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4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.387/2003 vom 10. März 2004 | |
Regeste |
Art. 260quater StGB in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 StGB; versuchte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit mit Waffen. | |
Sachverhalt | |
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B. Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, sprach X. am 22. August 2003 kantonal zweitinstanzlich der versuchten Gefährdung der Sicherheit mit Waffen (Art. 260quater StGB in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 StGB) sowie der Widerhandlung und der Anstiftung zur Widerhandlung gegen das Waffengesetz (Art. 33 Abs. 1 lit. a WG, teilweise in Verbindung mit Art. 24 Abs. 1 StGB) schuldig. Es verurteilte ihn zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 10 Monaten. Vom Vorwurf der strafbaren Vorbereitungshandlung im Sinne von Art. 260bis Abs. 1 StGB sprach es ihn frei.
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Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies mit Zirkulationsbeschluss vom 10. Dezember 2003 eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde von X. ab, soweit es darauf eintrat.
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Das Bundesgericht weist die Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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Gemäss Art. 260quater StGB wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren oder mit Busse bestraft, "wer jemandem Schusswaffen, gesetzlich verbotene Waffen, wesentliche Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition oder Munitionsbestandteile verkauft, vermietet, schenkt, überlässt oder vermittelt, obwohl er weiss oder annehmen muss, dass sie zur Begehung eines Vergehens oder Verbrechens dienen sollen, sofern kein schwerer Straftatbestand erfüllt ist". Die Legaldefinition des Art. 4 WG und die Ausführungsbestimmungen in der Verordnung vom 21. September 1998 über Waffen, Waffenzubehör und Munition (Waffenverordnung, WV; SR 514.541) bestimmen, was als Waffe, Waffenzubehör, Waffenbestandteil oder ![]() | 7 |
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Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen, es müssten weder die Haupttäter identifiziert sein noch deren Tatabsichten feststehen. Sie habe nicht festgestellt, ob die Auftraggeber selbst eine Tat hätten begehen wollen oder nur als Vermittler tätig geworden seien. Ferner sei offen geblieben, um was für eine Tat es sich dabei hätte handeln sollen. Bei dieser ungeklärten Tatsachenlage könne der objektive Tatbestand des Art. 260quater StGB nicht ohne Bundesrecht zu verletzen als erfüllt betrachtet werden. Da die massgeblichen Momente fehlten, auf die sich das Wissen und der Wille des Beschwerdeführers hätten beziehen müssen, sei auch der subjektive Tatbestand nicht erfüllt. ![]() | 9 |
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Zu prüfen bleibt somit nur, ob die Abnehmer der Waffen namentlich bekannt sein müssen, ob die von der Vorinstanz getroffenen Feststellungen genügen, um den objektiven und subjektiven Tatbestand als erfüllt zu betrachten, sowie ob eine versuchte Tatbegehung strafbar ist.
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Erwägung 2 | |
2.1 Die Tathandlungen des Art. 260quater StGB bestehen darin, von der Norm erfasste Gegenstände Dritten zu überlassen, zugänglich zu machen oder weiterzuvermitteln, obschon sie - wie der Täter weiss oder annehmen muss - zur Begehung eines Vergehens oder Verbrechens dienen sollen. Die Begehung eines Vergehens oder Verbrechens braucht im Zeitpunkt der Tat nach Art. 260quater StGB nur eine mehr oder minder bestimmte Absicht des Empfängers oder anderer Personen zu sein, für die der Täter tätig ist (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, Straftaten gegen Gemeininteressen, 5. Aufl., Bern 2000, § 40 N. 39; etwas enger aber PHILIPPE WEISSENBERGER, Die Strafbestimmungen des Waffengesetzes, AJP 2000 S. 169; wie dieser HANS Baumgartner, in: Marcel Alexander Niggli / Hans Wiprächtiger ![]() | 12 |
Die Bestimmung bedroht ein Verhalten mit Strafe, das sich entweder als erfolglose Gehilfenschaft oder als eine Hilfeleistung darstellen kann, welche die Schwelle zur Gehilfenschaft nicht überschreitet (vgl. STRATENWERTH, a.a.O., ebd.). Die Strafbarkeit wird damit gegenüber den allgemeinen Teilnahmeregeln ausgeweitet (STRATENWERTH, a.a.O., ebd.; WEISSENBERGER, a.a.O., ebd.; ferner BAUMGARTNER, a.a.O., Art. 260quater N. 2). Die Gehilfenschaft zum Hauptdelikt wird in der Regel mit einer höheren Strafe bedroht sein als die Tat nach Art. 260quater StGB. In diesen Fällen findet der Tatbestand keine Anwendung, wie die Formulierung "sofern kein schwererer Straftatbestand erfüllt ist" auszudrücken versucht. Art. 260quater StGB erfasst folglich vor allem - wenn auch nicht nur - Hilfeleistungen unterhalb der Schwelle zur Teilnahme.
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In subjektiver Hinsicht muss der Täter nach Art. 260quater StGB insbesondere wissen oder auf Grund bestimmter Anhaltspunkte zumindest annehmen bzw. damit rechnen, der Abnehmer habe die Absicht, die Waffen zur Begehung von Vergehen oder Verbrechen zu verwenden. Die Formulierung "annehmen müssen" ist eine Beweisregel, die den Nachweis des Vorsatzes erleichtern soll. Eventualdolus genügt (BAUMGARTNER, a.a.O., Art. 260quater N. 3; STRATENWERTH, a.a.O., § 40 N. 40; WEISSENBERGER, a.a.O., S. 169).
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Der Beschwerdeführer hat versucht, eine Schusswaffe und mehrere nach Art. 4 WG und der Waffenverordnung verbotene Waffen und Waffenbestandteile für Mitgefangene zu bestellen. Er ist insofern als Vermittler aufgetreten. Die Vorinstanz hat festgestellt, dass die Auftraggeber des Beschwerdeführers mit den Waffen und ![]() | 16 |
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Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Es ist zwar richtig, dass die unter Strafe gestellten Verhaltensweisen sachlich eine Gehilfenschaft zu Delikten der Abnehmer der Waffen usw. darstellen oder einer Gehilfenschaft dazu nahe kommen, doch hat sie der Gesetzgeber als selbständige Delikte ausgestaltet. Art. 260quater StGB ist als eigenständiger Tatbestand des Besonderen Teils den Regeln des Allgemeinen Teils unterstellt (so insoweit auch WEISSENBERGER, a.a.O., S. 170). Dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hätte, lässt sich weder der Norm selbst noch den Materialien entnehmen. Es finden auf den Tatbestand daher die allgemeinen Bestimmungen über Versuch und Teilnahme Anwendung. Damit geht er dem Art. 25 StGB vor. Daraus ergibt sich ferner, dass jeder Versuch der Förderung von Vergehen und Verbrechen im Sinne von Art. 260quater StGB erfasst ist. Der Gesetzgeber hat sich mit der Schaffung eines eigenständigen Tatbestandes klar dazu entschieden, nach den allgemeinen Regeln auch die versuchte Tatbegehung strafbar zu erklären und insofern sachlich von Art. 25 StGB und der Straflosigkeit der versuchten Gehilfenschaft zu Verbrechen ![]() | 18 |
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