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30. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Mai 1998 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 268 Ziff. 1 BStP. Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Rückweisungsentscheid. |
Nichtbefolgen von Aufgeboten zum Zivilschutz (Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG). |
Bei dieser Straftat können die Beweggründe und Absichten des Dienstpflichtigen (Verweigerung, Versäumnis usw.) und eine allfällige nachträglich festgestellte Dienstuntauglichkeit nur im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden (E. 2). | |
Sachverhalt | |
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Das Bezirksgericht Baden sprach H. am 12. Juni 1996 frei.
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Dagegen erhob die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau Berufung mit den Anträgen, H. sei der mehrfachen Widerhandlung gegen das Zivilschutzgesetz gemäss Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG (Nichtfolgeleisten eines Aufgebots) schuldig zu sprechen und hiefür zu einer Gefängnisstrafe von sechs Wochen, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von vier Jahren, und zu einer Busse von 500 Franken zu verurteilen.
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Das Obergericht des Kantons Aargau sprach H. am 3. Dezember 1997 in teilweiser Gutheissung der Berufung der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG schuldig und wies die Strafsache im Sinne der Erwägungen zur Festsetzung des Strafmasses an die Vorinstanz zurück.
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H. ficht das Urteil des Obergerichts mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde an.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
1. Durch das angefochtene Urteil wird der Beschwerdeführer der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG schuldig erklärt und die Sache im Sinne der Erwägungen zur Festsetzung des Strafmasses an das Bezirksgericht zurückgewiesen. Im angefochtenen Urteil wird letztinstanzlich und für das Bezirksgericht verbindlich u.a. entschieden, dass der Beschwerdeführer durch das ihm zur Last gelegte Nichtbefolgen der Aufgebote zu den Einteilungsrapporten vom 4. Mai und vom 23. Juni 1995 auch dann der mehrfachen vorsätzlichen Widerhandlung im Sinne von Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG schuldig zu sprechen sei, wenn er, wie er behauptet, ![]() | 6 |
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Die Vorinstanz verneinte eine Lücke im Zivilschutzgesetz, die in analoger Anwendung von Art. 81 Ziff. 5 MStG zu füllen sei. Es sei Sache des Gesetzgebers, allenfalls entsprechende Regelungen ins Zivilschutzgesetz aufzunehmen.
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b) Das Militärstrafgesetz sieht für die Straftatbestände der Dienstverweigerung, des Dienstversäumnisses und des fahrlässigen Dienstversäumnisses vor, dass der Täter straflos bleibt, wenn er dienstuntauglich erklärt wird und die Dienstuntauglichkeit bereits zur Zeit der Tat bestanden hat (Art. 81 Abs. 6 lit. c, Art. 82 Abs. 5, Art. 83 Abs. 4 MStG entsprechend Art. 81 Ziff. 5, Art. 81a Ziff. 4 und Art. 82 Abs. 4 aMStG in der Fassung vor der Änderung durch Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995, in Kraft seit 1. Oktober 1996). Dasselbe sieht auch das Bundesgesetz über den zivilen Ersatzdienst vom 6. Oktober 1995 (Zivildienstgesetz, ZDG; SR 824.0) für die Straftatbestände der Dienstverweigerung, des Dienstversäumnisses und des fahrlässigen Dienstversäumnisses vor (Art. 72 Abs. 4, Art. 73 Abs. 5 und Art. 74 Abs. 4 ZDG).
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Mit der Teilrevision des Militärstrafgesetzes gemäss Anhang Ziff. 5 des Zivildienstgesetzes vom 6. Oktober 1995 ist indessen neu ein (subsidiärer) Straftatbestand des Missachtens eines Aufgebots zum Militärdienst (Art. 84 MStG) ins Militärstrafgesetz aufgenommen worden. Danach wird mit Haft oder Busse bestraft, wer einrückungsfähig ist und einem Aufgebot zur Aushebung oder zum ![]() | 10 |
Die zur Zeit der inkriminierten Taten geltende Regelung im Militärstrafrecht (Straflosigkeit bei nachträglich festgestellter Dienstuntauglichkeit), deren analoge Anwendung der Beschwerdeführer verlangt, ist mithin inzwischen als unbefriedigend und lückenhaft erkannt und geändert worden. Schon aus diesem Grunde rechtfertigt es sich nicht, jene Regelung auf das Nichtbefolgen von Aufgeboten zum Zivilschutz im Sinne von Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG analog anzuwenden.
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c) Das Zivilschutzgesetz vom 17. Juni 1994 unterscheidet, wie schon das frühere Zivilschutzgesetz vom 23. März 1962, nicht zwischen den Straftatbeständen der Dienstverweigerung, des Dienstversäumnisses sowie des fahrlässigen Dienstversäumnisses einerseits und der Missachtung eines Aufgebots andererseits. Das vorsätzliche Nichtbefolgen eines Aufgebots zum Zivilschutzdienst ist, ungeachtet der Beweggründe und Absichten des Täters sowie der Tatumstände, stets als Widerhandlung im Sinne von Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG strafbar, der Gefängnis, Haft oder Busse androht. Den Beweggründen und Absichten des Täters sowie den Tatumständen kann allein im Rahmen der Strafzumessung Rechnung getragen werden.
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d) Da das Zivilschutzgesetz im Unterschied zum Militärstrafgesetz und zum Zivildienstgesetz somit nicht zwischen der Dienstverweigerung und dem Dienstversäumnis einerseits und der Missachtung eines Aufgebots andererseits unterscheidet, kann sich die Frage nicht stellen, ob die auf die Straftatbestände der Dienstverweigerung und des Dienstversäumnisses durch einen Dienstuntauglichen Bezug nehmenden Vorschriften des Militärstrafgesetzes und des Zivildienstgesetzes analog anwendbar seien. Es ist Sache des Gesetzgebers zu prüfen, ob auch im Zivilschutzgesetz zwischen den Straftatbeständen der Dienstverweigerung und des Dienstversäumnisses einerseits und der Missachtung eines Aufgebots andererseits unterschieden werden und ob gegebenenfalls bei nachträglich festgestellter Dienstuntauglichkeit des Täters, der einem Aufgebot keine Folge geleistet hat, bloss eine Bestrafung wegen Missachtung eines Aufgebots möglich sein soll.
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e) Wird ein Pflichtiger, der einem Aufgebot zum Zivilschutzdienst vorsätzlich nicht Folge geleistet und dadurch den Straftatbestand von Art. 66 Abs. 1 lit. a ZSG erfüllt hat, allenfalls nachträglich dienstuntauglich erklärt und bestand die Dienstuntauglichkeit schon zur Zeit der Tat, so wird der Richter de lege lata diesen Umstand allerdings bei der Strafzumessung berücksichtigen. Der Täter bleibt aber - unter dem Vorbehalt der Möglichkeit einer blossen Verwarnung gemäss Art. 66 Abs. 4 ZSG - auch in einem solchen Fall strafbar, so wie auch der Dienstpflichtige, der ein Aufgebot zum Militärdienst missachtet, bei nachträglich festgestellter Untauglichkeit immerhin gemäss Art. 84 MStG strafbar ist.
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Die Nichtigkeitsbeschwerde ist somit abzuweisen.
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