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38. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. September 1995 i.S. L. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 90 Ziff. 2 und 35 Abs. 2 SVG; grobe Verkehrsregelverletzung durch vorschriftswidriges Überholen. | |
Sachverhalt | |
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B.- Das Strafgericht Basel-Landschaft sprach L. am 4. Oktober 1994 der groben Verletzung von Verkehrsregeln schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 500.--. Bei der Strafzumessung wandte es Art. 64 Abs. 6 StGB (beschränkte Einsichtsfähigkeit aufgrund des Alters von 18 Jahren) sowie im Hinblick auf die erlittenen Verletzungen Art. 66bis StGB an.
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C.- Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft wies am 25. April 1995 eine dagegen erhobene Appellation von L. ab.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
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aus folgenden Erwägungen: | |
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Art. 90 Ziff. 2 SVG ist objektiv erfüllt, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit abstrakt oder konkret gefährdet hat. Subjektiv erfordert der Tatbestand, dass dem Täter aufgrund eines rücksichtslosen oder sonstwie schwerwiegend regelwidrigen Verhaltens zumindest eine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (BGE 118 IV 285 E. 3 und 4, 197 E. 2, 188 E. 2a und 84 E. 2a mit Hinweisen).
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b) Überholen ist nur gestattet, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert wird. Im Kolonnenverkehr darf nur überholen, wer die Gewissheit hat, rechtzeitig und ohne Behinderung anderer Fahrzeuge wieder einbiegen zu können (Art. 35 Abs. 2 SVG).
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Der vom Gesetz als übersichtlich und frei geforderte "nötige Raum" ist unter einem doppelten Gesichtspunkt zu verstehen, nämlich im Sinne einer genügenden Breite wie auch einer genügenden Länge der Überholspur (BGE 101 IV 72 E. 1b). Wer eine Fahrzeugkolonne überholen will, muss sich vergewissern, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür im Zeitpunkt erfüllt sind, da er mit seinem Manöver beginnt (BGE 105 IV 336 E. 2). Der Überholende muss von Anfang an die Gewissheit haben, sein Überholmanöver sicher und ohne Gefährdung Dritter abschliessen zu können. Er muss sicher sein, während des ganzen Überholmanövers niemanden zu gefährden und gefahrlos entweder an der Spitze der Kolonne oder in eine bereits vorhandene grössere Lücke einbiegen zu können. Das Überholen ist nicht unzulässig, weil weiter vorne bereits ein anderes Fahrzeug im Überholen begriffen ist. Der Führer des zweiten Fahrzeugs muss dann aber einen ![]() | 9 |
c) Art. 35 Abs. 2 SVG ist eine für die Gewährleistung der Sicherheit des Strassenverkehrs wichtige Bestimmung. Der Beschwerdeführer hat sie in schwerer Weise missachtet. Der Streckenabschnitt "Liebmatt" weist nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 277bis Abs. 1 BStP) zwar eine genügende Breite zum Überholen auf. Die Strasse ist jedoch relativ schmal, so dass ein Überholmanöver einzig auf der Gegenfahrbahn durchgeführt werden kann. Eine Ausweichmöglichkeit besteht nicht. Es war zudem Nacht, und die Fahrbahn war nass. Der Beschwerdeführer musste mit einem langen Überholweg rechnen, da anzunehmen war, dass die zu überholenden Fahrzeuge nach der S-Kurve ihre Geschwindigkeit bis zur Limite von 80 km/h erhöhen würden, und sein Fahrzeug zudem über ein vergleichsweise geringes Beschleunigungsvermögen verfügte. Unter diesen Umständen durfte er das Überholmanöver schon deshalb nicht einleiten, weil er es bei Beachtung der Geschwindigkeitslimite von 80 km/h gar nicht durchführen konnte. Nach den Feststellungen der Vorinstanz setzte der Beschwerdeführer zum Überholen an, indem er sich einem anderen überholenden Fahrzeug anschloss. Ein derartiges blindes "Anhängen" ist, wie in BGE 95 IV 175 bereits hervorgehoben wurde, gefährlich und verboten. Selbst wenn der Beschwerdeführer dem überholenden Fahrzeug nicht blind nachgefahren wäre, sondern sich zum Überholweg Gedanken gemacht hätte, würde ihm das nicht helfen. Denn diesfalls hätte er sich über die erforderliche Überholstrecke in einem schwerwiegenden Ausmass getäuscht. Die Tatsache, dass er mit einem ![]() | 10 |
Auch die subjektiven Voraussetzungen von Art. 90 Ziff. 2 SVG sind gegeben. Wer nachts bei nasser Fahrbahn unter Umständen wie hier eine Fahrzeugkolonne überholt, gefährdet die anderen Verkehrsteilnehmer erheblich und handelt verantwortungslos.
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