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9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Januar 2000 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 51 Abs. 3 und Art. 91 Abs. 3 SVG, Art. 23 Abs. 1 StGB; Unterlassung der Meldung eines Unfalls an die Polizei, Vereitelung einer Blutprobe, untauglicher Versuch. | |
Sachverhalt | |
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Am 16. Februar 1999 verurteilte der Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich K. wegen Vereitelung einer Blutprobe und pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall zu 60 Tagen Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von 2 Jahren.
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In teilweiser Gutheissung der dagegen von K. erhobenen Berufung erklärte ihn das Obergericht des Kantons Zürich am 4. Juni 1999 schuldig des untauglichen Versuchs der Vereitelung einer Blutprobe. Von der Anschuldigung des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall sprach es ihn frei. Es bestrafte K. mit 14 Tagen Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von 2 Jahren.
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K. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Sache zum Freispruch auch vom Vorwurf des untauglichen Versuchs der Vereitelung einer Blutprobe an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab
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aus folgenden Erwägungen: | |
1. a) Die Vorinstanz legt dar, die Unterlassung der sofortigen Meldung eines Unfalls an die Polizei erfülle den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe nur, wenn der Fahrzeugführer zur Benachrichtigung der Polizei verpflichtet war. Bei Selbstunfällen bestehe eine Meldepflicht, wenn an fremdem Gut Schaden entstanden sei. Die Vorinstanz kommt zum Schluss, dass der Zusammenstoss mit dem Signalmast von grosser Heftigkeit war. Gleichwohl nimmt sie zu Gunsten des Beschwerdeführers an, dass beim Unfall nur sein Personenwagen, nicht aber der Signalmast beschädigt wurde und deshalb keine Meldepflicht bestand. Damit habe der Beschwerdeführer den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe in objektiver Hinsicht nicht erfüllen können. Das führe aber nicht zum Freispruch. Der Beschwerdeführer habe nie geltend gemacht, nach dem Unfall nachgeschaut zu haben, ob der Signalmast beschädigt worden sei, ![]() | 6 |
b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die Annahme des untauglichen Versuchs der Vereitelung einer Blutprobe verletze Bundesrecht.
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Nach der Rechtsprechung zur alten Fassung von Art. 91 Abs. 3 SVG erfüllt die Unterlassung der sofortigen Meldung eines Unfalls an die Polizei den objektiven Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, wenn (1) der Fahrzeuglenker gemäss Art. 51 SVG zur sofortigen Meldung verpflichtet und (2) die Benachrichtigung der Polizei möglich war und wenn (3) bei objektiver Betrachtung aller Umstände die Polizei bei Meldung des Unfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätte. Ob die Anordnung einer Blutprobe sehr wahrscheinlich war, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab. Dazu gehören einerseits der Unfall als solcher (Art, ![]() | 9 |
Diese Rechtsprechung ist auch für die seit dem 1. Februar 1991 in Kraft stehende neue Fassung von Art. 91 Abs. 3 SVG massgebend (BGE 124 IV 175 E. 3a; BGE 120 IV 73 E. 2 und 4).
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In BGE 125 IV 283 hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung präzisiert. Danach ist der objektive Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe nicht schon dann erfüllt, wenn erstens der Fahrzeuglenker gemäss einer gesetzlichen Bestimmung verpflichtet war, einen Vorfall der Polizei zu melden bzw. sich dieser zur Verfügung zu halten, und zweitens die Anordnung einer Blutprobe im Falle pflichtgemässen Verhaltens unter den gegebenen konkreten Umständen sehr wahrscheinlich war. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass die gesetzliche Pflicht, welche der Fahrzeuglenker missachtete, gerade auch der Abklärung des Unfalls und damit allenfalls auch der Ermittlung des Zustands des Fahrzeuglenkers dient. Dieser Zweckzusammenhang ist nach der der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zugrunde liegenden Konzeption bei den Meldepflichten gemäss Art. 51 Abs. 2 und 3 SVG gegeben. Dagegen fehlt es am erforderlichen Zweckzusammenhang bei der Meldepflicht gemäss Art. 54 Abs. 2 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 (VRV; SR 741.11). Diese Meldepflicht dient nicht auch der Abklärung des Unfalls, sondern bezweckt einzig die - ohne Beizug der Polizei nicht mögliche - unverzügliche Beseitigung der Gefahren, die durch Unfälle, Fahrzeugpannen, herabgefallene Ladungen etc. entstehen. Die Unterlassung der nach Art. 54 Abs. 2 VRV gebotenen Meldung an die Polizei kann daher nicht den Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe erfüllen. Dies gilt auch dann, wenn davon ausgegangen wird, dass die in Art. 54 Abs. 2 VRV statuierte Meldepflicht implizit schon in Art. 51 Abs. 1 Satz 2 SVG enthalten ist, wonach alle an einem Unfall Beteiligten nach Möglichkeit für die Sicherung des Verkehrs zu sorgen haben. Zwar ist in ![]() | 11 |
b) Der untaugliche Versuch ist geregelt in Art. 23 StGB. Danach kann der Richter die Strafe nach freiem Ermessen mildern (Art. 66 StGB), wenn das Mittel, womit jemand ein Verbrechen oder ein Vergehen auszuführen versucht, oder der Gegenstand, woran er es auszuführen versucht, derart ist, dass die Tat mit einem solchen Mittel oder an einem solchen Gegenstand überhaupt nicht ausgeführt werden könnte (Abs. 1). Beim untauglichen Versuch besteht ein Sachverhaltsirrtum zu Ungunsten des Täters (BGE 124 IV 97 E. 2a mit Hinweis). Im Gegensatz zum Sachverhaltsirrtum nach Art. 19 StGB, bei dem der Täter objektiv vorliegende Umstände nicht kennt, stellt sich der Täter beim untauglichen Versuch nicht vorhandene Umstände, an deren Fehlen die Vollendung des vorgestellten Tatbestands zwangsläufig scheitern muss, als gegeben vor. Im Fall von Art. 19 StGB bleibt seine Vorstellung hinter der Wirklichkeit zurück, im Fall des untauglichen Versuchs geht sie darüber hinaus (vgl. THEO VOGLER, Leipziger Kommentar, 10. Aufl., § 22 N. 134; SCHÖNKE/SCHRÖDER/ESER, Strafgesetzbuch, Kommentar, 25. Aufl., § 22 N. 68; PHILIPPE GRAVEN/BERNHARD STRÄULI, L'infraction pénale punissable, 2. Aufl., Bern 1995, S. 172 f. N. 127; HANS SCHULTZ, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafrechts, 1. Band, 4. Aufl., Bern 1982, S. 228 und 276).
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c) Der Beschwerdeführer fuhr nachts auf einer gut ausgebauten Strasse ungebremst in einen Signalmast. Die Kollision war heftig. Das Fahrzeug, das den Beschwerdeführer angeblich von der Spur abgedrängt hatte, hat kein Zeuge gesehen. Schon deshalb lag der Verdacht auf Angetrunkenheit nahe. Der Beschwerdeführer roch zudem gemäss der Aussage eines Zeugen nach Alkohol. Bei dieser Sachlage hätte die Polizei mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet. Die Umstände, welche die hohe Wahrscheinlichkeit der Blutprobe begründeten, waren dem Beschwerdeführer ![]() | 13 |
In BGE 114 IV 148 hatte das Bundesgericht die umgekehrte Konstellation zu beurteilen. Der Fahrzeuglenker hatte einen Drittschaden angerichtet und war deshalb zur Meldung verpflichtet. Er hatte den Schaden aber nicht bemerkt. Mangels Vorsatz war er nicht strafbar (E. 2b).
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d) Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist nicht geeignet, eine Bundesrechtsverletzung darzutun.
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Er macht geltend, der Tatbestand der Vereitelung der Blutprobe sei als qualifizierter Tatbestand des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall (Art. 92 SVG) zu betrachten. Der qualifizierte Tatbestand sei nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur anwendbar, wenn sowohl die subjektiven als auch die objektiven Voraussetzungen dafür gegeben seien.
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Der Einwand ist unbegründet. Art. 91 Abs. 3 SVG ist nicht ein qualifizierter Tatbestand des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall nach Art. 92 SVG. Die beiden Bestimmungen haben einen unterschiedlichen Zweck. Art. 92 und 51 SVG bezwecken einerseits den Schutz des Opfers und anderseits die Ermittlung des Verantwortlichen (Urteil des Kassationshofes vom 22. August 1995 in Sachen H., veröffentlicht in Pra. 1996 Nr. 177 E. 3a). Mit dem Tatbestand nach Art. 91 Abs. 3 SVG will das Gesetz demgegenüber verhindern, ![]() | 17 |
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