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34. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. September 1998 i.S. S. gegen Kantonsgericht des Kantons Wallis (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 38 StGB; bedingte Entlassung.Die bedingte Entlassung ist die Regel, von der nur aus guten Gründen abgewichen werden kann (E. 4d; Bestätigung der Rechtsprechung). | |
Sachverhalt | |
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B.- Die Kommission für bedingte Entlassung des Kantons Wallis lehnte am 16. März 1998 die bedingte Entlassung des S. aus dem Strafvollzug ab. Eine Verwaltungsbeschwerde des Betroffenen wies der Staatsrat des Kantons Wallis mit Entscheid vom 20. Mai 1998 ab. Die dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Kantonsgericht am 16. Juli 1998 ab, soweit es darauf eintrat.
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C.- S. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und er sei unverzüglich bedingt zu entlassen; eventualiter sei anstelle einer Rückweisung an die Vorinstanz eine mündliche Parteiverhandlung anzuordnen.
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Während sich das Kantonsgericht vernehmen liess, verzichtete das EJPD auf eine Stellungnahme.Das Bundesgericht hat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gutgeheissen
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aus folgenden Erwägungen: | |
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Die bedingte Entlassung ist die vierte Stufe des Strafvollzugs und deshalb in der Regel anzuordnen. Davon darf nur aus guten Gründen abgewichen werden. Wie bei der Zubilligung des bedingten Strafvollzuges ist auch bei der bedingten Entlassung für die Beurteilung des künftigen Wohlverhaltens eine Gesamtwürdigung durchzuführen, um ![]() | 6 |
Welche Art von Delikt zur Freiheitsstrafe geführt hat, ist an sich für die Prognose nicht entscheidend. Die Entlassung darf nicht für gewisse Tatkategorien erschwert werden. Dagegen sind die Umstände der Straftat insoweit beachtlich, als sie Rückschlüsse auf die Täterpersönlichkeit und damit auf das künftige Verhalten erlauben. Ob die mit einer bedingten Entlassung in gewissem Masse stets verbundene Gefahr neuer Delikte (BGE 98 Ib 106 E. 1b; BGE 119 IV 5 E. 1b) zu verantworten ist, hängt im Übrigen nicht nur davon ab, wie wahrscheinlich ein neuer Fehltritt ist, sondern auch von der Bedeutung des eventuell bedrohten Rechtsgutes. Hat z.B. ein Strafgefangener früher nur unbedeutende Eigentumsdelikte begangen, so darf ein höheres Risiko übernommen werden als bei einem Gewaltverbrecher, der sich in schwerer Weise gegen hochwertige Rechtsgüter (Leib, Leben usw.) vergangen hat. Die mit der bedingten Entlassung verfolgte Wiedereingliederung des Rechtsbrechers ist nicht Selbstzweck, sondern auch ein Mittel, um die Allgemeinheit vor neuen Straftaten zu schützen. Deswegen rechtfertigt es sich auch, im Rahmen der Prognose der Art des möglicherweise weiterhin gefährdeten Rechtsgutes Rechnung zu tragen.Im Rahmen der Gesamtwürdigung sind neben dem Vorleben und der Persönlichkeit vor allem die neuere Einstellung, der Grad der Reife einer allfälligen Besserung und die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse des Täters zu prüfen.
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Bei Würdigung der Bewährungsaussichten ist freilich allgemein ein vernünftiges Mittelmass zu halten in dem Sinne, dass nicht jede noch so entfernte Gefahr neuer Straftaten eine Verweigerung der bedingten Entlassung zu begründen vermag, ansonst dieses Institut seines Sinnes beraubt würde. Anderseits darf aber auch nicht aufgrund einzelner günstiger Faktoren die bedingte Entlassung bewilligt werden, obwohl gewichtigere Anhaltspunkte für die Gefahr neuer Rechtsbrüche sprechen (BGE 103 Ib 27; BGE 104 IV 281; BGE 119 IV 5 E. 1 und 2 mit Hinweisen).
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Der Grund für diese Schwierigkeit liegt - abgesehen von der jeder Prognose anhaftenden Ungenauigkeit - einerseits in der gesetzlichen Formulierung, die den Regelungsinhalt mit unbestimmten Gesetzesbegriffen umschreibt (wenn das Verhalten des Verurteilten während des Strafvollzuges nicht gegen die bedingte Entlassung spricht und anzunehmen ist, er werde sich in der Freiheit bewähren), und anderseits in der spärlichen dogmatischen Durchdringung dieser Problematik in der Literatur. FRISCH (a.a.O., S. 707 ff.) leuchtet - für das deutsche Recht (insbesondere § 57 Abs. 1 StGB) und z.T. unter Hinweis auf die Schweizer Rechtsprechung und Lehre - die Problematik von Prognoseentscheiden aus und zeigt Leitlinien, die den Entscheidungsvorgang versachlichen können. Seine Darlegungen haben im Wesentlichen auch für die Schweiz ihre Gültigkeit. Besonders prüfenswert ist sein Vorschlag, im Sinne einer umfassenden risikoorientierten Sicht seien die Vorzüge und Nachteile der Vollverbüssung der Strafe denjenigen einer Aussetzung eines Strafrestes gegenüberzustellen.
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b) Die empirische Untersuchung in den französisch-sprachigen Kantonen (mit Ausnahme des Kantons Wallis) über die bedingte Entlassung von Strafgefangenen und ihre allfällige Rückversetzung im Jahr 1990 (La libération conditionnelle: risque ou chance?, Bâle et Francfort-sur-le-Main 1994) zeitigte unter anderem folgende Ergebnisse:
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Dieselbe Untersuchung förderte aber nicht nur massive kantonale Unterschiede in der Zweckausrichtung der bedingten Entlassung zu Tage, sondern teilweise auch Praktiken, welche entweder die heute gültigen gesetzlichen Voraussetzungen gar nicht prüften oder sich auf Bedingungen des alten Rechts wie auch auf solche des Revisionsentwurfs stützten (FRANÇOIS STRASSER, a.a.O., S. 137 ff., insbesondere S. 140 f.). Abschliessend wird - im Sinne einer Wiederaufwertung der bedingten Entlassung - gefordert: eine wirksame gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit im Kanton, eine signifikante Herabsetzung der unterschiedlichen Beurteilungen durch die Kantone sowie eine Verbesserung der Begründung der Entscheide (ROBERT ROTH, Perspectives, in: La libération ..., S. 203 ff., insbesondere S. 208).
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c) Diese Forderungen sind zwischenzeitlich zumindest teilweise erfüllt. Durch Art. 98a OG sind die Kantone verpflichtet worden, bis spätestens zum 15. Februar 1997 (Ziff. 1 Abs. 1 SchlB der Änderung vom 4. Oktober 1991) unter anderem im Verfahren der bedingten Entlassung und der Rückversetzung als letzte kantonale Beschwerdeinstanzen richterliche Behörden zu bestellen. Zudem hat das Bundesgericht die Waadtländer Praxis mehrmals als bundesrechtswidrig beanstandet, unter anderem auch wegen der unzureichenden Begründung (BGE 119 IV 5).
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aa) Die beiden gesetzlichen Voraussetzungen «das nicht gegen die bedingte Entlassung sprechende Verhalten des Verurteilten während des Strafvollzugs» und «die Annahme, er werde sich in Freiheit bewähren», können kurz als «günstige Prognose» umschrieben werden. Diese günstige Prognose steht aber im Spannungsfeld zwischen einerseits dem spezialpräventiven Imperativ der bedingten Entlassung als letzter Stufe des Strafvollzugs, da die Freiheit nur «in Freiheit» erlernt werden kann (STRASSER, a.a.O., S. 155 f), und anderseits dem Anspruch der Allgemeinheit auf Rechtsgüterschutz (FRANZ STRENG, Strafrechtliche Folgenorientierung und Kriminalprognose, in: Die Täter-Individualprognose, Hrsg. Dieter Dölling, Heidelberg 1995, S. 116 f.).Bei realistischer Betrachtung muss man in den meisten Fällen der Entscheidung über die bedingte Entlassung bei zeitlich befristeten Freiheitsstrafen (d.h. dort, wo der Sachrichter keine Verwahrung angeordnet hat) annehmen, dass sich am Zustand, in dem sich der Täter jetzt, nach Zwei-Drittel-Verbüssung, befindet, während des restlichen Drittels im Vollzug nicht mehr allzu viel ändern wird. Der vagen Hoffnung eines Fortfalls der Gefährlichkeit in dieser Zeit aus Gründen, die nicht sichtbar sind, steht mindestens gleichrangig die Verschärfung der Gefahr durch die Situation des Vollzugs und die Fernhaltung des Täters vom Leben in Freiheit gegenüber. Die weitere Verbüssung der Strafe taugt damit nicht zur Vermeidung ![]() | 16 |
bb) Anschliessend ist folgende Frage zu prüfen: Sollte die bedingte Entlassung in spezialpräventiver Hinsicht Vorteile in Gestalt einer möglichen dauerhaften Problemlösung oder -entschärfung bieten, die die Vollstreckung nicht bietet und deren man sich bei der Vollstreckung begibt, so ist die bedingte Entlassung gegenüber der ja in Wahrheit nicht problemlösenden, sondern das Problem nur zeitlich verschiebenden Verweigerung der bedingten Entlassung in all den Fällen vorzugswürdig, in denen diese Vorteile bestehen und ihre Wahrnehmung sinnvoll erscheint. In den Fällen, in denen die weitere Vollstreckung die Unfähigkeit des Täters zu einem normkonformen Leben in Freiheit nur noch zu verstärken droht, bietet die bedingte Entlassung in ihrer Verbindung mit sachgerechten Weisungen und der Stellung unter Schutzaufsicht die Möglichkeit, durch eine rechtzeitige, schrittweise Anpassung an das Leben in Freiheit solche Schäden zu vermeiden. Unabhängig davon bietet die bedingte Entlassung zwei andere allgemeine Vorteile. Da der bedingt Entlassene damit rechnen muss, bei bestimmtem Fehlverhalten (neuerlichen Taten, symptomatischen Verstössen gegen Weisungen) auch noch den ausgesetzten Strafrest verbüssen zu müssen, wird er bei dieser Lösung eher bereit sein, die ihm erteilten Weisungen einzuhalten und sich damit normkonform zu verhalten, als er dies nach verbüsster Strafe wäre. Zudem besteht in Fällen, in denen im Rahmen der bedingten Entlassung Probleme des Verurteilten im Umgang mit der Freiheit sichtbar werden, die Möglichkeit einer Krisenintervention durch die Rückversetzung und durch gezielte sozialtherapeutische Angebote zur Behebung oder Entschärfung dieser Probleme. Vergleichbare Möglichkeiten gibt es im Falle der Vollverbüssung weder in rein zeitlicher noch in verfahrensmässiger Hinsicht (FRISCH, a.a.O., S. 737 ff.; HANS-ULRICH MEIER, Strafvollzug ![]() | 17 |
cc) Diese kurz dargestellten Leitlinien führen ganz allgemein zu einer Aufgliederung der Prognoseproblematik in verschiedene besser überschaubare Bestandteile, wodurch der spekulative Teil des Entscheidungsvorgangs eingeschränkt und damit auch vereinfacht wird. Eine derartige Versachlichung wird der zuständigen Behörde vermehrt Anhaltspunkte für ihren Entscheid und damit auch für die Begründung liefern, was sich in einer erhöhten Akzeptanz bei den Betroffenen, aber auch in einer leichteren Überprüfbarkeit bei einem allfälligen Weiterzug positiv niederschlagen wird. Die aufgezeigten Leitlinien werden zudem auf eine Vereinheitlichung der Praxis in den verschiedenen Kantonen hinwirken und so einen wichtigen Beitrag zur Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit im Bereich der bedingten Entlassung leisten. Durch die aufgezeigte Handhabung erfährt die bedingte Entlassung gleichzeitig eine Aufwertung und Stärkung als vierte und letzte Etappe des Stufenstrafvollzugs, welche Aufgabe sie im Schweizer Recht unbestritten zu erfüllen hat.
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Weiter führt die Vorinstanz aus, die Sachverhalte, die dieser Beurteilung zugrunde lägen, seien durch die lange Serie von Verurteilungen aktenmässig belegt und die Art und Weise, wie der Beschwerdeführer seine Verbrechen verübt habe, gehe aus den entsprechenden Urteilen hervor. Während der relativ kurzen Zeit, die er in den letzten dreissig Jahren in Freiheit verbracht habe, sei er nie einer ![]() | 20 |
Zwar habe die Verteidigerin des Beschwerdeführers zugesichert, ihn in ihrer Anwaltskanzlei zu beschäftigen. Eine solche Abmachung müsse jedoch im Gesamtzusammenhang betrachtet werden. Der heute 56-jährige Beschwerdeführer sei gelernter Carrossier ohne kaufmännische oder weitergehende Ausbildung. Die Kenntnis einiger einschlägiger, ihn persönlich betreffender Rechtsnormen und das Abfassen von entsprechenden Rechtsschriften in der Haft, wo die Zeit unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsaufwandes eine untergeordnete Rolle spiele, dürften nicht genügen, um die Arbeit als juristischer oder kaufmännischer Mitarbeiter in einer Anwaltskanzlei erfolgversprechend auszuüben. Dies mit der Folge, dass der Beschwerdeführer sich wohl eher als ein von seiner Rechtsvertreterin Unterstützter denn als vollwertiger Mitarbeiter fühlen müsste, was der Persönlichkeit des Beschwerdeführers - wie sie vom Gericht eingeschätzt werde - durchaus entgegenstehen könnte. Die gleichen Überlegungen gälten für die Wohngelegenheit bei seiner Cousine. Die beiden ersten Instanzen hätten deshalb nicht ohne Grund die Zusicherungen hinsichtlich Arbeitsplatz und Wohnung als zu vage beurteilt.An sich könnten das Alter des Beschwerdeführers und dessen gesundheitliche Probleme zu einer inneren Wandlung geführt haben und damit eine positive Prognose begünstigen. Neben den Zusicherungen seiner Vertreterin könne den Akten jedoch nichts entnommen ![]() | 21 |
b) Diese Begründung zur Verweigerung der bedingten Entlassung trägt den in Erwägung 4 hievor dargelegten Leitlinien nicht Rechnung und bedarf hinsichtlich der Gewichtung einzelner Beurteilungsmerkmale der Präzisierung. Deshalb ist der angefochtene Entscheid aufzuheben, um der Vorinstanz Gelegenheit zu geben, die Frage der bedingten Entlassung neu zu beurteilen.
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aa) Dabei wird die Vorinstanz davon ausgehen, dass die bedingte Entlassung als vierte und letzte Stufe des Strafvollzugs in der Regel anzuordnen ist, und sie wird berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer eine zeitlich befristete Strafe verbüsst und, falls ihm die bedingte Entlassung verweigert wird, in etwas mehr als drei Jahren bedingungslos in die Freiheit entlassen werden muss.
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bb) Konkret wird die Vorinstanz die Gefährlichkeit, die heute vom Beschwerdeführer ausgeht, ihrem Ausmass nach zu beurteilen haben und ob diese Gefährlichkeit bei einer allfälligen Vollverbüssung der Strafe abnehmen, gleich bleiben oder zunehmen wird. Anschliessend sind Überlegungen darüber anzustellen, ob es zweckmässig ist, eine allfällige bedingte Entlassung mit Weisungen und/oder Schutzaufsicht zu verbinden, und ob eine so auf den Beschwerdeführer zugeschnittene bedingte Entlassung im Vergleich zur Vollverbüssung der Strafe spezialpräventiv vorzugswürdiger ist oder nicht. Zu den Einzelheiten kann auf Erwägung 4 und die dortigen Literaturstellen verwiesen werden.
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cc) Bei der Neubeurteilung wird die Vorinstanz von demjenigen Sachverhalt auszugehen haben, wie er sich dannzumal präsentieren wird. Insbesondere wird sie zu überprüfen haben, ob der Beschwerdeführer, wie er geltend macht, seit anfangs Juli 1998 zweimal wöchentlich alleine und unbeaufsichtigt für mehrere Stunden in die Stadt zur Therapie geht und inwieweit dies für den Prognoseentscheid ![]() | 25 |
dd) Die Vorinstanz nennt als erste gesetzliche Voraussetzung der bedingten Entlassung das Wohlverhalten in der Anstalt, das die beiden ersten Instanzen - so scheine es - beim Beschwerdeführer als erfüllt erachtet hätten; doch komme diesem Element keine selbständige Bedeutung mehr zu, sondern stelle vielmehr ein Beurteilungsmerkmal im Rahmen der Prognose dar. In der Folge wird das Wohlverhalten des Beschwerdeführers in der Anstalt nicht mehr erwähnt. Bei der Neubeurteilung wird sich die Vorinstanz darüber auszusprechen haben, ob dieses Element hinsichtlich der Frage der bedingten Entlassung etwas hergibt oder nicht (vgl. GÜNTER GRIBBOHM, StGB, Leipziger Kommentar, 11. Auflage, § 57 N. 19). Prognostisch wichtige Erkenntnisse lassen sich aus dem Verhalten des Verurteilten in Situationen entnehmen, die dem normalen Leben ähnlich sind; dazu gehört häufig das Verhalten bei der Arbeit. Indessen gilt auch im Zusammenhang mit Vollzugslockerungen und mit Fluchtversuchen, dass die atypische Situation, in der sich der «Untergebrachte» hier befindet, selbst erhebliche rechtswidrige Taten nicht notwendig als Anhaltspunkte für eine schlechte Prognose ![]() | 26 |
ee) In der Literatur wird die Ansicht vertreten, eine innere Wandlung könne nur aus Erfahrungssätzen hergeleitet werden; von besonderer Bedeutung sei dabei die Erfahrung, dass die Neigung zu Gewalttaten mit fortschreitendem Alter zurückgehe. Weiter wird es als fehlerhaft bezeichnet, aus fortdauerndem Leugnen der früheren Tat auf eine schlechte Prognose zu schliessen; eine Pflicht, sich zur begangenen Tat zu bekennen, bestehe auch nach der Verurteilung nicht, und das Bestreiten der Tat könne vielerlei, auch prognostisch indifferente Gründe haben. Schuldeinsicht sei nicht notwendige Voraussetzung für ein künftiges Leben ohne Straftaten (GRIBBOHM, a.a.O., 10. Auflage, § 67c N. 70 mit Hinweisen; ders. 11. Auflage, § 57 N. 21). Deshalb ist insoweit ein Fragezeichen gerechtfertigt, wenn die Vorinstanz von der Uneinsichtigkeit des Beschwerdeführers auf eine ungünstige Prognose schliessen sollte und auch dem Alter des Beschwerdeführers nichts Positives abzugewinnen vermag. Dasselbe gilt, soweit die Vorinstanz aus der Eingabe vom 16. März 1998 dem Beschwerdeführer vorhält, dieses Schreiben stelle eine einzige Anklage dar. Abgesehen von den kurzen Ausführungen über sein Rückenleiden sowie die ins Auge gefasste Arbeits- und Wohnsituation bei einer bedingten Entlassung trifft dies zwar zu; doch gilt es zu bedenken, dass es sich dabei um eine Parteischrift handelt, die Europäische Kommission für Menschenrechte am 16. Januar 1996 das Untersuchungsverfahren sowie dasjenige bis zur Aburteilung des Beschwerdeführers als ungebührlich lang beurteilt hat und der Beschwerdeführer angesichts der noch hängigen Beschwerden in Strassburg an eine Revision des Walliser Urteils glaubt. Damit erscheint die Eingabe des Beschwerdeführers und mithin dessen Uneinsichtigkeit in einem anderen Licht. Da bei langdauernder Haft und Untersuchungshaft aus medizinischer Sicht mit Schädigungen des Betroffenen zu rechnen ist (RALF BINSWANGER, Zum Problem langdauernder Untersuchungshaft, ZStrR 91/1975, S. 406 ff., insbesondere S. 409 ff.) und der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben während mehr als sechs Jahren in Einzelhaft gehalten ![]() | 27 |
ff) Schliesslich stellt sich im Nachgang zu den konsiliar-psychiatrischen Berichten vom 10. Juni und 2./4. Dezember 1992 die Frage, ob die Vorinstanz nicht allenfalls die Persönlichkeit des Beschwerdeführers näher abklären sollte (Hans Wiprächtiger, Die Abklärung der Persönlichkeit des Beschuldigten - Die Sicht des Richters, ZStrR 111/1993, S. 175 ff., insbesondere S. 192 Ziff. 7). Dies nicht zuletzt auch im Hinblick auf ihre Einschätzung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers, wonach er sich in der Anwaltskanzlei wohl eher als ein von seiner Rechtsvertreterin Unterstützter denn als vollwertiger Mitarbeiter fühlen müsste.
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