![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
19. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen E.A. und Mitb. (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.59/2005 vom 2. Oktober 2006 | |
Regeste |
Art. 260ter Ziff. 1 StGB; Beteiligung an einer kriminellen Organisation. | |
![]() | |
1 | |
(...)
| 2 |
3 | |
4 | |
4.1.1 Der Begriff der Verbrechensorganisation gemäss Art. 260ter Ziff. 1 StGB (vgl. auch Art. 305bis Ziff. 2 lit. a StGB) ist enger gefasst als derjenige der Gruppe, der Vereinigung gemäss Art. 275ter StGB oder der Bande im Sinne von Art. 139 Ziff. 3 Abs. 2, 140 Ziff. 3 Abs. 1 StGB oder Art. 19 Ziff. 2 lit. b BetmG. Er setzt eine ![]() | 5 |
6 | |
Demgegenüber erfüllen nach der Rechtsprechung extremistische Parteien, oppositionelle politische Gruppen oder Organisationen, die mit angemessenen (nicht verbrecherischen) Mitteln um die ![]() | 7 |
8 | |
9 | |
Der subjektive Tatbestand von Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB verlangt jedoch, dass der Unterstützende weiss oder zumindest in Kauf nimmt, dass sein Beitrag der verbrecherischen Zweckverfolgung der kriminellen Organisation dienen könnte. Blosse Sympathisanten oder "Bewunderer" von terroristischen oder mafiaähnlichen Vereinigungen fallen demgegenüber schon objektiv nicht unter den Organisationstatbestand (BGE 131 II 235 E. 2.12.2; BGE 128 II 355 E. 2.4 S. 362 mit Hinweisen).
| 10 |
4.2 Nach der Rechtsprechung kommt Art. 260ter Ziff. 1 StGB subsidiärer Charakter zu, wenn sich die Beteiligung des Täters an der Organisation in der Begehung oder Mitwirkung an einer konkreten ![]() | 11 |
In Bezug auf die Bestimmung von Art. 19 Ziff. 2 BetmG verhält es sich genauso. Art. 260ter Ziff. 1 StGB findet folglich keine Anwendung, wenn das strafbare Verhalten die Merkmale von Art. 19 Ziff. 2 BetmG erfüllt und in dieser Bestimmung aufgeht (Urteil des Bundesgerichts 6S.229/2005 vom 20. Juli 2005, E. 1.5).
| 12 |
Erwägung 5 | |
5.1 Das angefochtene Urteil verletzt kein Bundesrecht, wenn es das Vorliegen einer kriminellen Organisation verneint. Das ergibt sich in klarer Weise aus der Zweckrichtung des Tatbestandes, der auf diejenigen kriminellen Zusammenschlüsse ausgerichtet ist, bei denen unüberwindliche Hindernisse bestehen, die Kette bis zum einzelnen Delikt stringent nachzuweisen, und bei denen dementsprechend das Bedürfnis besteht, die Grenze der Strafbarkeit vom einzelnen Delikt auf die Zugehörigkeit und Unterstützung der Verbrechensorganisation vorzuverlegen (Botschaft, S. 295 f.). Die Vorverlagerung der Strafbarkeit auf die Zugehörigkeit oder Unterstützung von Verbrechensorganisationen birgt grundsätzlich die Gefahr eines Missbrauchs des Tatbestandes als Instrument zur Durchsetzung von Verdachtsstrafen in sich. Ein solcher Vorfeldschutz ist daher nur gerechtfertigt, wenn von der kriminellen Organisation eine ganz spezielle Bedrohung ausgeht und diese als wesentlich gefährlicherer Zusammenschluss erscheint als bei kriminellen Gruppierungen minderer Stufe, namentlich etwa bei Zusammenschlüssen mehrerer Täter, bei denen das Qualifikationsmerkmal der Bandenmässigkeit eingreift (Botschaft, S. 296). Dem ist durch eine am Ziel der Bekämpfung der organisierten Kriminalität orientierte enge Auslegung Rechnung zu tragen (DONATSCH/WOHLERS, Strafrecht IV, S. 192; ![]() | 13 |
14 | |
Eine solche liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn sich zwei oder mehrere Täter mit dem ausdrücklich oder konkludent geäusserten Willen zusammenfinden, inskünftig zur Verübung mehrerer selbständiger, im Einzelnen möglicherweise noch unbestimmter Straftaten zusammen zu wirken. Dabei muss der Wille der Täter auf die gemeinsame Verübung einer Mehrzahl von Delikten gerichtet sein. Auch das Qualifikationsmerkmal der Bande setzt gewisse Mindestansätze einer Organisation (etwa Rollen- oder Arbeitsteilung) und eine Intensität des Zusammenwirkens in einem Masse voraus, dass von einem stabilen Team gesprochen werden kann, auch wenn dieses allenfalls nur kurzlebig ist (BGE 124 IV 86 E. 2b und 286 E. 2a; BGE 122 IV 265 E. 2b; BGE 120 IV 317; vgl. auch NIGGLI/RIEDO, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, Art. 139 StGB N. 112 ff.).
| 15 |
Was die Beschwerdeführerin gegen das angefochtene Urteil vorbringt, führt zu keinem anderen Ergebnis. So fehlt es bei der familiär verbundenen Gruppe der Beschwerdegegner zunächst an einer hinreichend festen und auf Dauer angelegten Struktur, deren Bestand prinzipiell unabhängig ist vom Ausscheiden einzelner Mitglieder. Denn wie sich aus dem Begriff der Organisation ergibt, treten bei der kriminellen Organisation im Gegensatz zu einer Bande, die auf das Zusammenwirken ganz bestimmter Personen ausgerichtet ist und in der Regel aus einem überschaubaren personengebundenen Kreis besteht, die persönlichen Beziehungen zurück, so dass ihre Mitglieder jederzeit weitgehend ausgewechselt werden können, ohne dass die Organisation dadurch in ihrem Bestand gefährdet wird (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Bes. Teil II, 5. Aufl. 2000, § 40 N. 21; HANS BAUMGARTNER, Basler Kommentar, Strafgesetzbuch II, Art. 260ter StGB N. 6; STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, Art. 260ter StGB ![]() | 16 |
Auch die weiteren von der Beschwerdeführerin angeführten Merkmale lassen im vorliegenden Fall den Schluss auf eine kriminelle Organisation nicht zu. So ist zwar richtig, dass das Merkmal der Geheimhaltung von Aufbau und personeller Zusammensetzung einem teilweisen Agieren in der Öffentlichkeit nicht entgegen steht. Das Erfordernis einer systematischen Abschottung gegenüber Aussenstehenden bezieht sich lediglich auf die kriminelle Tätigkeit und schliesst nicht aus, dass sich die Organisation zur Tarnung nach aussen den Anschein einer legalen Unternehmung gibt. Die Vorinstanz räumt denn auch ein, dass die Tätergruppe im zu beurteilenden Fall in dieser Hinsicht einiges vorgekehrt hat. Namentlich die verschlüsselte Sprechweise und die Verwendung von nicht registrierten Rufnummern von Mobiltelefonen für die Kontakte der einzelnen Mitglieder untereinander seien geeignet gewesen, die kriminelle Tätigkeit zu verdecken. Doch nimmt sie in diesem Zusammenhang zu Recht an, dass sich diese Verhaltensweise im Bereich des Betäubungsmittelhandels auf jeder Stufe findet. Namentlich die Geheimhaltung nach aussen, etwa durch das Anmieten von Wohnungen durch Niedergelassene für Asylbewerber und das Einlösen eines Fahrzeugs unter fremdem Namen, geht nicht über das hinaus, was in der Drogenkriminalität üblich ist.
| 17 |
![]() | 18 |
19 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |