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3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.186/2004 vom 5. Oktober 2004 | |
Regeste |
Art. 197 Ziff. 1 und 3 StGB; Herstellung harter Pornographie zum eigenen Gebrauch. | |
Sachverhalt | |
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Gestützt auf diesen Sachverhalt sprach das Obergericht des Kantons Solothurn X. am 14. April 2004 in zweiter Instanz vom Vorwurf der Pornographie im Sinne von Art. 197 Ziff. 3 StGB frei und zog die sichergestellten Bilder und Datenträger zur Vernichtung ein.
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Das Obergericht bejahte zwar den Charakter der Bilder als harte Pornographie gemäss Art. 197 Ziff. 3 StGB, doch erachtete es die Tathandlungen des Lagerns und Herstellens als nicht erfüllt. Ein tatbestandsmässiges Lagern verneinte es, weil X. die Bildsammlung ausschliesslich für private Zwecke erstellt hatte, weshalb sein Verhalten nicht im Sinne von BGE 128 IV 25 E. 3a darauf ausgerichtet gewesen sei, harte Pornographie zu verbreiten. Zur Tathandlung des Herstellens nahm es an, das Herunterladen und Speichern von Bildern aus dem Internet, ohne die Daten zu bearbeiten oder sonst wie zu verändern, stelle kein Herstellen dar, weil die zur Speicherung nötigen Schritte rein technischer Natur seien und keine Manipulation an den Bildern selbst erfolge. Zudem bezwecke das Vorgehen einzig die Beschaffung und den Erwerb bestehender Bilder. Das Herunterladen aus dem Internet stelle keine Anfertigung eines weiteren Stücks eines bereits vorfabrizierten Exemplars dar, denn es fehle insoweit an dem für das Herstellen typischen physischen Produktionsvorgang bzw. der handwerklichen Komponente. Bilder im Internet seien bloss virtuell. Es gebe nichts "bereits Vorhandenes" oder "Vorfabriziertes", das man schon besitzen und woraus etwas angefertigt werden könne. Die Datenspeicher seien die Gefässe, die es dem Internetbenützer erst ermöglichten, den heruntergeladenen Dateninhalt zu besitzen und darüber zu verfügen. Das Herunterladen mit dem Herstellen gleichzusetzen würde den Tatbestand überdehnen und damit gegen Art. 1 StGB verstossen. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass der Gesetzgeber das ![]() | 3 |
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts Solothurn aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Obergericht des Kantons Solothurn ersucht um Abweisung der Beschwerde. In seiner Vernehmlassung vom 14. September 2004 beantragt auch X., die Beschwerde abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen.
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Das Bundesgericht heisst die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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Mit Ziffer I des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 2001 (Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität; Verbot des Besitzes harter Pornografie) wurde in Art. 197 StGB eine neue Ziffer 3bis eingefügt, die am 1. April 2002 in Kraft getreten ist (AS 2002 S. 408 f.; BBl 2000 S. 2943). Nach dieser Bestimmung wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Busse bestraft, wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Art. 197 Ziff. 1 StGB, die sexuelle Handlungen mit Kindern oder Tieren oder sexuelle Handlungen ![]() | 9 |
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Als zentrales Rechtsgut des Verbots von Kinderpornographie in Art. 197 Ziff. 3 StGB erscheint die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Insofern handelt es sich bei dieser Vorschrift um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Daneben dient die Bestimmung auch dem Schutz der Erwachsenen. Dem liegt - ähnlich wie beim Tatbestand der Gewaltdarstellungen gemäss Art. 135 StGB - der Gedanke zugrunde, dass sich die im Gesetz genannten Darstellungen und Vorführungen auf den Verbraucher korrumpierend auswirken können, mithin geeignet sind, beim Betrachter u.a. die Bereitschaft zu erhöhen, das Geschehen selbst nachzuahmen. In diesem Sinne weckt der Konsum kinderpornographischer Erzeugnisse die Nachfrage für die Herstellung solcher Produkte und schafft den finanziellen Anreiz zur Begehung von Straftaten. Insofern trägt er mittelbar zum sexuellen Missbrauch von in solchen Machwerken zur Schau gestellten Kindern bei. Die Bestimmung von Art. 197 Ziff. 3 StGB will daher insbesondere auch die potenziellen "Darsteller" harter Pornographie vor sexueller Ausbeutung, Gewalt und erniedrigender bzw. menschenunwürdiger Behandlung bewahren. Auch insoweit geht es letzten Endes in jedem Fall um eine aus dem Konsum harter Pornographie resultierende abstrakte Rechtsgutsgefährdung (vgl. BGE 128 IV 25 E. 3a mit Hinweisen). Das zum Schutzzweck der Norm Gesagte gilt unter geänderten Vorzeichen im Wesentlichen auch für Pornographie mit Tieren.
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Nach der Rechtsprechung stellt Art. 197 Ziff. 3 StGB Tathandlungen unter Strafe, von denen die Gefahr der Weiterverbreitung ausgehen kann ("herstellt, einführt"), oder die auf eine Verbreitung harter Pornographie ausgerichtet sind ("lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht"). Dabei erfasst die Bestimmung auch blosse Vorbereitungshandlungen. Verbreitungsabsicht ist als subjektives ![]() | 12 |
1.3 Herstellen im Sinne von Art. 197 Ziff. 3 StGB bedeutet Anfertigen der dort genannten pornographischen Werke. Zu welchen Zwecken dies erfolgt, ist wie bereits dargelegt unerheblich. Hersteller ist zunächst, wer solche Produkte originär erzeugt, z.B. sexuelle Szenen filmt oder fotografiert. Ein Herstellen liegt darüber hinaus aber auch vor, wenn von entsprechenden Vorlagen weitere, inhaltlich identische Stücke angefertigt werden, etwa durch blosses Vervielfältigen oder Kopieren bzw. Duplizieren, oder durch Eingriffe in die Vorlage wie Vergrösserungen, andere inhaltliche Bildverarbeitungen, Kollagen usw. neue, andersartige Werke hervorgebracht werden (in diesem Sinne BGE 128 IV 25 E. 3b). Herstellen umfasst insofern das gesamte von Menschen bewirkte Geschehen, das ein im Tatbestand umschriebenes Endprodukt hervorbringt, sei dies durch Verfassen oder Anfertigen, Verlegen, Drucken, Aufnehmen oder Aufzeichnen usw. oder durch Vervielfältigen, d.h. Anfertigen weiterer Stücke nach einem bereits hergestellten. Ausgehend davon hat das Bundesgericht angenommen, das Fotografieren sowie Entwickeln und Vergrössern bereits vorhandener Bilder erfülle "ebenso wie das blosse Vervielfältigen, d.h. das Anfertigen ![]() | 13 |
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Daran vermag der seit dem 1. April 2002 in Kraft stehende Art. 197 Ziff. 3bis StGB nichts zu ändern. Wie sich nur schon aus dem Titel der Gesetzesnovelle und der Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes ![]() | 15 |
1.5 Aus dem Gesagten folgt, dass der Beschwerdegegner kinderpornographische Bilder und solche, die sexuelle Handlungen mit Tieren zeigen, hergestellt hat, indem er sie in elektronischer Form aus dem Internet gezielt auf eigene Datenträger abgespeichert und abgelegt hat. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kann angesichts der bereits im Tatzeitraum grossen öffentlichen Sensibilisierung gegenüber der harten Pornographie, v.a. der Kinderpornographie, der Berichterstattung in den Medien darüber sowie des schon ![]() | 16 |
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