BGE 131 IV 83 | |||
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11. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.163/2004 vom 10. November 2004 | |
Regeste |
Widerhandlung gegen das Ergänzungsleistungsgesetz (Art. 16 Abs. 1 ELG und Art. 24 ELV); Verjährung (Art. 71 StGB). |
Die Meldepflicht gemäss Art. 24 ELV begründet keine Garantenpflicht (E. 2.1.3). |
Die Rechtsfigur der verjährungsrechtlichen Einheit wird aufgegeben (E. 2.4). |
Fallkonstellationen, in denen mehrere Tathandlungen nach wie vor verjährungsrechtlich eine Einheit bilden (E. 2.4.5). | |
Sachverhalt | |
A. Nach der Anklageschrift vom 15. September 2000, auf welche die Vorinstanzen vollumfänglich abstellen, und den tatsächlichen Feststellungen in den Urteilen des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 27. Januar 2004 und der Bezirksgerichtlichen Kommission Kreuzlingen vom 11. November 2002/25. Juli 2003 beantragte die Beschwerdeführerin am 23. März 1992 bei der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau Ergänzungsleistungen zu ihrer IV-Rente. Beim Ausfüllen des Antragsformulars verschwieg sie bestehendes Vermögen von mindestens Fr. 25'885.50 auf einem Konto der UBS (damals noch SBG) in Kreuzlingen, das sie auf den Namen ihres Sohnes angelegt hatte, und eine Rente von der Winterthur-Versicherung (beginnend ab 11. September 1991). Sie bezog zwischen dem 23. März 1992 und März 1998 Ergänzungsleistungen im Betrag von Fr. 111'531.- sowie Krankheitskosten von Fr. 2'882.-. Die Beschwerdeführerin erhielt jedes Jahr ein Berechnungsblatt für die Ergänzungsleistungen mit Hinweisen auf die Beschwerdemöglichkeit zugestellt. Darin wurde auf die Meldepflicht bei Veränderung der Verhältnisse, auch im Falle zu Unrecht bezogener Ergänzungsleistungen, aufmerksam gemacht. Bei einer Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin bestätigte diese im September 1996, dass ihre Angaben wahr und vollständig (gewesen) seien und sie über kein anderes Einkommen und Vermögen verfüge. Mit Schreiben vom 16. September 1996 erklärte sie, neben der Ergänzungsleistung von Fr. 1'496.- lediglich die Rente der IV sowie einen versicherten Teuerungsausgleich von der Providentia-Versicherung, zusammen Fr. 1'356.- pro Monat, zu erhalten, obschon ihr weiterhin die Rente der Winterthur-Versicherung ausbezahlt wurde und sie über namhaftes Vermögen verfügte. Sie führte neben dem bereits genannten Konto auf den Namen ihres Sohnes, das am 31. Dezember 1992 einen Saldo von Fr. 36'267.10 und am 27. August 1996 einen Saldo von rund Fr. 20'000.- aufwies, bei der gleichen Bank ein Depot auf den Namen ihres Sohnes mit einem Saldo am 31. Dezember 1993 von Fr. 70'368.- und am 10. Dezember 1996 von rund Fr. 129'500.-. Darüber hinaus führte die Beschwerdeführerin auf ihren Namen zwei Bankkonti in Deutschland. Das eine wies am 15. Oktober 1997 einen Saldo von DM 325'326.51 auf, während auf dem anderen Konto am 14. Juli 1997 DM 9'050.- lagen. Schliesslich führte sie in Kreuzlingen ein weiteres Konto auf ihren Namen, das sich am 31. Dezember 1994 auf Fr. 4'530.40 und am 31. Dezember 1997 auf Fr. 9'538.40 belief.
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B. Das Obergericht des Kantons Thurgau sprach X. am 27. Januar 2004 in zweiter Instanz der Hehlerei, des mehrfachen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, des Pfändungsbetrugs sowie der Widerhandlung gegen das Ergänzungsleistungsgesetz schuldig und verurteilte sie zu einer Gefängnisstrafe von 18 Monaten, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von fünf Jahren, und zu einer Busse von Fr. 20'000.-.
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C. X. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Hauptanträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 27. Januar 2004 sowie das Urteil der Bezirksgerichtlichen Kommission Kreuzlingen vom 11. November 2002 aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht des Kantons Thurgau zurückzuweisen, damit dieses sie vom Vorwurf des mehrfachen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage sowie der Widerhandlung gegen das Ergänzungsleistungsgesetz freispreche und wegen Hehlerei und Pfändungsbetrug zu einer Gefängnisstrafe von höchstens fünf Monaten unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren und unter Anrechnung von 10 Tagen Untersuchungshaft verurteile. Überdies stellt sie drei Eventualanträge, gemäss denen sie im Falle von drei unterschiedlichen Schuldsprüchen um drei verschieden hohe Strafen, jeweils unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs mit einer minimalen Probezeit von zwei Jahren, ersucht.
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Das Obergericht des Kantons Thurgau beantragt unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Verurteilung wegen Verstosses gegen Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 19. März 1965 (ELG; SR 831.30) verletze Bundesrecht. Bei diesem Tatbestand handle es sich um ein Zustandsdelikt und nicht um ein Dauerdelikt, wie die Vorinstanz annehme. Mit ihrem Antrag auf Ergänzungsleistungen bei der Ausgleichskasse des Kantons Thurgau am 23. März 1992, in welchem sie unwahre Angaben über ihre Vermögensverhältnisse gemacht habe, sei das Delikt beendet gewesen. Zwar habe anschliessend der unrechtmässige Zustand fortgedauert, doch sei dazu keine weitere Tathandlung nötig gewesen. Die Verjährung habe somit am 24. März 1992 zu laufen begonnen. Die Tat sei am 23. September 1999 absolut verjährt.
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Da die Beschwerdeführerin ausschliesslich die Frage der Verjährung aufwirft, ist nachfolgend nicht zu prüfen, ob ihr Verhalten den Tatbestand des Betrugs (Art. 146 StGB) erfüllt und in welchem Verhältnis diese Bestimmung zu den Strafbestimmungen nach ELG steht.
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Erwägung 2.1 | |
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Art. 24 der Verordnung über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 15. Januar 1971 (ELV; SR 831.301) regelt die Meldepflichten. Danach haben die Anspruchsberechtigten, deren gesetzliche Vertreter oder gegebenenfalls Drittpersonen oder die Behörde, welcher eine Ergänzungsleistung ausbezahlt wird, der kantonalen Durchführungsbehörde unverzüglich Meldung von jeder Änderung der persönlichen und von jeder ins Gewicht fallenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten zu machen. Die Meldepflicht erstreckt sich auch auf Veränderungen, welche bei den an der Ergänzungsleistung beteiligten Familienmitgliedern des Bezugsberechtigten eintreten.
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Die Straftat des Art. 16 Abs. 1 ELG besteht darin, die Auszahlung von Ergänzungsleistungen durch täuschende - d.h. falsche oder unvollständige - Angaben über anspruchsrelevante Tatsachen oder in anderer Weise zu erwirken, obschon die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Leistung bzw. für Zahlungen in der erbrachten Höhe objektiv nicht gegeben sind. Mit der Strafbestimmung soll namentlich mit Blick auf die begrenzten finanziellen Mittel der öffentlichen Haushalte, den zielgerichteten und effizienten Einsatz dieser Mittel sowie die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts sichergestellt werden, dass Ergänzungsleistungen nur an Personen ausbezahlt werden, welche die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen und auf finanzielle Hilfe angewiesen sind. Schutzzweck der Norm sind die rechtmässige, möglichst effiziente und rechtsgleiche Durchführung des Versicherungszweiges der Ergänzungsleistungen sowie Treu und Glauben im Verkehr zwischen Behörden und Leistungen beanspruchenden Personen.
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Eine Dauerstraftat wurde von der Rechtsprechung bisher etwa für die Freiheitsberaubung und die qualifizierte Entführung gemäss Art. 183 Ziff. 2 i.V.m. Art. 184 Abs. 4 StGB (BGE 119 IV 216 E. 2f), den Hausfriedensbruch gemäss Art. 186 StGB (BGE 102 IV 1 E. 2b; BGE 118 IV 167 E. 1c S. 172; BGE 128 IV 81 E. 2a), das Vorenthalten und Entziehen von Unmündigen nach Art. 220 StGB (Urteil 6S.343/1992 vom 28. August 1992 E. 2b/aa mit Hinweisen; BGE 99 IV 266 E. 3 zur Tathandlung des Entziehens), den Verweisungsbruch gemäss Art. 305 StGB (BGE 104 IV 186 E. 1) sowie die rechtswidrige Beschäftigung von Personen (vgl. BGE 75 IV 37) bejaht, hingegen ausdrücklich verneint für die Bigamie nach Art. 215 StGB (BGE 105 IV 326 E. 3b) und für die Ehrverletzungen gemäss den Art. 173 f. StGB (BGE 93 IV 93).
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Art. 16 ELG ist kein Dauerdelikt. Auch wenn nach Gutheissung eines Gesuchs auf Ergänzungsleistungen die Auszahlungen jeweils monatlich erfolgen und damit auf Dauer angelegt sind, und den Leistungsbezüger während der ganzen Leistungsdauer gemäss Art. 24 ELV die Pflicht trifft, der Behörde alle Umstände zu melden, die Einfluss auf die Ausschüttung bzw. Höhe der Leistungen haben können, bedeutet dies nicht, dass die Straftat ein Dauerdelikt ist. Wer durch unwahre und unvollständige Angaben oder in anderer Weise für sich oder einen anderen eine Leistung im Sinne dieses Gesetzes erwirkt, die ihm nicht zukommt, und anschliessend seine Mitteilungspflichten verletzt, verwirklicht den Tatbestand weder durch pflichtwidriges Aufrechterhalten eines von ihm geschaffenen rechtswidrigen Zustandes noch durch ununterbrochenes Fortsetzen der Tathandlung weiter. Der Tatbestand umfasst nach seiner eindeutigen Formulierung nur das Erwirken einer Leistung durch täuschendes Verhalten. Die Täuschung selbst ist nicht Teil des tatbestandsmässigen Erfolges (des "Erwirkens" der Zahlungen). Wer eine Straftat nach Art. 16 ELG begeht, begründet keinen rechtswidrigen Zustand, sondern führt einzig den Taterfolg herbei, der im unrechtmässigen Erwirken von Leistungen besteht. Der Taterfolg dauert nicht an, sondern wird mit jeder Zahlung jeweils neu vollendet. Der in Frage stehende Straftatbestand enthält keine Elemente, die ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten ausdrücklich oder zumindest sinngemäss erfassen würden. Die Verletzung der in Art. 24 ELV verankerten Meldepflicht bildet nach dem Wortlaut von Art. 16 ELG kein tatbestandsmässiges Unrecht. Das Bundesgericht hat in einem neueren Urteil eingehend dargelegt, dass Art. 24 ELV keine Garantenstellung zu begründen vermag (Urteil 6S.288/2000 vom 28. September 2000, E. 4). Darauf kann verwiesen werden.
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In der Folge erhielt die Beschwerdeführerin jedes Jahr ein Berechnungsblatt für die Ergänzungsleistungen mit Hinweisen auf die Beschwerdemöglichkeit zugestellt. Darin wurde auf die Meldepflicht bei Veränderung der Verhältnisse, auch im Falle zu Unrecht bezogener Ergänzungsleistungen, aufmerksam gemacht. Bei einer Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin bestätigte diese im September 1996, dass ihre Angaben wahr und vollständig (gewesen) seien und sie über kein anderes Einkommen und Vermögen verfüge. Mit Schreiben vom 16. September 1996 erklärte sie, neben der Ergänzungsleistung von Fr. 1'496.- lediglich die Rente der IV sowie einen versicherten Teuerungsausgleich von der Providentia-Versicherung, zusammen Fr. 1'356.- pro Monat, zu erhalten, obschon ihr weiterhin die Rente der Winterthur-Versicherung ausbezahlt wurde und sie über namhaftes Vermögen verfügte.
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Indem die Beschwerdeführerin die jährlichen schriftlichen Hinweise auf die Meldepflicht bei Veränderung der Verhältnisse, die als Aufforderung zur Meldung zu verstehen waren, bis März 1998 unbeachtet liess, unterdrückte sie leistungsrelevante Umstände und brachte damit gegenüber den Behörden jeweils stillschweigend wahrheitswidrig zum Ausdruck, dass ihre Verhältnisse bzw. die Voraussetzungen für die Auszahlungen von Leistungen sich nicht verändert hatten. Ihrem Schweigen kam insoweit ein positiver Erklärungsinhalt zu. Das ist ein Fall des positiven Tuns durch qualifiziertes Schweigen (vgl. GÜNTER STRATENWERTH/GUIDO JENNY, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 6. Aufl., Bern 2003, § 15 N. 12 ff.). Die Wiederholung von unvollständigen Angaben im September 1996, die ein falsches Gesamtbild entstehen liess bzw. dieses bekräftigte, stellt eine aktive Irreführung durch konkludentes Handeln dar.
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Erwägung 2.3 | |
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Das Verjährungsrecht nach den Art. 70 ff. StGB ist mit Bundesgesetz vom 5. Oktober 2001 revidiert und am 1. Oktober 2002 in Kraft getreten (AS 2002 S. 2993, 2996, 3146). Das neue Verjährungsrecht gilt nach der allgemeinen Bestimmung von Art. 337 StGB grundsätzlich nur für Taten nach Inkrafttreten des neuen Rechts. Das alte Verjährungsrecht gilt somit für die vor diesem Zeitpunkt begangenen Straftaten weiter, es sei denn, dass das neue Recht das mildere ist.
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Gemäss dem bis zum 30. September 2002 und damit im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Urteils nicht mehr geltenden alten Recht verjährt die Verfolgung von Straftaten, auf denen eine Strafdrohung im hier massgebenden Rahmen steht, relativ in fünf Jahren (Art. 70 Abs. 4 aStGB) und absolut in siebeneinhalb Jahren (Art. 72 Ziff. 2 Abs. 1 und 2 aStGB). Die vor August 1996 begangenen strafbaren Handlungen der Beschwerdeführerin waren somit im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Entscheides vom 27. Januar 2004 für sich allein betrachtet altrechtlich absolut verjährt.
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Gemäss geltendem Recht verjährt die Tat des Art. 16 Abs. 1 ELG nach sieben Jahren (Art. 70 Abs. 1 lit. c StGB). Anders als nach altem Recht läuft die Verjährung nunmehr nicht weiter, wenn vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil ergeht (Art. 70 Abs. 3 StGB). Das war hier mit dem erstinstanzlichen Urteil der Bezirksgerichtlichen Kommission Kreuzlingen am 11. November 2002 der Fall. Nach geltendem Recht wären somit alle Handlungen verjährt, die vom genannten Urteil an gerechnet mehr als sieben Jahre zurücklagen. Damit ist die altrechtliche Regelung für die Beschwerdeführerin milder.
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2.4.1 Laut Rechtsprechung werden mehrere strafbare Handlungen verjährungsrechtlich zu einer Einheit zusammengefasst, wenn sie gleichartig und gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet sind, und - ohne dass bereits ein Dauerdelikt im Sinne von Art. 71 Abs. 3 aStGB bzw. Art. 71 lit. c StGB gegeben wäre - als ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten zu betrachten sind. Diese andauernde Pflichtverletzung müsste von dem in Frage stehenden gesetzlichen Straftatbestand ausdrücklich oder sinngemäss mitumfasst sein. Unter welchen Voraussetzungen ein andauerndes pflichtwidriges Verhalten anzunehmen sei, lasse sich nicht abschliessend in einer abstrakten Formel umschreiben, sondern könne nur im konkreten Fall beurteilt werden, wobei sich der Richter von Sinn und Zweck der Verjährung leiten lassen müsse. Dabei könnten auch die konkreten Umstände des Sachverhalts Bedeutung erlangen (zum Ganzen BGE 117 IV 408 E. 2f; BGE 127 IV 49 E. 1b; BGE 126 IV 141 E. 1a; BGE 124 IV 5 E. 2b, je mit Hinweisen). In einigen Entscheiden wird betont, dass eine verjährungsrechtliche Einheit nur mit Zurückhaltung anzunehmen sei, um zu verhindern, dass die Figur des fortgesetzten Delikts im Sinne der früheren Rechtsprechung, die mit BGE 117 IV 408 E. 2d aufgegeben worden ist, unter einem anderen Begriff wieder eingeführt werde (BGE 127 IV 49 E. 1b; BGE 124 IV 59 E. 3d/aa).
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Das Bundesgericht hat - teilweise auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände der zu beurteilenden Fälle - eine verjährungsrechtliche Einheit bejaht bei ungetreuer Geschäftsführung (BGE 117 IV 408 E. 2g S. 414); bei gewohnheitsmässiger Widerhandlung gegen das Zollgesetz durch illegale Einfuhr von pornographischem Material zwecks Weiterveräusserung in der Schweiz (BGE 119 IV 73 E. 2d S. 79); bei sexuellen Handlungen eines Lehrers mit seinen Schülern (BGE 120 IV 6 E. 2c S. 9); bei Veruntreuung durch den Finanzverantwortlichen in Bezug auf die ihm von seinem Arbeitgeber anvertrauten Gelder (BGE 124 IV 5 E. 3a S. 8); beim Bestechen (BGE 126 IV 141 E. 1; ebenso das Urteil 6S.413/1999 vom 19. Dezember 2000); bei Veruntreuung durch Verwendung anvertrauter Vermögenswerte in Missachtung von Instruktionen betreffend den Verwendungszweck (BGE 127 IV 49 E. 1d) sowie bei Widerhandlungen gegen das Lotteriegesetz (Urteil 6S.677/2001 vom 16. März 2002). Demgegenüber hat das Bundesgericht eine verjährungsrechtliche Einheit verneint bei der Annahme von Geschenken (BGE 118 IV 309 E. 2c S. 317); bei Ehrverletzungen (BGE 119 IV 199 E. 2); bei gewerbsmässigem Betrug (BGE 124 IV 59 E. 3); bei unlauterem Wettbewerb durch irreführende Angaben (Urteil 6S.184/2003 vom 16. September 2003, E. 1 nicht publ. in BGE 129 IV 305); bei mehreren Widerhandlungen im Sinne von Art. 105 Abs. 1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AVIG; SR 837.0; Urteil 6S.19/2002 vom 13. Mai 2002).
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2.4.2 Diese Rechtsprechung ist in der Lehre teilweise kritisiert, aber mit einer Ausnahme nicht grundsätzlich in Frage gestellt worden (vgl. GUNTHER ARZT, Zur Verjährung des sexuellen Missbrauchs von Kindern, in: Festgabe für Bernhard Schnyder, Freiburg 1995, S. 13 ff., insbesondere S. 20 ff.; MARTIN KILLIAS, Précis de droit pénal général, 2. Aufl., Bern 2001, N. 1645; PETER MÜLLER, in: Marcel Niggli/Hans Wiprächtiger (Hrsg.), Basler Kommentar StGB I, Art. 71 N. 18; MARK PIETH, Die verjährungsrechtliche Einheit gemäss Art. 71 Abs. 2 aStGB bei den Bestechungsdelikten, BJM 1996 S. 57 ff., insbesondere S. 72; GÜNTER STRATENWERTH, Strafrecht Allgemeiner Teil I, 2. Aufl., Bern 1996, § 19 N. 17 ff.; STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, Art. 71 N. 4; kritisch aber MARKUS HUG, in: Andreas Donatsch (Hrsg.), Schweizerisches Strafgesetzbuch mit den zugehörigen Verordnungen und weiteren einschlägigen Erlassen, Kommentar, Zürich 2004, Art. 71 S. 183 f., der fragt, ob die Rechtsfigur der verjährungsrechtlichen Einheit, die mit dem Wortlaut von Art. 70 Abs. 2 aStGB bzw. Art. 70 lit. b StGB "schwerlich" vereinbar sei, "mit der Neuregelung von StGB Art. 70 nicht aufgegeben werden" könne).
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Die Kriterien, nach denen gemäss der Rechtsprechung eine verjährungsrechtliche Einheit gegeben ist, stimmen weitgehend mit den Kriterien des von der Rechtsprechung aufgegebenen fortgesetzten Delikts überein, wobei im Unterschied zu diesem für die verjährungsrechtliche Einheit ausschliesslich objektive Kriterien massgebend sind.
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Das Bundesgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung der (dritten) Voraussetzung, dass das andauernde pflichtwidrige Verhalten von dem in Frage stehenden gesetzlichen Straftatbestand ausdrücklich oder zumindest sinngemäss mitumfasst sein muss, vereinzelt nur sehr wenig Gewicht beigemessen. Es hat dadurch den Anwendungsbereich der Verjährungsbestimmungen überdehnt. Bei Annahme einer verjährungsrechtlichen Einheit beginnt die Verfolgungsverjährung erst mit der letzten Tat. Dies ist eine Entscheidung zu Ungunsten des Beschuldigten. Sie bedarf daher einer gesetzlichen Grundlage. Sowohl nach altrechtlicher als auch nach geltender Fassung bestimmt Art. 71 lit. b StGB betreffend den Beginn der Verjährung bloss, dass in den Fällen, in denen der Täter "die strafbare Tätigkeit" zu verschiedenen Zeiten ausführt, die Verjährung mit dem Tag beginnt, an dem er die "letzte Tätigkeit" ausführt. Dieser unbestimmten Umschreibung kann nicht entnommen werden, bei welchen Arten von strafbaren Tätigkeiten die Verjährung erst mit der letzten Tätigkeit beginnt. Das ergibt sich allein aus dem in Frage stehenden Straftatbestand.
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Zunächst ist an Fälle der tatbestandlichen Handlungseinheit zu denken (vgl. dazu auch BGE 118 IV 91 E. 4c; JÜRG-BEAT ACKERMANN, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch I, Art. 68 N. 11; CLAUS ROXIN, Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. II, München 2003, § 33 N. 19 ff.). Eine solche liegt vor, wenn das tatbestandsmässige Verhalten schon begrifflich, faktisch oder doch typischerweise mehrere Einzelhandlungen voraussetzt (ROXIN, a.a.O., S. 801 ff.). So erfordert unter Umständen schon die Verwirklichung des Tatbestandes die Vornahme mehrerer Einzelhandlungen (so genannte mehraktige Delikte). Der Raub gemäss Art. 139 StGB setzt sich zusammen aus einer Handlung, die das Opfer widerstandsunfähig macht, und einer weiteren, die in der Wegnahme fremder beweglicher Sachen besteht. Ausserdem kann der Tatbestand ein typischerweise länger dauerndes Verhalten umschreiben, das aus mehreren Einzelhandlungen besteht, so etwa bei der Misswirtschaft (Art. 165 StGB) oder beim politischen und militärischen Nachrichtendienst (Art. 272 und 274 StGB). Die Verjährung beginnt diesfalls mit der Ausführung der letzten Tätigkeit zu laufen (Art. 71 lit. b StGB). Schliesslich bildet bei Dauerdelikten die Handlung, die den rechtswidrigen Zustand herbeiführt, eine Einheit mit den weiteren Akten, die zur Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes notwendig sind. Nach Art. 71 lit. c StGB beginnt die Verjährung in diesem Fall mit dem Tag, an dem der rechtswidrige Zustand aufhört.
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Ausser den genannten Fallkategorien der tatbestandlichen Handlungseinheit sind mehrere Einzelhandlungen rechtlich ebenfalls als Einheit anzusehen, wenn sie auf einem einheitlichen Willensakt beruhen und wegen des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs bei objektiver Betrachtung noch als ein einheitliches zusammengehörendes Geschehen erscheinen (so genannte natürliche Handlungseinheit; vgl. dazu BGE 118 IV 91 E. 4a mit Hinweisen; PETER NOLL/STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 6. Aufl., Zürich 2004, S. 285 f.; ROXIN, a.a.O., § 33 N. 29 ff. sowie die anvisierten Fälle teilweise unter die tatbestandliche Handlungseinheit subsumierend ACKERMANN, a.a.O., Art. 68 N. 15). Dazu zählen namentlich Fälle der iterativen Tatbestandsverwirklichung (z.B. eine "Tracht Prügel") oder der sukzessiven Tatbegehung (z.B. Besprayen einer Mauer mit Graffiti in mehreren aufeinanderfolgenden Nächten). Eine natürliche Handlungseinheit fällt jedoch ausser Betracht, wenn zwischen den einzelnen Handlungen - selbst wenn diese aufeinander bezogen sind - ein längerer Zeitraum liegt. Das Bundesgericht hat deshalb eine Handlungseinheit in einem Fall verneint, in dem zwischen Vorbereitungshandlungen gemäss Art. 260bis StGB und einer Geiselnahme nach Art. 185 Ziff. 1 StGB mehr als ein Monat vergangen war. Die Vorbereitungshandlungen gingen nicht im schliesslich vollendeten Tatbestand auf (BGE 111 IV 144 E. 3). Mit Blick auf die Verjährung bewirkt die Bejahung einer natürlichen Handlungseinheit, dass der Lauf der Frist erst mit dem Tag beginnt, an dem die letzte Tätigkeit ausgeführt wird (Art. 71 lit. a und b StGB).
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Abgesehen von diesen Konstellationen der Tateinheit ist der Lauf der Verjährung für jede Tathandlung gesondert zu beurteilen. Eine weitergehende Ausdehnung der Handlungseinheit spezifisch für den Lauf der Verjährung, wie sie die bisherige Figur der verjährungsrechtlichen Einheit darstellte, ist mit dem Legalitätsprinzip (Art. 1 StGB) nicht länger vereinbar. Diese strengere Sicht erscheint auch in ihren praktischen Auswirkungen vertretbar. Das revidierte Recht schränkt die Verjährung nicht nur durch teilweise längere Fristen (Art. 70 Abs. 2 StGB) ein, sondern es lässt vor allem deren Eintritt während des Rechtsmittelverfahrens nicht mehr zu (Art. 70 Abs. 3 StGB). Es ist daher nicht mehr möglich, durch Ergreifen von Rechtsmitteln den Eintritt der Verjährung herbeizuführen.
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Der Tatbestand des Art. 16 ELG Tatbestand wird weder begrifflich noch faktisch regelmässig durch mehrere Einzelhandlungen erfüllt. Vielmehr dürfte dieses Delikt häufig bloss durch eine einmalige Täuschungshandlung begangen werden. Die Anwendung von Art. 71 lit. b StGB fällt damit ausser Betracht.
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2.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin im März 1992 durch täuschendes Verhalten erste Ergänzungsleistungen erwirkte und anschliessend bis März 1998 jeweils jährlich auf die schriftliche Aufforderung zur Meldung leistungsrelevanter Umstände nicht reagierte und damit die Behörden aktiv täuschte. Ferner machte sie gegenüber den Behörden im September 1996 falsche Angaben, wodurch sich die Behörden täuschen liessen. Eine Handlungseinheit scheidet allein schon aufgrund des langen Zeitraums zwischen den einzelnen Tathandlungen aus. Der Tatbestand des Art. 16 Abs. 1 ELG ist kein Dauerdelikt. Die verjährungsrechtliche Bestimmung des Art. 71 lit. b StGB findet auf ihn keine Anwendung. Schliesslich kommt auch ein Unterlassungsdelikt nicht in Betracht, da Art. 24 ELV keine Garantenstellung des Leistungsempfängers begründet. Aus diesen Gründen beginnt die Verjährung für jede der Täuschungshandlungen der Beschwerdeführerin einzeln zu laufen. Angesichts der absoluten Verjährungsfrist von siebeneinhalb Jahren sind die vor August 1996 begangenen Tathandlungen absolut verjährt. Die Verurteilung der Beschwerdeführerin auch für die davor begangenen Taten verletzt Bundesrecht. Die Beschwerde ist insoweit begründet.
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