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21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.430/2002 vom 13. Dezember 2002 | |
Regeste |
Art. 35 Abs. 2 und 3, Art. 47 Abs. 2 SVG; Überholen einer Fahrzeugkolonne durch einen Motorradfahrer; Kollision mit einem wendenden Fahrzeug. |
Wer ein Überholmanöver ausführt, das wegen seiner Gefährlichkeit gesetzlich verboten ist, verletzt damit die allgemeinen Sorgfaltsregeln (E. 3.3). | |
Sachverhalt | |
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B.- Die 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Bern verurteilte A. wegen einfacher fahrlässiger Körperverletzung gemäss Art. 125 StGB zu einer Busse von 600 Franken und X. wegen einfacher Verkehrsregelverletzung nach Art. 35 Abs. 2 und 3 sowie Art. 90 Ziff. 1 SVG zu einer Busse von 300 Franken.
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C.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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Der Beschwerdeführer habe sich in einer unklaren Verkehrssituation befunden und daher beispielsweise damit rechnen ![]() | 7 |
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3.2.1 Gemäss Art. 35 Abs. 2 SVG sind Überholen und Vorbeifahren an Hindernissen nur gestattet, wenn der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert wird. Im Kolonnenverkehr darf nur überholen, wer die Gewissheit hat, rechtzeitig und ohne Behinderung anderer Fahrzeuge wieder einbiegen zu können. Wer eine Fahrzeugkolonne überholen will, muss sich ![]() | 9 |
Abs. 3 von Art. 35 SVG bestimmt, dass der Überholende auf die übrigen Strassenbenützer, namentlich jene, die er überholt, besonders Rücksicht nehmen muss. So darf zum Beispiel in unübersichtlichen Kurven nicht überholt werden (Art. 35 Abs. 4 SVG). Ebenso wenig darf überholt werden, wenn ein Fahrzeugführer die Absicht anzeigt, nach links abzubiegen (Art. 35 Abs. 5 SVG). Hingegen dürfen Fahrzeuge, die zum Abbiegen nach links eingespurt sind, rechts überholt werden (Art. 35 Abs. 6 SVG; vgl. BGE 125 IV 83 E. 1a S. 84).
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Überholen gehört - vorab natürlich auf Strassen mit Gegenverkehr - zu den gefährlichsten Fahrmanövern. Die Regeln über das Überholen bezwecken durchwegs, diese Fahrmanöver entweder zu verbieten in Situationen, in denen sie üblicherweise übergrosse Gefahren bewirken, oder sie an eine Reihe von Anforderungen zu knüpfen, bei deren Beachtung die zusätzlichen Risiken minimiert werden. Überholen ist nur gestattet, wenn es nicht überhaupt verboten ist, der nötige Raum übersichtlich und frei ist und der Gegenverkehr nicht behindert oder gefährdet wird (RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. I, Grundlagen, Verkehrszulassung und Verkehrsregeln, Bern 2002, S. 326, N. 716 f.).
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3.2.2 Gemäss Art. 47 Abs. 2 SVG haben Motorradfahrer ihren Platz in der Fahrzeugkolonne beizubehalten, wenn der Verkehr angehalten wird. Das Bundesgericht hat entschieden, dass diese Bestimmung in Verbindung mit der allgemeinen Vorsichtsregel von Art. 26 SVG und den Überholregeln von Art. 35 SVG dem sich in einer Fahrzeugkolonne befindenden Motorradfahrer die Pflicht zum Anhalten auferlegt, wenn das Fahrzeug vor ihm oder jenes, das er gerade überholt, anhält. Dieselbe Pflicht trifft den Motorradfahrer, wenn die Fahrzeugkolonne sich langsam und stockend fortbewegt und ein Fahrzeuglenker innerhalb der Kolonne aus Höflichkeit einen anderen Verkehrsteilnehmer sich einfügen lässt (Urteil C.349/1983 vom 19. Dezember 1983, publ. in: Rep 1985 S. 27 und JdT 1984 I S. 414). Motorradfahrer dürfen eine stehende Kolonne weder links überholen noch rechts an ihr vorbeifahren; einzig Radfahrer und Motorfahrradführer dürfen rechts an einer Motorfahrzeugkolonne ![]() | 12 |
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Indem der Beschwerdeführer Art. 47 Abs. 2 SVG verletzt hat, hat er auch gegen die allgemeinen Regeln betreffend das Überholen verstossen. Denn wer ein wegen seiner Gefährlichkeit verbotenes Überholmanöver ausführt, lässt es zugleich an der für ein solches Manöver im Allgemeinen vorgeschriebenen nötigen Vorsicht mangeln.
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Deshalb verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht, wenn sie annimmt, der Beschwerdeführer habe die Art. 35 Abs. 3 SVG entsprechende besondere Rücksicht auf die übrigen Strassenbenützern nicht wahrgenommen, als er diese mit übersetzter Geschwindigkeit überholte und als er dieses Manöver einleitete, ohne die Gewissheit zu haben, wieder einbiegen zu können (Art. 35 Abs. 2 SVG).
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