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Informationen zum Dokument  BGE 131 IV 64 - Strafbare Internetpornographie  Materielle Begründung
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Zitiert durch:
BGE 133 II 136 - Fernsehwerbung für Handy-Pornographie

Zitiert selbst:

Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: Philippe Dietschi  
 
9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
 
 
6S.345/2004 vom 8. März 2005
 
 
Regeste
 
Art. 197 Ziff. 1, 3, 3bis und 5 StGB; Pornographie.  
 
Sachverhalt
 
BGE 131 IV, 64 (65)X. ist Verantwortlicher einer Website mit der Adresse "www. ... .ch", die er über einen Provider in Chur betreibt. Auf Undersites, auf die man durch Anklicken mehrerer Links gelangen konnte, verbreitete er unter anderem Fotografien von ganz oder teilweise entkleideten Frauen, deren primäre Geschlechtsorgane sichtbar waren. Um die Bilder betrachten zu können, genügte es, einen Warnhinweis mit folgendem Wortlaut durch Anklicken zum Verschwinden zu bringen: "Warning [-] This part may not be palatable for some. Leave, if you have a problem with nudity, sarcasm or outspokenness."
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Am 8. November 2002 führte die Kantonspolizei Graubünden bei X. eine Hausdurchsuchung durch. Dabei wurden auf der Festplatte seines Personalcomputers Fotografien von Mädchen mit entblösstem Genitalbereich in unterschiedlichen Posen entdeckt. Auf einigen Bildern sind Mädchen bei sexuellen Handlungen mit männlichen Erwachsenen zu sehen.
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Mit Urteil vom 26. Februar 2004 sprach der Bezirksgerichtsausschuss Albula X. des Zugänglichmachens von pornographischen Bildaufnahmen an Personen unter 16 Jahren im Sinne von Art. 197 Ziff. 1 StGB sowie des Besitzes von Bildaufnahmen, die sexuelle Handlungen mit Kindern zum Inhalt haben, im Sinne von Art. 197 Ziff. 3bis StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 30 Tagen Gefängnis bedingt unter Ansetzung einer Probezeit von 5 Jahren sowie zu einer Busse von Fr. 2'000.-.
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BGE 131 IV, 64 (66)Eine dagegen erhobene Berufung von X. wies der Kantonsgerichtsausschuss des Kantonsgerichts von Graubünden mit Urteil vom 19. Mai 2004 ab.
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X. führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichtsausschusses sei aufzuheben. Ausserdem erhebt er eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das vorinstanzliche Urteil sei aufzuheben und es sei eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Eventualiter verlangt er die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zwecks Erhebung des vollständigen Inhalts seiner Website bzw. zur Einholung eines Gutachtens zum kulturellen Wert der Website.
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Der Kantonsgerichtsausschuss des Kantonsgerichts von Graubünden stellt unter Verweis auf seine Erwägungen im angefochtenen Entscheid Antrag auf Abweisung der Beschwerden und verzichtet im Übrigen auf eine Stellungnahme.
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Aus den Erwägungen:
 
II. Nichtigkeitsbeschwerde
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Der Richter hat daher von Fall zu Fall über den kulturellen Wert eines Werkes zu entscheiden. Massgebend kann dabei weder das Selbstverständnis des Kunstschaffenden sein (AB 1990 N 2331 [Votum Bundesrat KOLLER]; vgl. MÜLLER, a.a.O., S. 304; BGE 86 IV 19 E. 1 S. 20 f. zu Art. 204 aStGB), noch - wie nach früherer Rechtsprechung zu Art. 204 aStGB - das Kunstverständnis des Durchschnittsmenschen (vgl. dazu BGE 87 IV 73 E. 5 S. 82; BGE 86 IV 19 E. 1 S. 19). Da der Gesetzgeber mit dem revidierten Sexualstrafrecht nicht mehr den Schutz der Sexualmoral der Allgemeinheit bezweckte, sondern darum bemüht war, den Schutz auf klar umrissene Rechtsgüter des Einzelnen zurückzuführen (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 1064; JENNY, a.a.O., N. 1 ff. zu Art. 197 StGB; STRATENWERTH/JENNY, a.a.O., § 7 N. 1 f.; SCHWAIBOLD/MENG, a.a.O., N. 6 f. zu Art. 197 StGB), ist das Werk mit Blick auf den grundrechtlichen Schutz der Kunstfreiheit (Art. 21 BV; Art. 10 Abs. 1 BGE 131 IV, 64 (69)EMRK; Art. 19 Abs. 2 UNO-Pakt II) vielmehr aus der Sicht eines künstlerisch aufgeschlossenen Betrachters zu beurteilen (CASSANI, a.a.O., S. 431 f.; JENNY, a.a.O., N. 8 zu Art. 197 StGB; vgl. auch MÜLLER, a.a.O.; FRANZ RIKLIN, Sinn und Problematik einer "Brutalostrafnorm", in: Das Menschenbild im Recht - Festgabe der Rechtswissenschaftlichen Fakultät zu Hundertjahrfeier der Universität Freiburg, Freiburg 1990, S. 405 ff., 423; TRECHSEL, a.a.O., Art. 135 N. 11). Dies wird dem Richter in der Regel möglich sein, ohne einen Sachverständigen beizuziehen.
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Indem das Gesetz die Strafbarkeit nur für Werke von schutzwürdi gem kulturellen Wert ausschliesst, wird vom Richter weiter verlangt, aufgrund einer Interessenabwägung zu entscheiden, ob die jeweilige Beeinträchtigung des durch Art. 197 StGB geschützten Rechtsguts zugunsten der Freiheit kulturellen Schaffens hinzunehmen ist. Dabei ist vom Grundsatz auszugehen, dass die Voraussetzungen von Art. 197 Ziff. 5 StGB gegeben sind, wenn der künstlerische Wert gegenüber dem pornographischen Element im Gesamteindruck überwiegt (REHBERG/SCHMID/DONATSCH, a.a.O., S. 454; STRATENWERTH/JENNY, a.a.O., § 10 N. 5; vgl. auch BGE 87 IV 73 E. 5 S. 82 zu Art. 204 aStGB).
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Allein schon der Gesichtsausdruck, mit dem die junge Frau in die Kamera blickt, lässt objektiv betrachtet keinen Zweifel daran, dass das Foto darauf ausgerichtet ist, den Betrachter sexuell aufzureizen. Durch die Art und Weise, wie die Frau ihren Genitalbereich zur Schau stellt, wird die Sexualität zudem aufdringlich in den Vordergrund gerückt, ohne dass das Bild in irgendeinen Bezug BGE 131 IV, 64 (70)nicht-sexueller Natur eingebettet wäre. Die Aufnahme ist daher ohne weiteres als pornographisch zu betrachten.
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Zu prüfen bleibt daher lediglich, ob den Bildern ein schutzwürdiger kultureller Wert zukommt.
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Zur Beurteilung dieses Einwands ist - anders als dies der Beschwerdeführer tut - auf den Inhalt der Website abzustellen, wie er sich am 3. Juni 2002 präsentierte. Über die Homepage "www. ... .ch" konnte man zum einen auf Sites der Ehefrau des Beschwerdeführers gelangen. Zum anderen bestand die Möglichkeit den Link "Sheriffiana" anzuklicken, um so die Seiten des Beschwerdeführers abzurufen. Die Übersichtsseite dieses Bereichs, auf der sich auch der Warnhinweis befand, teilte die untereinander aufgeführten Links in drei nebeneinander angeordnete Gruppen auf: "Prose In Progress", "Photography" und "Philology". Ausserhalb dieser Gruppen befanden sich die Links: "External Links", "Guestbook", "About this Site" und "About The Sheriff/ Contact".
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Wohl mag es zutreffen, dass sich der promovierte Literaturwissenschaftler in einzelnen unter "Prose in Progress" abrufbaren Texten kritisch mit den eingangs erwähnten Themen auseinandersetzte. Auf der Seite "About This Site" prangerte er denn auch die aus seiner Sicht zunehmende zwischengeschlechtliche Intoleranz, falsche "matriarchalische" Gesetze und eine alarmierende moralische und religiöse Rigorosität an. Dies allein verleiht den inkriminierten Bildern indes noch keinen kulturellen Wert. Da die Kritik auch für einen der Kunst offen gegenüberstehenden Betrachter aus den Fotografien selbst nicht ersichtlich ist, kann ein solcher mit der in BGE 131 IV, 64 (72)der Beschwerde angeführten Begründung nur angenommen werden, wenn die Aufnahmen als integrierender Bestandteil eines grösseren Werkes erscheinen, das sich den fraglichen Themen annimmt.
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Ein inhaltlicher Zusammenhang dieser Art lässt sich auch aus der Sicht eines künstlerisch aufgeschlossenen Betrachters nicht erkennen. So wurde der Bereich des Beschwerdeführers auf der Homepage umschrieben mit: "Girls and grammar, nostalgia and nihilism, mountain tops an midnight thoughts. Plus a few lovely Rottweiler heads. Free support Hotline for language related problems." Der Eindruck einer Zusammenstellung voneinander unabhängiger Inhalte wurde auf der Übersichtsseite noch verstärkt. Unter "Prose in Progress" befanden sich auch Links zu Texten über EDV und Terrorismus, während unter "Photography" neben den Bildern der ganz oder teilweise entkleideten Frauen und Kinder auch Fotos vom Albulatal, von Irland sowie von Rottweilern und unter "Philology" sprachwissenschaftliche Ausführungen abrufbar waren. Auch die Gestaltung der Seite "The Sheriff's Most Wanted", auf der die pornographischen Bilder veröffentlicht wurden, deutet schliesslich nicht darauf hin, dass es sich bei diesen um einen Teil einer Gesamtkomposition handelte. Über den Fotos der Frauen befand sich lediglich der Hinweis: "At large, armed and dangerous. Turn them in on sight. Reward guaranteed." Und unter den Bildern: "Suspect # 14 (that's the smiler in the middle here) turned herself in on February 14, 1971. She is still doing time at the Sheriff's Private Correctional Facility. Click her pic, if you like the look of that culprit." Auch wenn das Foto, auf welches sich die zweite Anmerkung bezieht, als einziges Bild dieser Seite eine bekleidete Frau in nicht aufreizender Stellung zeigt, lässt sich aus den Hinweisen kein Bezug zu einem kritisch-reflektierten Gesamtwerk ersehen. Vielmehr werden die Frauen durch die Bildlegenden zusätzlich entpersönlicht und das pornographische Element betont. Die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seiner Website unter "About this Site" vermögen an diesem Ergebnis schon allein deshalb nichts zu ändern, weil es auf das Selbstverständnis des Kunstschaffenden nicht ankommt. Im Übrigen lässt sich aus dem Hinweis, dass er sich auf seinen Seiten damit auseinandersetzen wolle, was eine gute Paarbeziehung ausmache, noch nicht der Anspruch ableiten, dass die inkriminierten Fotos künstlerisch wertvoll seien.
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Andere Gründe, weshalb den Bildern ein kultureller Wert zukommen sollte, der gegenüber ihrem pornographischen Element im BGE 131 IV, 64 (73)Gesamteindruck überwiegt, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und sind denn auch nicht ersichtlich. Seine Verurteilung wegen Zugänglichmachens von pornographischen Bildaufnahmen an Personen unter 16 Jahren ist daher bundesrechtlich nicht zu beanstanden.
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Der Beschwerdeführer gibt an, die inkriminierten Bilder zwischen 1997 und 2000 von einer kostenpflichtigen Seite im Internet auf seinen Computer heruntergeladen zu haben. Da er von der Vorinstanz lediglich wegen Besitzes von harter Pornographie verurteilt worden ist und nur er Nichtigkeitsbeschwerde erhoben hat, beschränkt sich der Streitgegenstand auf die Frage der Anwendbarkeit von Art. 197 Ziff. 3bis StGB. Ob er durch sein Verhalten harte Pornographie im Sinne von Art. 197 Ziff. 3 StGB hergestellt hat (vgl. BGE 131 IV 16 E. 1.4), braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.
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Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass Nacktaufnahmen von Kindern auch ohne besondere Betonung des Genitalbereichs als pornographisch qualifiziert werden können. Wie WEISSENBERGER zurecht festhält, ist es ja nicht so, dass Kinder bis 16 Jahre freiverantwortlich für laszive Nacktbilder posieren würden. Dahinter steht vielmehr immer eine Missbrauchssituation, von der nicht gesagt werden kann, dass sie die sexuelle Entwicklung des Kindes nur schwerlich beeinträchtigen könnte und daher als rechtlich unerheblich auszuscheiden habe (a.a.O., S. 356; vgl. BGE 125 IV 58 E. 3b S. 63). Wer ein Kind mit entblösstem Genitalbereich in einer nach den Umständen objektiv aufreizenden Stellung posieren lässt und fotografiert, verleitet dieses zu einer BGE 131 IV, 64 (75)sexuellen Handlung, unabhängig davon, ob er dabei selbst sexuelle Regung verspürt oder das Kind die sexuelle Bedeutung der Handlung erkennt Urteil 6S.378/1998 vom 4. August 1998 E. 2; CASSANI, La responsabilité pénale du consommateur de pornographie enfantine, a.a.O., S. 28; SUTER-ZÜRCHER, a.a.O., S. 56, 58 und 83 ff.; TRECHSEL, a.a.O., Art. 187 N. 6; WEISSENBERGER, a.a.O., S. 356 und 357 a.E.; a.M. FREY/OMLIN, a.a.O.; vgl. auch JENNY, a.a.O., N. 15 zu Art. 187 StGB; REHBERG/SCHMID/DONATSCH, a.a.O., S. 406; Stratenwerth/Jenny, a.a.O, § 7 N. 11; BGE 125 IV 58 E. 3b S. 62). Von vornherein als nicht pornographisch sind demgegenüber Nacktbilder zu betrachten, denen in keiner Weise entnommen werden kann, dass der Täter bei der Herstellung auf die Kinder eingewirkt hat (z.B. Schnappschüsse am Strand oder in der Badeanstalt). Dies muss unabhängig davon gelten, ob die Fotos später zur sexuellen Erregung verwendet werden (WEISSENBERGER, a.a.O., S. 356 f.).
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Die Pose des Mädchens zielt objektiv betrachtet fraglos darauf ab, den Betrachter sexuell aufzureizen, was der Beschwerdeführer denn auch nicht bestreitet. Da aus dem Foto sodann klar erkennbar ist, dass zwecks seiner Erstellung auf das Kind eingewirkt wurde, ist es mit der Vorinstanz als pornographisch zu qualifizieren.
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Zwar ist der sexuelle Bezug der Darstellung aufgrund ihrer romantisierenden Ausgestaltung nicht derart offensichtlich wie beim zuvor zu beurteilenden Bild. Es fällt jedoch ins Auge, dass mit der dargestellten Pose neben dem Stuhl, der roten Schminke sowie den weissen Strümpfen, die - wie die Vorinstanz zurecht erwägt - an Strapsen erinnern, gezielt Stilmittel eingesetzt werden, die im Bereich der Sexualität von Erwachsenen als aufreizend oder zumindest reizbetonend gelten. Im Gesamteindruck kann das Bild daher nicht anders verstanden werden, als dass es bezwecken soll, den Betrachter sexuell zu stimulieren. Da zu diesem Zweck auch hier in klar erkennbarer Weise auf das Kind eingewirkt wurde, ist das fotografische Festhalten der Szene als sexuelle Handlung und das vorliegende Produkt daher als pornografisch zu beurteilen. Die in der Beschwerde vorgebrachte Kritik erweist sich demnach als unbegründet.
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Die zitierten Autoren gehen offenbar davon aus, dass die Strafbarkeit des Besitzes von harter Pornographie bedingt, dass dieser durch eine tatbestandsmässige Beschaffungshandlung erlangt wurde. Eine solche Auslegung lässt sich mit dem klaren Wortlaut von Art. 197 Ziff. 3bis StGB jedoch nicht vereinbaren. Es ist nicht einzusehen, weshalb der Besitz neben dem Erwerb und dem Sich-Beschaffen als Tatbestandsvariante erwähnt sein sollte, wenn er eine solche Tathandlung voraussetzen würde (vgl. Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes [Strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität/ Verjährung bei Sexualdelikten an Kindern und Verbot des Besitzes harter Pornografie] vom 10. Mai 2000, BBl 2000 S. 2943 ff., 2978 f.). Die herrschende Lehre ist sich denn auch einig, dass BGE 131 IV, 64 (77)beispielsweise derjenige, welcher zunächst unvorsätzlich in den Besitz von kinderpornographischem Material gelangt ist und dieses nach Kenntnisnahme seines Inhalts weiter aufbewahrt, nach geltendem Recht strafbar ist, wenn einige Autoren dies auch als unbefriedigend kritisieren (FREY/OMLIN, a.a.O., S. 1382; PHILIPPE WEISSENBERGER, Revisionsentwurf zur harten Pornographie: In dubio contra libertate, ZBJV 135/1999 S. 159 ff., 163 f.; vgl. auch URSULA CASSANI/ Stéphane Werly, Pornographie dure et représentations de la violence: deux nouvelles incriminations, Medialex 2001 S. 190 ff., 191). Eingewandt wird insoweit, dass der Täter die Nachfrage nach kinderpornographischen Produkten in solchen Fällen nicht steigert und den Markt folglich nicht fördert (CASSANI/WERLY, a.a.O., FREY/ OMLIN, a.a.O.; vgl. Botschaft vom 10. Mai 2000, a.a.O., S. 2977). Der Unrechtsgehalt des blossen Aufbewahrens von realer Kinderpornographie kann indes darin erblickt werden, dass die durch den dargestellten Kindsmissbrauch bewirkte Persönlichkeitsverletzung perpetuiert wird, da sie sowohl vom Täter als auch von Drittpersonen jederzeit zur Kenntnis genommen werden kann. Das Wissen um die Existenz, mögliche Verbreitung und voraussehbare Verwendung der Darstellung der Straftat, kann für das Opfer aber ähnlich unerträglich sein wie die Erinnerung an die Tat selbst. In diesem Sinne bezweckt Art. 197 Ziff. 3bis StGB neben der Verwirklichung der übrigen Zielrichtungen des Verbots von harter Pornographie (vgl. dazu E. 11.2) zusätzlich den Schutz der Kinder, die bereits zur Herstellung solcher Produkte missbraucht wurden (WEISSENBERGER, a.a.O.).
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Da es für die Strafbarkeit des Besitzes von harter Pornographie somit nicht darauf ankommt, ob er in strafbarer Weise erlangt wurde, liegt vorliegend keine Verletzung des in Art. 2 StGB und Art. 7 EMRK verankerten Rückwirkungsverbots vor. Die Verurteilung des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 197 Ziff. 3bis StGB hält folglich vor Bundesrecht stand.
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