![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
37. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen A. (Nichtigkeitsbeschwerde) |
6S.101/2007 vom 15. August 2007 | |
Regeste |
Geldfälschung (Art. 240 StGB); Inumlaufsetzen falschen Geldes (Art. 242 StGB); Betrug (Art. 146 StGB). |
Zwischen der Geldfälschung (Art. 240 StGB) und dem Inumlaufsetzen falschen Geldes (Art. 242 StGB) besteht echte Konkurrenz (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 4.2). |
Zwischen dem Inumlaufsetzen falschen Geldes (Art. 242 StGB) und dem Betrug besteht ebenfalls echte Konkurrenz (Änderung der Rechtsprechung; E. 4.3). |
Wer Falschgeld in Umlauf bringt (Art. 242 StGB), begeht in aller Regel zugleich einen Betrug. Über die Verwendung zur Zahlung hinausgehende arglistige Machenschaften sind nicht erforderlich (E. 4.4). |
Voraussetzungen der Annahme einer natürlichen Handlungseinheit bei Herstellung und In Umlaufsetzen von Falschgeld (E. 4.5). | |
Sachverhalt | |
![]() ![]() | 1 |
B. Am 22. November 2006 sprach der Einzelrichter der Strafkammer des Bundesstrafgerichts A. schuldig der Geldfälschung gemäss Art. 240 Abs. 1 und 2 StGB sowie des mehrfachen Betrugs nach Art. 146 Abs. 1 StGB und bestrafte ihn mit drei Monaten Gefängnis, bedingt vollziehbar (Dispositivziffern 3 und 4). Vom Vorwurf des Betrugs zulasten der Restaurants Sternen und Mc Donald's wurde er freigesprochen (Dispositivziffer 1). Das Verfahren wegen Betrugs zulasten des Bahnhofkiosks Netstal wurde eingestellt (Dispositivziffer 2).
| 2 |
C. Dagegen erhebt die Bundesanwaltschaft eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache zur Neubeurteilung verlangt.
| 3 |
D. Der Einzelrichter der Strafkammer des Bundesstrafgerichts hat am 5. April 2007 eine Vernehmlassung zur Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht, mit der er die Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdegegner liess sich innerhalb der angesetzten Frist nicht vernehmen.
| 4 |
Aus den Erwägungen: | |
5 | |
6 | |
3.2 Die Rüge der Beschwerdeführerin geht fehl. Nach Art. 240 Abs. 1 StGB wird mit Zuchthaus bestraft, wer Metallgeld, Papiergeld oder Banknoten fälscht, um sie als echt in Umlauf zu bringen. In besonders leichten Fällen ist die Strafe Gefängnis (Abs. 2). Ein besonders leichter Fall liegt nach der bundesgerichtlichen ![]() | 7 |
8 | |
9 | |
Erwägung 4.2 | |
4.2.1 Das Inumlaufsetzen nach Art. 242 StGB soll gemäss der Vorinstanz mitbestrafte Nachtat zur Geldfälscherei (Art. 240 StGB) sein. Für diese Form der unechten Tatbestandskonkurrenz wurde in der Lehre vorgebracht, dass die Geldfälschung die logisch notwendige ![]() | 10 |
11 | |
Entgegen der Kritik in der Lehre ist die Zweiteilung auch nach wie vor überzeugend: Mit dem Absetzen zuvor gefälschten Geldes wird gegenüber der blossen Fälschung ein Mehr an Unrecht verwirklicht (BGE 119 IV 154 E. 4a/aa; BERNARD CORBOZ, Les infractions en droit suisse, Bd. II, Art. 242 StGB N. 7). Mit dem Absetzen werden diejenigen Geschäftsverkehrsinteressen konkret gefährdet, welche durch das Fälschen bloss abstrakt bedroht wurden. Für das Mehr ![]() | 12 |
Die abstrakte Gefährdung des Geldverkehrs durch Fälschungshandlungen oder allenfalls durch unvollendet versuchte Absatzhandlungen (BGE 119 IV 154 E. 4a/cc) wird somit von Art. 240 StGB erfasst, die konkrete Gefährdung allgemeiner Geldverkehrsinteressen durch vollendete oder zumindest vollendet versuchte Absatzhandlungen hingegen von Art. 242 StGB. Sowohl der Fälscher, der seine eigenen Blüten in Umlauf bringt, als auch derjenige, der wissentlich erworbenes Falschgeld absetzt, sind für diese Absatzhandlungen nach Art. 242 Abs. 1 StGB zu beurteilen. Wer Falschgeld als echt einnimmt und es danach absetzt, wird nach Art. 242 Abs. 2 StGB bestraft. Die durch betrügerische Absatzhandlungen bedrohten individuellen Vermögensinteressen werden über den Betrugstatbestand geschützt (dazu sogleich in E. 4.3). Zusammenfassend verletzt die Vorinstanz Bundesrecht, soweit sie Art. 242 StGB nicht anwendet, weil sie diesen Tatbestand durch Art. 240 StGB mitabgegolten glaubt. Das angefochtene Urteil ist insoweit aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen.
| 13 |
Erwägung 4.3 | |
4.3.1 Indem die Vorinstanz das Absetzen der Blüten als Betrug einstuft, weicht sie noch in einem zweiten Punkt von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab. In einem Urteil aus dem Jahr 1973 entschied das Bundesgericht, dass der Täter, der durch Inumlaufsetzen falschen Geldes in Täuschungs- und Bereicherungsabsicht einen anderen schädigt, nur nach Art. 242 StGB zu bestrafen sei, mithin ein Spezialfall eines Betrugs vorliege. Begründet wurde dies unter Verweis auf den inzwischen aufgehobenen Art. 154 aStGB ("In ![]() | 14 |
15 | |
4.3.3 Die vorgebrachten Einwände überzeugen und die Kritik am Konkurrenzverhältnis erscheint berechtigt. Dass Art. 242 StGB dem Betrug als speziellere Norm vorgehen und diesen verdrängen soll, leuchtet nicht ein. Die beiden Bestimmungen schützen unterschiedliche Rechtsgüter und stehen deshalb in echter Konkurrenz. Es lässt sich auch nicht argumentieren, dass Art. 242 StGB nebst anderen Rechtsgütern das Vermögen schütze und den Betrug deshalb miterfasse. Gegen ein solches Rechtsgutverständnis wurde mit Recht eingewendet, dass die meisten Delikte gegen Allgemeininteressen auch Vermögensinteressen (mit-)schützten (NIGGLI, a.a.O., vor Art. 240 StGB N. 62 ff. und Art. 242 StGB N. 60). Dies trifft etwa auf die ![]() | 16 |
Erwägung 4.4 | |
17 | |
4.4.2 Gemäss der Vorinstanz kann nicht jedes Hingeben von guten Falsifikaten als arglistig und damit betrügerisch gelten. Damit würden Art. 240 und 242 StGB unterlaufen. Es brauche spezifische Sachverhaltsaspekte, welche die Arglist begründeten. In den Restaurants Sternen und Mc Donald's habe sich der Beschwerdegegner damit begnügt, die Falsifikate als Zahlungsmittel anzubieten. Mangels weiterer Vorkehren fehle es an der Arglist, weshalb er ![]() | 18 |
19 | |
Nach der Rechtsprechung ist die Täuschung arglistig, wenn der Täter ein ganzes Lügengebäude errichtet oder sich besonderer Machenschaften oder Kniffe bedient. Diesen Sachverhalt erfüllt insbesondere das Vorlegen rechtswidrig erlangter oder gefälschter Urkunden und Belege (BGE 128 IV 18 E. 3a; BGE 122 IV 197 E. 3d; BGE 125 II 250 E. 3). Urkunden wird gerade wegen ihrer Beweisbestimmung ein höheres Vertrauen entgegengebracht (BGE 125 II 250 E. 3). Man muss sich im Rechtsverkehr auf sie verlassen können. Das gleiche gilt auch für Geld. Im Geschäftsverkehr muss man auf die Echtheit der staatlich emittierten Zahlungsmittel vertrauen können. Es ist deshalb nicht einzusehen, weshalb der Betrug über die Hingabe der Falsifikate hinaus noch von weiteren arglistigen Vorkehren abhängen soll. Anders entscheiden hiesse, den Falschgeldbetrüger gegenüber dem Betrüger zu bevorteilen, welcher unter Zuhilfenahme von gefälschten Urkunden täuscht. Wer Falschgeld in Umlauf bringt, begeht deshalb in aller Regel auch einen Betrug (NIGGLI, a.a.O., Art. 242 StGB N. 59; STRATENWERTH, a.a.O., § 33 N. 24). Bei ganz offensichtlichen Fälschungen kann die Arglist immer noch über die Leichtfertigkeit des Abnehmers ausgeschlossen werden.
| 20 |
Das Abstellen auf zusätzliche arglistige Machenschaften erweist sich als Reminiszenz aus der soeben verworfenen Rechtsprechung (BGE 99 IV 9; vgl. oben E. 4.3.3). Weil man davon ausging, dass die Falschgelddelikte als spezialgesetzliche Bestimmungen vorgingen und den Betrug ausschlossen, mussten Abgrenzungskriterien formuliert werden. So wurde in Anlehnung an die damalige Rechtsprechung zum Inverkehrbringen gefälschter Waren die blosse Hingabe von Falsifikaten nur Art. 242 StBG unterstellt, bei Vorliegen zusätzlicher arglistiger Vorkehren hingegen ausschliesslich Betrug ![]() | 21 |
22 | |
Erwägung 4.5 | |
23 | |
24 | |
![]() | 25 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |