BGE 120 IV 319 | |||
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53. Urteil des Kassationshofes vom 18. Oktober 1994 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen B. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 145 StGB; Sachbeschädigung. | |
Sachverhalt | |
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Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich bestrafte B. am 24. November 1993 wegen Sachbeschädigung im Sinne von Art. 145 Abs. 1 StGB mit einem Monat Gefängnis, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von drei Jahren, und einer Busse von Fr. 1'000.--. Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sprach ihn am 15. März 1994 frei.
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil des Obergerichts sei wegen Verletzung von Art. 145 Abs. 1 StGB aufzuheben und die Sache zur Schuldigsprechung und Bestrafung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Vorinstanz warf die Frage auf, ob eine durch Farbanstrich in ihrer Ansehnlichkeit bereits beeinträchtigte Fassade in dieser Hinsicht weitere Beeinträchtigungen erfahren könne. Sie ging davon aus, die tangierte Fassadenseite sei mit Ausnahme eines kleinen - im Gesamtbild unbedeutenden - Teils an ihrem Sockel vollständig mit Farben aus einer Spraydose bedeckt gewesen, bevor der Beschwerdegegner "seine Steine" angebracht habe. Eine im ganzen Umfang in ihrer Ansehnlichkeit beeinträchtigte Mauer könne aber nicht weiter beschädigt werden, soweit der neue Eingriff nur die Beeinträchtigung der Ansehnlichkeit betreffe und nicht einen zusätzlichen materiellen Schaden - etwa durch einen Mehraufwand bei der Entfernung - hervorrufe. Die erneute Beeinträchtigung im Aussehen falle nicht in Betracht, "so wie der unheilbar zerbrochene Krug im strafrechtlichen Sinn nicht weiter zerstört werden, das Versehen der schon vollständig eingedrückten Autotüre mit weiteren Beulen nicht mehr von Bedeutung sein" könne (Entscheid und abweichende Minderheitsmeinung veröffentlicht in SJZ 1994/90 S. 272 f. Nr. 34).
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Demgegenüber weist die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die abweichende Minderheitsmeinung bei der Vorinstanz darauf hin, bei einer besprayten Wand liege kein Totalschaden und keine totale "Betriebsunfähigmachung" vor. Vielmehr sei die Ansehnlichkeit einer Wand eine Qualifikation, die verschiedene Abstufungen zulasse, weshalb es durchaus möglich sei, dass die zweite Besprayung eine Wand noch "unschöner" mache, wie dies im vorliegenden Fall durch das Aufzeichnen von grauen Steinen auf eine vorbestehende, in sich geschlossene Bemalung geschehen sei. Dazu komme, dass der Beschwerdegegner nicht nur die bereits vorhandenen Graffitis übersprayt, sondern eine weitere, bis dahin unversprayte Fläche der Wand bemalt habe; wenn heute nur die vom Beschwerdegegner im unteren Bereich der Wand aufgesprayten Steine zur Diskussion stünden, d.h. die übrige Fassade unbemalt wäre, liesse sich von vornherein nicht behaupten, es liege keine Sachbeschädigung vor.
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Der Beschwerdegegner macht dagegen unter anderem geltend, unter dem Aspekt gesellschaftlicher Relevanz erscheine es als "verheerend", wenn jeder Spray, der auf einen schon bestehenden angebracht werde, die "ganze Repressionsmaschinerie des Staates" in Bewegung setze.
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b) Es stellt sich die Frage, wie es sich verhält, wenn eine bereits bestehende Bemalung übersprayt wird. Es dürfte unbestritten sein, dass in einem solchen Fall ebenfalls eine Sachbeschädigung vorliegt, wenn die erste Bemalung auf Veranlassung des Berechtigten angebracht worden ist. Auch in einem solchen Fall hat der Berechtigte einen Anspruch auf Schutz vor unbefugter Beeinträchtigung der Sache, die gerade durch ihre von ihm gewünschte Ausgestaltung auf den Betrachter wirken soll.
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c) Im vorliegenden Fall hat nun aber kein vom Berechtigten Beauftragter, sondern ein Unbekannter das erste Bild aufgetragen. Auch in einem solchen Fall ist von einer Sachbeschädigung auszugehen, wenn die zweite Bemalung dem Willen des Berechtigten zuwiderläuft. Nach diesem richtet es sich nicht nur, wie seine Sache aussehen soll, sondern auch, ob er eine unbefugte Veränderung der Sache akzeptieren will. Folglich ist der objektive Tatbestand der Sachbeschädigung grundsätzlich erfüllt, wenn die Sache ohne das Einverständnis des Berechtigten verändert wird.
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In der deutschen Rechtsprechung wird für Fälle der vorliegenden Art die Ansicht vertreten, es wäre spitzfindig, wenn nur der erste Täter bestraft würde, zumal das weitere Beschriften in der Regel eine noch stärkere Verunstaltung darstelle (Hinweise bei MICHAEL J. SCHMID, Sachbeschädigung durch Ankleben von Plakaten?, NJW 1979 S. 1582 Ziff. 4). Auch STREE (SCHÖNKE/SCHRÖDER-STREE, Strafgesetzbuch, Kommentar, 24. Aufl., § 303 N. 8c) geht davon aus, eine erneute Zustandsveränderung könne den Eigentümerinteressen zuwiderlaufen und somit Sachbeschädigung sein; als Beispiel nennt er das zusätzliche Bekritzeln einer (bereits bekritzelten) Zellenwand (vgl. einschränkend OLG Frankfurt in MDR 1979 S. 693 Nr. 99).
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Das geschädigte Bauamt der Stadt Zürich hat ausdrücklich gegen den Beschwerdegegner Strafantrag wegen Sachbeschädigung gestellt. Die von ihm bewirkte, mehr als nur geringfügige Verunstaltung lief also den Interessen des Amtes zuwider. Der Beschwerdegegner hat denn auch nie geltend gemacht, er sei irrtümlich davon ausgegangen, ein Einverständnis zu seinem Tun liege vor. Danach hat er den Tatbestand der Sachbeschädigung also erfüllt.
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d) Gegen eine rein subjektive Betrachtungsweise wird eingewandt, die Vorstellungen des Betroffenen seien individuell verschieden und die Tatbestandsverwirklichung dürfe nicht vom Zufall abhängen. MAIWALD (Unbefugtes Plakatieren ohne Substanzverletzung keine Sachbeschädigung?, JZ 1980 S. 259 mit Hinweis auf SCHROEDER) verlangt deshalb einschränkend, dass eine Sachbeschädigung dann entfalle, wenn keinerlei vernünftiges Interesse des Eigentümers an der Beibehaltung des vorherigen Zustandes ersichtlich sei, so dass sein Beharren auf dem Sosein seiner Sache als reine "Marotte" erscheine. Es wird auch angenommen, abzustellen sei darauf, ob ein "vernünftiger Eigentümer" die Einwirkung als Nachteil ansehen würde (so SCHMID, a.a.O. S. 1581).
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Es kann offenbleiben, ob diese Einschränkung berechtigt ist, denn für den vorliegenden Fall lässt sich von vornherein nicht behaupten, dass das geschädigte Bauamt der Stadt Zürich aus einer reinen "Marotte" heraus oder gar in rechtsmissbräuchlicher Weise Strafantrag gestellt hätte, zumal der Beschwerdeführer einen kleinen Teil der Wand an deren Sockel erstmals übersprayt hat.
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e) Zu den Erwägungen im angefochtenen Entscheid ist anzumerken, dass der Vergleich der Vorinstanz mit einem "unheilbar zerbrochenen Krug" oder einer "vollständig eingedrückten Autotüre" schon deshalb an der Sache vorbei geht, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Zerstörung oder schwere Beschädigung einer Sache geht, sondern um deren Bemalung, die nur die Ansehnlichkeit der Sache betrifft. Im übrigen ist in der Judikatur die zutreffende Ansicht vertreten worden, eine Sachbeschädigung könne auch an einer verbeulten Karosserie begangen werden, deren Sach- und Gebrauchswert bereits stark gelitten habe und nur noch sehr gering sei, da der Eigentümer auch an der Erhaltung des verbleibenden Wertes ein schützenswertes Interesse haben könne (Obergericht des Kantons Bern in ZBJV 112/1976 S. 384 f. mit kritischer Bemerkung SCHULTZ).
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3. Die Beschwerde erweist sich danach als begründet, weshalb das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen werden muss. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdegegner, der Abweisung der Beschwerde beantragt hat, die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen.
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