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52. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Zollverwaltung gegen X. (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_600/2015 vom 10. September 2015 | |
Regeste |
Umwandlung einer Busse nach Bundesverwaltungsstrafrecht in Haft (Art. 10 VStrR). | |
Sachverhalt | |
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Mit Eingabe vom 14. März 2014 beantragte die EZV beim Strafgericht Basel-Stadt gestützt auf Art. 91 VStrR die Umwandlung der Busse gemäss Art. 10 VStrR in eine Ersatzfreiheitsstrafe.
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B. Der Präsident des Strafgerichts Basel-Stadt entschied hierauf mit Verfügung vom 14. Juli 2014 Folgendes: Die X. von der EZV auferlegte Busse von 3'600 Franken wurde auf 1'920 Franken herabgesetzt. X. wurde erlaubt, diese Busse in 24 monatlichen Raten von 80 Franken zu bezahlen. Für den Fall der schuldhaften Nichtbezahlung wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen ausgesprochen.
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Gegen diese Verfügung erhob die EZV Beschwerde.
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Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (Einzelgericht) wies die Beschwerde mit Entscheid vom 23. April 2015 ab.
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C. Die EZV erhebt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, der Entscheid des Appellationsgerichts sei aufzuheben. Das Begehren um Umwandlung der von der EZV ausgefällten, uneinbringlichen Busse von 3'600 Franken in eine Ersatzfreiheitsstrafe sei zur Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei die uneinbringliche Busse von 3'600 Franken gemäss Art. 10 Abs. 1-4 VStrR in eine Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen umzuwandeln.
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Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat unter Hinweis auf sein Urteil auf Vernehmlassung verzichtet. X. hat sich nicht vernehmen lassen.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
2.1 Umstritten ist, nach welchen Bestimmungen sich die Umwandlung einer Busse wegen einer Übertretung richtet, deren Verfolgung und Beurteilung unter den Anwendungsbereich des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) fällt. Die Beschwerdeführerin erachtet Art. 10 VStrR für massgebend. Die kantonalen Instanzen sind der Auffassung, dass nach der Revision des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches Art. 10 VStrR ![]() | 8 |
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Das Bundesgericht hatte, soweit ersichtlich, noch keine Gelegenheit, sich mit der Frage zu befassen, ob für die Umwandlung von Bussen im Anwendungsbereich des Bundesverwaltungsstrafrechts Art. 10 VStrR auch nach dem Inkrafttreten des neuen Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches noch Anwendung findet. Im Urteil 6B_365/2007 vom 9. Januar 2008 (in: Pra 2008 Nr. 82) stellte sich die Frage nicht, da gemäss Art. 388 StGB das alte, bis zum 31. Dezember 2006 geltende Recht anwendbar war. Auf der Grundlage dieses Rechts war für die Umwandlung einer Busse in Haft bei Übertretungen im Anwendungsbereich des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht dessen Art. 10 massgebend (zitiertes Bundesgerichtsurteil E. 3.4 mit Hinweisen). Aus dem Urteil 6B_365/2007 vom 9. Januar 2008 lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass auf der Grundlage des neuen, seit 1. Januar 2007 geltenden Rechts Art. 10 VStrR nicht mehr anwendbar sei. Darüber hatte das Bundesgericht nicht zu befinden.
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Soweit die Lehre sich äussert, geht sie davon aus, dass Art. 10 VStrR nach wie vor anwendbar ist (EICKER/FRANK/ACHERMANN, Verwaltungsstrafrecht und Verwaltungsverfahrensrecht, 2012, S. 76 ff.).
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Art. 10 VStrR betreffend Umwandlung der Busse lautet wie folgt:
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"1 Soweit eine Busse nicht eingebracht werden kann, wird sie vom Richter in Haft, bei Jugendlichen in Einschliessung, umgewandelt. Die Busse wegen einer Ordnungswidrigkeit unterliegt der Umwandlung nicht.
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2 Der Richter kann für die Umwandlungsstrafe unter den Voraussetzungen von Artikel 41 des Strafgesetzbuches den bedingten Strafvollzug gewähren oder, sofern der Verurteilte nachweist, dass er schuldlos ausserstande ist, die Busse zu bezahlen, die Umwandlung ausschliessen. Der Ausschluss der Umwandlung oder die Gewährung des bedingten Strafvollzugs sind jedoch nicht zulässig, wenn der Verurteilte die Widerhandlung vorsätzlich begangen hat und wenn zur Zeit der Tat noch nicht fünf Jahre vergangen sind, seit er wegen einer Widerhandlung gegen das gleiche Verwaltungsgesetz, die nicht eine blosse Ordnungswidrigkeit war, verurteilt worden ist.
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3 Im Falle der Umwandlung werden 30 Franken einem Tag Haft oder Einschliessung gleichgesetzt, jedoch darf die Umwandlungsstrafe die Dauer von drei Monaten nicht übersteigen. Sind Teilzahlungen entrichtet worden, so setzt der Richter die Umwandlungsstrafe im Verhältnis dieser Teilzahlungen zum ganzen Bussenbetrag herab.
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4 Wird die Busse, nachdem sie umgewandelt worden ist, bezahlt, so fällt die Umwandlungsstrafe, soweit sie noch nicht vollzogen ist, dahin."
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Die Vorinstanz ist mit der ersten Instanz der Auffassung, Art. 10 VStrR gelange seit der Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (Allgemeine Bestimmungen, Einführung und Anwendung des Gesetzes) durch Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002, in Kraft seit 1. Januar 2007, nicht mehr zur Anwendung.
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"Wird Haft oder Busse oder Busse allein als Höchststrafe angedroht, so liegt eine Übertretung vor. Die Artikel 106 und 107 sind anwendbar.
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Art. 333 Abs. 3 StGB behält mithin Art. 8 VStrR ausdrücklich vor. Danach sind Bussen bis zu 5000 Franken nach der Schwere der Widerhandlung und des Verschuldens zu bemessen und müssen andere Strafzumessungsgründe nicht berücksichtigt werden. Andere Bestimmungen des Nebenstrafrechts, etwa Art. 10 VStrR betreffend die Umwandlung der Busse, werden in Art. 333 Abs. 3 StGB nicht vorbehalten. Im Gegenteil erklärt Art. 333 Abs. 3 StGB für Übertretungen des Nebenstrafrechts des Bundes Art. 106 StGB (betreffend Busse) und Art. 107 StGB (betreffend gemeinnützige Arbeit) für anwendbar. Art. 106 StGB regelt nicht nur die Busse als solche, sondern auch deren Umwandlung. Art. 106 Abs. 5 StGB bestimmt: "Auf den Vollzug und die Umwandlung sind Artikel 35 und 36 Absätze 2-5 sinngemäss anwendbar". Art. 36 Abs. 3 StGB bestimmt: "Kann der Verurteilte die Geldstrafe nicht bezahlen, weil sich ohne sein Verschulden die für die Bemessung des Tagessatzes massgebenden Verhältnisse seit dem Urteil erheblich verschlechtert haben, so kann er dem Gericht beantragen, den Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe zu sistieren und stattdessen: (a.) die Zahlungsfrist bis zu 24 Monaten zu verlängern; oder (b.) den Tagessatz herabzusetzen; oder (c.) gemeinnützige Arbeit anzuordnen."
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Ein solches Auslegungsergebnis hält indessen einer näheren Prüfung nicht stand.
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Erwägung 3.4 | |
3.4.1 Art. 333 Abs. 3 StGB will sicherstellen, dass für die Bemessung der Busse und der Ersatzfreiheitsstrafe sowie betreffend das Bussenmaximum und die Anordnung gemeinnütziger Arbeit bei Übertretungen des Nebenstrafrechts grundsätzlich dieselben Regeln gelten wie bei den Übertretungen des Strafgesetzbuches. Aus diesem Grund ![]() | 25 |
3.4.2 Allerdings enthält Art. 106 StGB, auf welchen Art. 333 Abs. 3 StGB pauschal verweist, in seinem letzten Absatz auch eine Bestimmung unter anderem betreffend die Umwandlung der Busse. Art. 106 Abs. 5 StGB sieht vor, dass auf den Vollzug und die Umwandlung der Busse die Art. 35 und 36 Abs. 2-5 sinngemäss anwendbar sind. Bei formaler Betrachtungsweise sind somit diese Bestimmungen des Strafgesetzbuches gemäss Art. 106 Abs. 5 StGB auch bei der Umwandlung von Bussen für Übertretungen im Anwendungsbereich des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht anwendbar. Es spricht indessen nichts dafür, dass der Gesetzgeber durch den pauschalen Verweis auf Art. 106 StGB in Art. 333 Abs. 3 StGB auch Art. 106 Abs. 5 StGB beziehungsweise die darin aufgezählten Bestimmungen betreffend die Bussenumwandlung auch im Geltungsbereich des ![]() | 26 |
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Erwägung 3.5 | |
3.5.1 Hinzu kommt Folgendes: Das Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht ist am 1. Januar 1975 in Kraft getreten. Nach den damals - und bis Ende 2006 - geltenden allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches konnten Bussen nicht ![]() | 28 |
3.5.2 Art. 333 Abs. 3 StGB betrifft allein Übertretungen. Für Vergehen im Anwendungsbereich des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht gilt nicht diese Bestimmung, sondern Art. 333 Abs. 1 StGB, wonach die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches auf Taten, die in andern Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, insoweit Anwendung finden, als diese Bundesgesetze nicht selbst Bestimmungen aufstellen. Für die Umwandlung einer wegen eines Vergehens im Anwendungsbereich des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht ausgefällten Geldstrafe gelangt mithin nicht gestützt auf Art. 333 Abs. 3 StGB die allgemeine Bestimmung von Art. 36 StGB, sondern aufgrund von Art. 333 Abs. 1 StGB die spezielle Bestimmung von Art. 10 VStrR zur Anwendung. Daraus ![]() | 29 |
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