BGE 135 IV 170 | |||
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23. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen Y. (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_1040/2008 vom 31. März 2009 | |
Regeste |
Art. 365 ff. StGB, Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 VOSTRA-Verordnung. | |
Sachverhalt | |
A. Mit Urteil vom 3. Dezember 2008 bestätigte das Obergericht des Kantons Aargau zweitinstanzlich den Schuldspruch des Gerichtspräsidiums Lenzburg gegen Y. wegen Überholens über eine Sicherheitslinie respektive Sperrfläche sowie Rechtsüberholens durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen. Es verurteilte den Angeklagten zu einer Busse von Fr. 7'500.-, ersatzweise zu drei Tagen Freiheitsstrafe. In Ergänzung des erstinstanzlichen Entscheides ordnete das Obergericht an, auf die Mitteilung der Busse an das VOSTRA nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils sei zu verzichten.
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B. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt mit Eingabe vom 18. Dezember 2008 Beschwerde in Strafsachen. Sie ficht einzig den Verzicht auf eine VOSTRA-Mitteilung an.
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C. Das Obergericht des Kantons Aargau hat am 30. Januar 2009 auf eine Vernehmlassung verzichtet. Y. beantragt am 19. Februar 2009 Abweisung der Beschwerde.
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Aus den Erwägungen: | |
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2. Die Vorinstanz führt aus, der in Anwendung von Art. 106 StGB festgesetzte Bussenbetrag schlüssle die Komponenten des Verschuldens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Gegensatz zur Geldstrafe nicht auf. Weil indessen die Strafe unter anderem nach dem Verschulden bemessen werde, seien die im konkreten Fall auszufällende Busse, Ersatzfreiheitsstrafe oder die gemeinnützige Arbeit, welche an die Stelle der ausgesprochenen Busse treten könne, bezüglich des Verschuldens äquivalent. Diese Äquivalenz müsse auch für die beiden Obergrenzen nach Art. 3 Abs. 1 lit. c Ziff. 1 VOSTRA-Verordnung gelten. Weil das Verschulden bei einer mit Busse zu ahndenden Übertretung in der gleichzeitig mit der Busse auszufällenden Ersatzfreiheitsstrafe (Art. 106 Abs. 2 StGB) zum Ausdruck komme und aufgrund der Ersatzfreiheitsstrafe die gemeinnützige Arbeit zu berechnen sei, könne die in der VOSTRA-Verordnung bestimmte Bussenobergrenze nicht für sich alleine, sondern nur in Relation zu der in derselben Bestimmung aufgeführten maximal möglichen gemeinnützigen Arbeit für die Eintragung der Busse ausschlaggebend sein. Eine Freiheitsstrafe von drei Tagen entspreche zwölf Stunden gemeinnütziger Arbeit. Der absurden Konsequenz, dass die Busse im VOSTRA einzutragen wäre, die gemeinnützige Arbeit jedoch nicht, sei damit abzuhelfen, dass für die Eintragung nicht die Bussensumme, sondern die Ersatzfreiheitsstrafe ausschlaggebend sei, welche multipliziert mit dem Faktor 4 die Anzahl Stunden gemeinnütziger Arbeit ergebe. Ein Eintrag sei nur möglich, wenn sowohl die Bussensumme wie auch die Anzahl Stunden gemeinnütziger Arbeit die in der VOSTRA-Verordnung festgelegten Obergrenzen überschritten.
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Erwägung 4 | |
4.1 Die Vorschriften von Art. 365 ff. StGB zum Strafregister entsprechen - abgesehen von den durch das neue Sanktionensystem bedingten Änderungen - den Bestimmungen von aArt. 359 ff. StGB, wie es bis zum 31. Dezember 2006 gültig war. Auch die "Verordnung über das automatisierte Strafregister" vom 1. Dezember 1999 wurde durch die VOSTRA-Verordnung weitergeführt. Ein wesentlicher Unterschied ergibt sich durch den Wegfall der Haftstrafe für die Eintragung von Übertretungssanktionen. Dem Zweck und dem Inhalt des Strafregisters sowie der betreffenden Verordnung liegen aber nach wie vor die gleichen Überlegungen zugrunde.
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Die Ersatzfreiheitsstrafe ist aus verschiedenen Gründen kein taugliches Eintragungskriterium. Vorab kann weder dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte der VOSTRA-Verordnung irgendein Anhaltspunkt entnommen werden, dass die Ersatzfreiheitsstrafe, welche ja nur bei Nichtbezahlung der Busse zum Tragen kommt, für die Eintragung ausschlaggebend sein könnte. Abgesehen von den Schwierigkeiten bei der Berechnung der Ersatzfreiheitsstrafe anstelle der Busse (vgl. zu dieser Problematik STEFAN HEIMGARTNER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 8 ff. zu Art. 106 StGB), ist nicht ersichtlich, wo die Grenze zu ziehen wäre, das heisst ab welcher Anzahl Tage Ersatzfreiheitsstrafe der Eintrag erfolgen sollte. Für den von der Vorinstanz vorgenommenen Beizug der oberen Grenze für die gemeinnützige Arbeit mit der Umrechnung gemäss Art. 39 StGB sind wiederum keine Argumente ersichtlich. Von Bedeutung ist schliesslich der Umstand, dass im Nebenstrafrecht die Bussen von Verwaltungsbehörden ausgesprochen werden. Diese können indessen keine Ersatzfreiheitsstrafe verhängen. Wohl entscheidet gemäss Art. 36 Abs. 2 StGB über die Ersatzfreiheitsstrafe das Gericht, wenn eine Geldstrafe durch eine Verwaltungsbehörde ausgesprochen wurde. Die Freiheitsstrafe tritt aber nur an die Stelle der Geldstrafe, soweit der Verurteilte diese nicht bezahlt und sie auf dem Betreibungsweg uneinbringlich ist (Art. 36 Abs. 1 StGB). Selbst wenn man diese Bestimmung in Anwendung von Art. 104 StGB auf die Bussen anwenden wollte, müsste vor der Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe einer Verwaltungsbusse durch den ordentlichen Richter vorerst die Nichtbezahlung respektive die Uneinbringlichkeit des Geldbetrages abgewartet werden. Damit hinge die Eintragung in VOSTRA in der Schwebe. Bezahlt aber der Verurteilte die durch eine Verwaltungsbehörde verhängte Busse, so könnte diese - folgt man den Erwägungen der Vorinstanz - auch bei einem Höchstbetrag (z.B. Fr. 500'000.- nach Art. 56 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken [Spielbankengesetz; SR 935.52]) nicht eingetragen werden.
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4.4 Die Ausführungen des Bundesgerichtes im Entscheid 134 IV 60 E. 7.3.3, auf welche sich die Vorinstanz stützt, helfen bei der Suche nach einem geeigneten Kriterium für die Eintragung der Busse in VOSTRA nicht weiter. Es bleibt bei der Problematik, dass der Bussenbetrag die Komponenten des Verschuldens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht aufschlüsselt. Die im Gesamtsummensystem gebildete Busse erschwert die Quantifizierung des Verschuldens. Zudem steht dem Gericht bei der Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe ein weiter Ermessensspielraum zu. Schliesslich löst die Tatsache, dass die Ersatzfreiheitsstrafe gemäss Art. 106 Abs. 2 StGB gleichzeitig mit der Busse auszusprechen ist, wie aufgezeigt, das Problem beim Vorliegen einer durch eine Verwaltungsbehörde gefällten Busse gerade nicht.
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5. Zusammenfassend steht fest, dass massgebliches Kriterium für die Eintragung in VOSTRA gemäss dem Gesetzestext von Art. 3 Abs. 1 lit. c VOSTRA entweder ein Bussenbetrag von mehr als 5'000 Franken oder die Dauer einer gemeinnützigen Arbeit von mehr als 180 Stunden ist. Der angefochtene Entscheid ist deshalb im umstrittenen Punkt in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben.
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