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34. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen X. (Beschwerde in Strafsachen) |
6B_1091/2017 vom 15. August 2018 | |
Regeste |
Art. 70 Abs. 1 StGB, Art. 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB; mehrfacher Mord; Erbunwürdigkeit; Gültigkeit von Zuwendungen der Erben an die erbunwürdige Person; Voraussetzungen für die Vermögenseinziehung. | |
Sachverhalt | |
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B. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 15. Mai 2017 auf Berufung von X. den Schuldspruch wegen mehrfachen Mordes sowie die Freiheitsstrafe von 20 Jahren (Dispositiv-Ziff. 1 und 2). Die erstinstanzlich angeordnete stationäre therapeutische Massnahme erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Das Obergericht entschied, die Forderung von X. gegen die Privatkläger 1-3 auf Bezahlung von Fr. 100'000.- sowie dessen obligatorischer Anspruch gegen die Privatkläger 1-3 auf Übereignung der Stockwerkeigentumswohnung an der A.-Strasse in Zürich seien zur Kostendeckung zu verwenden; ein allfälliger Überschuss sei X. herauszugeben (Dispositiv-Ziff. 3).
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C. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, Dispositiv-Ziff. 3 des Urteils vom 15. Mai 2017 sei aufzuheben und die Forderung von X. gegen die Privatkläger 1-3 auf Bezahlung von Fr. 100'000.- sowie dessen obligatorischer Anspruch gegen die Privatkläger 1-3 auf Übereignung der Stockwerkeigentumswohnung an der A.-Strasse in Zürich seien zugunsten des Kantons Zürich einzuziehen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
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Aus den Erwägungen: | |
Erwägung 2 | |
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2.2 Das Gericht verfügt gemäss Art. 70 Abs. 1 StGB die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden. Die sogenannte ![]() | 6 |
Der Vorteil muss nach der Rechtsprechung "in sich" unrechtmässig sein. Dies ist nicht der Fall, wenn die fragliche Handlung objektiv nicht verboten ist. Vermögenswerte, die aus einem objektiv legalen Geschäft stammen, sind nicht einziehbar (BGE 141 IV 155 E. 4.1 S. 162; BGE 137 IV 305 E. 3.1 S. 307 f.; BGE 125 IV 4 E. 2a/bb S. 7). Ein Vermögenswert gilt nicht durch die Straftat erlangt, wenn diese lediglich die spätere Erlangung des Vermögenswerts durch eine nachfolgende Handlung erleichtert hat, welche nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Straftat steht (Urteile 6B_425/2011 vom 10. April 2012 E. 5.3; 6S.667/2000 vom 19. Februar 2001 E. 3a).
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2.3 Der Beschwerdegegner tötete am 11. Oktober 2014 seine Eltern. Er wurde deswegen von der Vorinstanz des mehrfachen Mordes schuldig gesprochen (Urteil vom 15. Mai 2017). Der Schuldspruch ist in Rechtskraft erwachsen. Als einziger Sohn seiner Eltern wäre er grundsätzlich deren Alleinerbe gewesen (Art. 457 Abs. 1 ZGB). ![]() | 8 |
Die Privatkläger 1-3 und der Beschwerdegegner unterzeichneten am 4. März 2016 eine öffentlich beurkundete Vereinbarung, wonach der Beschwerdegegner auf eine Erbenstellung verzichtete. Im Gegenzug verpflichteten sich die Privatkläger 1-3 als Erben der Eltern des Beschwerdegegners, diesem aus dem Nachlass die Stockwerkeigentumswohnung an der A.-Strasse in Zürich sowie Fr. 100'000.- in bar zu übertragen. Gemäss Inventar belief sich der Nettonachlass des Vaters des Beschwerdegegners auf rund 2,2 Mio. Fr. und derjenige seiner Mutter auf rund 1,5 Mio. Fr.
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Erwägung 2.5 | |
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Mit der Erbunwürdigkeit soll verhindert werden, dass eine Person Güter aus dem Nachlass des Verstorbenen erwirbt, wenn dieser keine Möglichkeit hatte, die betroffene Person durch Verfügung von ![]() | 12 |
Art. 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB entspricht der Rechtsparömie "Blutige Hand nimmt kein Erbe" (ARNOLD ESCHER, Zürcher Kommentar, Bd. III.2: Der Erbgang, 3. Aufl. 1960, N. 8 zu Art. 540 ZGB; STEINAUER, a.a.O., N. 936 S. 497). Im Rahmen von Art. 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB nicht erforderlich ist, dass die erbunwürdige Person sich oder einem Dritten einen erbrechtlichen Vorteil verschaffen will. Erstere nimmt durch ihre Tat willentlich Einfluss auf den Erbgang: dies reicht für die Annahme der Erbunwürdigkeit aus (PAUL PIOTET, Droit successoral, TDPS, Bd. IV, 2. Aufl. 1988, S. 501; COUCHEPIN/MAIRE, a.a.O., N. 15 zu Art. 540 ZGB). Für PIOTET (a.a.O., S. 499 und 505) bildet die in Art. 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB verankerte Erbunwürdigkeit Bestandteil des "Ordre public" und ist von allen zu beachten, d.h. auch von den Personen, welche aufgrund der Erbunwürdigkeit als Erben zum Zuge kommen und welche unter ![]() | 13 |
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Die Argumentation der Beschwerdeführerin zielt darauf ab, die zwischen den Erben und dem Beschwerdegegner abgeschlossene Vereinbarung zu verunmöglichen bzw. für unzulässig zu erklären. Dies ergibt sich auch daraus, dass die Beschwerdeführerin die Befürchtung äussert, die Privatkläger 1-3 könnten, falls ihnen die ![]() | 16 |
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Erwägung 2.8 | |
2.8.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob auch indirekt durch eine Straftat erlangte Vermögenswerte eingezogen werden können, sei uneinheitlich. Sie argumentiert zudem, die Einziehung dürfe nicht vom Vorliegen eines adäquaten Kausalzusammenhangs abhängig gemacht werden. Das Zuordnungskriterium des "adäquaten Kausalzusammenhangs" sei für die allgemeine Verbrechenslehre entwickelt worden. Mit der Adäquanz werde sichergestellt, dass die strafrechtliche Haftung nicht über die Fähigkeit des Menschen, Kausalabläufe zu steuern und zu beherrschen, hinausgehe. Bezüglich der Vermögenseinziehung sei eine derartige Beschränkung der einziehbaren Vermögenswerte weder sinnvoll noch nötig. Der Beschwerdegegner habe erst aufgrund der Tötungsdelikte überhaupt die Stellung eines potentiellen Erben erlangt, in welcher er mit den Privatklägern 1-3 ![]() | 18 |
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2.8.3 Zutreffend ist, dass die bundesgerichtlichen Erwägungen zur Frage, ob der Vermögenswert direkte und unmittelbare Folge der ![]() | 20 |
Nicht einziehbar sind nach der Rechtsprechung Vermögenswerte, die aus einem objektiv legalen Rechtsgeschäft stammen, welches nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Straftat steht, auch wenn eine Straftat dieses erleichtert haben mag (vgl. oben E. 2.2 zweiter Abs.). An dieser Rechtsprechung ist entgegen der Kritik der Beschwerdeführerin festzuhalten. Vermögenswerte, die aus einem mittels Korruption abgeschlossenen Rechtsgeschäft herrühren, können Einziehungsobjekt sein (BGE 137 IV 79 E. 3.2 S. 81 f.; Urteil 6B_1099/2014 vom 19. August 2015 E. 2.2). Wäre das Rechtsgeschäft ohne die strafbare Bestechungshandlung nicht zustandegekommen, kann klarerweise nicht von einem objektiv legalen Rechtsgeschäft im Sinne der Rechtsprechung ausgegangen werden. In BGE 137 IV 79 verneinte das Bundesgericht einen einziehbaren Vermögenswert deliktischer Herkunft, weil in tatsächlicher Hinsicht nicht erstellt war, dass das Rechtsgeschäft ohne die Bestechungshandlung nicht abgeschlossen worden wäre, und es daher am erforderlichen Kausalzusammenhang mangelte (vgl. BGE, a.a.O., E. 3.3 S. 82 f.). Weitere Ausführungen dazu, ob ein objektiv legales Rechtsgeschäft vorlag, erübrigten sich daher. Nicht ersichtlich ist, was die Beschwerdeführerin daraus für den vorliegenden Fall ableiten will. Gleiches gilt für den von dieser ebenfalls angerufenen Entscheid 6B_437/2016 vom 22. September 2016 (teilweise publ. in: BGE 142 IV 383). Da die Tätigkeit als Zahntechniker und Zahnprothetiker ohne die erforderliche Bewilligung ausgeübt wurde, kann offensichtlich nicht gesagt werden, die mit den Patienten abgeschlossenen Verträge seien mit keinem Mangel behaftet gewesen. Die Behandlung der Patienten und damit der Abschluss der Rechtsgeschäfte betraf vielmehr die dem Beschuldigten vorgeworfene deliktische Tätigkeit als solche. Im Übrigen liess das Bundesgericht in diesem Entscheid ausdrücklich offen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Vermögenswerte einzuziehen sind (vgl. Urteil 6B_437/2016 vom 22. September 2016 E. 2.5).
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2.8.4 Vorliegend besteht zwischen den Tötungsdelikten und dem Vermögensvorteil des Beschwerdegegners lediglich insoweit ein ![]() | 22 |
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