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Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
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52. Auszug aus dem Urteil vom 16. August 1972 i.S. Mosimann gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Art. 12 Abs. 1 IVG. | |
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Gemäss Art. 12 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. Um "Behandlung des Leidens an sich" geht es in der Regel bei der Heilung oder Linderung labilen pathologischen Geschehens. Unter solchen Umständen ist die Vorkehr nicht "unmittelbar" auf die Eingliederung gerichtet. Die Invalidenversicherung übernimmt im Prinzip nur unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler Defektzustände oder Funktionsausfälle gerichtete Vorkehren, sofern diese die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges im Sinn von Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen (EVGE 1966 S. 212). Bei nichterwerbstätigen minderjährigen Versicherten ist insbesondere zu beachten, dass diese als invalid gelten, wenn ihr Gesundheitsschaden künftig wahrscheinlich eine Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben wird ![]() | 2 |
Im Bereich der idiopathischen Skoliose hat die Rechtsprechung ursprünglich erkannt, dass Jugendliche nur in den allerschwersten Fällen Anspruch auf medizinische Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung und nur in Form von Operationen gegen Ende des evolutiven Stadiums haben. Konservative Vorkehren hingegen wurden als Behandlung des Leidens an sich betrachtet; dies vor allem in Anwendung des bis zum 31. Dezember 1967 gültig gewesenen Art. 2 Abs. 1 IVV, wonach als medizinische Eingliederungsmassnahmen nur einmalige oder während begrenzter Zeit wiederholte Vorkehren gewährt werden durften (ZAK 1968 S. 345, EVGE 1964 S. 27, 1963 S. 51 und 59). Die am 1. Januar 1968 in Kraft getretene revidierte Fassung des Art. 2 IVV hat diese Schranke beseitigt.
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Neulich ist die Frage, inwieweit Jugendliche nach Abschluss des akuten Stadiums von Poliomyelitis medizinische Massnahmen beanspruchen können, gemäss folgenden Überlegungen entschieden worden: Poliomyelitische Restlähmungen seien geeignet, bis zum Abschluss der Wachstumsperiode, d.h. bis gegen das 20. Altersjahr, stabile Skelettveränderungen herbeizuführen, die es im Interesse der künftigen Erwerbsfähigkeit des Invaliden zu verhüten gelte; in diesen Fällen werde mit physiotherapeutischen Massnahmen einem die berufliche Ausbildung oder die künftige Erwerbsfähigkeit beeinträchtigenden Defektzustand vorgebeugt, weshalb die Invalidenversicherung für die Kosten solcher Präventivbehandlung bis zur Volljährigkeit aufzukommen habe.
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Nicht nur bei Skelettveränderungen poliomyelitischer Genese, sondern auch bei Skoliosen, Kyphosen (Scheuermannscher Rundrücken) und Lordosen drohen stabile Defektzustände, welche ohne entsprechende Therapie die spätere Erwerbsfähigkeit des Jugendlichen voraussichtlich beeinträchtigen ![]() | 5 |
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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