![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
6. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. November 1999 i.S. X., Y. und Z. gegen Amir Aruputhai (fiktiver Name) und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 1, 2 und 9 OHG; Beurteilung der Zivilansprüche der Hinterbliebenen des Opfers im Strafverfahren. | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte Amir Aruputhai am 10. September 1998 wegen schwerer Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 1 StGB und wegen Freiheitsberaubung im Sinne von Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 184 Abs. 2 StGB zu neun Jahren Zuchthaus sowie zu zehn Jahren unbedingter Landesverweisung. Vom Vorwurf der Unterlassung der Nothilfe sprach es ihn frei. Auf die Schadenersatz- und Genugtuungsanträge der Hinterbliebenen des Opfers (Eltern und Halbschwester) X., Y. und Z. trat es nicht ein.
| 2 |
X., Y. und Z. führen eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts vom 10. September 1998. Sie beantragen die Aufhebung der Ziff. 4 des Dispositivs und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz, damit diese adhäsionsweise über die Zivilansprüche entscheide.
| 3 |
Aus den Erwägungen: | |
2. a) Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz vor, über die Zivilansprüche entgegen Art. 2 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (OHG; SR 312.5) nicht adhäsionsweise entschieden zu haben. Sie hätten ihre Begehren gestützt auf Art. 41, Art. 47 und Art. 49 OR und damit als Ausgleich ![]() | 4 |
b) Die Vorinstanz begründet das Nichteintreten auf die Zivilansprüche damit, dass der Tod des Opfers die Grundlage des geltend gemachten Schadens und der Genugtuung sei. Ein Tötungsdelikt sei vorliegend indessen nicht eingeklagt. Die Prüfung des adäquaten Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des Angeklagten und dem Tod des Opfers sei nicht Gegenstand des Strafverfahrens. Dem Strafgericht sei es daher verwehrt, über die Zivilansprüche zu entscheiden.
| 5 |
6 | |
In BGE 122 IV 71 E. 4a wurde festgehalten, dass für den Richter bei der Frage, ob jemand Rechte gemäss OHG geltend machen kann, der Anklagesachverhalt massgeblich ist, da der Anklagegrundsatz durch das OHG nicht beschränkt wird. Bei diesem Entscheid ging es um einen Verkehrsunfall, wobei gegen die für die Kollision verantwortliche ![]() | 7 |
b) Amir Aruputhai fügte dem Opfer schwerste Verletzungen zu und verweigerte ihm jede Möglichkeit, Hilfe zu holen. In seiner verzweifelten Lage sah es nur noch den Ausweg, aus dem Fenster zu klettern, wobei es das Gleichgewicht verlor und zu Tode stürzte. Im Zusammenhang mit der Strafzumessung hält die Vorinstanz fest, dass Amir Aruputhai sein Opfer recht eigentlich in den Tod getrieben habe und die klare Verantwortung dafür trage. Wenn die Hinterbliebenen deshalb Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche aus dem Tod des Opfers geltend machen, hat die Vorinstanz nach dem Gesagten darauf einzutreten, selbst wenn kein Tötungsdelikt Gegenstand der Anklage war. Der Nichteintretensentscheid stellt eine Verletzung von Bundesrecht dar, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde gutzuheissen ist.
| 8 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |