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28. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. X. gegen Y. und Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.116/2005 vom 25. September 2005 | |
Regeste |
Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG; Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP; Legitimation des Opfers zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde im Strafpunkt. | |
Sachverhalt | |
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Auf Einsprache von Y. hin stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung mangels hinreichenden Beweises ein und nahm die Verfahrenskosten auf die Staatskasse. Die vom Sohn (X.) des Opfers dagegen erhobene Beschwerde wies das Verfahrensgericht in Strafsachen Basel-Landschaft mit Beschluss vom 21. Januar 2005 ab.
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X. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Verfahrensgerichts in Strafsachen aufzuheben und das Strafverfahren gegen Y. fortzusetzen.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 1 | |
Erwägung 1.1 | |
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Bei Nichtigkeitsbeschwerden gegen den einen Einstellungsbeschluss bestätigenden Gerichtsentscheid ist nach der Rechtsprechung die Legitimation des Opfers unabhängig davon gegeben, ob es bis zu diesem Zeitpunkt im Strafverfahren Zivilforderungen adhäsionsweise geltend gemacht hat oder nicht (BGE 122 IV 139 E. 1; BGE 120 IV 44 E. 4a). Das Opfer muss aber darlegen, aus welchen Gründen und inwiefern sich der angefochtene Entscheid auf welche Zivilforderung auswirken kann (BGE 123 IV 254 E. 1). Enthält eine Nichtigkeitsbeschwerde keine Ausführungen darüber, ist auf die Beschwerde gleichwohl einzutreten, sofern sich der Sachlage und insbesondere der Art des in Frage kommenden Delikts, unmittelbar und ohne Zweifel entnehmen lässt, welche Zivilforderungen das ![]() | 6 |
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1.2.1 In der Beschwerde wird nicht dargelegt, aus welchen Gründen und inwiefern sich der angefochtene Entscheid auf welche Zivilforderung auswirken kann. Im kantonalen Verfahren teilte das Statthalteramt Sissach dem Beschwerdeführer am 20. Februar 2004 den Abschluss des Untersuchungsverfahrens gegen Y. mit und forderte ihn dazu auf, allfällige Beweisanträge sowie Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen bis zum 8. März 2004 zu erheben. Der Anwalt des Beschwerdeführers reichte am 4. März 2004 folgende Antwort ein: "Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 20. Februar 2004 teile ich Ihnen namens und im Auftrag meines Mandanten mit, dass ich auf Beweisanträge sowie die Geltendmachung von Schadenersatz- und Genugtuungsforderungen im Rahmen des Strafverfahrens verzichte". Da der Beschwerdeführer seinen Verzicht auf das gesamte Strafverfahren bezog und sich eine allfällige Geltendmachung von Zivilforderungen in einem späteren Zeitpunkt nicht vorbehielt, ist diese Erklärung dahingehend zu verstehen, dass er gänzlich auf sein Recht verzichtete, adhäsionsweise Zivilforderungen im Strafverfahren gegen Y. geltend zu ![]() | 9 |
Bei dieser Sachlage stellt sich die Frage, ob das Legitimationserfordernis in Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP, wonach der Entscheid die Zivilansprüche des Opfers betreffen oder geeignet sein muss, sich auf deren Beurteilung auszuwirken, auch in der hier zu beurteilenden Konstellation erfüllt ist, in der sich der Strafentscheid auf die vom Opfer später möglicherweise in einem ordentlichen Zivilverfahren geltend gemachten Zivilforderungen auswirken kann, das Opfer aber im Strafverfahren darauf verzichtet hat, den für ihn günstigeren Weg des Adhäsionsprozesses zu beschreiten. Das ist aus den nachfolgenden Gründen zu verneinen.
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In der Regel richtet sich eine Opferbeschwerde gegen einen Freispruch oder eine Einstellung. Gegen das Strafurteil, durch das der Angeschuldigte beispielsweise freigesprochen wird, kann das Opfer Rechtsmittel im Strafpunkt grundsätzlich nur erheben, wenn es, soweit zumutbar, seine Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend gemacht hat. Dies wird in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG zwar nicht deutlich gesagt, ergibt sich aber aus Sinn und Zweck von Art. 8 und 9 OHG, wie sie auch im Schlussbericht der Studienkommission und in der bundesrätlichen Botschaft beschrieben werden. Das Strafverfahren darf nicht nur ein Vehikel zur Durchsetzung von Zivilforderungen in einem Zivilprozess sein, den das Opfer erst nach Abschluss des Strafprozesses, je nach dessen Ausgang, anzustrengen gedenkt. Das Opfer soll nach der Konzeption des OHG nicht gewissermassen "mit Hilfe" eines ihm allenfalls erst im Rechtsmittelverfahren erstrittenen, für es günstigen Strafurteils erstmals in einem gesonderten Zivilprozess Zivilansprüche einbringen. Vielmehr soll es, soweit zumutbar, seine Zivilansprüche aus strafbarer Handlung im Strafverfahren geltend machen. Wenn es dies tut, ist es unter den in Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG ausdrücklich genannten Voraussetzungen zur Ergreifung von Rechtsmitteln im ![]() | 12 |
Diese Erwägungen gelten grundsätzlich auch für Einstellungsurtei le oder -beschlüsse. Allerdings kann vom Opfer nicht verlangt werden, dass es in Verfahren, die in keine Anklage gemündet sind und eingestellt wurden, bereits Zivilforderungen adhäsionsweise geltend gemacht hat (BGE 122 IV 139 E. 1; BGE 120 IV 44 E. 4a). Verzichtet das Opfer aber wie hier vor Abschluss des Strafverfahrens und Erlass eines Strafbefehls vorbehaltlos und generell darauf, im Strafverfahren Zivilansprüche geltend zu machen, ist es in Bezug auf die Beschwerdelegitimation nach Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP dem Opfer gleichzustellen, das - obwohl zumutbar - im Strafverfahren, das zum teilweisen oder gänzlichen Freispruch des Angeklagten führte, keine Zivilansprüche aus strafbarer Handlung geltend gemacht hat. Denn sonst würde das Strafverfahren in diesen Fällen ebenfalls nur ein Vehikel zur Durchsetzung von Zivilforderungen in einem Zivilprozess darstellen, den das Opfer erst nach Abschluss des Strafprozesses allenfalls anzustrengen gedenkt.
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1.2.3 Der Beschwerdeführer hat auf die Geltendmachung von Zivilansprüchen im Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner generell und vorbehaltlos verzichtet. Damit kann sich der angefochtene (Einstellungs-)Beschluss nicht auf die - gar nicht verlangte - adhäsionsweise Beurteilung seiner Zivilansprüche auswirken. Der Beschwerdeführer ist deshalb nicht zur Nichtigkeitsbeschwerde gestützt auf Art. 270 lit. e Ziff. 1 BStP legitimiert. Die Verletzung von Rechten, die ihm das Opferhilfegesetz einräumt, macht der Beschwerdeführer nicht geltend.
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