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29. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.24/2002 vom 25. Juni 2002 | |
Regeste |
Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB; bedingter Strafvollzug. | |
Sachverhalt | |
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B.- Am 11. Mai 2001 sprach der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich X. schuldig des Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG sowie der groben Verletzung einer Verkehrsregel im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 68 Abs. 1 SSV und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten Gefängnis, dies unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von vier Jahren.
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C.- Gegen dieses Urteil legten sowohl X. wie auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Berufung ein.
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Am 2. November 2001 sprach das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, X. schuldig des Fahrens in angetrunkenem Zustand im Sinne von Art. 91 Abs. 1 SVG, der groben Verletzung einer Verkehrsregel im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 SVG und Art. 68 Abs. 1 SSV, der versuchten Vereitelung einer Blutprobe im Sinne von Art. 91 Abs. 3 SVG in Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB und des pflichtwidrigen Verhaltens bei einem Unfall im Sinne von Art. 92 Abs. 1 SVG in Verbindung mit Art. 51 Abs. 3 SVG und Art. 56 Abs. 1 VRV. Es verurteilte X. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten Gefängnis und zu einer Busse von Fr. 5'000.-. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es bei einer Probezeit von fünf Jahren auf, und es erteilte ihm die Weisung, sich während der Probezeit unter Betreuung einer Fachstelle für Alkoholprobleme oder eines Arztes seiner Wahl des Alkoholkonsums gänzlich zu enthalten. Das Obergericht lud das Amt für Justizvollzug ein, die Einhaltung der Weisung zu überwachen.
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D.- Mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde beantragt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, das angefochtene Urteil wegen Verletzung von Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Erwägungen: | |
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Dem Beschwerdegegner sei die Problematik von Alkohol am Steuer sehr bewusst, sei er doch bei seinen Gästen diesbezüglich vorsichtig. Zudem lasse er sein Fahrzeug zu Hause, wenn er mit einem Lunch rechne. Zu beachten sei aber, dass der Beschwerdegegner auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit, die zwingend Kundenkontakte mit einschliesse, immer wieder mit der nicht voraussehbaren Situation konfrontiert sein werde, mit Kunden einen Lunch ![]() | 9 |
Zum Einwand, eine unbedingte Freiheitsstrafe hätte für den Beschwerdegegner in beruflicher Hinsicht eine sehr einschränkende Wirkung, selbst wenn er diese in Halbgefangenschaft verbüssen könnte, bemerkt die Vorinstanz, dass wohl jeder Freiheitsentzug eine Beeinträchtigung in der beruflichen Betätigung bedeute. Darauf sei im Rahmen des Vollzugs so weit wie möglich Rücksicht zu nehmen. Bei der Prüfung der Frage der Gewährung des bedingten Strafvollzugs dürfe dies aber nicht zu einer Zweiklassenjustiz führen in dem Sinne, dass Angehörigen von gewissen Berufen, wie etwa Fernfahrern oder Nachtwächtern, der bedingte Strafvollzug nur deshalb gewährt werden müsste, weil sie ihre Freiheitsstrafe nicht in Halbgefangenschaft verbüssen könnten. Aus diesem Grund könne auch das Argument des Beschwerdegegners nicht gehört werden, er sei sehr strafempfindlich, weil eine unbedingte Freiheitsstrafe ihn härter treffen würde, als dies bei einer Person mit permanenter Tätigkeit in der Schweiz der Fall wäre.
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Hingegen sei zu beachten, dass der Beschwerdegegner im Berufungsverfahren neu vorbringe, dass er seit dem Vorfall vom ![]() | 11 |
Da der Beschwerdegegner seit dem 18. November 2000 totalabstinent sei, er den Kurs des bfu besuche und ihm der Führerausweis unter Auflage einer Totalabstinenz wieder erteilt worden sei, sei davon auszugehen, dass er nun die notwendigen Konsequenzen gezogen habe. Auf Grund dieser neuen Tatsache könne ihm nochmals der bedingte Strafvollzug gewährt werden. Den trotzdem bestehenden Bedenken sei dadurch Rechnung zu tragen, dass die Probezeit auf die längste mögliche Dauer von fünf Jahren anzusetzen sei. Zudem sei dem Beschwerdegegner gestützt auf Art. 41 Ziff. 2 StGB die Weisung zu erteilen, sich unter Betreuung einer Fachstelle für Alkoholprobleme oder eines Arztes seiner Wahl während der Probezeit des Alkoholkonsums gänzlich zu enthalten. Mit der Überwachung dieser Weisung sei das Amt für Justizvollzug zu beauftragen. Es werde Sache dieser Amtsstelle sein, die genauen Überwachungsmodalitäten mit dem Beschwerdegegner zu regeln. Anzumerken bleibe, dass es angezeigt erscheine, den Beschwerdegegner jeweils ohne entsprechende Vorankündigung kurzfristig zu den einzelnen Kontrollen aufzubieten.
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2. Die Beschwerdeführerin sieht Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB verletzt. Der Beschwerdegegner habe sich nicht "nur" des Fahrens in einem ganz erheblich angetrunkenen Zustand schuldig gemacht, sondern überdies versucht, sich einer Blutprobe zu entziehen, obwohl ![]() | 13 |
Die Vorinstanz habe in Überschreitung ihres Ermessens dem Beschwerdegegner letztlich nur deswegen den bedingten Strafvollzug gewährt, weil er im Berufungsverfahren eine durch seinen Hausarzt bestätigte Alkoholtotalabstinenz geltend gemacht habe. Diese Abstinenz stehe im Zusammenhang mit der Wiederaushändigung des Führerausweises - ein Umstand, welcher klar deren Bedeutung relativiere. Aus der dem Beschwerdegegner vom Strassenverkehrsamt am 4. September 2001 auferlegten Alkoholtotalabstinenz könne nicht darauf geschlossen werden, dass der Beschwerdegegner die notwendigen Konsequenzen gezogen habe. Auch mit einer Weisung, sich während der Probezeit des Alkoholkonsums gänzlich zu enthalten, lasse sich die Gewährung des bedingten Strafvollzugs nicht begründen. Die Einhaltung einer solchen Weisung sei im Übrigen schwer zu überwachen.
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3. a) Gemäss Art. 41 Ziff. 1 Abs. 1 StGB kann der Richter den Vollzug einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als 18 Monaten aufschieben, wenn Vorleben und Charakter des Verurteilten erwarten lassen, er werde auch durch eine bedingt vollziehbare Strafe von weiteren Delikten abgehalten. Der Richter hat also eine Prognose über das zukünftige Verhalten des Täters zu stellen. Dabei steht dem Sachrichter ein erhebliches Ermessen zu. Das Bundesgericht hebt einen Entscheid auf, wenn die Vorinstanz nicht von rechtlich massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder diese in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens unrichtig gewichtet hat. Bei der Prüfung, ob der Verurteilte für ein dauerndes Wohlverhalten Gewähr bietet, ist eine Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung mit einzubeziehen sind ![]() | 15 |
b) Die Vorinstanz führt bei der Prüfung der subjektiven Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs - abgesehen vom tadellosen persönlichen Leumund - fast ausschliesslich Umstände auf, die gegen eine günstige Prognose sprechen. Die schliesslich von ihr gestellte gute Prognose wird - abgesehen vom Leumund - schwergewichtig mit dem Umstand begründet, dass der Beschwerdegegner seit dem Vorfall vom November 2000 eine Alkoholtotalabstinenz einhalte. Ganz am Ende ihrer Erwägungen äussert die Vorinstanz ihre trotzdem bestehenden Bedenken und betont, dass dem Beschwerdegegner der bedingte Strafvollzug ohne die Abstinenz nicht hätte gewährt werden können.
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c) Zu prüfen ist, ob der Alkoholtotalabstinenz die von der Vorinstanz beigemessene überragende Bedeutung zukommt. Zur Feststellung der Alkoholtotalabstinenz stützt sie sich auf das vom Hausarzt am 24. Oktober 2001 zuhanden des IRM ausgestellte Zeugnis betreffend Fahreignung und Alkohol, in dem dieser die Einhaltung derselben durch den Beschwerdegegner seit dem 18. November 2000 bestätigt. Gemäss Art. 277bis Abs. 1 BStP (SR 312.0) ist der Kassationshof an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner vom 18. November 2000 - zumindest - bis zum Zeitpunkt der Ausfällung des vorinstanzlichen Urteils totalabstinent war. Keinen Beweis vermag das Zeugnis hingegen hinsichtlich seiner zukünftigen Entwicklung zu erbringen. Selbst der ![]() | 17 |
Es ist prinzipiell nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz der Alkoholtotalabstinenz in diesem Fall eine grosse Bedeutung beigemessen hat. Nachdem sie aber selber bekundet hat, sie gewähre dem Beschwerdegegner gestützt darauf nur mit Bedenken den bedingten Strafvollzug, hätte sie dies nur tun dürfen, wenn sie stärker dafür besorgt gewesen wäre, dass diese Abstinenz auch weiterhin eingehalten wird. Bei einer solchen Ausgangslage leistet auch die Weisung, wonach der Beschwerdegegner weiterhin totalabstinent zu sein habe und sich dabei auch von einem Arzt seiner Wahl betreuen lassen kann, keine hinreichende Gewähr für die weitere konsequente Einhaltung der Abstinenz. Daran vermag auch die ebenfalls unsicher anmutende Anordnung einer - noch nicht hinreichend definierten - Überwachung nichts zu ändern. Dementsprechend wäre eine günstige Prognose nur gerechtfertigt, wenn beispielsweise die Alkoholtotalabstinenz nach der Weisung regelmässig durch einen unabhängigen Facharzt überprüft wird und wenn überdies sichergestellt ist, dass der Beschwerdegegner jederzeit zu einer unangemeldeten Kontrolle aufgeboten werden kann. Ohne diese Rahmenbedingungen durfte vorliegend nicht eine günstige Prognose gestellt werden.
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