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14. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. A.X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und Mitb. (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_827/2014 vom 1. Februar 2016 | |
Regeste |
Art. 121 StPO; Wirkungen der Rechtsnachfolge; Legitimation der Angehörigen. |
Im Unterschied zum Zivilpunkt ist im Strafpunkt kein gemeinsames Vorgehen der Erben erforderlich. Der Angehörige einer verstorbenen geschädigten Person kann sich im Strafverfahren allein als Privatkläger im Strafpunkt konstituieren (E. 3.3 und 3.4). | |
Sachverhalt | |
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B. Die für Wirtschaftsdelikte zuständige Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich nahm das Verfahren mit Verfügung vom 7. August 2013 nicht an die Hand. Auf die von A.X. dagegen geführte Beschwerde trat das Obergericht des Kantons Zürich am 1. Juli 2014 mangels Beschwerdelegitimation nicht ein.
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C. A.X. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der obergerichtliche Beschluss vom 1. Juli 2014 sei aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, auf seine Beschwerde einzutreten.
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D. Die Oberstaatsanwaltschaft und das Obergericht des Kantons Zürich sowie die angezeigten Personen verzichten auf eine Vernehmlassung.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
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Aus den Erwägungen: | |
3. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob die Angehörigen der verstorbenen geschädigten Person gestützt auf Art. 121 Abs. 1 StPO ![]() | 6 |
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3.2 Die Frage, ob die Angehörigen einer verstorbenen geschädigten Person gestützt auf Art. 121 Abs. 1 StPO nur zur Zivilklage oder (kumulativ oder alternativ) auch zur Strafklage berechtigt sind, wird in der Lehre unterschiedlich beantwortet (für eine Rechtsnachfolge im Straf- wie im Zivilpunkt: VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 2a zu Art. 119 und N. 3 zu Art. 121 StPO; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 2 zu Art. 121 StPO; derselbe, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N. 700; JO PITTELOUD, Code de procédure pénale suisse, 2012, N. 263; RIEDO/FIOLKA/NIGGLI, Strafprozessrecht sowie Rechtshilfe in Strafsachen, 2011, Rz. 896; JEANDIN/MATZ, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 7 f. zu Art. 121 StPO; GALLIANI/MARCELLINI, in: Codice svizzero di procedura penale [CPP], Commentario, 2010, N. 1 zu Art. 121 StPO; PAOLO BERNASCONI, Banche ed imprese nel procedimento penale, 2011, S. 274 N. 1080; LORENZ DROESE, Die Akteneinsicht des Geschädigten in der Strafuntersuchung vor dem Hintergrund zivilprozessualer Informationsinteressen, 2008, S. 25 f. sowie wohl auch FELIX BOMMER, Privatklägerische Rechte im Strafpunkt - ein Überblick, recht 4/2015 S. 188 f.; FRANZ RIKLIN, StPO Kommentar, 2. Aufl. 2014, N. 2 zu Art. 121 StPO; JEANNERET/KUHN, Précis de procédure pénale, 2013, S. 170 f. N. 7037; HANSPETER KIENER, in: Kommentierte Textausgabe zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO] vom 5. Oktober 2007, Goldschmid/Maurer/Sollberger [Hrsg.], 2008, S. 99 zu Art. 121 StPO; ANDREW M. GARBARSKI, Le lésé et la partie plaignante en procédure pénale: État des lieux de la jurisprudence récente, SJ 2013 II S. 131 ff.; für ![]() | 8 |
Gegen die Möglichkeit der Rechtsnachfolger, sich als Strafkläger am Strafverfahren zu beteiligen, wird zuweilen die höchstpersönliche ![]() | 9 |
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3.3.1 Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft (Art. 602 Abs. 1 ZGB). Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände im Sinne von Art. 652 ff. ZGB (Art. 602 Abs. 2 ZGB), wobei die Rechte eines ![]() | 11 |
Die Erben können unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft nur gemeinsam verfügen (Art. 602 Abs. 2 ZGB). Insofern gilt das Prinzip der Einstimmigkeit (vgl. Art. 653 Abs. 2 ZGB). Einzelne Erben können für den Nachlass daher grundsätzlich nicht handeln. Dies ist in der Regel nur allen Erben gemeinsam oder an deren Stelle einem Erbenvertreter (Art. 602 Abs. 3 ZGB), Willensvollstrecker (Art. 518 ZGB) oder Erbschaftsverwalter (Art. 554 ZGB) möglich. Davon kann nach der Rechtsprechung bloss in dringlichen Fällen abgewichen werden. Mit dem Prinzip der gemeinsamen Klageerhebung soll vermieden werden, dass ein einzelner Erbe Klage erhebt ohne Rücksicht auf seine Miterben und diese durch unsorgfältige Prozessführung um ihren Anspruch bringt. Unzulässig sind deshalb nebst den eigentlichen Verfügungen über das Recht all jene Rechtshandlungen, welche die Gefahr einer Benachteiligung der Gemeinschaft oder ihrer Mitglieder mit sich bringen können. Eine Ausnahme vom Grundsatz des gemeinsamen Handelns wird nach der Rechtsprechung anerkannt, wenn ein zur Erbschaft gehörender Anspruch gegenüber einzelnen Miterben von allen übrigen Erben geltend gemacht wird, weil in diesem Fall alle Erben Prozesspartei sind und sich über ihre gegenseitigen Rechtsansprüche auseinandersetzen können (BGE 141 IV 380 E. 2.3.2 S. 385 mit zahlreichen Hinweisen).
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3.3.2 Nach dem Vorstehenden können zivilrechtliche Forderungen der Erbengemeinschaft grundsätzlich nur durch gemeinsames Vorgehen aller Erben adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden. Anders präsentiert sich die Sachlage hinsichtlich der Beteiligung als Strafkläger im Strafverfahren. Hierbei besteht keine Gefahr, dass die Erbengemeinschaft beziehungsweise die übrigen Erben durch das Vorgehen eines einzelnen Erben benachteiligt werden, da nicht über einen Anspruch der Erbengemeinschaft verfügt wird. Zudem ist möglicherweise nur derjenige Angehörige, welcher der verstorbenen geschädigten Person besonders nahestand, daran interessiert, eine ![]() | 13 |
3.4 Die Vorinstanz spricht dem Beschwerdeführer die Beschwerdeberechtigung demnach zu Unrecht ab. Als Ehegatte der verstorbenen geschädigten Person ist er ein Angehöriger im Sinne von Art. 121 Abs. 1 StPO bzw. Art. 110 StGB. Der Beschwerdeführer ist zusammen mit den Nachkommen der verstorbenen Person deren nächster gesetzlicher Erbe (vgl. Art. 457 und 462 ZGB; BOMMER, a.a.O., S. 189; JEANDIN/MATZ, a.a.O., N. 4 f. zu Art. 121 StPO). Gestützt auf die Regelung von Art. 121 Abs. 1 StPO, wonach die Rechte der verstorbenen geschädigten Person in der Reihenfolge der Erbberechtigung übergehen, ist er legitimiert, sich allein als Privatkläger im Strafpunkt zu konstituieren. Folglich ist er gestützt auf Art. 382 Abs. 1 StPO berechtigt, Beschwerde zu führen. Damit kann die Frage, inwieweit der Beschwerdeführer allenfalls auch aufgrund seiner Eigenschaft als Willensvollstrecker zur Beschwerde befugt wäre, offengelassen werden. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist auf die Rüge des Beschwerdeführers, die Strafbehörden hätten sich widersprüchlich (beziehungsweise treuwidrig) verhalten, ebenfalls nicht einzugehen. (...)
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