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20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. April 1998 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn gegen K. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 270 Abs. 1 BStP; Legitimation der Staatsanwaltschaft zur Nichtigkeitsbeschwerde. |
Art. 197 Ziff. 3 StGB; Einfuhr harter Pornographie zum eigenen Konsum. |
Erwerb und Besitz harter Pornographie im Hinblick auf den eigenen Konsum sind nicht erfasst (E. 3b). |
Herstellung und Einfuhr harter Pornographie sind strafbar, auch wenn der Täter ohne Verbreitungsabsicht, etwa im Hinblick auf den eigenen Konsum, handelt (E. 3c). | |
Sachverhalt | |
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Auf Appellation der Staatsanwaltschaft, die sich einzig gegen den Schuldspruch wegen Einfuhr von Pornographie richtete, stellte das Obergericht des Kantons Solothurn mit Urteil vom 10. September 1997 den Eintritt der teilweisen Rechtskraft in bezug auf die unangefochtenen Punkte des Urteilsdispositivs fest; im übrigen sprach es K. der Pornographie schuldig und verurteilte ihn zu 5 Tagen Haft, unter Gewährung des bedingten Strafvollzuges, sowie zu einer Busse von 300 Franken.
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C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit K. der Pornographie schuldig gesprochen wurde, und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Obergericht des Kantons Solothurn beantragt die Abweisung der Beschwerde.
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Das Bundesgericht hat die Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen.
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Erwägungen: | |
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a) Nach Auffassung der Vorinstanz ist vorliegend der Straftatbestand der Einfuhr von pornographischen Bildaufnahmen, die sexuelle Handlungen mit Tieren und Gewalttätigkeiten zeigen, erfüllt. Im Katalog der in Art. 197 Ziff. 3 StGB aufgezählten Tathandlungen seien der Erwerb und der Besitz nicht enthalten. Daraus ergebe sich, dass der blosse Erwerb und Besitz harter Pornographie zum Eigenkonsum straflos seien. Bei den vom Gesetz aufgezählten Tathandlungen fehle ein die Strafbarkeit einschränkendes Tatbestandsmerkmal wie etwa das Handeln mit Verbreitungsabsicht. Der Wortlaut von Art. 197 Ziff. 3 StGB sei somit insoweit klar, als die Strafbarkeit der dort genannten Täterhandlungen grundsätzlich auch Verhaltensweisen umfasse, die ausschliesslich dem Eigenkonsum dienten. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm ergebe sich weiter, dass der Wortlaut der Bestimmung deren wahren Sinn wiedergebe. Es sei keineswegs ein Zufall oder ein Versehen, dass Art. 197 Ziff. 3 StGB bezüglich der Einfuhr harter Pornographie keine Verbreitungsabsicht fordere. Dieser Straftatbestand sei bewusst als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet worden. Die Intention des Gesetzgebers sei eindeutig dahin gegangen, die Schweiz soweit als möglich von solchen Erzeugnissen freizuhalten und, wie während den Beratungen in den eidgenössischen Räten mehrmals betont worden sei, diese schon an der Grenze aus dem Verkehr zu ziehen. So erkläre sich denn auch die auf den ersten Blick befremdliche Konsequenz, dass sich strafbar mache, wer harte Pornographie aus dem Ausland zum Eigenkonsum in die Schweiz bringe, hingegen straflos bleibe, wer solche Produkte in der Schweiz für denselben Zweck erwerbe; denn die Einfuhr auch ohne Verbreitungsabsicht erhöhe die abstrakte Gefahr, dass harte Pornographie auf den schweizerischen Markt gelange. Diejenigen Stimmen, welche eine Einschränkung der Strafbarkeit für sinnvoller hielten, seien mit ihrer Auffassung in den Räten nicht durchgedrungen. Zusammenfassend ergebe sich, dass auch die Einfuhr harter Pornographie mit der Absicht, sie für sich allein zu konsumieren, strafbar sei.
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b) Fraglich ist zunächst, ob Art. 197 Ziff. 3 StGB in dem Sinne ein absolutes Verbot der harten Pornographie aufstellt, als auch der Erwerb und der Besitz solcher Erzeugnisse davon erfasst sind. Darauf scheint zunächst das vom Gesetzgeber mit der Strafnorm verfolgte Ziel des Jugendschutzes hinzudeuten, der es erfordere, "die harte Pornographie vollständig zu verbieten" (AB 1990 N 2331). Bereits die Botschaft des Bundesrates hatte die Bedeutung von Art. 197 Ziff. 3 StGB wie folgt zusammengefasst: "Ziffer 3 sieht ein absolutes Verbot der harten Pornographie vor" (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes [Strafbare Handlungen gegen Leib und Leben, gegen die ![]() | 12 |
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aa) Gemäss der Botschaft des Bundesrates dient die Vorschrift des Art. 197 Ziff. 3 StGB "in erster Linie einem vorbeugenden Jugendschutz" (Botschaft, BBl 1985 II 1091). Auch in der parlamentarischen Diskussion wurde der Gedanke des Jugendschutzes hervorgehoben (AB 1987 S 402; AB 1990 N 2331). Darin kommt die Befürchtung zum Ausdruck, die (gewollte oder unfreiwillige) Konfrontation mit den in Art. 197 Ziff. 3 StGB genannten Spielarten sexualbezogener Vorgänge oder Darstellungen könne die psychische und moralische Entwicklung junger Menschen nachteilig beeinflussen (JENNY, a.a.O., Art. 197 N. 23; STRATENWERTH, a.a.O., ebd.; TRECHSEL, a.a.O., Art. 197 N. 2; WEISSENBERGER, a.a.O., S. 312; kritisch aber CASSANI, ZStrR 111/1993, S. 437 f.). Als zentrales Rechtsgut dieser Vorschrift erscheint somit die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Insofern handelt es sich bei Art. 197 Ziff. 3 StGB um ein abstraktes Gefährdungsdelikt (Botschaft, a.a.O., 1089).
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Als weiteren Gesichtspunkt nennt die Botschaft den Schutz der Erwachsenen, ohne freilich näher zu bestimmen, vor welchen Gefahren diese bewahrt werden sollen (Botschaft, BBl 1985 II 1091). Man wird - neben dem Gesichtspunkt des Schutzes vor ungewollter Konfrontation mit solchen Erzeugnissen - diesbezüglich auf den Gedanken abstellen müssen, den die Botschaft im Zusammenhang mit dem Tatbestand der Gewaltdarstellungen im Sinne von Art. 135 StGB - der mit Art. 197 StGB eng verwandt ist - formuliert hat: Dass Gewaltanwendungen auf den Betrachter korrumpierend wirken könnten, d.h. an sich geeignet sind, beim Konsumenten die Bereitschaft zu erhöhen, selbst gewalttätig zu agieren oder doch die Gewalttätigkeit anderer gleichgültig hinzunehmen (Botschaft, BBl 1985 II 1047 f.; STRATENWERTH, a.a.O., § 4 N. 84; WEISSENBERGER, a.a.O., S. 312 f.; im gleichen Sinne JÖRG REHBERG/NIKLAUS SCHMID, Strafrecht III, 7. Aufl. Zürich 1997, S. 419 § 60 Ziff. 4). Dies bedeutet ![]() | 15 |
bb) Wie die Beschwerdeführerin an sich zu Recht ausführt, stellt Art. 197 Ziff. 3 StGB Tathandlungen unter Strafe, von denen die Gefahr der Weiterverbreitung ausgehen kann ("herstellt, einführt"), oder die auf eine Verbreitung harter Pornographie ausgerichtet sind ("lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht"). Wie erwähnt, hat der Bundesrat im Rahmen der Beratungen im Sinne einer authentischen Interpretation ausgeführt, der blosse Besitz ohne Verbreitungsabsicht stelle kein "Lagern" im Sinne von Art. 135 Abs. 1 und 197 Ziff. 3 StGB dar. Daraus lässt sich indessen nicht ableiten, die Verbreitungsabsicht sei (auch) für die Tathandlungen des Herstellens und des Einführens ein subjektives Tatbestandsmerkmal. Denn der bundesrätliche Entwurf hat das im Vorentwurf noch enthaltene Erfordernis der Verbreitungsabsicht gerade gestrichen (dazu STRATENWERTH, a.a.O., § 10 N. 16). Ferner sind in den Räten Vorstösse gescheitert, die bei Art. 135 StGB einschränkend stets ein Verhalten fordern wollten, mit dem eine Verbreitungsgefahr oder doch die Gefahr verbunden ist, dass Jugendliche "Brutalos" zu Gesicht bekommen könnten, und zwar mit dem Argument, dass solchen Gefahren nur ein generelles Verbot wirksam begegnen könne (AB 1987 S 370 f.; STRATENWERTH, a.a.O., § 4 N. 98). Aus der Entstehungsgeschichte der Art. 197 Ziff. 3 ![]() | 16 |
Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen und den oben dargelegten Schutzzwecken der Norm ersehen lässt, sind die Herstellung und die Einfuhr harter Pornographie nicht ausschliesslich deshalb strafbar, weil sie Vorbereitungshandlungen zur Verbreitung der Erzeugnisse sein können. Vielmehr begründet auch derjenige, der ausschliesslich im Hinblick auf seinen eigenen Konsum harte Pornographie herstellt oder einführt, jedenfalls eine abstrakte Rechtsgutsgefährdung im oben (E. 3c/aa) umschriebenen Sinne. Gerade auch der vom Gesetzgeber hervorgehobene Gedanke der potentiell korrumpierenden Wirkung solcher Erzeugnisse auf den Verbraucher steht dem Ansinnen entgegen, die Strafbarkeit der fraglichen Tathandlungen generell auf die Fälle einzuschränken, in denen der Täter mit - im übrigen unter Umständen nur schwer nachweisbarer - Verbreitungsabsicht gehandelt hat (ähnlich WEISSENBERGER, a.a.O., S. 312 Fn. 9).
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cc) Im vorliegenden Fall hat K. Videokassetten, die sexuelle Handlungen mit Tieren und Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben, auf dem Postweg in die Schweiz eingeführt. Auch wenn die postalische Beförderung harter Pornographie als grundsätzlich zuverlässige Beförderungsart anzusehen ist, steigt mit ihr - etwa im Vergleich zu ihrem Besitz oder Erwerb in der Schweiz - die Gefahr, dass die Erzeugnisse auf dem Weg zum Adressaten oder am Bestimmungsort in Hände gelangen, für welche sie nicht bestimmt waren, und dass auf diese Weise der Inhalt der Postsendung von Dritten zur Kenntnis genommen wird.
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dd) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt hat, indem sie ausgehend vom Charakter des Art. 197 Ziff. 3 StGB als abstraktem Gefährdungsdelikt K. wegen Einfuhr harter Pornographie verurteilt hat.
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Es ist zwar einzuräumen, dass es befremdlich erscheinen mag, wenn einerseits der Erwerb und Konsum harter Pornographie straflos sind, das Einführen solcher Erzeugnisse im Hinblick auf den Konsum jedoch strafbar bleibt. Der Gesetzgeber hat aber offenbar ![]() | 20 |
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