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49. Urteil vom 28. April 1972 i.S. Grumi gegen Schweizerische Ausgleichskasse und Rekurskommission der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung für die im Ausland wohnenden Personen | |
Regeste |
Art. 29, 29bis und 38 AHVG: Bestimmung der Rentenskala. | |
Sachverhalt | |
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B.- Mit der gegen diesen Entscheid erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Rosalbina Grumi ihr vorinstanzliches Begehren erneuern und zur Begründung im wesentlichen vorbringen: Ihr am 19. Juli 1934 geborener Ehemann habe bereits vom 11. Mai bis 20. Dezember 1954 AHV-Beiträge bezahlt und von 1955 bis zu seinem Hinschied während weitern 12 Jahren und 4 Monaten Versicherungszeiten zurückgelegt. Die im Jahre 1954 zurückgelegten Beitragszeiten seien bei der Rentenberechnung ebenfalls zu berücksichtigen. Alsdann ergebe sich insgesamt eine Beitragsdauer von 12 Jahren, 11 Monaten und 9 Tagen, weshalb die Rentenskala 20 statt 19 zur Anwendung gelange. Nach dem 20. Altersjahr eingetretene Beitragslücken müssten durch vor diesem Zeitpunkt zurückgelegte Beitragsjahre ausgefüllt werden.
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Die Ausgleichskasse erachtet die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unbegründet.
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Das Bundesamt für Sozialversicherung äussert sich in seiner Vernehmlassung vor allem zum gegenseitigen Verhältnis der Art. 29 Abs. 2 und 38 Abs. 2 AHVG sowie des Art. 50 AHVV ![]() | 4 |
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Gemäss Art. 29bis Abs. 1 AHVG ist die Beitragsdauer vollständig, wenn der Versicherte vom 1. Januar des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Jahres bis zur Entstehung des Rentenanspruchs während der gleichen Anzahl von Jahren wie sein Jahrgang Beiträge geleistet hat. Massgebend für die Berechnung der Teilrente, die einem Bruchteil der Vollrente entspricht (Art. 38 Abs. 1 AHVG), "ist das gerundete Verhältnis zwischen den vollen Beitragsjahren des Versicherten und denjenigen seines Jahrganges" (Art. 38 Abs. 2 AHVG).
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Vollrente und Teilrente werden nach dem durchschnittlichen Jahreseinkommen des Versicherten berechnet. Dieses wird ermittelt, indem die Summe der Erwerbseinkommen, "von denen der Versicherte bis zum 31. Dezember des Jahres, das der Entstehung des Rentenanspruchs vorangeht, Beiträge geleistet hat, durch die Anzahl Jahre geteilt wird, während welcher der Versicherte seit dem 1. Januar des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Jahres bis zum genannten Zeitpunkt Beiträge geleistet hat" (Art. 30 Abs. 2 AHVG).
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Nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften wird also der durchschnittliche Jahresbeitrag bzw. das durchschnittliche Jahreseinkommen von den vor der Volljährigkeit geleisteten Beiträgen mit bestimmt, doch sind die vor dem 1. Januar des der Volljährigkeit folgenden Jahres zurückgelegten Beitragszeiten für die Ermittlung der Beitragsdauer unerheblich. Die ![]() | 8 |
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durchschnittlicher Jahresbeitrag = Beitragssumme / Anzahl Beitragsjahre
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vergrössern sollen". Die beabsichtigte Besserstellung bewahrte jedoch die schon als Minderjährige beitragspflichtig gewesenen Versicherten nicht vor jeder Kürzung der ordentlichen Rente im Falle lückenhafter Beitragsdauer seit der Volljährigkeit; denn der die Teilrenten betreffende Art. 39 Abs. 1 AHVG sah ursprünglich vor, dass ein Teil der Rente jenes Versicherten, der während weniger Jahren als sein Jahrgang Beiträge bezahlt hat, im Verhältnis zu den fehlenden Beitragsjahren gekürzt wird. Und in Art. 50 AHVV wurde bestimmt, dass ein volles Beitragsjahr dann vorliege, wenn es "zwischen dem ersten Tag des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Kalenderhalbjahres und dem letzten Tag des Kalenderhalbjahres, in welchem er (d.h. der Versicherte) das 65. Altersjahr vollendet hat", zurückgelegt worden sei. In seinem Urteil vom 12. August 1952 i.S. Mau (EVGE 1952 S. 213) stellte das Gericht fest, dass ![]() | 11 |
Bis zum Übergang zum System der Pro-rata-Rente durch die am 1. Januar 1960 in Kraft getretene Gesetzesnovelle vom 19. Juni 1959 (AS 1959 S. 854) wirkte sich der - allein durch die im Urteil Mau geschaffene Ausnahmeregelung durchbrochene - Grundsatz, dass die vor dem 1. Kalenderhalbjahr seit Erreichung der Volljährigkeit geleisteten Beiträge nur zur Berechnung des durchschnittlichen Jahresbeitrages, nicht aber für die Bestimmung der Beitragsdauer erheblich sind, nicht sehr einschneidend aus: ein einziger, irgendwann geleisteter voller Jahresbeitrag genügte zur Begründung der Anwartschaft auf eine ordentliche Rente, deren Ansatz im Versicherungsfall bei einem durchschnittlichen Jahresbeitrag bis zu 75 Franken mit dem Betrag der Vollrente identisch war. Seit der Volljährigkeit fehlende Beitragsjahre führten zu einer verhältnismässigen Kürzung nur im Bereich der Differenz zwischen dem minimalen und dem maximalen Ansatz der Vollrente; Waisenrenten waren von dieser Kürzung ausgenommen (Art. 38 Abs. 2 und 39 Abs. 1 AHVG in der Fassung vom 20. Dezember 1946).
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Dies hat sich mit der am 1. Januar 1960 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle wesentlich geändert. Die ursprünglich gewollte ![]() | 13 |
Der erwähnte Rechtszustand ist umso unbefriedigender, als das geltende Recht auf anderem Gebiet eine ähnliche Härte dadurch beseitigt hat, dass es die Ausfüllung von Lücken in der Beitragsdauer des Ehemannes durch ersatzweise Anrechnung von Beitragsjahren der Ehefrau zulässt (Art. 30bis AHVG, Art. 54 AHVV). Das Anliegen der Beschwerdeführerin, es sollten die vor dem 1. Januar des der Vollendungdes 20. Altersjahres folgenden Jahres zurückgelegten Beitragszeiten zur Ausfüllung von nach diesem Zeitpunkt entstandenen Beitragslücken herangezogen werden, ist daher verständlich.
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b) Die Definition der vollen Beitragsjahre des Versicherten findet sich in Art. 50 AHVV. Diese brauchen nicht mit Kalenderjahren seiner persönlichen.Beitragsdauer zusammenzufallen. Sie umfassen - gemäss dem nach Erlass des Urteils Mau korrigierten Wortlaut der Verordnungs-Bestimmung - sämtliche Beiträge, und zwar auch jene, welche der Versicherte vor dem 1. Januar des der Vollendung seines 20. Altersjahres folgenden Jahres geleistet hat. Dies hat die Verwaltung für die Ermittlung des durchschnittlichen Jahresbeitrages bzw. Jahreseinkommens vonjeheranerkannt und ist in Art. 30 Abs. 2 AHVG realisiert worden. Die Verwaltung anerkennt seit Erlass des Urteils Mau auch, dass der volle Jahresbeitrag, den Art. 29 Abs. 1 AHVG als Voraussetzung jeglichen Anspruchs auf ordentliche AHV-Rente statuiert, vor Beginn der in Art. 29bis Abs. 1 AHVG umschriebenen Beitragsdauer geleistet sein kann. Aber in den Weisungen wird dem Begriff des vollen Beitragsjahres eine unterschiedliche Bedeutung beigemessen, je nachdem er zur Umschreibung der Mindestbeitragsdauer (s. Wegleitung über die Renten Rz. 370 und 371) oder als Unterbegriff der Beitragsdauer überhaupt (Rz. 381 ff.) verwendet wird.
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c) Schliesslich sprechen die Art. 38 Abs. 2 AHVG und 52 AHVV von den vollen Beitragsjahren des Jahrganges. Diese sind kraft Art. 3 Abs. 1 und 29bis Abs. 1 AHVG mit der vollen Beitragsdauer dieses Jahrganges identisch.
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4. Besonderer Erwähnung bedarf Art. 38 Abs. 2 AHVG noch insofern, als er für die Berechnung der Teilrente auf "das gerundete Verhältnis zwischen den vollen Beitragsjahren des Versicherten und denjenigen seines Jahrganges" abstellt. Wie bereits angedeutet, scheint der Wortlaut dieser Norm im Lichte der soeben erwähnten Begriffsbestimmungen sowie der Art. 29 Abs. 1 AHVG und 50 AHVV die Auffassung zu decken, es seien auch hier unter den vollen Beitragsjahren des Versicherten ebenfalls jene Beitragsjahre zu subsumieren, die er vor dem 1. Januar des auf die Volljährigkeit folgenden Kalenderjahres zurückgelegt hat. Dies hätte in Art. 38 Abs. 2 AHVG unmissverständlich in der Weise Ausdruck finden ![]() | 19 |
Das Ergebnis solcher grammatikalischer Auslegung liesse sich rechtfertigen, zumal - wie bereits gesagt - auf anderem Gebiet Beitragsjahre der Ehefrau bei lückenhafter Beitragsdauer des Ehemannes ersatzweise angerechnet werden dürfen. Wenn nämlich zur Ausfüllung von Lücken im individuellen Konto eines Versicherten die Beiträge einer andern Person heranzuziehen sind, so sollten logischerweise dem Rentenansprecher, vor allem aber auch seinen Hinterlassenen zu diesem Zweck primär die eigenen, im minderjährigen Alter zurückgelegten Beitragszeiten angerechnet werden.
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a) Einmal ist Art. 38 AHVG allem Anschein nach als Ausführungsnorm zu Art. 29 Abs. 2 AHVG gedacht, wonach die vollständige Beitragsdauer zur Vollrente, die unvollständige dagegen nur zu einer Teilrente berechtigt. Gewichtige Gründe sprechen dafür, dass Art. 38 Abs. 2 AHVG nichts anderes bezweckt, als die Teilrentenordnung zu verwirklichen, ohne dem Grundsatz von Art. 29 Abs. 2 und Art. 29bis Abs. 1 AHVG zu derogieren. Mag auch die Ausfüllung von Lücken in der Beitragsdauer durch ersatzweise Anrechnung von frühern Beitragszeiten des Versicherten noch so begrüssenswert erscheinen, so drängt sie sich nicht mit der gleichen Intensität auf wie seinerzeit die im Urteil Mau getroffene Lösung.
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b) Hinzu kommt, dass die Gesetzesmaterialien nirgends die Absicht andeuten, die Besserstellung der schon im minderjährigen Alter Beitragspflichtigen anders zu verwirklichen als auf dem Wege einer Ermittlung des durchschnittlichen Jahresbeitrages, wie sie die bundesrätliche Botschaft von 1946 (S. 22 und 50) vorsah. Vielmehr wird in der Botschaft vom 24. Oktober 1958 erneut erklärt (S. 108):
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Dass die ursprünglich gewollte Besserstellung der schon während ihrer Minderjährigkeit Beitragspflichtigen im Zuge der Gesetzesrevisionen weitgehend illusorisch geworden ist, ermächtigt an sich den Richter nicht, in freier Rechtsfindung eine befriedigende Lösung zu treffen. Der geltende Rechtszustand kann nur durch den Gesetzgeber selber geändert werden.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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