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16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 29. Februar 2000 i. S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Uri (Nichtigkeitsbeschwerde) | |
Regeste |
Art. 9 Abs. 6 lit. c, Art. 30 Abs. 2 und Art. 96 Ziff. 1 Abs. 3 SVG; Art. 67 Abs. 1 lit. a und Abs. 8 VRV; Fahren mit Überlast, Gewichtslimite von 28 t bei Anhängerzügen, Toleranz von 5%. | |
Sachverhalt | |
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Mit Strafverfügung vom 9. Dezember 1997 büsste die Polizeidirektion Uri K. wegen Fahrens mit Überlast mit Fr. 480.-.
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Dagegen erhob K. Rekurs. Mit Strafbefehl vom 18. Dezember 1998 auferlegte ihm die Staatsanwaltschaft des Kantons Uri eine Busse von ebenfalls Fr. 480.-.
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In Gutheissung der von der Staatsanwaltschaft dagegen erhobenen Berufung büsste das Obergericht des Kantons Uri K. am 15. Juli 1999 mit Fr. 480.-.
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K. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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Auf einen Verbotsirrtum nach Art. 20 StGB könne sich der Beschwerdeführer nicht berufen. Die Voraussetzung des fehlenden Unrechtsbewusstseins sei nicht gegeben. Der Beschwerdeführer hätte im Übrigen auch keine zureichenden Gründe gehabt zur Annahme, er tue nichts Unrechtes.
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Bei der Strafzumessung bemerkt die Vorinstanz, das Verschulden des Beschwerdeführers wiege nicht leicht. Er habe 22 Ballen Silofutter transportiert. Gemäss Auskunft des Lieferanten habe eine Balle ein Gewicht zwischen 500 und 800 kg aufgewiesen. Das Leergewicht des Anhängerzuges betrage 15,4 t. Damit sei noch eine ![]() | 10 |
b) Der Beschwerdeführer macht ausschliesslich geltend, die Vorinstanz habe Art. 67 Abs. 8 VRV verletzt, indem sie es abgelehnt habe, die Toleranz von 5% in Abzug zu bringen. Auch bei Geschwindigkeitsüberschreitungen sei ein Toleranzwert ausdrücklich vorgesehen und dieser werde bei der Berechnung des strafbaren Masses abgezogen.
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In einem Schreiben vom 28. Oktober 1996 an einen Aargauer Anwalt führe der Chef der Abteilung Verkehrsregelung/Verkehrspolitik der Hauptabteilung Strassenverkehr des damaligen Bundesamtes für Polizeiwesen aus, die Gewichtstoleranzen nach Art. 67 Abs. 8 und 9 VRV bildeten einen straffreien Rahmen. Als Basis der Strafbarkeit sei das Gewicht massgebend, das die entsprechenden Toleranzwerte übersteige. Dieser Betrachtungsweise folgten auch die Weisungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 7. Mai 1996 über die Gewichtsberechnung beim Transport von Stamm- und Schichtholz auf der Strasse. Aus Gründen der Rechtsgleichheit sei daher bei den Gewichtsüberschreitungen immer der anwendbare Toleranzwert abzuziehen.
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Weiter bringt der Beschwerdeführer vor, auch das Obergericht des Kantons Aargau sei in seinem Urteil vom 11. Dezember 1996 zum Schluss gekommen, dass bei einer Gewichtsüberschreitung die Toleranzmarge von 5% bei der Strafzumessung vom ermittelten Gesamtgewicht in Abzug zu bringen sei (AGVE 1996, S. 112 f., Nr. 34).
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Die unterschiedliche Auslegung von Art. 67 Abs. 8 VRV durch die Obergerichte der Kantone Aargau und Uri habe zur Folge, dass ein Chauffeur nicht in jedem Kanton gleich behandelt werde. Während er im Kanton Aargau mit der Anrechnung der 5% rechnen könne, werde ihm dies im Kanton Uri verweigert.
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Das Gesamtgewicht darf bei Anhängerzügen höchstens 28 t betragen (Art. 9 Abs. 6 lit. c SVG, Art. 67 Abs. 1 lit. a VRV). Überschreitungen der nach Art. 67 Abs. 1 und 3 VRV zulässigen Gewichte der Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen und der zulässigen Gewichte der Motorräder bis zu 5% und der zulässigen Achsbelastungen nach Art. 67 Abs. 2 VRV bis zu 2%, in jedem Fall aber bis 100 kg, werden nicht geahndet (Art. 67 Abs. 8 VRV).
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Als Beweggründe für die Gesamtgewichtsbeschränkungen gelten etwa die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs, der Schutz der Strassen (für deren Beanspruchung auch die Zahl der Achsdurchläufe massgebend ist) und der Immissionsschutz. Da die Ausmasse und Gewichte der Motorfahrzeuge und Anhängerzüge für die Strasseneigentümer, Strassenbenützer, Fahrzeughalter, Verfrachter und damit für die gesamte Verkehrs- und Volkswirtschaft von grosser Bedeutung sind und deren Festlegung einen primär politischen Entscheid darstellt, sind sie im Strassenverkehrsgesetz selbst verankert (RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band I, Bern 1984, N. 124 und 121 mit Hinweis).
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b) Das Gesamtgewicht bei Anhängerzügen darf nach Art. 9 Abs. 6 lit. c SVG höchstens 28 t betragen. Gemäss Art. 9 Abs. 1 SVG erlässt der Bundesrat im Rahmen der folgenden Bestimmungen, d.h. unter anderem im Rahmen von Art. 9 Abs. 6 SVG, Vorschriften über Gewichte der Motorfahrzeuge und ihrer Anhänger. Das hat der Bundesrat getan in Art. 67 VRV. Danach darf das Betriebsgewicht ![]() | 19 |
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c) Soweit der Chef der Abteilung Verkehrsregelung/Verkehrspolitik der Hauptabteilung Strassenverkehr des damaligen Bundesamtes für Polizeiwesen in der vom Beschwerdeführer genannten Auskunft an einen Aargauer Anwalt eine vom vorliegenden Entscheid abweichende Auffassung vertreten hat, bindet dies das Bundesgericht nicht. Dasselbe gilt für die in der Auskunft erwähnten Weisungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements über die Gewichtsberechnung beim Transport von Stamm- und Schichtholz auf der Strasse vom 7. Mai 1996. Solche Weisungen haben keine Gesetzeskraft und binden ein Gericht nicht (BGE 102 IV 271).
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In einem Rundschreiben an die für den Strassenverkehr zuständigen Direktionen der Kantone vom 14. Juli 1972 hat im Übrigen das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement die gleiche Auffassung vertreten wie hier. Damals wurde ein Toleranzwert von 2% eingeführt. Wörtlich heisst es im Rundschreiben:
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"Wenn nun aber das Betriebsgewicht anlässlich einer Gewichtskontrolle die straffreie Toleranzgrenze übersteigt, so muss selbstverständlich die ganze Differenz zwischen dem tatsächlichen Betriebsgewicht und dem zulässigen Gesamtgewicht als strafbare Überladung gewertet werden.
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Beispiel:
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Ein Anhängerzug mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 28'000 kg weist bei der Wägung 29'000 kg Betriebsgewicht auf und übersteigt also die tolerierte Grenze von 28'560 kg. Daher beträgt die strafbare, im Verzeigungsrapport anzugebende Überladung 1000 kg (29'000 kg-28'000 kg) und nicht bloss 440 kg (29'000 kg-28'560 kg)."
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d) Einen Abzug der Toleranz von damals 2% hat der Kassationshof unausgesprochen bereits abgelehnt im unveröffentlichten Urteil vom 29. April 1986 in Sachen Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden gegen L. Der damalige Beschwerdegegner hatte mit seinem Anhängerzug einen Holztransport durchgeführt. Er überschritt die Limite von 28 t um 4'100 kg, was 14,6% entspricht. Der Kassationshof kam zum Schluss, die in den Weisungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 26. Juni 1963 vorgesehene Toleranz von 15% bei der Gewichtsberechnung von Holz nach dem Raummass sei im zu beurteilenden Fall nicht anwendbar. Der Kassationshof führte sodann aus, mit einer Gewichtsüberschreitung von 14% sei der objektive Tatbestand der Widerhandlung gegen Art. 96 Ziff. 1 Abs. 3 SVG erfüllt (E. 6). Dass die Toleranz von 2% abzuziehen sei, sagte der Kassationshof nicht.
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