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14. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_509/2011 vom 13. Februar 2012 | |
Regeste |
Anstaltentreffen zur mengenmässig qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 6 i.V.m. aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG in der bis 30. Juni 2011 geltenden Fassung). | |
Sachverhalt | |
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B. Der Amtsgerichtspräsident Bucheggberg-Wasseramt verurteilte X. am 26. November 2009 wegen einfacher Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Anklage Ziff. 1 und 2), der Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Anklage Ziff. 4) und des mehrfachen Führens eines Personenwagens trotz Führerausweisentzugs (Anklage Ziff. 3) zu einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 70.- sowie zu einer Busse von Fr. 200.-, als Zusatzstrafe zum Urteil des Untersuchungsrichteramtes Emmental-Oberaargau vom 8. September 2006.
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Die dagegen von der Staatsanwaltschaft erhobene Appellation hiess das Obergericht des Kantons Solothurn am 5. Mai 2011 gut. Es ![]() | 3 |
C. X. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben, und er sei vom Vorwurf der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz freizusprechen. Die Strafsache sei zur Ausfällung einer schuldangemessenen Strafe und zur neuen Festsetzung der Kosten an die Vorinstanz zurückzuweisen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 3 | |
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Wer unbefugt Anstalten zur Einfuhr von Betäubungsmitteln trifft, wird (bei vorsätzlicher Tatbegehung) mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 3 und 6 BetmG). Abs. 6 erfasst sowohl den Versuch im Sinne von Art. 22 StGB wie auch gewisse qualifizierte Vorbereitungshandlungen und wertet sie zu selbstständigen Taten mit derselben Strafdrohung wie die ![]() | 7 |
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In seiner publizierten Rechtsprechung erwog das Bundesgericht, die Annahme eines mengenmässig schweren Falles im Sinne von aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG sei an eine objektive und eine subjektive Voraussetzung geknüpft. Werde die Grenze von 18 Gramm Kokain unterschritten, fehle es an der objektiven Voraussetzung. Der Qualifikationsgrund nach Ziff. 2 lit. a scheide aus, auch wenn der Täter irrtümlicherweise meine, das gehandelte Kokain enthalte mindestens 18 Gramm reinen Wirkstoff. Die subjektive Vorstellung des Täters könne die fehlende objektive Voraussetzung nicht ersetzen. Es bestehe insoweit eine Analogie zum Wahndelikt (BGE 122 IV 360 E. 2a S. 362 ff. mit Hinweisen). Bei aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG gehe es nicht um die Strafbarkeit, sondern um die Strafzumessung. Diese Bestimmung nenne nur Umstände, welche zur Anwendung des höheren Strafrahmens führten, nicht aber Tatbestandsmerkmale. Die Frage des Versuchs, welche sich gegebenenfalls bei der Tatbestandsmässigkeit stelle, könne in diesem Stadium der Bewertung nicht mehr aufgeworfen werden (BGE 122 IV 360 E. 2b S. 363 f. mit Hinweisen, bestätigt in BGE 124 IV 79 E. 2d S. 81; je mit Hinweisen; vgl. zur analogen Rechtsprechung betreffend aArt. 19 Ziff. 2 lit. c BetmG: BGE 129 IV 188 E. 3.3 S. 195 f. mit Hinweisen).
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Im Gegensatz zu der in BGE 122 IV 360 publizierten Rechtsprechung wertete das Bundesgericht in einem neueren Entscheid die Verurteilung wegen mengenmässig qualifiziertem Anstaltentreffen zum Betäubungsmittelhandel als bundesrechtskonform. Der Täter reiste nach Buenos Aires, um von dort ein Kilogramm Kokain gegen einen Lohn von Fr. 10'000.- nach Madrid zu bringen. Dieser Transport kam nicht zustande, da der Täter aus eigenem Antrieb ohne die Betäubungsmittel in die Schweiz zurückkehrte (Urteil 6B_96/2011 vom 7. Juni 2011 E. 3). Gegenstand dieses Entscheids war allerdings nur, ob der Täter die Schwelle zum Anstaltentreffen überschritten hatte, und nicht die Frage nach der qualifizierten Menge Drogen.
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3.4 In der Lehre sind die Ansichten geteilt, ob es ein "Anstaltentreffen" zu einem mengenmässig schweren Fall nach aArt. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG i.V.m. aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 6 BetmG gibt. Einige Autoren betrachten Ziffer 2 als blosse Strafzumessungsregel, weil sie dasselbe Rechtsgut schütze wie Ziffer 1. Deshalb falle der Versuch nach aArt. 19 Ziff. 1 Abs. 6 ausser Betracht (FINGERHUTH/TSCHURR, Betäubungsmittelgesetz, 2007, N. 181 zu aArt. 19 BetmG; GERHARD FIOLKA, Das Rechtsgut, Bd. II, 2006, S. 892, 896, 910; sinngemäss auch HANS SCHULZ, Die strafrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1996, ZBJV 133/1997 S. 406: Der Kassationshof schliesse mit überzeugender Begründung die Möglichkeit jeder Versuchsstrafe aus. Bloss in Bezug auf den untauglichen Versuch gebe es Zweifel an der bundesgerichtlichen Rechtsprechung). Obwohl auch CORBOZ von einer Strafzumessungsregel ausgeht, hält er ein Anstaltentreffen zum qualifizierten Fall für möglich (BERNARD CORBOZ, ![]() | 12 |
Andere Autoren sind der Auffassung, der Täter könne Anstalten zu einem mengenmässig schweren Fall treffen (GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, Die Straftat, 4. Aufl. 2011, § 12 N. 34 Fn. 67, worin er sich kritisch zur Bezeichnung von aArt. 19 Ziff. 2 BetmG als Strafzumessungsregel äussert; PETER ALBRECHT, in: Die Strafbestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes [Art. 19-28 BetmG], 2. Aufl. 2007, N. 235 ff.; ders., Untauglicher Versuch oder Wahndelikt?, AJP 1997 S. 752 ff; TRECHSEL/NOLL, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. I, 6. Aufl. 2004, § 30 S. 179; GUIDO JENNY, Die Strafrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1998, ZBJV 135/1999 S. 625 ff.). SCHÜTZ geht davon aus, es sei (lediglich) ein unvollendeter Versuch zum mengenmässig qualifizierten Betäubungsmitteldelikt denkbar, weil es sich um ein schlichtes Tätigkeitsdelikt handle (ALFRED SCHÜTZ, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951 in der Fassung vom 20. März 1975, 1980, S. 160 f.).
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