BGE 122 IV 51 | |||
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9. Urteil des Kassationshofes vom 4. März 1996 i.S. Z. gegen Justizdirektion des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 43 Ziff. 3, Art. 44 Ziff. 4, Art. 47 und Art. 69 StGB; in Israel durchgeführtes sog. Rehabilitationsprogramm, Anrechnung auf eine in der Schweiz zu verbüssende Freiheitsstrafe. | |
Sachverhalt | |
Am 27. November 1987 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich Z. wegen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu 16 Jahren Zuchthaus, abzüglich 519 Tage Untersuchungshaft. Am 9. August 1991 verfügte der stellvertretende Generalsekretär der Justizdirektion des Kantons Zürich die Überweisung des Z. zur Fortsetzung des Strafvollzuges in seinem Heimatland Israel. Am 14. August 1991 wurde Z. nach Tel Aviv überführt. Nach dem Bericht der ihn begleitenden Schweizer Polizeibeamten verliess Z. das dortige Flughafengebäude als freier Mann. Z. wurde in der Folge in Israel einem Rehabilitationsprogramm zugeführt.
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Am 29. November 1993 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich den stellvertretenden Generalsekretär der Justizdirektion wegen Begünstigung und Amtsmissbrauchs zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 3 Monaten. Eine dagegen vom Verurteilten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies das Bundesgericht ab, soweit es darauf eintrat.
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Am 15. März 1994 wurde Z. in Rom verhaftet. Am 29. Juli 1994 wurde er an die Schweiz ausgeliefert. Mit Verfügung vom 30. August 1994 widerrief das Amt für Straf- und Massnahmenvollzug des Kantons Zürich die Verfügung des stellvertretenden Generalsekretärs vom 9. August 1991 und ordnete die Fortsetzung des Vollzugs der Freiheitsstrafe in der Schweiz mit Wirkung ab 29. Juli 1994 an. Einen von Z. dagegen erhobenen Rekurs wies die Direktion der Justiz des Kantons Zürich am 18. April 1995 ab.
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Z. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die Verfügung der Direktion der Justiz vom 18. April 1995 sei aufzuheben; es sei festzustellen, dass die Zeit vom 14. August 1991 bis 15. März 1994 an den Vollzug der Zuchthausstrafe von 16 Jahren anzurechnen sei.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
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Erwägungen: | |
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Die Dauer freiheitsentziehender Massnahmen ist nach der Rechtsprechung grundsätzlich auf die aufgeschobene Freiheitsstrafe anzurechnen. Dabei braucht die anrechenbare Dauer nicht mit der Massnahmedauer übereinzustimmen. Namentlich wenn die persönliche Freiheit durch den Vollzug der stationären Massnahme weniger beschränkt wird als durch den Freiheitsentzug in einer Strafanstalt, ist die anrechenbare Dauer entsprechend zu kürzen. Auch bei der ambulanten Behandlung ist beim nachträglichen Vollzug der ursprünglich aufgeschobenen Freiheitsstrafe zu prüfen, ob und inwiefern der Verurteilte durch die ambulante Massnahme in seiner persönlichen Freiheit eingeschränkt wurde. In dem Masse, wie eine tatsächliche Beschränkung der persönlichen Freiheit vorliegt, ist die Behandlung auf die Freiheitsstrafe anzurechnen. Von Bedeutung ist hiefür im wesentlichen, mit welchem Zeit- und Kostenaufwand die Massnahme für den Betroffenen verbunden war. Wegen der grundsätzlichen Verschiedenheit von ambulanter Massnahme und Strafvollzug kommt in der Regel nur eine beschränkte Anrechnung der ambulanten Behandlung in Frage. Dem Richter steht in der Frage, ob und in welchem Umfang die Behandlung anzurechnen ist, ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu (BGE 121 IV 303 E. 4b mit Hinweisen). In Betracht kommt die Anrechnung auch bei einem Drogenentzug im Ausland. Auch in solchen Fällen kann der erkennende Richter abklären, ob die Beschränkung der persönlichen Freiheit in der ausländischen Institution ungefähr dem Freiheitsentzug in einer schweizerischen Heil- und Pflegeanstalt gleichkommt (BGE 114 IV 85 E. 4).
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Anstelle der Untersuchungshaft angeordnete freiheitsentziehende Ersatzmassnahmen sind analog der Untersuchungshaft auf die zu verbüssende Freiheitsstrafe anzurechnen. Bei der Bestimmung der anrechenbaren Dauer der Ersatzmassnahme hat der Richter den Grad der Beschränkung der persönlichen Freiheit im Vergleich zum Freiheitsentzug bei Untersuchungshaft zu berücksichtigen. Erhebliche Unterschiede im Ausmass der effektiven Beschränkung der persönlichen Freiheit im Falle einer konkreten Ersatzmassnahme einerseits und im Falle der Untersuchungshaft andererseits könnten bei alleinigem Abstellen auf die Zeitdauer zu einer ungerechtfertigten Privilegierung des von der Ersatzmassnahme Betroffenen führen. Der Richter hat deshalb bei der Bestimmung der anrechenbaren Dauer dieser Ersatzmassnahme den Grad der Beschränkung der persönlichen Freiheit im Vergleich zum Freiheitsentzug bei der Untersuchungshaft mitzuberücksichtigen. Ist in dieser Hinsicht der Vollzug der Ersatzmassnahme in der konkreten Institution dem Vollzug normaler Untersuchungshaft ungefähr gleichzusetzen, so ist grundsätzlich die ganze Dauer anrechenbar. Wird die Ersatzmassnahme hingegen in einer Institution vollzogen, welche die persönliche Freiheit wesentlich weniger beschränkt, kann nur eine entsprechend gekürzte Dauer in Rechnung gestellt werden (BGE 113 IV 118 E. 2c).
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Diese Grundsätze können im vorliegenden Fall analog herangezogen werden.
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b) Nach einem Bericht der Israelischen Botschaft in Paris an das Schweizerische Zentralpolizeibüro vom 11. Mai 1992 hat M., Verantwortlicher des Rehabilitationsprogrammes in Israel, den Beschwerdeführer im Flughafen in Tel Aviv in Empfang genommen. M. habe dann während 4 Monaten täglich mit dem Beschwerdeführer Kontakt gehabt. Während dieser Zeitspanne habe M. den Beschwerdeführer zu Amtsstellen begleitet, um gewisse Probleme zu regeln (Führerausweis usw.). M. habe auch Anstrengungen unternommen zur Aussöhnung des Beschwerdeführers mit seiner Familie. Zudem habe er dem Beschwerdeführer eine Zahnbehandlung ermöglicht. Zurzeit habe M. einmal wöchentlich telephonischen Kontakt mit dem Beschwerdeführer.
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In seiner Einvernahme bei der Kantonspolizei Zürich vom 11. August 1994 sagte der Beschwerdeführer aus: "Herr W. wusste (...) genau, dass ich, wenn ich in Israel ankomme, ein freier Mann sein werde. Er wusste also genau, dass ich nicht in Israel ins Gefängnis gehen muss, sondern mein Rehabilitationsprogramm zu Hause bei meiner Frau in Freiheit machen kann. Mir ist nicht klar, warum ich von der Polizei nach Israel begleitet worden bin, obwohl ganz klar war, dass ich in Israel ein freier Mann sein werde." Die Frage "Dann ist es also richtig, dass Sie nach der Übergabe durch die beiden Polizeibeamten in Tel Aviv am 14. August 1991 als freier Mann den erwähnten Flughafen verliessen?" bejahte der Beschwerdeführer. Auf die anschliessende Frage "Dann waren Sie also in Israel nach Ihrer Ankunft am 14. August 1991 nie in einem Gefängnis oder sonst irgendwo in Haft?" gab der Beschwerdeführer zur Antwort: "Nein, nicht einmal die Polizei in Tel Aviv stellte mir Fragen oder setzte sich mit mir in Verbindung".
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Das in Israel durchgeführte Rehabilitationsprogramm lässt sich nach der zutreffenden Ansicht der Beschwerdegegnerin demnach am ehesten mit einer Schutzaufsicht nach Art. 47 StGB vergleichen. M. hat dem Beschwerdeführer in Israel bei der Bewältigung verschiedener administrativer und persönlicher Probleme geholfen. Der Beschwerdeführer war dadurch bessergestellt, als wenn er sich in Israel allein hätte zurechtfinden müssen. Es ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde nicht substantiiert dargetan, dass der Beschwerdeführer in Israel einer nennenswerten Beschränkung seiner persönlichen Freiheit unterworfen war. Die Beschwerdegegnerin hat ihr Ermessen deshalb nicht überschritten, wenn sie von einer Anrechnung abgesehen hat.
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c) Die Einwände des Beschwerdeführers sind unbehelflich.
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Er befand sich weder in einer Heil- oder Pflegeanstalt noch stationär in einer vergleichbaren Institution. Aus Art. 40 Abs. 2 StGB kann er deshalb nichts herleiten.
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Zwar wird er jetzt in einem späteren Zeitpunkt aus dem Strafvollzug entlassen, als wenn er nicht nach Israel überführt worden wäre. Da er in Israel in Freiheit war, bleibt sich die Zeit, die er im Strafvollzug zu verbringen hat, insgesamt jedoch gleich. Die Verweigerung der Anrechnung widerspricht deshalb dem Gerechtigkeitsgebot nicht.
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