![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
22. Urteil des Kassationshofes vom 12. Mai 1995 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen C. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 197 Ziff. 3 StGB; Ausscheidungen. | |
Sachverhalt | |
1 | |
Gegen diesen Entscheid führt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das Urteil sei wegen Verletzung von Art. 197 Ziff. 3 StGB aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen; sie rügt, dass diejenigen Magazine, Bücher, Video-Bänder und Video-Acht-Produkte nicht vom Schuldspruch umfasst sind, die Ejakulationen zeigen.
| 2 |
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. a) Wer pornographische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornographische Vorführungen, die sexuelle Handlungen mit Kindern oder mit Tieren, menschlichen Ausscheidungen oder Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben, herstellt, ![]() | 3 |
Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ist der Beschwerdegegner seit Ende 1987 Eigentümer zweier Sexshops in X., einziger Geschäftsführer einer Unternehmung, die im wesentlichen Handel mit Sexartikeln treibt, und Verantwortlicher für die Bereiche Einkauf, Verkauf und Personalwesen. Anlässlich einer Hausdurchsuchung am 6. März 1991 wurden in den beiden Sexshops unter anderem zahlreiche Magazine, Bücher und Video-Kassetten sichergestellt. Diese enthielten unter anderem Gewaltdarstellungen, zeigten sexuelle Handlungen mit Urin und/oder Kot und bildeten sichtbare Samenergüsse ab. Der Photodokumentation, auf die im angefochtenen Entscheid verwiesen wird, ist zu entnehmen, dass bei den sichtbaren Samenergüssen das Ejakulat in den vier in den Akten dokumentierten Fällen gegen das Gesicht der Frau bzw. in ihren Mund gespritzt wird.
| 4 |
Der Beschwerdegegner wurde wegen jener Publikationen verurteilt, die Gewaltdarstellungen und menschliche Ausscheidungen (Urin oder Kot) zum Gegenstand haben. Nach Auffassung der Vorinstanz ist "harte Pornographie im Sinne von Art. 197 Ziff. 3 StGB ... ohne weiteres bezüglich der in der ergänzten Anklage unter den Abschnitten 'Gewaltdarstellungen' sowie 'menschliche Ausscheidungen/Urin und/oder Kot' genannten Magazine, Bücher, Videokassetten und Video 8-Produktionen als gegeben zu betrachten". Demgegenüber seien sichtbare Samenergüsse nicht zu den verpönten menschlichen Ausscheidungen zu zählen.
| 5 |
b) Die Beschwerdeführerin macht zur Hauptsache geltend, Grundgedanke von Art. 197 Ziff. 3 StGB sei in erster Linie ein vorbeugender und konsequenter Jugendschutz. Vor diesem Hintergrund könne die demonstrative Darstellung von spritzender Samenflüssigkeit nicht toleriert werden.
| 6 |
2. Die bundesrätliche Botschaft zur Revision des Sexualstrafrechts vom 26. Juni 1985 äussert sich zur Frage, ob Samenergüsse zu den menschlichen Ausscheidungen im Sinne von Art. 197 Ziff. 3 StGB zu zählen sind, nicht (vgl. BBl 1985 II 1088-1092). Nach der in der Literatur einhellig vertretenen Ansicht sind jedoch unter Ausscheidungen Stuhl und Urin, nicht aber Sperma zu verstehen (Rehberg, Das revidierte Sexualstrafrecht, AJP 2/1993 S. 29; zustimmend TRECHSEL, Fragen zum neuen Sexualstrafrecht, ZBJV ![]() | 7 |
Es trifft zu, dass nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch Sperma nicht zu den menschlichen Ausscheidungen gehört. Darunter versteht man ein "abgesondertes, ausgeschiedenes Stoffwechselprodukt" und insbesondere die Darmausscheidung (Duden, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache, Band 1, S. 270) bzw. "das Entleeren von Exkreten aus Niere und Darm" (Der grosse Brockhaus, Erster Band, S. 471). Der französische Gesetzeswortlaut spricht von excréments. Auch dieses Wort hat jedenfalls nach moderner Auffassung dieselbe Bedeutung wie das deutsche Wort Ausscheidungen (vgl. Le grand Robert de la langue française, 2. Aufl., Band 4, S. 271). Dasselbe gilt für die italienische Bezeichnung escremento (GABRIELLI, Grande dizionario illustrato della lingua italiana, S. 1389).
| 8 |
Das gemeinsame Kennzeichen der in Art. 197 Ziff. 3 StGB abschliessend aufgezählten Fälle besteht offensichtlich in der Darstellung schwerer sexueller Perversionen (REHBERG, Das revidierte Sexualstrafrecht, AJP 2/1993 S. 29). STRATENWERTH spricht in diesem Zusammenhang von den Formen besonders abartiger oder abscheuerregender sexueller Praktiken (Schweizerisches Strafrecht, BT I, 5. Aufl., § 10 N. 6). Bei der Abbildung des Samenergusses im Zusammenhang mit sonst nicht unter die harte Pornographie fallenden sexuellen Handlungen kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin von einer "schweren sexuellen Perversion" oder von einer besonders abartigen und abscheuerregenden Praktik nicht gesprochen werden.
| 9 |
Auch der von der Beschwerdeführerin in den Vordergrund gestellte Jugendschutz drängt keine andere Betrachtungsweise auf. Jugendschutz erscheint im wesentlichen dann als angezeigt, wenn die Möglichkeit nicht auszuschliessen ist, dass gewisse Darstellungen die sexuelle Entwicklung Jugendlicher stören (BBl 1985 II S. 1089) und deren sexuelles Verhalten ungünstig beeinflussen könnten (Expertenkommission, zitiert nach MARC FORSTER, Die Korrektur des strafrechtlichen Rechtsgüter- und ![]() | 10 |
11 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |