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Informationen zum Dokument  BGE 137 IV 145  Materielle Begründung
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Regeste
Sachverhalt
Aus den Erwägungen:
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Erwägung 5
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20. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen X. (Beschwerde in Strafsachen)
 
 
1B_417/2010 vom 1. April 2011
 
 
Regeste
 
Art. 79 i.V.m. Art. 81 Abs. 1 und 2 BGG; Art. 169 f. und Art. 191 Abs. 1 DBG; Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR; Art. 333 Abs. 1 StGB; Zulässigkeit von Einziehungsbeschlagnahmen im Rahmen von besonderen Fiskaluntersuchungen wegen des Verdachts von schweren Steuerwiderhandlungen.  
 
Sachverhalt
 
BGE 137 IV, 145 (146)A. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) führt gegen X. und dessen Ehefrau eine fiskalstrafrechtliche besondere Untersuchung wegen des Verdachts von schweren Steuerwiderhandlungen. Am 17. bzw. 18. August 2010 erliess die EStV bei verschiedenen Banken Beschlagnahmeverfügungen (Konten- und Depotsperren), in denen diese aufgefordert wurden, Vermögenswerte, welche dem Beschuldigten gehören oder an denen er wirtschaftlich berechtigt ist, zu blockieren. Eine vom Beschuldigten dagegen erhobene Beschwerde hiess das Bundesstrafgericht, I. Beschwerdekammer, mit Entscheid BGE 137 IV, 145 (147)vom 1. Dezember 2010 gut, indem es die Beschlagnahmeverfügungen aufhob.
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B. Dagegen gelangte die EStV mit Beschwerde vom 21. Dezember 2010 an das Bundesgericht. Sie beantragt im Hauptstandpunkt die Aufhebung des Entscheides des Bundesstrafgerichtes vom 1. Dezember 2010.
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X. beantragt mit Beschwerdeantwort vom 14. Januar 2011 die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesstrafgericht hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen:
 
 
Erwägung 1
 
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(...)
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Erwägung 5
 
5.1 Der Bund erhebt gemäss dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) namentlich eine Einkommenssteuer von den natürlichen Personen (Art. 1 lit. a DBG). Die Steuerpflichtigen müssen die Steuererklärung für die Erhebung der BGE 137 IV, 145 (148)direkten Bundessteuer wahrheitsgemäss und vollständig ausfüllen (Art. 124 Abs. 2 DBG). Die Veranlagungsbehörde prüft die Steuererklärung und nimmt die erforderlichen Untersuchungen vor (Art. 130 Abs. 1 DBG). Ergibt sich aufgrund von Tatsachen oder Beweismitteln, die der Steuerbehörde nicht bekannt waren, dass eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist, oder ist eine unvollständige Veranlagung auf ein Verbrechen oder Vergehen gegen die Steuerbehörde zurückzuführen, so wird die nicht erhobene Steuer samt Zins als Nachsteuer eingefordert (Art. 151 Abs. 1 DBG). Die Eröffnung der Strafverfolgung wegen Steuerhinterziehung (Art. 175-180 DBG) oder Steuervergehens (Art. 186-189 DBG) gilt zugleich als Einleitung des Nachsteuerverfahrens (Art. 152 Abs. 2 DBG).
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5.2.2 Im Zweiten Titel (Art. 186-189 DBG) werden die Steuervergehen unter Kriminalstrafe gestellt. Steuerbetrug nach Art. 186 DBG begeht, wer zum Zwecke einer Steuerhinterziehung gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrechnungen oder Lohnausweise und andere Bescheinigungen Dritter zur Täuschung gebraucht. Die Strafdrohung beträgt "Gefängnis" (bzw. Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren) oder Busse bis zu Fr. 30'000.-. Ebenfalls als Vergehen (Art. 10 Abs. 3 StGB, s. auch aArt. 9 Abs. 2 StGB) mit "Gefängnis" als Höchststrafe bedroht, ist die Veruntreuung von Quellensteuern (Art. 187 DBG). Vermutet die kantonale Fiskalbehörde ein Fiskalvergehen im Sinne des DBG, so erstattet sie der für die Verfolgung des kantonalen Steuervergehens zuständigen Behörde Strafanzeige; diese Behörde verfolgt dann ebenfalls das Vergehen nach DBG (Art. 188 Abs. 1 DBG). Das betreffende Verfahren bei Fiskalvergehen richtet sich nach den Vorschriften der Eidg. StPO (Art. 188 Abs. 2 DBG). Wird BGE 137 IV, 145 (149)der Täter für das kantonale Steuervergehen vom Strafrichter zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, so erfolgt für das Vergehen nach DBG eine Zusatzstrafe (Art. 188 Abs. 3 DBG); auch die EStV kann die Strafverfolgung wegen Steuervergehen durch die zuständigen Strafjustizbehörden verlangen (Art. 188 Abs. 4 DBG).
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5.2.3 Schliesslich unterscheidet das DBG im Dritten Titel noch zwischen schweren und minder schweren Steuerwiderhandlungen. Bei begründetem Verdacht von schweren Steuerwiderhandlungen sind besondere Untersuchungsmassnahmen durch die EStV zulässig. Als schwere Steuerwiderhandlungen kommen (gemäss Art. 190 Abs. 2 DBG) sowohl Fiskalübertretungen als auch Fiskalvergehen in Frage, nämlich (in nicht abschliessender Aufzählung) sowohl die fortgesetzte Hinterziehung grosser Steuerbeträge (Art. 175 und 176 DBG), als auch die Steuervergehen (Art. 186 und 187 DBG). Die gesetzliche Unterscheidung zwischen schweren und minder schweren Steuerwiderhandlungen ist verfahrensrechtlicher Natur: Bei Verdacht eines schweren Falles kann die EStV in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen eine besondere Untersuchung durchführen (Art. 190 Abs. 1 DBG). Hingegen sieht das DBG auch für die "schwere" Steuerhinterziehung (nämlich für die fortgesetzte Hinterziehung grosser Steuerbeträge) keine qualifizierte Strafe vor, insbesondere keine Vergehensstrafe (StGB-Geldstrafe bzw. Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren). Für die (quantitativ) schwere Steuerhinterziehung gelten vielmehr die Bussendrohungen von Art. 175-178 DBG. Auch die (quantitativ) schwere Steuerhinterziehung (im Sinne von Art. 190 Abs. 2 DBG) stellt somit eine Fiskalübertretung dar, für die keine Kriminalstrafe angedroht ist. Ebenso wenig fällt sie in die Zuständigkeit der Strafjustizbehörden. Zuständig zur Verfolgung und Beurteilung der schweren Steuerhinterziehung sind ausschliesslich Verwaltungsbehörden, nämlich die EStV und die kantonalen Steuerverwaltungen (Art. 190 Abs. 1, Art. 193 und Art. 194 Abs. 1 DBG; vgl. Urteile des Bundesgerichtes 1S.8/2006 vom 12. Dezember 2006 E. 4.2.3; 1S.5/2005 vom 26. September 2005 E. 6.2.3).
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5.3 Ist die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen einer Verwaltungsbehörde des Bundes übertragen, so findet das VStrR Anwendung (Art. 1 VStrR). Art. 191 Abs. 1 DBG schreibt ausdrücklich vor, welche Zwangsmassnahmen die EStV gestützt auf das VStrR im Rahmen der Untersuchung von "schweren Steuerwiderhandlungen" anordnen darf: Im Verfahren gegen die mutmasslichen Täter und Teilnehmer können Massnahmen gemäss Art. 19-50 VStrR BGE 137 IV, 145 (150)verfügt werden; die vorläufige Festnahme (nach Art. 19 Abs. 3 VStrR) ist ausgeschlossen. Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR erlaubt die strafprozessuale Beschlagnahme von Gegenständen und anderen Vermögenswerten, die voraussichtlich der Einziehung unterliegen. Die besondere Untersuchung von schweren Steuerwiderhandlungen liegt in den Händen der Verwaltungsbehörden. Die EStV führt die Untersuchung in Zusammenarbeit mit den kantonalen Steuerverwaltungen durch (Art. 190 Abs. 2 DBG). Die EStV erstellt nach Abschluss der Untersuchung einen Bericht (Art. 193 DBG). Kommt die EStV zum Ergebnis, dass eine (quantitativ) schwere Steuerhinterziehung (Art. 175 und 176 DBG) begangen wurde, so verlangt sie von der zuständigen kantonalen Verwaltung die Durchführung eines Hinterziehungsverfahrens (Art. 194 Abs. 1 DBG). Kommt sie zum Schluss, es liege ein Steuervergehen vor (Art. 186 und 187 DBG), so erstattet sie bei der zuständigen kantonalen Strafverfolgungsbehörde Anzeige (Art. 194 Abs. 2 DBG).
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Erwägung 6
 
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6.2 Falls nach Abschluss der besonderen Fiskaluntersuchung gemäss Art. 190 ff. DBG ein Verdacht auf Steuervergehen (namentlich Steuerbetrug) resultiert, wird ein Fiskalstrafverfahren vor den kantonalen Strafverfolgungsbehörden eingeleitet. Bei Verdacht auf Steuerhinterziehung erfolgt ein Hinterziehungsverfahren (Strafsteuerverfahren) sowie ein separates Nachsteuerverfahren vor den Verwaltungsbehörden. Ob eine strafrechtliche Einziehung (oder allenfalls die Deckung einer Strafbusse, von Verfahrenskosten oder von Nachsteuern) in Frage kommt, hängt vom Ergebnis des hängigen Untersuchungsverfahrens wegen mutmasslichen schweren Steuerwiderhandlungen ab. Selbst wenn eine (abgeschlossene) besondere Fiskaluntersuchung der EStV "lediglich" Anhaltspunkte für eine (allenfalls qualifizierte) Steuerhinterziehung ergäbe, wären mit der zuvor verfügten Beschlagnahme als provisorische Sicherungsmassnahme grundsätzlich auch mögliche Nach- und Strafsteuern vorläufig (verwaltungsstrafprozessual) sichergestellt worden:
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BGE 137 IV, 145 (151)6.3 Art. 191 Abs. 1 Satz 1 DBG bestimmt ausdrücklich, dass sich Untersuchungsmassnahmen (gegenüber den mutmasslichen Tätern oder Teilnehmern bei Verfahren wegen des Verdachts schwerer Steuerwiderhandlungen) nach den Vorschriften von Art. 19-50 VStrR richten. Dazu gehört insbesondere Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR betreffend die Einziehungsbeschlagnahme. Im Gegensatz zur vorläufigen Festnahme (Art. 19 Abs. 3 VStrR) wird diese Zwangsmassnahme von Art. 191 Abs. 1 Satz 2 DBG nicht ausgeschlossen. Anders wäre zu entscheiden, wenn im hängigen Untersuchungsverfahren bereits absehbar wäre, dass eine spätere strafrechtliche Einziehung (von mutmasslichem Steuersubstrat bzw. illegaler "Steuerersparnis") oder eine Sicherung von gesetzlichen Pfandrechten (Art. 46 Abs. 2 VStrR i.V.m. Art. 169 und 170 DBG) von vornherein ausgeschlossen wäre. Es liefe sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften zuwider, wenn die EStV zwar bereits schwerwiegende Verdachtsfälle fiskalstrafrechtlich zu untersuchen hätte, wirksame sichernde Zwangsmassnahmen aber - wenn überhaupt - frühestens im Rahmen eines allfällig sich anschliessenden Fiskalstrafverfahrens bzw. Hinterziehungs- und Nachsteuerverfahrens verfügt werden könnten. Da die betroffenen mutmasslichen Täter oder Teilnehmer gewarnt wären, würden (verspätete) Sicherungsmassnahmen bei schweren Verdachtsfällen regelmässig ins Leere laufen. Auch die verwaltungsrechtlichen Instrumente der Steuersicherung (gemäss Art. 169 f. DBG) würden nach der Konzeption des Gesetzgebers - während der besonderen Fiskaluntersuchung durch die EStV - nicht ohne Weiteres genügen, soweit sie (vor Eröffnung eines allfälligen Hinterziehungs- bzw. Nachsteuerverfahrens durch die zuständige Behörde) überhaupt schon anwendbar wären. Dementsprechend verweist Art. 191 Abs. 1 DBG für zulässige besondere Untersuchungsmassnahmen wegen des Verdachts schwerer Steuerwiderhandlungen ausdrücklich auf Art. 19-50 VStrR.
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6.4 Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ergibt sich auch aus Art. 333 Abs. 1 StGB keine Unzulässigkeit verwaltungsstrafprozessualer Vermögensbeschlagnahmen im Rahmen der besonderen Untersuchung von mutmasslichen schweren Steuerwiderhandlungen, insbesondere von fortgesetzten Hinterziehungen grosser Steuerbeträge (oder von Steuervergehen). Die spezialgesetzliche Grundlage für die provisorische Sicherungsmassnahme findet sich in Art. 46 Abs. 1 und 2 VStrR i.V.m. Art. 191 Abs. 1 DBG. Bei der Prüfung der Rechtmässigkeit von Einziehungsbeschlagnahmen im besonderen BGE 137 IV, 145 (152)Untersuchungsverfahren ist im Einzelfall namentlich abzuklären, ob eine fiskalstrafrechtliche Einziehung grundsätzlich möglich erscheint oder nicht (vgl. BGE 135 I 257 E. 1.5 S. 260 mit Hinweisen; BGE 129 I 103 E. 2.1 S. 105 f.; BGE 120 IV 365 E. 1c S. 366 f.; Urteile 1S.8/2006 vom 12. Dezember 2006 E. 4-6; 1S.9/2005 vom 6. Oktober 2005 E. 7; 1S.5/2005 vom 26. September 2005 E. 7). Dabei sind (gestützt auf Art. 46 Abs. 1 lit. b VStrR und nach der Praxis des Bundesgerichtes) die Art. 70 und 71 StGB vorfrageweise anzuwenden ("voraussichtlich der Einziehung unterliegen"). Dass das VStrR oder das DBG eine provisorische Vermögensbeschlagnahme (bzw. eine allfällige fiskalstrafrechtliche Einziehung bzw. Herausgabe an den Fiskus) spezialgesetzlich ausschlössen, trifft nicht zu.
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Die Frage, ob (und gegebenenfalls in welchem Umfang) die hier streitigen strafprozessualen Zwangsmassnahmen in einem allfälligen anschliessenden Hinterziehungs- und Nachsteuerverfahren (oder Fiskalstrafverfahren) aufrechterhalten werden könnten, bildet nicht Gegenstand des streitigen Beschlagnahmeentscheides.
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