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57. Urteil des Kassationshofes vom 24. November 1995 i.S. Z. gegen Erbengemeinschaft K. und L. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 169 StGB; Verfügung über mit Beschlag belegte Vermögenswerte. | |
Sachverhalt | |
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Gegen dieses Urteil führt Z. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung und zur Abweisung der Zivilklage an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner ersucht er, der Beschwerde sei aufschiebende Wirkung zu verleihen.
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Die Privatklägerin beantragt in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Bern hat auf Gegenbemerkungen verzichtet.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Vorinstanz gelangte zum Schluss, es sei ein gültiger Retentionsbeschlag zustande gekommen. Daran ändere der Umstand nichts, dass der Fotokopierer und der Metallschrank in das Eigentum der Firma R. und Sohn übergegangen sei. Auch habe die Vermieterin nicht annehmen müssen, die fraglichen Gegenstände hätten nicht der Mieterin gehört. Über die Retention sei der Beschwerdeführer mindestens summarisch von seiner Sekretärin in Kenntnis gesetzt worden. Er habe daher gewusst, dass alle Sachen auf Geheiss des Betreibungsamtes im Büro zu verbleiben hätten. Im übrigen habe die ![]() | 6 |
b) Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe den Besitz an den Gegenständen auf die Erwerberin übertragen, dieselben jedoch aufgrund eines besonderen Rechtsverhältnisses zurückbehalten. Es fehle an der nachträglichen, eigenmächtigen Verfügung über eine amtlich aufgezeichnete Sache. Die Übertragung des Eigentums an den Sachen sei im Moment der Retention längst erfolgt. Danach habe er nur noch als Entlehner von den beiden geliehenen Gegenständen Gebrauch machen dürfen. Die Abholung derselben habe nicht mehr von seinem Willen abgehangen, sondern ausschliesslich von demjenigen des Verleihers. Er habe somit nach der Retention vom 22. Dezember 1992 nicht mehr über die fraglichen Gegenstände verfügen können. Zudem fehle es auch am subjektiven Tatbestand. Es sei ihm bewusst gewesen, dass die Gegenstände bereits im Eigentum der Firma R. und Sohn gestanden hätten. Die Behändigung derselben durch die Käufer und Verleiher hätten daher nach seinem Dafürhalten keine Schädigung der Gläubigerin bewirkt. Schliesslich sei er weder verpflichtet noch überhaupt in der Lage gewesen, die Wegnahme der Gegenstände zu verhindern.
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Art. 268 OR räumt den Vermietern von Geschäftsräumen zur Sicherung ihrer Zinsforderungen ein Retentionsrecht an den beweglichen Sachen ein, die sich in den vermieteten Räumen befinden und zu deren Einrichtung oder Benutzung gehören (für die Pacht vgl. Art. 299c OR). Auf Gesuch des Retentionsgläubigers nimmt das Betreibungsamt ein Retentionsverzeichnis auf (Art. 283 SchKG). Die Aufnahme in das Verzeichnis begründet den Retentionsbeschlag. Die Schutzwirkung des Verzeichnisses besteht darin, dass der Schuldner die aufgezeichneten Gegenstände zwar gebrauchen, nicht aber über sie verfügen darf, sofern er nicht als Ersatz anderweitig Sicherheit leistet (AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 5. Aufl. 1993, § 34 N. 21; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibungs- und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. II, § 63 N. 22 und 24).
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Die Vorinstanz liess offen, ob der Beschwerdeführer noch nach dem Retentionsbeschlag im Hinblick auf die Abholung der retinierten Gegenstände durch die Käuferin tätig geworden sei; jedenfalls habe er es unterlassen, dies zu verhindern. Entgegen ihrer Auffassung genügt indessen eine blosse Unterlassung als Tathandlung der eigenmächtigen Verfügung nicht. Der Schuldner hat gegenüber seinen Gläubigern, hier der Vermieterin von Geschäftsräumen, keine Garantenstellung (ALBRECHT, a.a.O., Art. 169 N. 26; STRATENWERTH, a.a.O., § 23 N. 6). Das Verbot, über die aufgezeichneten Gegenstände zu verfügen, schafft keine besondere Obhuts- oder Sorgepflicht und keine gesteigerte Verantwortung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger. Sie genügt daher nicht zur Begründung einer strafrechtlich relevanten besonderen Pflicht, zum Schutz der Vermögensinteressen des Gläubigers tätig zu werden (ALBRECHT, a.a.O., Art. 169 N. 26, vgl. auch Art. 163 N. 33). Dasselbe gilt für das Verhältnis des Schuldners zu den Betreibungs- und Konkursbehörden, auch wenn Art. 169 StGB neben den Gläubigerinteressen zusätzlich die staatliche Autorität schützt (REHBERG, Strafrecht III, 6. ![]() | 11 |
c) Zum Vorsatz betreffend die Eigenmächtigkeit äusserte sich die Vorinstanz nicht. Sie prüfte auch nicht im einzelnen, ob der Beschwerdeführer mit dem Willen der Gläubigerbenachteiligung gehandelt, d.h. in Kauf genommen hat, die Beschwerdegegnerin zu schädigen, indem er nichts dagegen unternommen hat, dass die Käuferin, deren Eigentum an den Gegenständen nicht in Frage gestellt wurde, dieselben abholte (vgl. dazu BGE 119 IV 134 E. 2b). Dies kann hier jedoch offenbleiben, da die Vorinstanz das tatbestandsmässige Verhalten zu Unrecht in einer Unterlassung erblickt hat.
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