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61. Urteil vom 3. Dezember 1973 i.S. D'Aloia gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Schweizerisch-italienisches Abkommen über Soziale Sicherheit (Art. 8 lit. a). | |
Sachverhalt | |
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B.- Gegen diesen Entscheid erhob Mario D'Aloia Beschwerde bei der kantonalen Rekursinstanz und machte geltend, seit dem 15. Juni 1971 verfüge er über eine Ganzjahresbewilligung.
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Die Vorinstanz veranlasste zusätzliche Abklärungen über den Zeitpunkt des Eintritts der Invalidität, welche ergaben, dass die Erkrankung am 8. Dezember 1969 aufgetreten war und am 12. Dezember 1969 eine notfallmässige Überweisung ins Kinderspital Basel notwendig gemacht hatte. Mit Entscheid vom 27. September 1972 wies das Versicherungsgericht des Kantons Bern die Beschwerde ab. Zwar sei ausnahmsweise auch bei Saisonarbeitern Wohnsitz anzunehmen, wenn innert kurzer Zeit mit der Erteilung einer Ganzjahresbewilligung gerechnet werden könne. Im Zeitpunkt des Versicherungsfalles hätte Mario D'Aloia bei rechtzeitiger Gesuchstellung aber noch rund 14 Monate bis zur Erteilung der Ganzjahresbewilligung warten müssen. Ein solcher Zeitraum könne nicht als "verhältnismässig kurz" im Sinne der Rechtsprechung gewertet werden.
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C.- Für Pasqualino D'Aloia lässt dessen Vater den kantonalen Entscheid durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht weiterziehen. In der Begründung wird ausgeführt, Mario D'Aloia sei entgegen der Annahme der Vorinstanz nicht erst seit 1966, sondern schon seit 1957 - mit einem Unterbruch in den Jahren 1962 und 1964 - in der Schweiz als Saisonnier tätig. Bereits in den Jahren 1969 und ![]() | 4 |
Aus Beilagen zur Beschwerdeschrift geht hervor, dass ein erstes Gesuch vom 20. November 1969 abgelehnt worden ist, weil der Arbeitgeber im Sinne der damals geltenden betrieblichen Plafonierungsregelung keinen offenen Platz in seinem Fremdarbeiterkontingent hatte. Das am 3. November 1970 gestellte zweite Gesuch scheiterte dagegen am Umstand, dass im damaligen Zeitpunkt die für Umwandlungsfälle festgesetzte Quote im Rahmen des kantonalen Kontingentes an Ganzjahresbewilligungen bereits ausgeschöpft war.
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Während die Ausgleichskasse von einer Stellungnahme absieht, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Die für den Leistungsanspruch massgebenden versicherungsmässigen Voraussetzungen müssen bei Eintritt der Invalidität verwirklicht sein, d.h. im Zeitpunkt, in welchem der Gesundheitsschaden die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat ![]() | 8 |
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In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nun aber geltend gemacht, der Beschwerdeführer sei bereits im Jahre 1957 in die Schweiz eingereist und - mit zwei Unterbrüchen in den Jahren 1962 und 1964 - bis heute beim gleichen Arbeitgeber tätig gewesen. Aus den Beilagen zur Beschwerdeschrift geht hervor, dass schon vor dem Jahre 1971 um die Erteilung einer Ganzjahresbewilligung nachgesucht wurde, nachdem Mario D'Aloia die hiefür geltenden Voraussetzungen gemäss Art. 12 Ziff. 1 des erwähnten Abkommens über die Auswanderung italienischer Arbeitskräfte erfüllt hatte. Ein erstes, am 20. November 1969 gestelltes Gesuch wurde im Rahmen der damals geltenden betrieblichen Kontingentierung vom kantonalen Arbeitsamt abgewiesen. Ein im November 1970 gestelltes Gesuch wurde von der kantonalen Fremdenpolizei abgelehnt, da die nunmehr kantonal festgesetzte Umwandlungsquote erschöpft war. Erst auf Grund eines dritten Gesuches vom 15. Juni 1971 erhielt D'Aloia die Ganzjahresbewilligung.
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Die für die Umwandlung des fremdenpolizeilichen Verhältnisses geltenden Voraussetzungen waren objektiv bereits bei Eintritt des Versicherungsfalles gegeben. In jenem Zeitpunkt hatte sich Mario D'Aloia schon seit mehr als 45 Monaten im Verlaufe der vorangehenden 5 Jahre in der Schweiz zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit aufgehalten. Er hatte auch bereits ein Gesuch um Umwandlung der Aufenthaltsbewilligung gestellt. Dass er die Jahresbewilligung nicht bereits Ende 1969 oder 1970 erhalten hat, ist auf Umstände zurückzuführen, die nicht in der Person des Beschwerdeführers liegen. Insbesondere seitdem die Zahl der Umwandlungen kantonal kontingentiert ist, lässt sich im Einzelfall nicht mehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen, in welchem Zeitpunkt der Saisonnier die Jahresbewilligung tatsächlich erlangen wird. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit an der bisherigen, in EVGE 1966 S. 58 ff. begründeten Praxis festzuhalten ist, wonach der Wohnsitz ausnahmsweise bejaht wird, wenn der Saisonnier innert verhältnismässig kurzer Frist mit der Erlangung der ganzjährigen Aufenthaltsbewilligung rechnen kann.
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Das Gericht gelangt zur Auffassung, von einer Einschränkung der bisherigen Praxis sei abzusehen. Eine Änderung in ![]() | 14 |
b) Mario D'Aloia ist seit vielen Jahren in der Schweiz erwerbstätig. Er verfügt über eine eigene Mietwohnung, in welcher er zusammen mit Frau und Kind lebt. Die Ehefrau ist ebenfalls seit längerer Zeit in der Schweiz wohnhaft und hat hier ihr Kind Pasqualino geboren. Selbst wenn sich die übrigen zwei Kinder D'Aloia in Italien aufhalten sollten, was den Akten nicht mit Sicherheit zu entnehmen ist, besteht kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer schon seit Jahren - namentlich auch im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles - den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in der Schweiz hatte. Es darf auch angenommen werden, dass sich die Familie mit der Absicht dauernden Verbleibens in der Schweiz aufhält. Dem steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer selbst diese Absicht im Fragebogen der Invalidenversicherungs-Kommission am 5. Oktober 1971 als "vorläufig" bezeichnet hat. Auch ein vorübergehender Aufenthalt schliesst die Wohnsitznahme nicht aus, sofern die Absicht besteht, den Aufenthaltsort auch nur für kürzere Zeit zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen (BGE 69 I 12, 79;BGE 69 II 281). Diese Absicht muss aus den objektiven Umständen jedoch klar erkennbar sein (BGE 97 II 1 ff.). Nach dem Gesagten kann dies im vorliegenden Fall bejaht werden. Die Voraussetzungen zur Annahme eines zivilrechtlichen Wohnsitzes des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des zu beurteilenden Versicherungsfalles sind demnach erfüllt. Da sich das Kind seit der Geburt bis zum Eintritt der Invalidität ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten hat, erfüllt es auch die weitere, unmittelbar mit seiner Person verbundene versicherungsmässige Voraussetzung. Pasqualino D'Aloia hat daher grundsätzlich Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung. Es wird Sache ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen.
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