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52. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_1019/2016 vom 24. Mai 2017 | |
Regeste |
Art. 15a, 15b Abs. 2, Art. 95 Abs. 1 lit. b und c und Abs. 2 SVG; Art. 24a Abs. 1, Art. 24b Abs. 1, Art. 30, 35 und 35a Abs. 1 Verkehrszulassungsverordnung (VZV); Voraussetzungen und Pflicht der Behörden zur Erteilung des definitiven Führerausweises nach Ablauf der Probezeit; Anwendungsbereich der Strafbestimmungen von Art. 95 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 SVG. |
Art. 95 Abs. 1 lit. c SVG gelangt auf den Motorfahrzeugführer zur Anwendung, dessen Führerausweis auf Probe mit der zweiten Widerhandlung, die zum Entzug des Ausweises führt, verfallen ist. Art. 95 Abs. 2 SVG soll nach seiner ratio legis demgegenüber die Säumnis des Motorfahrzeugführers bestrafen, die Weiterbildungskurse zu besuchen und den unbefristeten Führerausweis zu beantragen. Die Bestimmung ist nicht anwendbar, wenn die Behörde den definitiven Führerausweis zu Unrecht nicht ausstellte (E. 1.5). | |
Sachverhalt | |
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B. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte auf Berufung von X. am 7. Juli 2016 die Schuldsprüche wegen Überlassens eines Fahrzeugs an einen Lenker ohne Führerausweis nach Art. 95 Abs. 1 lit. e SVG und Fahrens nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des auf Probe ausgestellten Führerausweises nach Art. 95 Abs. 2 SVG. Es erklärte X. zudem der fahrlässigen Widerhandlung gegen das ![]() | 2 |
Das Obergericht hält folgende Sachverhalte für erwiesen:
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X. lenkte am 24. Juli 2014 in Stallikon einen Personenwagen, obwohl ihm der Führerausweis auf Probe am 11. Februar 2014 in Italien abgenommen und dem Strassenverkehrsamt des Kantons Zürich zugestellt worden war, wobei der Führerausweis auf Probe abgelaufen war. Ebenfalls am 24. Juli 2014 überliess er A. einen Personenwagen zum Umparkieren auf einem Firmengelände, obschon dieser nicht über den erforderlichen Führerausweis verfügte, was X. wusste. Am 9. März 2012 führte er zudem einen Teleskop-Schlagstock in einem Fach in der Beifahrertüre seines Personenwagens mit.
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C. X. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil vom 7. Juli 2016 sei aufzuheben und er sei von sämtlichen Vorwürfen freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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D. Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft verzichteten auf eine Stellungnahme.
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Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 7. Juli 2016 teilweise auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Im Übrigen weist das Bundesgericht die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.
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Aus den Erwägungen: | |
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1.1 Die Vorinstanz erwägt, unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer am 24. Juli 2014 einen Personenwagen lenkte. Dieser habe gewusst, dass sein Führerausweis auf Probe abgelaufen war. Er habe im fraglichen Zeitpunkt von den Behörden telefonisch die Auskunft erhalten, dass er nicht fahren dürfe. Die behördliche Auskunft über den Bestand der Fahrberechtigung habe erst nach der ![]() | 9 |
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1.3 Aus den Akten geht hervor, dass der Führerausweis auf Probe des Beschwerdeführers am 25. Februar 2014 ablief. Am 31. Oktober 2014 teilte das Strassenverkehrsamt diesem mit, dass ihm der unbefristete Führerausweis ausgestellt werde. Der Beschwerdeführer war ![]() | 11 |
Zu prüfen ist daher zunächst, ob das Strassenverkehrsamt mit der Erteilung des definitiven Führerausweises zuwarten durfte.
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Erwägung 1.4 | |
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1.4.2 Der definitive bzw. unbefristete Führerausweis wird erteilt, wenn die Probezeit abgelaufen ist und der Inhaber des Führerausweises auf Probe die vorgeschriebenen Weiterbildungskurse besucht hat (Art. 15b Abs. 2 SVG; Art. 24b Abs. 1 Satz 1 VZV). Der Nachweis der Teilnahme an den Weiterbildungskursen erfolgt mit der Bescheinigung auf dem Gesuchsformular nach Anhang 4a VZV (vgl. ![]() | 14 |
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1.4.4 Der Beschwerdeführer hatte demnach grundsätzlich einen Anspruch auf Ausstellung des definitiven Führerausweises ab dem Tag nach Ablauf der Probezeit, vorausgesetzt, dass er die Weiterbildungskurse rechtzeitig besuchte und das Gesuch um Erteilung des ![]() | 16 |
Selbst wenn ein Verfall des Führerausweises auf Probe zu beurteilen gewesen wäre, hätte das Strassenverkehrsamt mit der Ausstellung des definitiven Führerausweises nicht einfach zuwarten dürfen. Vielmehr wäre der Führerausweis falls notwendig auch für diesen Fall vorsorglich zu entziehen gewesen. Der mit dem definitiven Entzug allenfalls einhergehende Verfall des Führerausweises (Art. 15a Abs. 4 SVG und Art. 35a Abs. 1 VZV) wäre alsdann auch eingetreten, wenn dem Beschwerdeführer zwischenzeitlich der definitive Ausweis erteilt worden wäre (Art. 35a Abs. 1 Satz 2 VZV).
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Der Beschwerdeführer beanstandet daher zu Recht, das Strassenverkehrsamt hätte bis zur (vorläufigen) Klärung seiner Rolle im Strassenverkehrsunfall in Italien vom 11. Februar 2014 nicht einfach während Monaten untätig bleiben dürfen. Er stellte sich zudem zutreffend auf den Standpunkt, die mündliche Auskunft, er dürfe nicht fahren, komme keinem Entzug des Führerausweises gleich.
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Erwägung 1.5 | |
1.5.1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird gemäss Art. 95 Abs. 1 lit. c SVG bestraft, wer ein Motorfahrzeug führt, obwohl der Führerausweis auf Probe verfallen ist. Nach Art. 95 Abs. 2 SVG wird mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen bestraft, wer ein Motorfahrzeug führt, obwohl die Gültigkeitsdauer des Führerausweises auf Probe abgelaufen ist. Art. 95 Abs. 1 lit. c SVG gelangt zur Anwendung, wenn der Führerausweis auf Probe mit der zweiten Widerhandlung, die zum Entzug des Ausweises führt, gemäss Art. 15a Abs. 4 SVG und Art. 35a VZV verfallen ist (vgl. Parlamentarische Initiative vom 22. April 2010, Änderung Strassenverkehrsgesetz, Bericht der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates, BBl 2010 3917 ff., 3922 zu Art. 95 Ziff. 1bis; ADRIAN BUSSMANN, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 57 zu Art. 95 SVG). Art. 95 Abs. 2 SVG betrifft demgegenüber das blosse Ignorieren des Ablaufs der ![]() | 19 |
1.5.2 Dass der Beschwerdeführer die Weiterbildungskurse nicht besuchte oder es unterliess, rechtzeitig das erforderliche Gesuch um Erteilung des definitiven Führerausweises zu stellen, kann dem angefochtenen Entscheid nicht entnommen werden. Diesem wird einzig angelastet, er hätte während der Untätigkeit des Strassenverkehrsamtes, welches weder einen definitiven Führerausweis ausstellte noch über die Voraussetzungen für einen Führerausweisentzug befand, kein Fahrzeug führen dürfen. Ein solches Verhalten fällt nicht unter den Straftatbestand von Art. 95 Abs. 2 SVG. Dieser soll nach seiner ratio legis die Säumis bestrafen, die Weiterbildungskurse zu ![]() | 20 |
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