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55. Urteil vom 6. November 1973 i.S. Moumène gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Art. 104, 105 und 132 OG. |
Art. 11 VwG. |
- Form der Vertretungsvollmacht (Erw. 3). |
- Bedeutung des Abs. 3 dieser Bestimmung (Erw. 3). |
Art. 38 VwG. |
Zustellung einer beschwerdefähigen Verfügung an die Partei persönlich statt an ihren Vertreter: Mangel, aus dem der Partei kein Nachteil erwachsen darf (Erw. 3). | |
Sachverhalt | |
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B.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Amar Moumène durch seinen neuen Anwalt, Fürsprecher R., beantragen, der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 6. April 1973 sei aufzuheben und es sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Das Versicherungsgericht des Kantons Bern weist darauf hin, dass Dr. S. nicht habe annehmen können, die Beschwerdefrist beginne mit der Zustellung einer Photokopie der Verfügung an ihn; dies um so weniger, als gemäss der Begleitnotiz die Übermittlung lediglich zu Handen der Akten erfolgt und die Anwaltsvollmacht erst vom 24. April 1972 (also nach Erlass der Verfügung) datiert sei; zudem sei auf dem Vollmachtsformular nicht ausdrücklich ein Zustellungsdomizil beim Anwalt vermerkt.
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Die SUVA stellt den Antrag, auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen und der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 6. April 1973 sei zu bestätigen. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt: Beim vorinstanzlichen Entscheid handle es sich um eine anfechtbare Zwischenverfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 und Art. 45 VwG, indem er "einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil" bewirke, nämlich die Feststellung der Klageverwirkung. Die hiefür geltende Beschwerdefrist von 10 Tagen sei vom Beschwerdeführer nicht eingehalten worden. Auch enthalte der Entscheid eine zutreffende und ausreichende Rechtsmittelbelehrung. In der Sache selbst treffe es zu, dass sich Dr. S. schon vor der Rentenzusprechung für die Interessen des Beschwerdeführers eingesetzt habe. Die von ihm eingereichte Vollmacht datiere aber vom 28. April 1972 und sei erst nach Zustellung der angefochtenen Rentenverfügung ausgefertigt und eingereicht worden. Der Agenturdienst der SUVA bei der PTT habe daher den Rentenbescheid richtigerweise dem Versicherten selber eröffnet. Dr. S. sei eine Kopie zugestellt worden, weil er telephonisch eine ![]() | 5 |
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Die Beschwerdefrist beträgt somit nach Art. 106 Abs. 1 OG 30 Tage. Sie wurde im vorliegenden Fall eingehalten. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher einzutreten.
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Aus den Akten ergibt sich, dass die Beschwerdegegnerin bzw. ihre Agentur für das PTT-Personal schon lange Zeit vor Erlass der Rentenverfügung vom 6. April 1972 mit Dr. S. verkehrt hatte. Die schriftlich eingereichte Vollmacht datiert allerdings vom 28. April 1972.
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Die Einreichung einer schriftlichen Vollmacht ist indessen keine notwendige formelle Voraussetzung dafür, dass jemand im Verwaltungsverfahren als Parteivertreter auftreten und von der Verwaltung als solcher anerkannt werden kann. Art. 11 Abs. 2 VwG erteilt der Behörde lediglich die Befugnis, den Vertreter aufzufordern, sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen. Grundsätzlich ist somit auch eine mündliche oder durch konkludentes Handeln erteilte Vertretungsvollmacht gültig.
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Nach dem Gesagten kann nicht zweifelhaft sein, dass die Beschwerdegegnerin bzw. ihr Agenturdienst Dr. S. als bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers betrachtete, obwohl eine schriftliche Vollmacht weder eingereicht noch verlangt worden war. Hätte die SUVA dies nicht vorausgesetzt, so hätte sie namentlich die erteilten medizinischen Auskünfte gar nicht geben und auch keine Akten edieren dürfen. Ebensowenig hätte sie Veranlassung gehabt, von Dr. S. Photokopien des Schriftenwechsels mit der Invalidenversicherung zu verlangen (Brief vom 24. Oktober 1969) und ihm eine Kopie der Rentenverfügung zu Handen der Akten zuzustellen (Begleitnotiz vom 10. April 1972).
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Die Zustellung einer beschwerdefähigen Verfügung an die Partei persönlich anstatt an ihren Vertreter stellt somit eine mangelhafte Eröffnung dar, aus der laut Art. 38 VwG einer Partei kein Nachteil erwachsen darf. Als massgebliches Zustellungsdatum hat daher dasjenige der Zustellung der Verfügungskopie an Dr. S. zu gelten. Mithin ist die Beschwerde fristgemäss eingereicht worden.
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Unerheblich ist, ob Dr. S. seinerzeit erkannt hat, bzw. nach den Umständen hätte erkennen müssen, dass die Beschwerdegegnerin die Zustellung an den Beschwerdeführer persönlich als die massgebende Eröffnung der Verfügung betrachtete und dass die Zustellung einer Kopie an ihn lediglich orientierungshalber erfolgte. Als Vertreter des Beschwerdeführers brauchte er sich die daraus für ihn resultierende Verkürzung der Beschwerdefrist nicht gefallen zu lassen...
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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