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46. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. Oktober 1998 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen D. und S. (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 305bis StGB; Geldwäscherei, einfache Einzahlung. |
Der Vortäter kann sein eigener Geldwäscher sein (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3). |
Eine einfache Einzahlung auf das dem üblichen privaten Zahlungsverkehr dienende persönliche Bankkonto am Wohnort ist objektiv nicht Geldwäscherei (E. 4). | |
Sachverhalt | |
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Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung (zusätzliche Verurteilung wegen Geldwäscherei) an die kantonale Behörde zurückzuweisen.
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Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf Gegenbemerkungen.
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Das Bundesgericht weist die Nichtigkeitsbeschwerde ab.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Beschwerdeführerin macht zunächst eine widersprüchliche Beurteilung im Sinne von Art. 277 BStP geltend, weil die Vorinstanz für das gleiche Geschehen bei der Beschwerdegegnerin den objektiven und beim Beschwerdegegner den subjektiven Tatbestand verneine, bei diesem aber offenbar eine Erfüllung des objektiven Tatbestands annehme. Sie verletze Bundesrecht, weil sie beim Beschwerdegegner den Vorsatz verneine und die Beschwerdegegnerin bereits mangels objektiver Tatbestandserfüllung freispreche, ohne aber eine Begehung im Sinne des untauglichen Versuchs zu prüfen (Art. 23 Abs. 1 StGB). Beide seien der Geldwäscherei schuldig zu sprechen.
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2. Der Gesetzgeber bezeichnete mit den Handlungen, die geeignet sind, "die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder die Einziehung" von Vermögenswerten zu vereiteln, die drei gleichrangigen Handlungsvarianten der Geldwäscherei (BGE 119 IV 59 E. 2a ![]() | 7 |
Durch Geldwäscherei wird der Zugriff der Strafbehörden auf eine Verbrechensbeute vereitelt. Strafbar ist die Vereitelungshandlung als solche, unbesehen eines Vereitelungserfolgs. Die bisher publizierten Fälle betrafen (mit der Ausnahme von BGE 120 IV 323) aus verbrecherischem Drogenhandel herrührende Gelder, nämlich das Verstecken (BGE 119 IV 59; BGE 122 IV 211 E. 2b) und Anlegen (BGE 119 IV 242 E. 1d) sowie das Wechseln (BGE 122 IV 211 E. 2c), jeweils mit dem Ziel, die Spur des Herkommens zu tilgen.
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Zur Fallgruppe der Einzahlungen auf ein Konto wurde bisher nichts entschieden. Nachfolgend ist eine sogenannte "einfache Einzahlung" von Drogengeldern auf ein Bankkonto zu beurteilen.
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a) In der Literatur ist diese Rechtsprechung nämlich auf Kritik gestossen (vgl. die Nachweise in BGE 122 IV 211 E. 3a und die Urteilsanmerkungen von CASSANI, AJP 9/1996 S. 1169, DÉNÉRÉAZ, JdT 145/1997 S. 177, GRABER, AJP 4/1995 S. 515, SCHULTZ, ZBJV 131/1995 S. 845 und ZBJV 133/1997 S. 391, sowie ACKERMANN, StGB 305bis N. 115 ff., in: Schmid [Hrsg.], Kommentar Einziehung, organisiertes Verbrechen und Geldwäscherei, Band I, Zürich 1998; dazu SCHUBARTH, Geldwäscherei - Neuland für das traditionelle Strafrechtsdenken, FS Günter Bemmann, Baden-Baden 1997, ![]() | 11 |
Die Kritik wird mit einer strukturellen Verwandtschaft der Geldwäscherei mit Hehlerei und Begünstigung begründet. Geldwäscherei des Vortäters erscheint danach als Selbstbegünstigung. Die beiden angerufenen Bestimmungen Art. 160 und 305 StGB sind jedoch anders als Art. 305bis StGB so formuliert, dass bestraft wird, wer eine Sache, die "ein anderer" erlangt hat, hehlt bzw. wer "jemanden" begünstigt. ACKERMANN nimmt an, der sprachliche Unterschied sei unbewusst hineingeschlittert und müsse im Sinne einer Lückenfüllung praeter legem ausgeebnet werden (a.a.O., N. 118). STRATENWERTH kommt zum Ergebnis, Geldwäscherei sei als andere Straftat im Sinne der Regel anzusehen, dass der Zweck der Selbstbegünstigung sie nicht zu rechtfertigen vermöge; das befremdliche Ergebnis, dass sich strafbar macht, wer seine Verbrechensbeute versteckt, sei allein kein Grund, sich über das Gesetz hinwegzusetzen (Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, 4. Auflage, Bern 1995, § 54 N. 42).
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b) Die Rechtsprechung, wonach der Vortäter sein eigener Geldwäscher sein kann, ist zu bestätigen. Der Gesetzestext ist Ausgangspunkt der Gesetzesanwendung, wobei allerdings auch der klare Wortlaut auslegungsbedürftig sein kann (BGE 95 IV 68 E. 3a). Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung aus der ratio legis heraus (BGE 123 II 464 E. 3a). Im insoweit klaren Wortlaut von Art. 305bis StGB weist nichts auf eine Nichtanwendbarkeit auf den Vortäter hin, und seinem Sinn und Zweck lässt sich ein Vortäterprivileg nicht entnehmen. Es muss daher Sache des Gesetzgebers bleiben, allenfalls ein Vortäterprivileg einzubauen, so dass sich nur noch strafbar macht, wer eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Ermittlung [...] von Vermögenswerten zu vereiteln, die [...] aus einem Verbrechen eines anderen herrühren. Es erscheint indessen als eine Zielsetzung der Geldwäschereigesetzgebung, jede Verkehrsfähigkeit von Geldern aus verbrecherischem Drogenhandel zu unterbinden (BGE 122 IV 211 E. 3b/ee; auch ACKERMANN, a.a.O., N. 258; kritisch ARZT, Wechselseitige Abhängigkeit der gesetzlichen Regelung der Geldwäscherei und der Einziehung, in: TRECHSEL [Hrsg.], Geldwäscherei, Zürich 1997, S. 29). Mit der Rechtsordnung ist vereinbar, dass diese Rechtsfolge auch den Vortäter selber trifft. Nach der ratio legis soll sich Verbrechen nicht lohnen: Unter Strafe gestellt ist daher nicht mehr wie bis anhin lediglich der kriminelle Erwerbsakt. Vielmehr verbietet der Geldwäschereitatbestand zum ![]() | 13 |
c) Auch aus rechtsvergleichender Sicht besteht kein Anlass zu einer Praxisänderung. Gemäss Art. 6 Ziff. 2 lit. b des Übereinkommens des Europarats über Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vom 8. November 1990 (SR 0.311.53) kann ein Vertragsstaat vorsehen, dass die Straftaten der Geldwäscherei "nicht auf die Personen Anwendung finden, welche die Haupttat begangen haben". Damit geht das Übereinkommen von der grundsätzlichen Strafbarkeit des Vortäters aus. Eine Einschränkung hat der schweizerische Gesetzgeber in Art. 305bis StGB nicht vorgesehen. Dieser Konzeption ist nunmehr auch der deutsche Gesetzgeber gefolgt, indem er im entsprechenden § 261 StGB (Geldwäsche) die Einschränkung "eines andern" gestrichen hat (Bundesgesetzblatt 1998 I Nr. 25 vom 8. Mai 1998, S. 845). Bereits im amerikanischen Recht fand die Strafnorm auf den Vortäter selber Anwendung (ARZT, Das schweizerische Geldwäschereiverbot im Lichte amerikanischer Erfahrungen, ZStrR 106/1989 S. 190).
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a) Die Beschwerdegegnerin zahlte neben ihrem Anteil an der Verbrechensbeute auch dem Beschwerdegegner gehörende Drogengelder auf ihr Bankkonto ein, auf das sie ebenso ihre übrigen Ein- und Auszahlungen vorgenommen hatte. Dabei stellt die Vorinstanz fest, dass etwas anderes als eine einfache Einzahlung von Bargeld auf ein Konto nicht gemacht wurde und dass die Einzahlung die Einziehung weder erschwert noch vereitelt habe. Sie folgert aus BGE 119 IV 242, dass "jedenfalls" das blosse Einzahlen auf ein auf den ![]() | 16 |
Demzufolge ist auch eine versuchte Begehung zu verneinen, da sich ihr Vorsatz auf ein Verhalten bezog, das nach dem Gesagten straflos ist.
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b) Ebensowenig hat der Beschwerdegegner den objektiven Tatbestand der Geldwäscherei erfüllt, weil nach dem Gesagten die Einzahlung der Gelder auf das dem üblichen Zahlungsverkehr dienende persönliche Bankkonto der Beschwerdegegnerin, der damaligen Gattin des Beschwerdegegners, den Tatbestand nicht erfüllt und es nach dem massgeblichen Sachverhalt bezüglich des Beschwerdegegners an den geltend gemachten "Kaschierungshandlungen" gleichfalls fehlt. Entsprechend fällt auch bei ihm eine versuchte Geldwäscherei ausser Betracht.
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c) Die vorinstanzliche Gesetzesanwendung ist im Sinne von Art. 277 BStP nachvollziehbar, wie dies auch die konzise Begründung der Beschwerdeschrift belegt. Die angefochtene Entscheidung verletzt somit kein Bundesrecht.
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