BGE 126 IV 48 | |||
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8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 28. Januar 2000 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 5 Abs. 1 und 3, Art. 27 Abs. 1 SVG; Art. 16 Abs. 2 SSV; Rechtsbeständigkeit von Signalen, Fahrverbot. |
Rechtsbeständigkeit eines Fahrverbots bejaht, das einige Meter vor dem verfügten Ort signalisiert war (E. 2b). | |
Sachverhalt | |
1 | |
S. führt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung vom Vorwurf des Nichtbeachtens eines Verbotssignals an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
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aus folgenden Erwägungen: | |
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Die Vorinstanz verweist in ihrem Urteil hauptsächlich auf die Erwägungen des Bezirksgerichts. Danach stehe fest, dass der Beschwerdeführer mit seinem Personenwagen aus dem Kiesplatz Pomerngut nach links in den u.a. mit einem Fahrverbot für Motorwagen versehenen Pomernweg gefahren sei. Das Fahrverbot sei vom Stadtrat Zofingen am 12. Juli 1995 beschlossen und im Amtsblatt des Kantons Aargau vom 28. August 1995 wie folgt veröffentlicht worden: "Pomernweg (...) Teilstück ab Liegenschaft Pomerngut F1 bis Einmündung Zufahrt Altersheim Blumenheim - Fahrverbot für Motorwagen, Motorräder und Motorfahrräder in beiden Richtungen, ausgenommen Zubringerdienst. Ersetzt Ausschreibung vom 22. Dezember 1990". Das Verbot sei in Rechtskraft erwachsen.
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Der Beschwerdeführer habe eingewendet, dass die Verbotstafel nicht auf der Höhe der Grenze zwischen der Liegenschaft F1 (3234) und dem Grundstück 1390, sondern ungefähr sechs Meter in Richtung Bottensteinerstrasse versetzt stehe, weshalb er direkt vom Kiesplatz in den Pomernweg habe einschwenken können, ohne dabei an der Verbotstafel vorbeizufahren. Zudem sei die beschränkte Gültigkeit des Verbots ab der Liegenschaft Pomerngut F1 bis zur Einmündung Altersheim Blumenheim weder in Richtung Bottensteinerstrasse noch in der Gegenrichtung signalisiert worden. Schliesslich sei die auf der gegenüberliegenden Seite des Kiesplatzes angebrachte Tafel "Fahrtrichtung rechts" offenbar überhaupt nicht verordnet worden. Da somit die im Amtsblatt veröffentlichte Signalisation nicht signalisiert und die effektiv angebrachte Signalisation nicht publiziert worden sei, fehle es an der Rechtsgrundlage für eine Verurteilung.
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Der Augenschein habe ergeben, dass die Verbotstafel tatsächlich einige Meter vor Beginn der Liegenschaft Pomerngut F1 (3234) angebracht sei und der Beschwerdeführer deshalb ohne an der Verbotstafel vorbeizufahren vom Kiesplatz nach links in den Pomernweg habe einbiegen können. Daraus vermöge er aber nichts zu seinen Gunsten ableiten. Der Umstand, dass die Signalisationstafel einige Meter vor Beginn des Geltungsbereichs des Fahrverbots angebracht sei, habe nicht die Ungültigkeit des Verbots zur Folge, sondern führe einzig dazu, dass die vom Fahrverbot erfassten Motorfahrzeuglenker, welche bis an die Grenze der Liegenschaft Pomerngut F1 (3234) heranführen, nicht wegen Missachtung dieses Verbots belangt werden könnten. In diesem Sinne müsse denn auch der erwähnte Art. 16 Abs. 2 Halbsatz 1 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) aufgefasst werden. Angesichts der konkreten Örtlichkeiten - der Pomernweg ist lediglich vier Meter breit, d.h. der zur Verfügung stehende Raum ist eng begrenzt - sei davon auszugehen, dass die Verbotstafel aus rein verkehrspraktischen Gründen einige Meter weiter vorne stationiert worden sei. Dadurch sei nämlich gewährleistet, dass insbesondere Automobilisten ihr Fahrzeug noch rechtzeitig und gefahrlos auf dem linksseitigen Kiesplatz wenden könnten. Mit dieser Standortwahl werde Art. 103 Abs. 2 Satz 1 SSV nachgelebt, welcher besage, dass Signale so aufzustellen seien, dass sie rechtzeitig erkennbar seien. Der Beschwerdeführer habe an der Augenscheinverhandlung ausdrücklich bestätigt, die Verbotstafel zu kennen, was von ihm als Anrainer auch ohne weiteres erwartet werden dürfe. Trotzdem sei er - wenn auch links neben der Verbotstafel - in die verbotene Zone des Pomernwegs hineingefahren. Erst recht hätte er sich angesichts des unmittelbar neben der Verbotstafel gut sichtbar angebrachten Signals "Fahrtrichtung rechts" regelkonform verhalten müssen, zumal davon auszugehen sei, dass dieses Signal nicht selbständig publiziert werden müsse, sondern im publizierten Fahrverbot inbegriffen sei. Schliesslich sei anzumerken, dass es sich nicht um eine (zulässige) Zubringerfahrt gehandelt habe. Der Beschwerdeführer habe sich somit des Nichtbeachtens des Vorschriftssignals "Verbot für Motorwagen" schuldig gemacht.
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Die Vorinstanz erwähnt zusätzlich, es sei für jeden Benutzer der Örtlichkeiten offensichtlich, dass er von der südlichen Seite des Pomernwegs her ungehindert zum Parkplatz gelangen könne, dass aber die Weiterfahrt durch den nördlichen Teil des Pomernwegs mit Fahrverbot belegt sei. Deshalb erübrige sich auch das Anbringen einer Distanztafel gemäss Art. 16 Abs. 3 SSV.
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b) Der Beschwerdeführer wiederholt im Wesentlichen die vor den kantonalen Instanzen erhobenen Einwendungen.
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Behördliche Anordnungen zur Regelung bestimmter örtlicher Verkehrsverhältnisse stellen Verwaltungsakte in Form von Allgemeinverfügungen dar. Verkehrssignale sind jedoch nicht an sich unmittelbar verbindliche, verselbständigte Vorschriften, sondern verkörpern von der zuständigen Behörde durch Verfügung erlassene örtliche Verkehrsanordnungen. Das Verkehrszeichen ist somit ein Erscheinungsbild der ihr zugrunde liegenden Verfügung und weist als solches die gleiche Rechtsnatur wie diese auf (BGE 102 IV 109 E. 2; BGE 101 Ia 73 E. 3b; BGE 100 IV 71 E. 2; SCHAFFHAUSER, Grundriss des Schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band I, N. 70).
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Wer Signale und Markierungen bzw. die in ihnen zum Ausdruck kommende behördliche Anordnung zur Regelung bestimmter örtlicher Verkehrsverhältnisse, mit der sie eine Einheit bilden (vgl. BGE 100 IV 71 E. 2), missachtet, wird gemäss Art. 27 Abs. 1 i.V.m. Art. 90 SVG bestraft. Doch ist es nicht Sinn des Gesetzes, dem Strassenbenützer die Beachtung eines jeden Signals unter Androhung von Strafe vorzuschreiben, gleichgültig, ob dieses rechtsbeständig ist oder nicht. Art. 27 Abs. 1 SVG verlangt vom Verkehrsteilnehmer vielmehr die Beachtung der vorschriftsgemäss beschlossenen und angebrachten Signale.
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b) Der Pomernweg zweigt von der Bottensteinerstrasse in nördlicher Richtung ab. Nach einigen Metern liegt auf der linken Seite ein gekiester Parkplatz, dessen Nordseite an die Parzelle F1 grenzt. Etwa 6 Meter vor der Parzellengrenze steht rechtsseitig am Pomernweg das Signal "Fahrverbot für Motorwagen, Motorräder und Motorfahrräder" mit der Zusatztafel "Zubringerdienst gestattet". Daneben, etwas weiter Richtung Bottensteinerstrasse, ist für Lenker, die vom gekiesten Platz in den Pomernweg zurückfahren, das Signal "Fahrtrichtung rechts" aufgestellt. Der Beschwerdeführer lenkte sein Fahrzeug vom nördlichen Teil des Kiesplatzes nach links in den Pomernweg, ohne dabei an der Verbotstafel vorbeizufahren. Nach der in Rechtskraft erwachsenen Verfügung des Stadtrats von Zofingen ist das Teilstück des Pomernwegs ab Liegenschaft F1 (3234) bis Einmündung Zufahrt Altersheim Blumenheim mit dem fraglichen Fahrverbot belegt.
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Es stellt sich die Frage, ob das vorschriftsgemäss verfügte Fahrverbot auf der Fahrbahn selbst in Form einer entsprechenden Signalisation kenntlich gemacht wurde. Die Wahl des Signals "Verbot für Motorwagen, Motorräder und Motorfahrräder" (Anhang 2 zur SSV Ziff. 2.14) mit der Zusatztafel "Zubringerdienst gestattet" ist nicht zu beanstanden. Dass das Signal ca. 6 Meter vor Beginn der Verbotszone aufgestellt wurde, könnte Verkehrsteilnehmer theoretisch dazu veranlassen anzunehmen, die Verbotszone gelte bereits von dieser Stelle an (Art. 16 Abs. 2 SSV). Wie die Vorinstanz jedoch zutreffend festhält, ist es für jeden Benutzer des südlichen Teils des Pomernwegs und des angrenzenden Parkplatzes offensichtlich, dass er von der südlichen Seite des Pomernwegs her ungehindert zum Parkplatz gelangen kann, dass aber die Weiterfahrt durch den nördlichen Teil des Pomernwegs mit einem (Motor-)Fahrverbot belegt ist. Damit ist das verfügte Fahrverbot entsprechend signalisiert worden, das Signal mithin grundsätzlich rechtsgültig, und zwar auch ohne Anbringen einer Distanztafel. Um mögliche Unklarheiten bei ortsunkundigen Verkehrsteilnehmern ausschliessen zu können, wäre es zwar wünschenswert, wenn das Verbotssignal auf der Parzellengrenze F1 (3234) stehen würde. Da der Beschwerdeführer gemäss verbindlicher Feststellungen der Vorinstanz (Art. 277bis Abs. 1 BStP [SR 312.0]) selbst bestätigt hatte, als Anrainer die Verbotstafel zu kennen, und da es sich auch nicht um eine erlaubte Zubringerfahrt handelte, scheidet ein Sachverhaltsirrtum aus; folglich verstösst die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Missachtung des Fahrverbots nicht gegen Bundesrecht. Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob das Signal "Fahrtrichtung rechts" (Anhang 2 zur SSV Ziff. 2.32) wegen fehlenden Beschlusses der zuständigen Behörde und fehlender Veröffentlichung (Art. 16 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 107 Abs. 1 SSV) überhaupt rechtsbeständig ist. Jedenfalls sind die Signale "Fahrtrichtung rechts" und "Verbot für Motorwagen, Motorräder und Motorfahrräder" nicht deckungsgleich, weil sich das erstere auch an Radfahrer richtet, während beim zweiten die Radfahrer vom Verbot ausgenommen sind, ein Unterschied, auf den sich allerdings gerade der Beschwerdeführer als Automobilist nicht berufen kann.
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Der Einwand des Beschwerdeführers, er sei von der Nordseite des gekiesten Parkplatzes nach links in den Pomernweg eingebogen, ohne an der Verbotstafel vorbeizufahren, geht an der Sache vorbei. Wer z.B. in einer Einbahnstrasse sein Fahrzeug auf einem privaten Parkplatz abstellt, muss bei Wiederantritt der Fahrt wissen, dass die Fahrt bloss in die eine Richtung erlaubt ist. Genau gleich verhält es sich im Fall des Beschwerdeführers. Nachdem er vor dem Abstellen seines Fahrzeugs auf dem linksseitigen Parkplatz die Verbotstafel für den nördlichen Teil des Pomernwegs gesehen hatte, musste er dieses Verbot auch bei Wiederantritt der Fahrt beachten; dies umso mehr als er das Verbot genau kannte. Der Einwand, dass er bei seiner Fahrweise nicht unmittelbar neben der Verbotstafel vorbeigefahren sei, ist spitzfindig und grenzt an Rechtsmissbrauch.
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