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38. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_184/2017 vom 19. Juli 2017 | |
Regeste |
Art. 146 Abs. 1 StGB; Versicherungsbetrug; arglistige Täuschung und Eigenverantwortung des Versicherers. | |
Sachverhalt | |
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Das Kreisgericht St. Gallen sprach X. am 10. März 2016 des versuchten Betrugs schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 130 Franken.
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B. X. erhob Berufung beim Kantonsgericht St. Gallen. Dieses bestätigte den Entscheid des Kreisgerichts (Urteil vom 22. November 2016).
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C. X. führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und er sei von der Anklage wegen versuchten Betruges freizusprechen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
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1.2 Angriffsmittel beim Betrug ist die Täuschung des Opfers. Als Täuschung gilt jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, bei einem ![]() | 8 |
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1.3.2 Vorliegend besteht die Täuschungshandlung in einer Meldung, mit welcher der Beschwerdeführer wahrheitswidrig behauptet hat, der Hagelschaden am Fahrzeug sei erst nach Abschluss der Vollkaskoversicherung entstanden. Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang zunächst geltend, es liege eine bloss telefonische Schadenmeldung vor. Schon deswegen sei die von der Vorinstanz angeführte Rechtsprechung, wonach das Abfassen einer Schadenanzeige immer arglistig sei, nicht einschlägig. Mit einem ![]() | 11 |
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Der Beschwerdeführer spricht dem vorliegenden Fall den Routinecharakter ab, weil sich der Schaden auf über elftausend Franken belaufe. Dieser Betrag sei viel höher als Schadenssummen, welche das Bundesgericht als "eher gering" bezeichnet habe. Zugrunde zu legen ![]() | 14 |
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1.4.1 Der Betrug ist ein Interaktionsdelikt, bei welchem der Täter auf die Vorstellung des Opfers einwirkt und dieses veranlasst, sich selbst durch die Vornahme einer Vermögensverfügung zugunsten des Täters oder eines Dritten zu schädigen. Die Sozialgefährlichkeit der Täuschung (SÄGESSER, a.a.O., Rz. 156) ist durch eine Abwägung von Täterverschulden und Opferverantwortung zu ermitteln. Das Mass der erwarteten Aufmerksamkeit und die damit einhergehende Vermeidbarkeit des Irrtums sind individuell zu bestimmen. Arglist scheidet lediglich aus, wenn der vom Täuschungsangriff Betroffene die grundlegendsten Vorsichtsmassnahmen nicht beachtet hat. ![]() | 17 |
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Damit ist zu prüfen, ob ein täuschendes Handeln auch durch vorangegangenes Verhalten des Opfers in den Hintergrund gedrängt werden kann. Dies ist schon deswegen zu verneinen, weil das potentielle Opfer die Chance haben muss, seine prekäre - auf betrügerische Täuschungen anfällige - Situation, in die es sich selber einmal gebracht hat, bei späterer Gelegenheit zu korrigieren, und sei es auch nur im Ergebnis, ohne sich der eigenen vorangegangenen Unvorsichtigkeit bewusst geworden zu sein. Hier hat der Versicherer den Betrugsversuch nach Feststellung der Vorinstanz denn auch durch "umsichtiges Verhalten" abgewehrt. Hinzu kommt, dass eine Leichtfertigkeit, die der Täter nachträglich zur Täuschung ausnutzt, dessen Beitrag zum deliktischen Erfolg nicht relativiert. Im Gegenteil: Der in der Täuschung liegende Handlungsunwert ist besonders gross, weil der Täter die exponierte Situation des Betroffenen gezielt angreift.
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Hier war die vor Versicherungsbeginn unterlassene Besichtigung des versicherten Wohnanhängers nach Feststellung der Vorinstanz zudem nicht in erster Linie Folge einer dem Versicherer anzulastenden Nachlässigkeit: Der Wohnanhänger habe sich damals bis auf Weiteres am Comersee in Italien befunden, weshalb zunächst nur eine provisorische Police ausgestellt werden konnte. Es wäre in sich widersprüchlich, wenn der Beschwerdeführer den Umstand, dass er ![]() | 20 |
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Bezogen auf den vorliegenden Fall heisst das, dass die bei Abschluss des Versicherungsvertrags unterlassene Besichtigung und Prüfung des Fahrzeugs auf vorbestandene Schäden in sich keine massgebliche, Arglist ausschliessende Opferverantwortung begründen kann. Insofern erfordert jene Unterlassung auch keine Kompensation in Form einer besonderen, das Geschäftsübliche übersteigenden Wachsamkeit des Versicherers (vgl. oben E. 1.3.5).
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1.5 Erscheint die streitgegenständliche Schadenmeldung somit als qualifizierte Täuschungshandlung, die zudem nicht durch ein leichtfertiges Verhalten des Versicherers strafrechtlich neutralisiert wird, so ist unter den gerügten Aspekten nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführer des versuchten Betrugs schuldig gesprochen hat. (...)
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