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4. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen H.C. und E.A. (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_522/2008 / 6B_523/2008 vom 27. November 2008 | |
Regeste |
Verfahrensrechtliche Umsetzung der Wiedergutmachung (Art. 53 StGB). | |
Sachverhalt | |
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Mit Urteil vom 10. Januar 2007 sprach das Bezirksgericht Zürich H.C. der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB schuldig und bestrafte ihn mit einer unbedingten Geldstrafe von 190 Tagessätzen zu Fr. 30.- als Gesamtstrafe. Vom Vorwurf der qualifizierten einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 2 Abs. 1 StGB wurde er freigesprochen.
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Gleichentags sprach das Bezirksgericht E.A. der einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 und Ziff. 2 Abs. 1 StGB und der Sachbeschädigung im Sinne von Art. 144 Abs. 1 StGB schuldig. Vom Vorwurf der mehrfachen Drohung im Sinne von Art. 180 StGB sprach es ihn frei. Er wurde bestraft mit einer bedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu Fr. 30.-, wovon 36 Tagessätze als durch Untersuchungshaft geleistet galten.
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Sowohl H.C. als auch E.A. erhoben Berufung. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhob Anschlussberufung.
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An der mündlichen Berufungsverhandlung schlossen die Parteien unter Mitwirkung des Obergerichts des Kantons Zürich folgende Vereinbarung:
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"1. H.C. und E.A. erklären ihr gegenseitiges Desinteresse an der weiteren Strafverfolgung.
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2. Jeder Angeklagte verpflichtet sich, die Kosten seines Strafverfahrens (Untersuchungskosten sowie Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens), einschliesslich Kosten seiner amtlichen Verteidigung/Rechtsvertretung, zu bezahlen.
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3. E.A. verpflichtet sich, H.C. als Ausgleich der gegenseitigen Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche Fr. 2'000.- zu bezahlen, zahlbar in vier monatlichen Raten à Fr. 500.-, erstmals am 1. des Monats, welcher der Rechtskraft der Abschreibungsbeschlüsse folgt."
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Mit zwei in den vorliegend wesentlichen Punkten identischen Beschwerden in Strafsachen beantragt die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich die Aufhebung des Beschlusses vom 21. April 2008 und die Rückweisung an die Vorinstanz.
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Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf eine Stellungnahme. Beide Beschwerdegegner beantragen in ihrer Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerdegegner I verlangt zudem die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
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a. die Voraussetzungen für die bedingte Freiheitsstrafe (Art. 42) erfüllt sind; und
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b. das Interesse der Öffentlichkeit und des Geschädigten an der Strafverfolgung gering sind.
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Es stellt sich die Frage, wie der Strafbefreiungsgrund der Wiedergutmachung gemäss Art. 53 StGB im Gerichtsverfahren prozessual zu behandeln ist, ob auch hier eine Einstellung erfolgen kann oder ob bloss eine Strafbefreiung (neben einem Schuldspruch) möglich ist.
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2.2 Der Vierte Abschnitt des Dritten Titels (Strafen und Massnahmen) und des Ersten Kapitels (Strafen) des Strafgesetzbuches ist unterteilt in die Strafbefreiung einerseits und die Einstellung des Verfahrens andererseits. Zur Strafbefreiung zählen das fehlende Strafbedürfnis (Art. 52 StGB), die Wiedergutmachung (Art. 53 StGB) ![]() | 18 |
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2.4 Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass die Vorinstanz Art. 53 StGB verletzt hat, als sie von der Vereinbarung zwischen den Beschwerdegegnern bloss Vormerk nahm und den Strafprozess als erledigt abschrieb. Eine Einstellung aufgrund Wiedergutmachung ist nach dem Ausgeführten im Gerichtsverfahren von Bundesrechts wegen ausgeschlossen. Abweichendes kantonales Strafprozessrecht ist insoweit unbeachtlich (Art. 49 Abs. 1 BV). Bei der erneuten Befassung wird die Vorinstanz bei gegebenen Tatbestandsvoraussetzungen einen Schuldspruch auszufällen haben. Dabei wird sie sich in Bezug auf die Vorwürfe gegen den Beschwerdegegner I vorab auch mit der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage des Strafantragsrückzugs auseinandersetzen müssen. Sofern die von der Beschwerdeführerin vorliegend bestrittenen Voraussetzungen der Wiedergutmachung nach Art. 53 StGB (bedingter Strafvollzug; öffentliches Interesse an der Strafverfolgung) gegeben sind, wird sie von einer Bestrafung abzusehen haben.
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