![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
29. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Juli 1996 i.S. D. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Obwalden und X. S., Y. S. und Z. S. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 117 StGB; fahrlässige Tötung; Verkehrssicherungspflicht von Skipisten (Geländemulde auf Nebenfläche). | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
Mit Urteil vom 14. Dezember 1994 erkannte das Kantonsgericht Obwalden den Pisten- und Rettungschef für das Skigebiet Melchsee-Frutt, D., der fahrlässigen Tötung schuldig und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 600.--. Die Zivilansprüche der Angehörigen des Opfers wurden dem Grundsatz nach anerkannt und die Zivilkläger im übrigen auf den Weg der Zivilgerichtsbarkeit verwiesen.
| 2 |
Mit Urteil vom 26. Oktober 1995 hiess das Obergericht des Kantons Obwalden als Appellationsinstanz in Strafsachen die Strafappellation des Verurteilten teilweise gut, hob das angefochtene Urteil in bezug auf die Höhe der Anwaltsentschädigung an die Zivilkläger auf und bestätigte im übrigen Schuldspruch und Strafe.
| 3 |
Dagegen erhebt D. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben, soweit es ihn der fahrlässigen Tötung schuldig spreche, ihn zu einer Busse verurteile und die Zivilansprüche dem Grundsatz nach anerkenne, und die Sache sei zu seiner Freisprechung an das Obergericht zurückzuweisen.
| 4 |
Aus den Erwägungen: | |
5 | |
![]() | 6 |
b) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz begann die Geländemulde 5m neben dem Rand der präparierten Piste, wobei sich die Unfallstelle 15 m daneben befand. Jedenfalls im zu beurteilenden Fall kann damit nicht mehr vom Pistenrand gesprochen werden, der einer erhöhten Sicherungspflicht unterworfen ist, sondern das Hindernis befand sich auf einer Nebenfläche. Für solche besteht, wie ausgeführt, eine Sicherungspflicht insoweit, als Skifahrer vor darauf befindlichen besonderen oder aussergewöhnlichen Gefahren durch eine unmissverständliche Signalisation zu schützen sind, die sicherstellt, dass sie wissen, wo die offiziellen, gesicherten Pisten verlaufen (BGE 115 IV 189 E. 3b).
| 7 |
Die Geländemulde stellte nach den Feststellungen der Vorinstanz eine solche aussergewöhnliche Gefahr dar, handelte es sich dabei doch um ein atypisches, gefährliches und fallenartiges Hindernis: Nichts wies darauf hin, dass sich mitten im relativ flachen und offenen Gelände eine quer verlaufende, in Fahrtrichtung steil abfallende, 5 m tiefe Mulde befinden könnte. Soweit der Beschwerdeführer also vorbringt, es habe sich bei der Vertiefung um eine für das Gebiet durchaus typische Gefahr gehandelt, die auch für ortsunkundige Skifahrer ersichtlich gewesen sei, ist er nicht zu hören (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP).
| 8 |
Das Verlassen der Piste an dieser Stelle war somit gefährlich. Da die Piste in offenem, weitem Gelände verlief und nur bergseitig, nicht aber talseitig abgegrenzt war, war aber damit zu rechnen, dass ohne hinreichende Warnung Skifahrer neben der Piste fahren würden. Dass an der fraglichen Stelle häufig von der Piste abgewichen wurde, bestätigen sowohl die Fahrspuren ![]() | 9 |
Um zu verhindern, dass die Skifahrer in diesem Bereich die Piste verlassen würden, oder sie mindestens vor der drohenden Gefahr zu warnen, wäre demnach mindestens der Pistenrand zu kennzeichnen und mit einer Warnung zu versehen gewesen, dass das Verlassen der Piste an dieser Stelle in ein nicht gesichertes Gebiet mit atypischen Gefahren führen würde; oder aber die Geländemulde hätte markiert oder aufgefüllt werden müssen. Da der Beschwerdeführer, obwohl er die fragliche Geländemulde kannte und wusste, dass an dieser Stelle immer wieder Skifahrer von der Piste abzweigen, eine entsprechende Sicherung unterliess, hat ihm die Vorinstanz zu Recht eine Sorgfaltspflichtverletzung zur Last gelegt.
| 10 |
c) Die Sicherung der Stelle wäre auf einfachste Weise zu bewerkstelligen gewesen und war ohne weiteres zumutbar, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt; es kann auf ihre Erwägungen verwiesen werden. Die Piste und die daran angrenzende Nebenfläche wies gemäss dem verbindlich (Art. 277bis Abs. 1 BStP) festgestellten Sachverhalt keine grössere Anzahl von derartigen Mulden auf; nicht zu helfen vermag dem Beschwerdeführer deshalb sein Hinweis auf angeblich viele ähnliche Vertiefungen in der südlichen Hälfte der Melchsee-Frutt, da das übrige Gebiet nicht Gegenstand des zu beurteilenden Falles ist.
| 11 |
d) Der Unfalltod der Skifahrerin ist nicht auf eine unglückliche Verkettung von Umständen zurückzuführen: Bei einer 15 m neben der Piste gelegenen, schlecht erkennbaren, 5 m tiefen Mulde, die in Fahrtrichtung steil abfällt, ist voraussehbar, dass ihr Befahren zu schweren Stürzen mit entsprechenden Folgen führen kann. Somit musste für den Beschwerdeführer erkennbar sein, dass das Unterlassen der Sicherung der fallenartigen Vertiefung einen Erfolg wie den eingetretenen herbeiführen oder mindestens begünstigen könnte. Daran vermag auch die Eigenverantwortung der Skifahrer, auf die sich der Beschwerdeführer beruft, nichts zu ändern. Diese müssen zwar ihre Geschwindigkeit grundsätzlich so bemessen, dass sie auf Sichtweite anhalten können (BGE 122 IV 17 E. 2b), und gerade ausserhalb der signalisierten Piste besonders vorsichtig fahren. Im zu beurteilenden Fall ist jedoch nicht festgestellt worden, dass das Opfer mit übermässiger Geschwindigkeit gefahren wäre, und da die Geländevertiefung nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht oder nur sehr schlecht erkennbar war und ein ![]() | 12 |
13 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |