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43. Urteil der Anklagekammer vom 26. September 1994 i.S. Bankinstitute der Städte Zürich und Genf sowie des Kantons Tessin gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft | |
Regeste |
Art. 101bis und 105bis Abs. 2 BStP; Ersuchen um Auskünfte. | |
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b) Die meisten Adressaten der angefochtenen Verfügung haben gleichzeitig die Kopie einer Beschwerde an den Bundesrat gemäss Art. 14 Abs. 1 BStP in Verbindung mit Art. 72 lit. b VwVG (SR 172.021) beigelegt oder darauf hingewiesen, dass eine solche ebenfalls erhoben worden sei.
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c) Die angefochtenen drei Verfügungen haben denselben Inhalt; es handelt sich um dieselbe Verfügung in den drei Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch. Die Identität des Anfechtungsgegenstandes rechtfertigt es, die Beschwerden in einem Urteil zu erledigen. In Anwendung von Art. 37 Abs. 3 OG wird das Urteil in einer der Amtssprachen verfasst; da eine der ![]() | 4 |
d) Auf eine Vernehmlassung der Bundesanwaltschaft wird verzichtet, da sich die Beschwerden als offensichtlich unzulässig erweisen.
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Stellt wie im vorliegenden Fall der Bundesanwalt selber das Auskunftsbegehren, so entfällt diese Beschwerdemöglichkeit; die angefochtenen Verfügungen enthalten denn auch keine Rechtsmittelbelehrung, sondern den Hinweis, dass das Beschwerderecht durch eine anschliessende Beschlagnahmeverfügung gewahrt sein werde. Es ist zu prüfen, ob solche Amtshandlungen dennoch der Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts unterliegen.
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b) Gemäss Art. 105bis Abs. 2 BStP kann gegen Zwangsmassnahmen und damit zusammenhängende Amtshandlungen, die der Bundesanwalt angeordnet oder bestätigt hat, innert 10 Tagen bei der Anklagekammer des Bundesgerichts Beschwerde geführt werden.
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Die Bezeichnung des möglichen Anfechtungsobjektes deckt sich mit derjenigen von Art. 26 Abs. 1 VStrR. Dass dies kein Zufall ist, sondern vielmehr der Absicht des Gesetzgebers entspricht, ergibt sich aus der bundesrätlichen Botschaft vom 16. Oktober 1990, nach welcher "wie im Verwaltungsstrafverfahren (vgl. Art. 26 Abs. 1 VStrR) auch mit Zwangsmassnahmen zusammenhängende weitere Amtshandlungen bei der Anklagekammer angefochten werden können" (BBl 1990 III 1235). Der Gesetzgeber wollte damit offensichtlich die Überprüfung der Massnahmen und Handlungen im Bundesstrafprozess gleich regeln, wie dies bereits im Verwaltungsstrafverfahren geschehen ist.
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Als Zwangsmassnahmen werden in der bundesrätlichen Botschaft ausdrücklich erwähnt: Verhaftung, vorläufige Festnahme, Beschlagnahme, Untersuchung und Durchsuchung sowie die Einziehung (BBl 1988 II 505, vgl. auch BBl 1990 III ![]() | 10 |
Da entsprechend einem allgemeinen Grundsatz in verschiedenen Bundesgesetzen verwendete identische Begriffe auch gleich auszulegen sind, sind zu den Zwangsmassnahmen gemäss Art. 105bis BStP nur die in den Art. 45 ff. VStrR aufgeführten zu zählen.
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c) Nicht zu den Zwangsmassnahmen in diesem Sinne sind Auskunftsbegehren gemäss Art. 101bis BStP zu zählen. Denn diese Bestimmung "ist die gesetzliche Umschreibung einer bereits vorher geübten Praxis und entspricht im übrigen Artikel 40 des Verwaltungsstrafrechts" (BBl 1990 III 1232). Art. 40 VStrR, welcher im Wortlaut mit Art. 101bis BStP übereinstimmt, findet sich indessen gesetzessystematisch - unter Buchstabe C "Einvernahmen, Auskünfte" - vor der Regelung der Zwangsmassnahmen (Buchstabe F, Art. 45 ff.) und kann schon deshalb nicht zu diesen gezählt werden.
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d) Es bleibt zu prüfen, ob ein Ersuchen um Auskunft als eine mit einer Zwangsmassnahme zusammenhängende Amtshandlung zu betrachten ist. Solange noch keine Zwangsmassnahme angeordnet wurde, kann grundsätzlich auch nicht von einer damit zusammenhängenden Amtshandlung gesprochen werden. Eine solche ist etwa dann gegeben, wenn gegenüber dem verhafteten Beschuldigten dessen Anspruch auf Besuch durch seinen Anwalt beschränkt wird; denn eine solche Massnahme hängt mit der - bereits angeordneten - Zwangsmassnahme der Verhaftung zusammen (unveröffentlichtes Urteil der Anklagekammer vom 15. September 1993 i.S. G. gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft, E. 3, in welchem Verfahren in bezug auf die Zuständigkeit ein Meinungsaustausch mit dem Eidg. Justiz- und Polizeidepartement durchgeführt wurde). Andererseits ![]() | 13 |
e) Die angefochtene Verfügung verlangt gemäss Art. 101bis BStP Auskünfte bei den betreffenden Banken über Bankkonti, Depots und Vermögenswerte von 60 namentlich erwähnten Personen. In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass auf entsprechende Benachrichtigung durch die Bank, wonach Vermögenswerte bestünden, ein Einziehungsverfahren mit Ausstellen eines begründeten Beschlagnahmebefehls eingeleitet werde.
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Ein solches Ersuchen um Auskünfte über Konti, Depots und Vermögenswerte ist keine mit Beschwerde an die Anklagekammer anfechtbare Zwangsmassnahme - wie die eigentliche Beschlagnahmeverfügung -, sondern die blosse Aufforderung, die entsprechenden Informationen mitzuteilen. Damit steht aber noch gar nicht fest, ob überhaupt eine eigentliche Zwangsmassnahme verfügt wird und welche Gegenstände und Vermögenswerte davon betroffen sein werden. Das Ersuchen um Auskünfte kann nach dem oben Gesagten auch nicht als mit einer Zwangsmassnahme zusammenhängende Amtshandlung bezeichnet werden, die mit Beschwerde an die Anklagekammer angefochten werden könnte.
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