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Informationen zum Dokument  BGE 133 IV 58  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
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4. Das inkriminierte Verhalten ist im Lichte der konkreten Verh&a ...
5. Nachfolgend ist zu prüfen, ob sich aus der Sachdarstellun ...
6. Zusammenfassend ist Folgendes festzuhalten: Im vorliegenden Fa ...
7. Es stellt sich die Frage, ob sich im vorliegenden Fall eine no ...
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8. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Bundesamt für Justiz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
 
 
1A.163/2006 / 1A.203/2006 vom 23. Januar 2007
 
 
Regeste
 
Art. 2 Ziff. 1 und Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe; Art. 110b IRSG; Art. 89, 95 Ziff. 1 Abs. 1 und Art. 98 Abs. 4 aStGB; Art. 260ter Ziff. 1 StGB; Auslieferung; Verfolgung eines mutmasslichen Helfers der extremistischen Organisation DHKP-C durch die Türkei.  
Völkerrechtlich-humanitärer Kontext (bürgerkriegsähnliche Situation) im Zeitraum der verfolgten Delikte (E. 4).  
Problematische Abgrenzung zwischen Terrorismus und legitimem Widerstandskampf gegen ethnische Verfolgung und Unterdrückung. Anforderungen an das Auslieferungsersuchen. Vorwürfe gegen den Verfolgten laut Ersuchen (E. 5 und 5.1).  
Inhaltliche Mängel und Widersprüche des Ersuchens. Jugendstrafrechtliche Problematik hinsichtlich beidseitige Strafbarkeit und Mindestsanktion. Lückenfüllung gemäss Sinn und Zweck des EAUe. Ziel der besseren Integration und Sozialisierung bei Jugendstraffällen. Mitberücksichtigung der besonderen persönlichen Situation des Verfolgten (E. 5.2).  
Begriff der kriminellen Organisation im strafrechtlichen Sinne. Frage des terroristischen Charakters von Gewaltverbrechen. Terrorismusvorwurf an den Verfolgten nicht ausreichend begründet (E. 5.3).  
Zusammenfassung; Verzicht auf weitere Ergänzungen des Ersuchens (E. 6 und 7).  
 
Sachverhalt
 
BGE 133 IV, 58 (59)Am 23. April 2003 ersuchte die türkische Botschaft in Bern um Verhaftung und Auslieferung des türkischen Staatsangehörigen X. (geb. 26. Juni 1979). Das Ersuchen stützt sich auf einen Haftbefehl vom 27. Mai 1996 und eine Anklageschrift vom 3. Juli 1996, in welcher dem Verfolgten die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation vorgeworfen wird. Mit Schreiben vom 8. Mai 2003 wies das Bundesamt für Justiz (BJ) die ersuchende Behörde auf verschiedene Lücken und Widersprüche in ihrer Sachdarstellung hin und forderte sie auf, das Ersuchen zu präzisieren.
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Am 8. August 2003 wurde das türkische Rechtshilfegesuch ergänzt. Gemäss den Beilagen zum Ersuchen werden dem Verfolgten Straftaten vorgeworfen, die er im September und Oktober 1995 in der BGE 133 IV, 58 (60)Türkei begangen habe. In der Folge blieb das Auslieferungsersuchen etwa zwei Jahre lang beim BJ "vorläufig unbehandelt". Mit Note vom 28. Oktober 2005 bekräftigte die türkische Botschaft das Ersuchen und erkundigte sich nach dem Stand des Verfahrens.
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Am 25. Januar 2006 erliess das BJ einen Auslieferungshaftbefehl. Gestützt darauf wurde der seit 1996 in der Schweiz wohnhafte Verfolgte am 21. Februar 2006 verhaftet und in provisorische Auslieferungshaft versetzt. Anlässlich seiner Befragungen widersetzte sich der Verfolgte einer Auslieferung. Insbesondere machte er geltend, er und seine Familie seien kurdischer Abstammung und würden in der Türkei politisch verfolgt.
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Mit Entscheid vom 16. August 2006 bewilligte das BJ die Auslieferung des Verfolgten an die Türkei. Gegen den Auslieferungsentscheid des BJ gelangte X. mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt im Hauptstandpunkt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Abweisung des Auslieferungsersuchens. Mit separater Eingabe an das Bundesgericht beantragte das BJ, die Einrede des politischen Delikts sei abzulehnen.
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Aus den Erwägungen:
 
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(...)
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BGE 133 IV, 58 (61)4.1 In seinem Bericht vom 11. April 2006 an das BJ weist der Dienst für Analyse und Prävention des Bundesamtes für Polizei (DAP) darauf hin, dass die DHKP-C Ende 1992/Anfang 1993 aus einer Spaltung der Organisation "Devrimci Sol" ("Revolutionäre Linke") hersei. Ziel der DHKP-C es, mit terroristischen Methoden in der Türkei die geltende Staatsordnung zu beseitigen. Als Beispiele von Gewalt erzeugenden und terroristischen Aktionenvon türkisch-kurdischen Gruppen nennt der DAP Streik, Boykott, Aufstand in Fabriken und Gefängnissen, Anschläge, Attentateund Selbstmordattentate. Von Anschlägen betroffen worden seien hauptsächlich Repräsentanten von Staat, Armee, Polizei, Justiz undPolitik. Angaben zu konkreten Aktionen der DHKP-C im fraglichen Deliktszeitraum (1995) enthält der Bericht des DAP nicht.
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4.2 Diverse Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sowie Berichte des Europarates, der EU-Kommission, des Europäischen Folterschutzausschusses und internationaler Menschenrechtsorganisationen dokumentieren, dass besonders in den Jahren 1992 bis 1997 in den von Kurden bewohnten Gebieten der Türkei schwerste Menschenrechtsverletzungen erfolgt sind,für die zum einen militante separatistische Widerstandsorganisationen (namentlich die PKK) verantwortlich waren, zum anderen aber auch die türkischen Sicherheitskräfte. Der Europäische Folterschutzausschuss (CPT) hat zwischen 1990 und 1997 sechs Besuchsreisen in der Türkei unternommen, um die damalige Menschenrechtssituation (insbesondere die Haftbedingungen für Gefangene) zu untersuchen. Mit Ausnahme des Berichtes vom Oktober 1997 wurden die Inspektionsberichte zu Händen der türkischen Regierung nicht öffentlich gemacht. Der CPT hat aber am 15. Dezember 1992 und 6. Dezember 1996 zwei öffentliche Verlautbarungen über die Resultate der ersten fünf Untersuchungen publiziert. Der CPT hielt fest, dass im damaligen Zeitraum namentlich bei der Bekämpfung mutmasslicher Terroristen durch die türkischen Sicherheitskräfte systematisch gefoltert worden sei (vgl. Urteil des EGMR i.S. N.A. gegen die Türkei vom 10. Oktober 2000, Recueil CourEDH 2000-X S. 439 ff., Ziff. 53-58; s. auch BGE 122 II 373 E. 2b S. 377 f. mit Hinweisen).
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4.3 Gemäss den vorliegenden Berichten lässt sich die völkerrechtlich-humanitäre Situation zwischen 1994 und 1995 (inkriminierter Tatzeitraum) wie folgt zusammenfassen: Im März 1994 habe das türkische Parlament die strafrechtliche Immunität von mehreren Abgeordneten der kurdischen "Demokratischen Partei" (DEP) BGE 133 IV, 58 (62)aufgehoben. Der türkische Oberste Gerichtshof habe die DEP verboten, und gegen sieben kurdische Abgeordnete sei Anklage wegen Hochverrates und Separatismus erhoben worden. Für 1994 seien zahlreiche Fälle von Folter gegen mutmassliche separatistische Widerstandskämpfer, summarische Exekutionen, Vergewaltigungen, Brandstiftungen gegen kurdische Wohnhäuser und andere Gewaltübergriffe bei Polizeiaktionen gemeldet und dokumentiert worden. Militante kurdische Aktivisten hätten ihrerseits mutmassliche Kollaborateure verfolgt sowie Tötungsdelikte und andere Verbrechen gegen türkische Sicherheitskräfte und politische Gegner (insbesondere sogenannte "Dorfwächter") verübt. Von den ca. 13'000 Menschen, die zwischen 1984 und 1994 im Bürgerkriegskonflikt getötet wurden, sei etwa die Hälfte zwischen 1992 und 1994 gestorben. In der Bürgerkriegszeit seien Hunderttausende Kurden aus ihren Dörfern vertrieben worden. Bis Mitte der 1990er-Jahre sei insgesamt die Zahl von zwei Millionen Flüchtlingen erreicht worden.
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Zwar habe es 1995 erste Bemühungen der Regierung gegeben, die Menschenrechtssituation auf gesetzlicher Ebene zu verbessern. Das gewaltsame Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte gegen den separatistischen Widerstand habe jedoch 1995 weiter zur Entvölkerung kurdischer Dörfer geführt. Auch die systematische Anwendung von Folter gegen mutmassliche Widerstandskämpfer sei nach wie vor ein grosses Problem gewesen. Zwischen 1992 und 1995 seien zudem mehr als 1'300 Personen den Exekutionen durch "Todesschwadronen" zum Opfer gefallen, 89 solcher Tötungen seien allein im September 1995 erfolgt (vgl. Berichte und Verlautbarungen des Europäischen Folterschutzausschusses 1990-1997, Council of Europe/European Committee for the Prevention of Torture, Reports to the Turkish Government on the Visits to Turkey, Strassburg; Urteil N.A., a.a.O.; Regelmässige Berichte der EU-Kommission 1998-2006 über die Fortschritte der Türkei auf dem Weg zum Beitritt; Human Rights Watch Reports Turkey 1994/1995).
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4.4 Zahlreiche dieser Menschenrechtsverletzungen sind durch den EGMR beurteilt worden. Die meisten Urteile betrafen Zivilpersonen, die als Aktivisten und Sympathisanten der PKK verdächtigt worden waren, darunter auch mehrere junge Frauen. In einigen Fällen waren mutmassliche Anhänger der DHKP-C bzw. ihrer Vorgängerorganisation ("Dev Sol") betroffen. Gemäss einem solchen Entscheid des EGMR vom 11. Juli 2000 sei der Geschädigte im Februar 1992 von Beamten einer "Antiterroreinheit" ("Brigade BGE 133 IV, 58 (63)Anti-Dev Sol") der Sicherheitspolizei gefoltert worden (vgl. Urteil des EGMR i.S. M.D. gegen die Türkei vom 11. Juli 2000, Recueil CourEDH 2000-VIII S. 181 ff., Ziff. 11 ff.; ähnlich auch Urteil des EGMR i.S. Z.A. gegen die Türkei vom 18. Dezember 1996, Recueil CourEDH 1996-VI S. 2260 ff., Ziff. 10 ff.). Der EGMR musste für die Zeit zwischen 1992 und Herbst 1995 zahlreiche schwere Verstösse gegen die Menschenrechte feststellen, darunter Vergewaltigungen, Folterungen und Tötungen. Die einschlägigen Urteile sind grösstenteils publiziert. Neben kurdischen Separatisten und türkischen Sicherheitskräften seien auch bewaffnete sogenannte "Dorfwächter" an den Gewalttätigkeiten beteiligt gewesen (in chronologischer Reihenfolge der untersuchten Sachverhalte vgl. z.B. Urteile des EGMR gegen die Türkei i.S. B.S. vom 27. Juni 2000, Recueil CourEDH 2000-VII S. 425 ff., Ziff. 6 ff.; i.S. S.T. vom 9. Juni 1998, Recueil CourEDH 1998-IV S. 1504 ff., Ziff. 8 ff.; i.S. N.I. vom 27. Juni 2000, Recueil CourEDH 2000-VII S. 315 ff., Ziff. 10 ff.; i.S. M.K. vom 28. März 2000, Recueil CourEDH 2000-III S. 195 ff., Ziff. 8 ff.; i.S. M.T. vom 13. Juni 2000, Recueil CourEDH 2000-VI S. 349 ff., Ziff. 15 ff.; i.S. K.K. vom 25. Mai 1998, Recueil CourEDH 1998-III S. 1152 ff., Ziff. 8 ff.; i.S. S.A. vom 25. September 1997, Recueil CourEDH 1997-IV S. 1866 ff., Ziff. 13 ff.; i.S. I.C. vom 8. Juli 1999, Recueil CourEDH 1999-VI S. 657 ff., Ziff. 14 ff.; i.S. K.S. et al. vom 24. April 1998, Recueil CourEDH 1998-II S. 891 ff., Ziff. 8 ff.; i.S. A., E. und Y. vom 22. Juli 2003; i.S. Y. vom 24. Juli 2003; i.S. N.A. vom 10. Oktober 2000, Recueil CourEDH 2000-X S. 439 ff., Ziff. 53-58; i.S. G. vom 19. Juni 2003; i.S. A. vom 24. April 2003; i.S. K. et al. vom 24. Oktober 2006).
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Bei Bürgerkriegen gehört die Abgrenzung zwischen Terroristen und Schwerverbrechern einerseits und Konfliktparteien bzw. BGE 133 IV, 58 (64)separatistischen Widerstandskämpfern anderseits zu den schwierigsten Fragen des internationalen Strafrechts (BGE 130 II 337 E. 6 S. 344 f.). In entsprechenden Fällen sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes besonders sorgfältige Abklärungen nötig und erhöhte Anforderungen an die Ausführlichkeit, Widerspruchsfreiheit und Verlässlichkeit des Ersuchens zu verlangen. Dabei können sich auch Abklärungen zum Bürgerkriegshintergrund der inkriminierten Delikte aufdrängen. Bei Anhängern von separatistischen Widerstandsorganisationen, die sich gegen ethnische Verfolgung und Unterdrückung wehren, kann nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht ohne weiteres auf internationalstrafrechtlich verfolgungswürdige "terroristische" Schwerverbrechen geschlossen werden (BGE 130 II 337 E. 7.1 S. 346 f.). Bei der notwendigen Abgrenzung ist den konkreten Aktivitäten der fraglichen Organisation im Zeitpunkt der verfolgten Straftaten Rechnung zu tragen (BGE 131 II 235 E. 2.13 S. 242 f.). Spezifische Anzeichen für den terroristischen Charakter von Delikten wären schwere Gewaltverbrechen insbesondere gegen Zivilpersonen, mit denen die Bevölkerung systematisch eingeschüchtert bzw. Staaten oder internationale Organisationen genötigt werden sollen (BGE 131 II 235 E. 3.5 S. 246 f.).
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5.1.1 Im ergänzenden Ersuchen vom 8. August 2003 wird auf die Sachdarstellung des Vorsitzenden des 4. Schwurgerichts für die Staatssicherheitlichen Strafsachen in Istanbul vom 20. Juni 2003 hingewiesen. Danach habe sich der damals 16 Jahre alte Verfolgte zusammen mit A. und B. am 23. September 1995 gegen 22.00 Uhr zu einem Café begeben. Der Dorfwächter Y. sei Stammgast dieses Lokals gewesen. Als der Dorfwächter aus dem Café herausgetreten sei, seien ihm der Verfolgte und seine beiden Begleiter gefolgt. A. habe eine "imitierte Pistole" (Pistolenattrappe) auf den Kopf des Dorfwächters gerichtet, worauf der Verfolgte die Pistole (Marke Kirikkale, Durchmesser: 9 mm) aus dem Gürtel des Bedrohten herausgenommen habe. Nach dieser Tat hätten die Angeschuldigten mit dem (inhaftierten) mutmasslichen Anführer der separatistischen
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BGE 133 IV, 58 (65)Gruppe, C., in der Strafanstalt Gespräche geführt und von ihm die Weisung erhalten, "eine Tat" mit dieser Pistole auszuführen. Am 2. Oktober 1995 hätten A. und der Verfolgte einen Polizisten gesucht, um ihn zu töten. Gegen 19.20 Uhr hätten sie einen Polizisten namens Z. gesehen, der in einer Telefonzelle telefoniert habe. A. habe mit der vom Dorfwächter entwendeten Waffe ein erstes Mal von hinten auf den Kopf des Polizisten geschossen. Nachdem der am Kopf getroffene Polizist auf den Boden gestürzt sei, habe der Verfolgte die Pistole des Polizisten weggenommen. Daraufhin habe A. ein zweites Mal auf den Polizisten geschossen. Nachdem die beiden Beteiligten den am Tatort anwesenden Passanten gesagt hätten, dass sie die DHKP-C unterstützten, hätten sie sich entfernt.
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5.1.2 Laut ergänzendem Ersuchen seien die zeitlichen Angaben in der Anklageschrift vom 3. Juli 1996 unzutreffend. Die Tötung des Polizisten sei nicht (wie dort angegeben) am 2. Mai 1995 erfolgt, sondern erst am 2. Oktober 1995. Auch zu den in der Türkei bereits freigesprochenen Personen enthielten das ursprüngliche Ersuchen und dessen Beilagen - laut ersuchender Behörde - fehlerhafte Angaben. So sei der Verfolgte weder in dessen Abwesenheit beurteilt noch freigesprochen worden. Dieser Fehler sei aus einer Falschschreibung von Namen entstanden. Entgegen der Auffassung des BJ handle es sich (laut ersuchender Behörde) bei der Gruppierung, welcher der Verfolgte angehört habe, auch nicht um eine "politische Partei oder Anstalt", sondern um eine illegale und terroristische Organisation, welche bewaffnete Aktivitäten "zur Vernichtung und Änderung der Verfassung und des begründeten Staats" ausgeübt habe.
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5.1.3.1 A. und der Verfolgte seien im Jahre 1994 von Verantwortlichen der DHKP-C angeworben worden. Nach einer "Ausbildung" von fast fünf Monaten habe der Verfolgte die Gruppierung verlassen, da er nicht mehr habe dazugehören wollen. In der Folge habe der Verfolgte an zwei versuchten Straftaten der Gruppe nicht teilgenommen. Nach der Verhaftung von drei Gruppenmitgliedern sei der Verfolgte im Jahre 1995 von einem älteren BGE 133 IV, 58 (66)Gruppenmitglied wieder mitgebracht worden. Beim anschliessenden Versuch, die Polizeistation Cibali zu überfallen, habe der Verfolgte erneut nicht partizipiert. Zum nächsten Treffen (bei einer Likörfabrik) im Sommer 1995 habe er, A., den Verfolgten mitgebracht. Die bewaffnete Einheit "K." habe damals, im Frühsommer 1995, aus fünf Personen bestanden. Ihr Anführer sei D. gewesen. Die "Waffenkraft" der Gruppe habe zwei Pistolen im Durchmesser 7,65 mm umfasst. Nachdem die Gruppe etwas zusammengearbeitet habe, sei sie für kurze Zeit wieder auseinandergebrochen. Als E., der jüngere Bruder von A., bei bewaffneten Auseinandersetzungen mit türkischen Sicherheitskräften im Sommer 1995 in Gazi getötet worden sei, seien die Gruppenmitglieder zwar sehr betroffen gewesen; sie hätten aber zunächst keine Gewalttaten ausgeübt und auch die Beziehungen zu D. abgebrochen.
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5.1.3.2 Im August/September 1995 habe ihre neu nach dem getöteten Bruder benannte "bewaffnete Einheit E." noch aus A., dem Verfolgten und (eine kurze Zeit lang) F. bestanden. Damals habe diese Gruppe über keine Waffen verfügt. Sie hätten sich über aktuelle politische Themen unterhalten. A. und der Verfolgte hätten damals den Kontakt zu F. abgebrochen, weil dieser eine intime Beziehung mit einem Mädchen aus dem gleichen Ort gepflegt habe. Anschliessend habe der Verfolgte eine kaputte Waffe bzw. Pistolenattrappe mitgebracht. Der Plan, einem Dorfwächter in einem Café in Küçükköy die Waffe zu rauben, sei zunächst nicht verwirklicht worden. Einige Tage später, am 23. September 1995, sei das Vorhaben jedoch mit der Pistolenattrappe umgesetzt worden. Laut Verhörprotokoll habe A. das Pistolenimitat gegen den Kopf des Dorfwächters gerichtet. Der Verfolgte habe die Waffe des Bedrohten entwendet. Sie hätten diesem gesagt, dass ihm nichts geschehe, wenn er ruhig bleibe. Sie seien Anhänger der DHKP-C und wollten seine Pistole wegnehmen. Der Dorfwächter habe erwidert, dass er auf ihrer Seite sei. Sie hätten ihn dann aufgefordert: "Warte ein bisschen hier; wir gehen weg."
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5.1.3.3 Gemäss diesem (mit dem ergänzendem Ersuchen) zur Klärung und Präzisierung des Sachverhaltes eingereichten Protokoll sei dann am "02.10.1997" der Polizist in der Telefonzelle getötet worden. Die Anweisung zu dieser Tat habe der im Gefängnis befindliche C. gegeben. An anderer Stelle des Protokolls wird das fragliche Datum von den türkischen Behörden mit "02.10.1995" bezeichnet. A. habe auf den Kopf des Polizisten BGE 133 IV, 58 (67)geschossen. Der konkrete Beitrag des Verfolgten habe darin bestanden, dass er die Pistole des bereits am Kopf Getroffenen weggenommen habe, nachdem dieser auf den Boden gefallen sei. A. habe dann ein zweites Mal auf dessen Kopf geschossen. Danach seien sie beide geflohen. Die Tatwaffe habe A. etwas später dem Verfolgten übergeben. Als dem damals 16-jährigen Verfolgten nach Gesprächen klar geworden sei, dass solche Gewaltaktivitäten nicht beendet würden, habe er sich bald darauf entschlossen, die "Gruppe E." definitiv zu verlassen.
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5.2.1 Zunächst ist dem Zeitablauf und der aussergewöhnlich langen Verfahrensdauer Rechnung zu tragen: Die untersuchten Delikte aus den Jahren 1994-1995 liegen mehr als 11 Jahre zurück. Das Auslieferungsersuchen wurde erst neun Jahre nach den inkriminierten Ereignissen gestellt. Seither sind wiederum mehr als dreieinhalb Jahre verstrichen. Nach Angaben des BJ sei das Auslieferungsdossier während etwa zwei Jahren "vorläufig unbehandelt" geblieben, was allenfalls auf das parallel laufende Asylverfahren und die damit zusammenhängenden Abklärungen zurückgeführt werden könnte. Sodann fällt auf, dass auch das ergänzte Ersuchen weiterhin Mängel und Widersprüche enthält. Schon am 8. Mai 2003 hatte das BJ die ersuchende Behörde auf offensichtliche Unstimmigkeiten (namentlich in der zeitlichen Darstellung der inkriminierten Vorgänge sowie in prozessualer Hinsicht) aufmerksam gemacht. Auch in den zur Klärung nachgereichten Unterlagen finden sich immer noch Widersprüche und Unklarheiten, die zentrale Fragen betreffen (wie den Zeitpunkt des untersuchten Tötungsdeliktes). Weiter ist zu berücksichtigen, dass die verfolgten Delikte an einem sogenannten Dorfwächter (Entwendung einer Pistole) und an einem Polizisten (Tötungsdelikt) in einem Zeitpunkt erfolgten, als bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen mit schwersten Menschenrechtsverletzungen stattfanden (vgl. oben, E. 4.2-4.4). Wie sich den Beilagen zum Ersuchen entnehmen lässt, sei der jüngere Bruder des mutmasslichen Todesschützen kurz vor der Tat von türkischen Sicherheitskräften erschossen worden. Zu diesen Zusammenhängen und Hintergründen des untersuchten Tötungsdeliktes finden sich im BGE 133 IV, 58 (68)ergänzten Ersuchen keine Angaben. Wenig Informationen enthält das Ersuchen auch zur Gruppe "E." (die im fraglichen Zeitpunkt aus dem damals 15- bis 16-jährigen Verfolgten und zwei weiteren Personen bestanden habe) bzw. zu deren Eingliederung in die DHKP-C. Schon im Schreiben des BJ vom 8. Mai 2003 an die ersuchende Behörde war die Frage aufgeworfen worden, ob es sich dabei um eine politische separatistische Widerstandsorganisation bzw. eine entsprechende Splittergruppe gehandelt haben könnte. Diese Frage wird im ergänzenden Ersuchen verneint mit der Behauptung, es handle sich hier um eine illegale und terroristische Organisation. Die ersuchende Behörde legt jedoch keine Sachinformationen vor, aufgrund derer sich juristisch prüfen liesse, ob es sich um eine Gruppierung handelte, die im internationalstrafrechtlichen Sinne als terroristisch bzw. verbrecherisch einzustufen wäre (vgl. dazu unten, E. 5.3).
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Laut Ersuchen sei das Tötungsdelikt Anfang Oktober 1995 erfolgt. Zum Tatzeitpunkt wäre der (unbestrittenermassen am 26. Juni 1979 geborene) Verfolgte somit erst 16 Jahre alt gewesen. Bei einer Beurteilung nach schweizerischem Recht im Sinne der beidseitigen Strafbarkeit ist daher das Jugendstrafrecht anwendbar (Art. 89 aStGB; ebenso Art. 1 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes vom 20. Juni 2003 über das Jugendstrafrecht [Jugendstrafgesetz, JStG; SR 311.1], in Kraft seit 1. Januar 2007). Übergangsrechtlich ist hier das sanktionenrechtlich mildere bisherige Jugendstrafrecht massgeblich, zumal auch der angefochtene Entscheid noch nach altem Recht gefällt wurde (Art. 46 JStG; BGE 129 II 462 E. 4.3 S. 465 mit Hinweisen).
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Zunächst erscheint fraglich, ob eine allfällige Jugendstrafe nach schweizerischem Recht überhaupt als auslieferungswürdige Sanktion im Sinne von Art. 2 Ziff. 1 EAUe angesehen werden kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das schweizerische Jugendstrafrecht der urteilenden Behörde die Möglichkeit gibt, von jeder Strafe oder Massnahme abzusehen, wenn seit der Tat ein Jahr verstrichen ist (Art. 98 Abs. 4 aStGB). Damit soll im Einzelfall vermieden werden können, dass eine sich abzeichnende günstige Entwicklung des fehlbaren Jugendlichen durch strafrechtliche Sanktionen beeinträchtigt BGE 133 IV, 58 (69)würde. Der Jugendrichter hat dabei insbesondere einem Wohlverhalten während einer längeren Zeit Rechnung zu tragen (BGE 100 IV 17 E. 2a S. 20; Urteil 1P.329/2004 vom 13. Oktober 2004, E. 2.3; s. auch Art. 21 Abs. 1 lit. f JStG). Im vorliegenden Fall sind seit den untersuchten Delikten mehr als 11 Jahre verstrichen. Der Verfolgte hat sich - soweit aus den Akten ersichtlich - seither nicht strafbar gemacht.
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Das EAUe regelt die Problematik von jugendstrafrechtlichen Fällen nicht. Im internationalen Auslieferungsrecht gilt der Grundsatz, dass bei Jugendlichen, die im Tatzeitpunkt noch nicht 18 Jahre alt waren und welche ihren gewöhnlichen Aufenthalt im ersuchten Staat haben, zu prüfen ist, ob aus Gründen der besseren Integration und Sozialisierung von einer Auslieferung abzusehen ist (so ausdrücklich Art. I Abs. 2 des Vertrages vom 13. November 1969 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 und die Erleichterung seiner Anwendung [SR 0.353.913.61]; vgl. auch STEFAN HEIMGARTNER, Auslieferungsrecht, Diss. Zürich 2002, S. 102 f.).
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Im vorliegenden besonderen Fall drängt sich in diesem Sinne bei der Anwendung des EAUe eine Lückenfüllung auf. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Auslieferungsentscheid nicht zu einem stossenden und den Sinn und Geist des genannten Übereinkommens verletzenden Ergebnis führen darf. Nach türkischem Strafrecht und Darlegung der ersuchenden Behörde droht dem zur Tatzeit erst 16-jährigen Verfolgten eine lebenslange Freiheitsstrafe. Der Verfolgte ist im Mai 1996 als 17-jähriger Bürgerkriegsflüchtling in die Schweiz emigriert und lebt hier seit mehr als 10 Jahren. Das Bundesamt für Flüchtlinge (BFF) hat ihm am 3. November 1999 die vorläufige Aufnahme gewährt und seine Wegweisung als unzumutbar bezeichnet. Am 14. September 2006 trat das Bundesamt für Migration (BFM) zwar auf das Gesuch des Verfolgten, es sei ihm (wiedererwägungsweise) Asyl zu gewähren, nicht ein. Eine vom Verfolgten dagegen erhobene Beschwerde hiess die Schweizerische Asylrekurskommission (ARK) mit Urteil vom 7. Dezember 2006 jedoch gut; die ARK wies das Asylgesuch zur materiellen Prüfung zurück an das BFM. Den vorliegenden Akten lässt sich nicht entnehmen, dass der Verfolgte sich in den mehr als 10 Jahren seines Aufenthaltes in der Schweiz etwas hätte zuschulden kommen lassen. Schliesslich ist auch noch mitzuberücksichtigen, dass er sich schon seit Februar BGE 133 IV, 58 (70)2006 in Auslieferungshaft befindet; die bisherige Haftdauer rückt damit in grosse Nähe der nach dem massgeblichen bisherigen schweizerischen Jugendstrafrecht maximal zulässigen Einschliessungsstrafe (Art. 95 Ziff. 1 Abs. 1 aStGB). Nach dem Gesagten widerspräche eine Auslieferung des Verfolgten dem Sinn und Geist des EAUe.
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5.3.1 Gemäss Art. 260ter Ziff. 1 StGB wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft, wer sich an einer Organisation beteiligt, die ihren Aufbau und ihre personelle Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt, Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern. Ebenso macht sich strafbar, wer eine solche Organisation in ihrer verbrecherischen Tätigkeit unterstützt. Unter den Begriff der kriminellen Organisationen fallen neben den mafiaähnlichen Verbrechersyndikaten auch hochgefährliche terroristische Gruppierungen. Nicht zu den kriminellen Organisationen gezählt werden hingegen (grundsätzlich) extremistische Parteien, oppositionelle politische Gruppen sowie Organisationen, die mit angemessenen (nicht verbrecherischen) Mitteln um die politische Macht in ihrem Heimatland ringen oder einen Freiheitskampf gegen diktatorische Regimes führen (BGE 131 II 235 E. 2.12 S. 241; BGE 130 II 337 E. 3.4 S. 344; BGE 128 II 355 E. 4.3 S. 365 f.; BGE 125 II 569 E. 5c S. 574, je mit Hinweisen). Nach der Praxis des Bundesgerichtes stellen insbesondere die italienischen "Brigate Rosse", die baskische ETA oder das internationale Netzwerk Al-Qaïda terroristische verbrecherische Organisation im Sinne von Art. 260ter Ziff. 1 StGB dar (BGE 131 II 235 E. 2.12 S. 241; BGE 128 II 355 E. 2.2 S. 361; BGE 125 II 569 E. 5c-d S. 574 f.).
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BGE 133 IV, 58 (71)Als Beteiligte im Sinne von Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 1 StGB sind alle Personen anzusehen, welche funktionell in die kriminelle Organisation eingegliedert sind und im Hinblick auf deren verbrecherische Zweckverfolgung Aktivitäten entfalten. Diese Aktivitäten brauchen (für sich allein) nicht notwendigerweise illegal bzw. konkrete Straftaten zu sein. Es genügen namentlich auch logistische Vorkehren, die dem Organisationszweck unmittelbar dienen (wie z.B. Auskundschaften, Planen oder Bereitstellen der operativen Mittel, insbesondere Beschaffen von Fahrzeugen, Waffen, Kommunikationsmitteln oder Finanzdienstleistungen usw.). Die Beteiligung setzt auch keine massgebliche Funktion innerhalb der Organisation voraus. Sie kann informeller Natur sein oder auch geheim gehalten werden (BGE 131 II 235 E. 2.12.1 S. 241; BGE 128 II 355 E. 2.3 S. 361 mit Hinweisen).
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Bei Personen, die nicht in die Organisationsstruktur integriert sind, kommt die Tatvariante der Unterstützung in Frage. Diese verlangt einen bewussten Beitrag zur Förderung der verbrecherischen Aktivitäten der kriminellen Organisation. Im Gegensatz zur Gehilfenschaft zu spezifischen Straftaten (Art. 25 StGB) ist für die Unterstützung nach Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB der Nachweis von kausalen Tatbeiträgen im Hinblick auf ein konkretes Delikt nicht erforderlich. So können namentlich das blosse Liefern von Waffen an eine terroristische oder mafiaähnliche Organisation, das Verwalten von Vermögenswerten oder andere logistische Hilfeleistungen von Aussenstehenden unter den Organisationstatbestand von Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB fallen. Dementsprechend besteht zwischen der Beihilfe zu konkreten Straftaten und dem Organisationstatbestand auch grundsätzlich echte Konkurrenz (BGE 131 II 235 E. 2.12.2 S. 241 f.; BGE 128 II 355 E. 2.4 S. 362 mit Hinweisen). Der subjektive Tatbestand von Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 2 StGB verlangt jedoch, dass der Unterstützende weiss oder zumindest in Kauf nimmt, dass sein Beitrag der verbrecherischen Zweckverfolgung der kriminellen Organisation dienen könnte. Blosse Sympathisanten oder "Bewunderer" von terroristischen oder mafiaähnlichen Vereinigungen fallen demgegenüber nicht unter den Organisationstatbestand (BGE 131 II 235 E. 2.12.2 S. 242; BGE 128 II 355 E. 2.4 S. 362 mit Hinweisen).
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BGE 133 IV, 58 (72)Der angefochtene Entscheid enthält keine konkreten Angaben da zu, ob diese Organisation im Herbst 1995 terroristisch tätig war und worin im relevanten Zeitraum die verbrecherischen Aktivitäten bestanden hätten. Auch dem Bericht des DAP lassen sich dazu keine Informationen entnehmen: In zeitlicher Hinsicht wird lediglich ausgeführt, dass die DHKP-C seit Oktober 1997 auf der Liste der terroristischen Organisationen stehe und mit Beschluss vom 2. Mai 2002 in die vom EU-Rat geführte Liste der terroristischen Organisationen aufgenommen worden sei. Dem Verfolgten wird jedoch nicht vorgeworfen, er sei im Oktober 1997 bzw. Mai 2002 noch aktives Mitglied der Organisation gewesen. Gemäss Ersuchen habe er kurz nach den untersuchten Vorfällen vom Herbst 1995 die Gruppe "E." definitiv verlassen (vgl. oben, E. 5.1.3.3). Seit Mai 1996 befindet sich der Verfolgte in der Schweiz. Weder die hiesigen noch die türkischen Behörden machen geltend, er habe ab 1996 an strafbaren Handlungen teilgenommen. Ebenso wenig wird behauptet, die Staatengemeinschaft habe die Widerstandsaktivitäten der DHKP-C schon ab Herbst 1995 als terroristisch eingestuft. Schwere Anschläge im fraglichen Zeitraum werden nicht erwähnt.
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Im angefochtenen Entscheid fehlt es sodann an jeglicher Bezugnahme zur bürgerkriegsähnlichen Situation in der fraglichen Region im Zeitpunkt der untersuchten Vorgänge. Der historisch-völkerrechtliche Kontext bzw. der Bürgerkriegshintergrund bleiben völlig ausgeblendet. Bei der Beurteilung von Gewaltaktionen militanter Widerstandsorganisationen wäre auch der Art und Weise Rechnung zu tragen, wie die türkische Armee und Polizei in den 1990er-Jahren gegen die kurdische Zivilbevölkerung und gegen Vertreter radikaler Widerstandsbewegungen vorging. Wie der Rechtsprechung des EGMR zu entnehmen ist, sind gewaltsame Auseinandersetzungen bzw. Anschläge separatistischer Organisationen auf türkische Sicherheitskräfte zumindest teilweise auch auf ethnische Verfolgung bzw. auf schwere Menschenrechtsverletzungen durch die türkische Armee und Polizei zurückzuführen. Dies gilt besonders für den hier fraglichen Zeitraum von 1994-1995 (vgl. oben, E. 4.2-4.4). Im angefochtenen Entscheid wird weder geprüft, inwiefern die DHKP-C in diesem Sinne als Bürgerkriegspartei im türkisch-kurdischen Konflikt anzusehen war (BGE 130 II 337 E. 7.1 S. 346 f.), noch wird dargelegt, gegen wen genau sich die nicht näher spezifizierten Anschläge gerichtet haben bzw. wann und wo diese erfolgten. Im vorliegenden Zusammenhang wäre es von entscheidender Bedeutung, BGE 133 IV, 58 (73)ob einzelne Gewaltakte im Kontext gegenseitiger Menschenrechtsverletzungen bzw. eines akuten Bürgerkrieges begangen wurden, oder ob es sich um schwere Anschläge, namentlich gegen Zivilisten, in Zeiten relativen Friedens oder ausserhalb der Konfliktregion handelte (vgl. BGE 131 II 235 E. 2.13 S. 242 f., E. 3.5 S. 246 f.; MARC FORSTER, Zur Abgrenzung zwischen Terroristen und militanten "politischen" Widerstandskämpfern im internationalen Strafrecht, ZBJV 141/2005 S. 213 ff., 236-238 [im Folgenden: ZBJV 141/2005]; derselbe, Terroristischer Massenmord an Zivilisten als "legitimer Freiheitskampf" [im Sinne von Art. 260quinquies Abs. 3 StGB] kraft "Analogieverbot"?, ZStrR 124/2006 S. 331 ff., 333; HANS VEST, Berner Kommentar StGB, Bern 2007, N. 15 f. zu Art. 260ter StGB).
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Im Bericht des DAP wird immerhin präzisiert, dass sich die Anschläge der DHKP-C hauptsächlich gegen Repräsentanten von Staat, Armee, Polizei, Justiz und Politik gerichtet hätten. In akuten Bürgerkriegen würde eine klare Fokussierung der Widerstands- und Gewaltaktivitäten auf gegnerische Sicherheitskräfte und staatliche Funktionäre eher gegen eine terroristische Natur der Gewaltaktionen sprechen (vgl. BGE 131 II 235 E. 3.5 S. 246 f.; FORSTER, ZBJV 141/2005 S. 237 f.). Weder im angefochtenen Entscheid noch im Ersuchen wird behauptet, dass die Organisation gegen zivile Ziele Sprengstoff- oder Brandanschläge verübt hätte. Ebenso wenig wird erläutert, welcher Art die politischen Forderungen an die türkische Regierung waren und ob sich diese damals auf das Ziel der politisch-kulturellen Autonomie der kurdischen Bevölkerungsgruppe bzw. der Wahrung ihrer Menschenrechte konzentrierten.
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Ohne minimale Angaben zum Kontext des bewaffneten Konflik tes zwischen militanten separatistischen Gruppierungen und türkischen Sicherheitskräften im Herbst 1995 lässt sich die terroristische Natur der beteiligten Organisationen im strafrechtlichen Sinne nicht prüfen. Insbesondere wäre es unzulässig, Konfliktparteien eines Bürgerkrieges ohne jede Differenzierung als terroristisch einzustufen und internationalstrafrechtlich zu verfolgen (BGE 130 II 337 E. 7.1 S. 346 f.; vgl. URSULA CASSANI, Le train de mesures contre le financement du terrorisme: une loi nécessaire?, SZW 75/2003 S. 293 ff., 299 f.; FORSTER, ZBJV 141/2005 S. 236 ff.; VEST, a.a.O., N. 22-26 zu Art. 260quinquies StGB).
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5.3.3 Angesichts der mangelnden Tatsachengrundlagen kann vom Bundesgericht nicht beurteilt werden, ob die DHKP-C für den hier BGE 133 IV, 58 (74)massgeblichen Zeitraum (Herbst 1995) als terroristische Organisation einzustufen ist.
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5.3.5 Auch die Abklärungen des BJ erscheinen in diesem Zusammenhang lückenhaft. So enthält der angefochtene Entscheid keine näheren Angaben zur Person des Verfolgten. Es wird lediglich erwähnt, er sei am 26. Juni 1979 geboren, kurdischer Abstammung und am 19. Mai 1996 in die Schweiz eingereist. Namentlich die Fakten, welche das BFF am 3. November 1999 dazu bewogen, dem Verfolgten die vorläufige Aufnahme zu gewähren und eine Wegweisung als unzumutbar zu bezeichnen, werden nicht erörtert. Ebenso wenig legt das BJ dar, wie sich der Verfolgte in den mehr als 10 Jahren seines bisherigen Aufenthaltes in der Schweiz verhalten hat, ob er beispielsweise straffällig (oder in anderer Weise polizeilich auffällig) geworden ist. Nach eigenen Angaben hat er am 7. August 2006 ein Asylgesuch gestellt, das noch hängig ist (vgl. dazu oben, E. 5.2.2).
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Danach sei der Verfolgte im Jahre 1994 von Verantwortlichen der DHKP-C angeworben worden. Nach einer Ausbildung sei er einer separatistischen Aktivistengruppe zugewiesen worden, die er aber im gleichen Jahr wieder verlassen habe. Dementsprechend habe er an verschiedenen Aktionen dieser Gruppe nicht mehr teilgenommen. Ab 1995 hätten ältere Mitglieder den knapp 16-Jährigen wieder an Treffen der Gruppe mitgebracht. Die Beziehungen zu deren BGE 133 IV, 58 (75)Anführer seien abgebrochen worden. Nachdem der jüngere Bruder eines Gruppenmitgliedes von türkischen Sicherheitskräften in Gazi getötet worden sei, habe sich die (nach dem Erschossenen benannte) Aktivistengruppe im August/September 1995 noch aus dem Bruder des Getöteten, dem Verfolgten und eine kurze Zeit lang aus einem dritten Mitglied zusammengesetzt. Über funktionierende Waffen habe die Gruppe bis zum 23. September 1995 (Entwendung der Pistole eines Dorfwächters) nicht verfügt. Bald nach dem Tötungsfall vom 2. Oktober 1995 habe der Verfolgte die Gruppe (und später auch die Türkei) endgültig verlassen.
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5.3.7 Diese Sachdarstellung lässt weder auf eine funktionale Eingliederung in eine straff organisierte terroristische Gruppierung im Sinne von Art. 260ter StGB schliessen noch auf eine systematische Unterstützung von verbrecherischen Aktivitäten einer terroristischen Organisation. Im Zeitraum von 1994 bis Spätsommer 1995 ist der Verfolgte gemäss den Unterlagen der ersuchenden Behörde als eher zögerlicher jugendlicher Mitläufer bzw. aktiver Sympathisant aufgetreten. Die Angaben des Ersuchens zu den beiden Vorfällen vom 23. September und 2. Oktober 1995 lassen sein Verhalten noch nicht als Terrorismus im strafrechtlichen Sinne erscheinen. Der Tatbestand der Unterstützung einer kriminellen Gruppierung würde nicht nur das Vorliegen einer Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB voraussetzen. Der Täter müsste der Organisation zudem gezielt und systematisch bei ihrer verbrecherischen bzw. terroristischen Zweckverfolgung geholfen haben. Insofern ist der Unterstützungstatbestand von der Beihilfe an konkreten Verbrechen, von der entfernten Gehilfenschaft (Beihilfe zur Gehilfenschaft) und vom aktiven Sympathisantentum juristisch abzugrenzen (BGE 131 II 235 E. 2.12.2 S. 242; BGE 128 II 355 E. 2.4 S. 362 mit Hinweisen).
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BGE 133 IV, 58 (76)7. Es stellt sich die Frage, ob sich im vorliegenden Fall eine nochmalige Ergänzung des Ersuchens rechtfertigt. Dabei ist namentlich zu berücksichtigen, dass die untersuchten Vorkommnisse mehr als 11 Jahre zurückliegen und nach derart langer Zeit kaum wesentliche und verlässliche Ergänzungen des Sachverhaltes erwartet werden können. Das Ersuchen wurde ausserdem bereits vor mehreren Jahren ergänzt. Wie dargelegt, enthält es dennoch weiterhin Mängel und Widersprüche. Es kommt hinzu, dass sich hier noch zusätzliche Abklärungen (zur Menschenrechtssituation und zur Frage der politischen Natur des Deliktes) sowie weitere förmliche Zusicherungen der ersuchenden Behörde aufdrängen würden. Aufgrund der Rechtshilfeakten kann nicht erwartet werden, dass die notwendigen zusätzlichen Abklärungen und Garantien innert angemessener Frist erhältlich wären. Das Ersuchen wurde vor mehr als dreieinhalb Jahren eingereicht, und der Verfolgte befindet sich seit fast einem Jahr in Auslieferungshaft.
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Bei dieser Sachlage rechtfertigt sich keine weitere Verzögerung des Auslieferungsverfahrens und keine Fortdauer der Auslieferungshaft. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und das Auslieferungsersuchen abzuweisen.
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