. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Aus den Erwägungen: | |
2. a) Gemäss Art. 12 StGB sind die Bestimmungen der Art. 10 und 11 StGB über die Unzurechnungsfähigkeit bzw. die verminderte Zurechnungsfähigkeit nicht anwendbar, wenn die schwere Störung oder die Beeinträchtigung des Bewusstseins vom Täter selbst in der Absicht herbeigeführt wurde, in diesem ![]() | 6 |
b) Die Vorinstanz hat in bezug auf das Fahren in angetrunkenem Zustand die volle Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der actio libera in causa zu Recht und unangefochten bejaht. Zu prüfen ist somit einzig, ob für ihn zur Zeit, als er noch voll zurechnungsfähig war, bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit voraussehbar war, er werde sich durch das Fehlverhalten eines andern Verkehrsteilnehmers zu einer mit einer Körperverletzung endenden Verfolgungsjagd provozieren lassen.
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c) Für die Haftung unter dem Gesichtspunkt der actio libera in causa genügt es nicht, wenn für den Täter nur die Möglichkeit irgendeines nicht näher konkretisierten Deliktes vorauszusehen war. Die Haftung erfordert vielmehr, dass der Täter im Zeitpunkt der vollen Schuldfähigkeit voraussehen konnte, er werde ein bestimmtes Delikt begehen (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, § 11 N. 44). Dabei ist nicht notwendig, dass der Täter den späteren Geschehensablauf in allen seinen Einzelheiten voraussehen konnte. Mindestens in seinen wesentlichen Zügen musste er für ihn aber voraussehbar sein, da er sonst nicht die Pflicht haben konnte, sich darauf einzustellen (STRATENWERTH, a.a.O., § 16 N. 17; NOLL/TRECHSEL, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, 3. Aufl., S. 223).
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d) Die Vorinstanz legt dar, der Beschwerdeführer sei emotional unausgeglichen gewesen und habe zu Gefühlsausbrüchen und Unbeherrschtheiten geneigt. Mit diesem allgemeinen Hinweis lässt sich die Vorhersehbarkeit des hier zu beurteilenden Geschehensablaufs nicht begründen. Der Beschwerdeführer ist durch das Fehlverhalten eines unbekannten Verkehrsteilnehmers zu einer Vollbremsung gezwungen worden. Ein solches Fehlverhalten war zwar nicht ausgeschlossen, aber es war nicht so naheliegend, dass der Beschwerdeführer zur Zeit, als er zu trinken begann, bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit damit hätte rechnen müssen. Die Vorinstanz stützt sich bei der Beurteilung der Frage, ob für den Beschwerdeführer seine Reaktion auf das Fehlverhalten des unbekannten ![]() | 9 |
e) Die Beschwerde ist daher gutzuheissen. Die Vorinstanz wird bei der Neubeurteilung der Sache zu prüfen haben, ob und inwieweit die Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit den auf der Verfolgungsjagd begangenen Straftaten vermindert war. Gestützt darauf wird sie neu zur Strafzumessung Stellung nehmen müssen.
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