BGE 137 IV 340 | |||
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50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten gegen Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau (Beschwerde in Strafsachen) |
1B_376/2011 vom 3. November 2011 | |
Regeste |
Art. 80 Abs. 2, Art. 81 Abs. 1 und Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; Art. 269 Abs. 1 lit. b und c, Art. 273 und 274 Abs. 2 StPO; Erhebung von Mobiltelefon-Randdaten; Überwachung des Fernmeldeverkehrs mittels Antennensuchlauf. | |
Sachverhalt | |
A. Die zuständigen kantonalen Staatsanwaltschaften führen Strafuntersuchungen gegen Unbekannt wegen drei qualifizierten Raubüberfällen gegen Bijouteriegeschäfte am 13. Januar 2011 (ca. 09.45 Uhr) in Lachen (SZ), am 26. Januar 2011 (ca. 12.20 Uhr) in Berikon (AG) und am 9. März 2011 (ca. 09.20 Uhr) in Schaffhausen mit einer Deliktssumme von insgesamt mehr als 2,2 Mio. Fr. Für den Raubüberfall in Schaffhausen wurde ein Motorfahrzeug verwendet, welches in der Nacht vom 24. auf den 25. Februar 2011 in Winterthur gestohlen worden war. Aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse gehen die Staatsanwaltschaften davon aus, dass alle drei Raubüberfälle (mit Gewaltanwendung und Waffeneinsatz) zumindest teilweise von derselben Täterschaft ausgeführt wurden und dass die Beteiligten vor und nach den Straftaten über Mobiltelefone kommunizierten.
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B. Mit rechtskräftiger Verfügung vom 1. Juli 2011 bewilligte das Kantonsgericht Schaffhausen (Zwangsmassnahmengericht) eine von der Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen beantragte (nachträgliche) Überwachung des Fernmeldeverkehrs per Antennensuchlauf (im Rahmen einer Rasterfahndung gegen unbekannte Täterschaft). Davon betroffen sind Mobiltelefon-Verbindungen über Mobilfunk-Antennen am Tatort der Fahrzeug-Entwendung in Winterthur (vom 24. Februar 2011, 21.00 Uhr, bis 25. Februar 2011, 06.00 Uhr) sowie am Tatort des Raubüberfalles in Schaffhausen vom 9. März 2011 (07.00 Uhr bis 09.20 Uhr).
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D. Am 6. Juli 2011 (...) stellte die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten beim Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau ein analoges Gesuch um Genehmigung einer (nachträglichen) Überwachung des Fernmeldeverkehrs. Der beantragte Antennensuchlauf (im Rahmen der koordinierten Rasterfahndung) betrifft den Mobiltelefonieverkehr vom 26. Januar 2011 von 10.40 Uhr bis 12.40 Uhr in Berikon (AG). Anhand der Verbindungs-Randdaten möchte die Staatsanwaltschaft abklären, über welche Mobiltelefon-Rufnummern im betreffenden Zeitpunkt in der näheren Umgebung des Tatortes Verbindungen aufgebaut (Gespräche geführt oder Nachrichten versendet) wurden. Die Ermittlung von Gesprächs- oder Nachrichteninhalten wurde nicht beantragt.
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E. Am 7. Juli 2011 verfügte die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten gegenüber dem Informatik Service Center des EJPD (vorläufig) eine entsprechende Untersuchungsmassnahme. Die betroffenen Mobiltelefonie-Anbieterinnen haben die Randdaten daraufhin erhoben und der Staatsanwaltschaft (provisorisch) zugestellt. Die Daten wurden von der Staatsanwaltschaft (mangels einer rechtskräftigen richterlichen Bewilligung) bisher noch nicht ausgewertet.
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F. Mit Entscheid vom 12. Juli 2011 verweigerte das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Aargau mangels "rechtsgenügenden dringenden Tatverdachts" die Bewilligung der mit Gesuch vom 6. Juli 2011 beantragten Überwachungsmassnahme.
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G. Gegen den Nichtgenehmigungsentscheid gelangte die Staatsanwaltschaft Muri-Bremgarten mit Beschwerde vom 19. Juli 2011 an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Bewilligung des Antennensuchlaufes.
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Das Zwangsmassnahmengericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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(Auszug)
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Aus den Erwägungen: | |
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2.1 Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden gegen Entscheide in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 BGG). Unter den Begriff der Strafsachen im Sinne des BGG fällt nach ständiger Praxis auch die Bewilligung bzw. Nichtbewilligung von strafprozessualen geheimen Überwachungsmassnahmen, hier in Form eines rückwirkenden sogenannten Antennensuchlaufs (vgl. BGE 133 IV 182; Urteile 1B_425/2010 vom 22. Juni 2011 E. 1; 1B_101/2010 vom 13. April 2010 E. 2; 1B_194/2008 vom 2. September 2009 E. 1.1).
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2.3 Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer (lit. a) vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, und (lit. b) ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat, insbesondere die Staatsanwaltschaft (Ziff. 3).
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Was die Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft gegen Nichtgenehmigungsentscheide des Zwangsmassnahmengerichts betrifft, wird in der Literatur zwar teilweise die Ansicht vertreten, dass es "unausgewogen" wäre, "der Staatsanwaltschaft hier ein Rechtsmittel zu gewähren, das der Gegenseite aus faktischen Gründen verwehrt ist" (vgl. MARC JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, in: Basler Kommentar, StPO, 2011, N. 10 zu Art. 274 StPO). Diese Betrachtungsweise trägt jedoch den unterschiedlichen Interessenlagen der Staatsanwaltschaft (einerseits) und der von Überwachungsmassnahmen betroffenen Personen (anderseits) vor und nach einer Bewilligung bzw. Nichtbewilligung der Massnahmen zu wenig Rechnung:
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Angesichts des strafprozessualen Zweckes der geheimen Überwachungsmassnahmen ist eine vorgängige Information der Betroffenen und damit eine Anfechtung von Genehmigungsentscheiden durch betroffene Personen ausgeschlossen. Ihren Rechtsschutz können die Betroffenen folglich erst (aber immerhin) nachträglich wahrnehmen (vgl. Art. 279 Abs. 3 i.V.m. Art. 272 Abs. 1, Art. 273 Abs. 2 und Art. 274 StPO). Demgegenüber kann es sich bei richterlichen Nichtbewilligungen von Überwachungsmassnahmen in begründeten Fällen sachlich aufdrängen, der untersuchungsleitenden Staatsanwaltschaft eine Beschwerdebefugnis (zumindest an das Bundesgericht) gegen Nichtbewilligungsentscheide des Zwangsmassnahmengerichts einzuräumen (vgl. ähnlich NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 8 zu Art. 274 StPO). Dies gilt insbesondere, wenn (wegen gesetzwidrigen Nichtbewilligungen) bei schweren zu untersuchenden Delikten ein nicht zu rechtfertigender Beweisverlust droht. Der blosse Umstand, dass von geheimen Überwachungsmassnahmen betroffenen Personen noch keine vorgängige Beschwerdemöglichkeit gegen Bewilligungsentscheide zusteht, schliesst somit ein schutzwürdiges Anfechtungsinteresse der Staatsanwaltschaft gegen Nichtbewilligungen keineswegs aus. Entgegen einzelnen Äusserungen in der Literatur steht auch BGE 133 IV 182 einem Eintreten auf die vorliegende Beschwerde nicht entgegen. Der zitierte Entscheid bezieht sich auf die spezifisch geregelte Zwangsmassnahmenbeschwerde bei (altrechtlicher) Bundesgerichtsbarkeit (Vorinstanz nach Art. 80 Abs. 1 i.V.m. Art. 79 BGG bzw. BStP/SGG/aBÜPF), während im vorliegenden Fall kantonaler Gerichtsbarkeit (bezüglich Letztinstanzlichkeitserfordernis) Art. 80 Abs. 2 BGG (i.V.m. Art. 78 BGG und StPO) massgeblich ist (vgl. dazu oben, E. 2.2).
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2.3.3 Gemäss den Darlegungen der Staatsanwaltschaft dient die streitige Überwachungsmassnahme der Aufklärung von drei bewaffneten Raubüberfällen mit sehr hohen Deliktssummen. Trotz umfangreicher Untersuchungsanstrengungen (wie DNA-Spurenauswertungen, Zeugenbefragungen, Phantombild-Fahndung usw.) habe die Täterschaft bisher nicht identifiziert werden können. Der Antennensuchlauf sei von der Staatsanwaltschaft im Sinne einer "ultima ratio" verfügt worden. Bei einer Verweigerung der Untersuchungsmassnahme drohe ein schwerwiegender Beweisverlust bzw. die Nichtaufklärung der untersuchten Verbrechen. Die Nichtbewilligung vereitle auch die von den Strafverfolgungsbehörden der Kantone Aargau, Schwyz und Schaffhausen koordinierten Ermittlungsbemühungen im Rahmen bereits rechtskräftig bewilligter Überwachungsmassnahmen.
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(...)
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5.2 Neben der eigentlichen geheimen (inhaltlichen) Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Art. 270-272 i.V.m. Art. 269 StPO) sieht Art. 273 StPO die weitere Möglichkeit vor, dass die Staatsanwaltschaft (ebenfalls zunächst geheime) Auskünfte einholt betreffend Verkehrs- und Rechnungsdaten bzw. Teilnehmeridentifikation (Art. 273 StPO). Diese Auskünfte (namentlich seitens der Fernmeldedienste-Anbieterinnen) können sich darauf erstrecken, wann und mit welchen Personen oder Anschlüssen eine überwachte Person über den Fernmeldeverkehr Verbindungen gehabt hat (Art. 273 Abs. 1 lit. a StPO). Zudem können Erhebungen über Verkehrs- und Rechnungsdaten erfolgen (Art. 273 Abs. 1 lit. b StPO). Voraussetzung für solche Massnahmen (bei bekannten Kommunikationsteilnehmern bzw. Verdächtigen) ist erstens der dringende Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens oder einer Übertretung nach Art. 179septies StGB. Zweitens müssen hier die (in E. 5.1 genannten) Voraussetzungen von Art. 269 Abs. 1 lit. b und c StPO erfüllt sein (Art. 273 Abs. 1 Ingress StPO).
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5.5 Gemäss der einschlägigen Literatur handelt es sich beim Antennensuchlauf betreffend Mobiltelefonie-Randdaten um eine Massnahme im Sinne von Art. 273 StPO (vgl. BACHER/ZUFFEREY, in: Commentaire romand, CPP, 2011, N. 4 zu Art. 273 StPO; THOMAS HANSJAKOB, in: Zürcher Kommentar zur StPO, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2010, [nachfolgend: Kommentar StPO], N. 4 zu Art. 273 StPO; JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, a.a.O., N. 6 zu Art. 273 StPO; SCHMID, a.a.O., N. 5 zu Art. 273 StPO). Art. 273 StPO erlaubt ausschliesslich die Erhebung von Randdaten der Kommunikation, nicht hingegen von Inhalten des Fernmeldeverkehrs im Sinne des Informationsflusses (vgl. BACHER/ZUFFEREY, a.a.O., N. 1 und 2 zu Art. 273 StPO; HANSJAKOB, Kommentar StPO, a.a.O., N. 1-3 zu Art. 273 StPO; JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, a.a.O., N. 1 und 5 zu Art. 273 StPO; SCHMID, a.a.O., N. 2 und 3 zu Art. 273 StPO; s. auch schon die früheren Art. 5 Abs. 1 lit. a-b BÜPF sowie Art. 16 lit. c-d VÜPF, dazu HANSJAKOB, Kommentar BÜPF/VÜPF, a.a.O., N. 2, 5, 13 zu Art. 16 VÜPF). Rückwirkende Randdatenerhebungen werden in der Praxis häufiger angewendet als aktive Überwachungen (vgl. HANSJAKOB, Kommentar StPO, a.a.O., N. 6 zu Art. 273 StPO). Auf Teilnehmer-Randdaten (allerdings auch aktiv in Echtzeit, nicht bloss rückwirkend) beschränkt sich ebenso die "Teilnehmeridentifikation" im Sinne von Art. 273 Abs. 1 lit. a StPO (vgl. BACHER/ZUFFEREY, a.a.O., N. 4 zu Art. 273 StPO; HANSJAKOB, Kommentar StPO, a.a.O., N. 6 und 7 zu Art. 273 StPO; ders., Kommentar BÜPF/VÜPF, a.a.O., N. 2 und 5 zu Art. 16 VÜPF; JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, a.a.O., N. 1 und 5 zu Art. 273 StPO; SCHMID, a.a.O., N. 2 und 3 zu Art. 273 StPO). Der mit Auskunftsbegehren nach Art. 273 StPO verbundene Grundrechtseingriff ist daher deutlich weniger schwer als in den Überwachungsfällen nach Art. 270 i.V.m. 269 StPO (vgl. BACHER/ZUFFEREY, a.a.O., N. 5 zu Art. 273 StPO; JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, a.a.O., N. 1 zu Art. 273 StPO; SCHMID, a.a.O., N. 2 und 3 zu Art. 273 StPO; Botschaft StPO, BBl 2006 1250 f.).
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5.6 Bei Antennensuchläufen im Rahmen von Rasterfahndungen gegen noch unbekannte Täterschaft werden allerdings Telefonie-Randdaten von zunächst unbestimmt vielen (möglicherweise sehr vielen) Teilnehmern erfasst und (vorerst anonymisiert) miteinander abgeglichen, um aus Randdaten verschiedener Tatorte oder Tatzeiten die Schnittmenge von konkret Verdächtigen zu ermitteln (vgl. dazu oben, E. 5.4). In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass solche Rasterfahndungen grundsätzlich nur "zur Aufklärung schwerer Delikte" zulässig seien. Zudem müsse der Eingriff in die Rechte der mitbetroffenen Unverdächtigen "minimal" ausfallen, und die Gefahr, dass Unschuldige in ein Strafverfahren verwickelt werden könnten, müsse sehr klein erscheinen (HANSJAKOB, Kommentar BÜPF/VÜPF, a.a.O., N. 19 zu Art. 16 VÜPF). Im Falle von Antennensuchläufen im Rahmen von Rasterfahndungen führe dies zur Forderung, dass die zu erhebenden Randdaten (zusammen mit den übrigen bisherigenUntersuchungsergebnissen) eine "eindeutige Selektion" ermöglichen müssten. Dies sei oft der Fall, "wenn neben Ort und Zeit eines Gesprächs weitere Angaben über den Verdächtigen vorhanden sind oder wenn Ort und Zeit von zwei Gesprächen bekannt sind, so dass die Anbieterin aufgefordert werden kann, nur diejenige Geräte- oder Telefonnummer zu nennen, die an beiden Orten registriert wurde". In solchen Fällen liege (im Sinne von Art. 273 StPO bzw. aArt. 5 Abs. 1 lit. b BÜPF) eine zulässige Erhebung von Verkehrs- und Rechnungsdaten vor (HANSJAKOB, Kommentar BÜPF/VÜPF, a.a.O., N. 20 zu Art. 16 VÜPF). Was den dringenden Tatverdacht betrifft, genügt bei Fahndungen gegen Unbekannt in solchen Konstellationen grundsätzlich die mögliche Individualisierbarkeit der Zielpersonen gemäss Raster- bzw. Schnittmengenergebnis (vgl. SCHMID, a.a.O., N. 6 zu Art. 269 StPO). Hingegen sind Überwachungen (auch nach Art. 273 i.V.m. 269 StPO) nur zur Verfolgung von bereits verübten und den Strafverfolgungsbehörden (mit Vorbehalt von Art. 278 StPO) bekannten Straftaten zulässig, nicht aber zu rein präventiven Zwecken (vgl. SCHMID, a.a.O., N. 7 zu Art. 269 StPO).
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Erwägung 6 | |
6.1 Der oben dargelegten Lehre ist im Grundsatz zuzustimmen: Einfache rückwirkende Erhebungen von Verkehrs- und Rechnungsdaten mit Teilnehmeridentifikation im Fernmeldeverkehr gegenüber bekannten Beschuldigten würden (nach Art. 273 Abs. 1 StPO) den dringenden Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens oder einer Übertretung nach Art. 179septies StGB voraussetzen. Ausserdem müssten die Voraussetzungen von Art. 269 Abs. 1 lit. b und c StPO erfüllt sein. Bei der hier streitigen (nicht ausdrücklich im Gesetz geregelten) Erhebung von Verbindungs-Randdaten per Antennensuchlauf im Rahmen einer Rasterfahndung gegen Unbekannt ist (jedenfalls im Sinne von Art. 269 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 2 StPO) der dringende Tatverdacht eines Verbrechens zu verlangen. Zudem müssen die Gesuchten bei noch unbekannter Täterschaft grundsätzlich individualisierbar sein. Weiter ist die Subsidiarität der Massnahme (im Sinne einer "ultima ratio" der Untersuchungsanstrengungen, Art. 269 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 273 Abs. 1 StPO) zu verlangen. In der vorliegenden Konstellation ist sodann keine inhaltliche Überwachung von Gesprächen bzw. Nachrichten (SMS) zulässig, sondern bloss die Erhebung und Auswertung der (zunächst anonymisierten) Verbindungs-Randdaten. Zudem muss bei Rasterfahndungen mittels Antennensuchlaufs die angepeilte verdächtige Schnittmenge der abgeglichenen Verkehrs- und Rechnungsdaten voraussichtlich klein sein. Die Beschränkung der eigentlichen Ermittlungen auf einige wenige konkrete Zielpersonen bzw. individualisierte Verdächtige erscheint nicht nur aus Gründen der Verhältnismässigkeit geboten (vgl. Art. 13 i.V.m. 36 Abs. 3 BV), sondern auch deshalb, weil der gesetzlich vorgeschriebene nachträgliche Rechtsschutz (Art. 279 StPO) bei zahlreichen persönlich identifizierten Schnittmengen-Betroffenen nur schwer bzw. mit übermässigem Aufwand zu bewerkstelligen wäre. Die richterliche Genehmigungsinstanz kann die Auskunftserteilung nach Art. 273 StPO an entsprechende inhaltliche Auflagen knüpfen (Art. 274 Abs. 2 Satz 2 StPO).
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6.4 Mit dem hier streitigen Antennensuchlauf soll anhand der Verbindungs-Randdaten (insbesondere der Rufnummern) abgeklärt werden, über welche Mobiltelefone in der näheren Umgebung des Tatortes in Berikon (AG) und im fraglichen Tatzeitraum Gespräche geführt oder Nachrichten versendet wurden. Die nachträgliche Überwachung beschränkt sich auf zwei Stunden (im Zeitraum unmittelbar vor, während und nach dem Raubüberfall). Es werden keine Gesprächs- oder Nachrichteninhalte ermittelt. Die Analyse der zunächst anonymisierten Verbindungs-Randdaten (ein- und ausgehende Nummern, Zeitpunkt und Dauer der aktiven Verbindungen, internationale Geräte-Identifikationsnummern, internationale SIM-Karten-Identifikationsnummern sowie benutzte Verbindungsantennen) und deren Abgleichung mit den übrigen Untersuchungsergebnissen erfolgt durch die Staatsanwaltschaft.
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6.6 Weiter fällt ins Gewicht, dass im vorliegenden Fall eine sachgerechte und gezielte Eingrenzung von einigen wenigen tatverdächtigen Personen möglich erscheint: Für die übrigen Tatortstandorte in den Kantonen Schaffhausen und Schwyz (bzw. Zürich) wurden bereits zwei analoge Antennensuchläufe rechtskräftig bewilligt. Die beteiligten Staatsanwaltschaften möchten die Schnittmenge der Rufnummern ermitteln, die aus den Antennensuchläufen an allen nachträglich überwachten Standorten resultiert. Es erscheint praktisch ausgeschlossen, dass viele Unbeteiligte rein zufällig und ausgerechnet zu den jeweiligen Tatzeiten an den vier weit auseinanderliegenden Standorten (in Lachen SZ, Winterthur, Berikon AG und Schaffhausen) telefoniert hätten. Im Gegenteil dürften nur sehr wenige Mobiltelefon-Benutzer in die Schnittmenge aller vier überwachten Antennenstandorte fallen. Gleichzeitig wären diese wenigen Personen nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen als dringendst verdächtig anzusehen. Eine weitere Eingrenzung erscheint im Übrigen durch die Abgleichung mit den vorläufigen Untersuchungsergebnissen aller drei untersuchten Raubüberfälle möglich.
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