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9. Urteil vom 21. Januar 1974 i.S. Hofer gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Medizinische Massnahmen (Art. 12 Abs. 1 IVG). | |
Sachverhalt | |
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B.- Das Versicherungsgericht des Kantons Bern wies durch Entscheid vom 26. Juni 1973 eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde ab.
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C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt der Vater der Versicherten, die Invalidenversicherung habe die Kosten der medizinischen Behandlung zu übernehmen. Er verweist auf ein vom ersten Oberarzt der Orthopädischen Universitätsklinik Balgrist, Dr. med. L., erstattetes Gutachten vom 21. August 1973, auf das in den Erwägungen zurückzukommen sein wird.
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Während die Ausgleichskasse auf eine Stellungnahme verzichtet, schliesst das Bundesamt für Sozialversicherung auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg.Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
1. a) Gemäss Art. 12 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. Um Behandlung des Leidens an sich geht es in der Regel bei der Heilung oder Linderung labilen pathologischen Geschehens. Unter solchen Umständen ist die Vorkehr nicht unmittelbar auf die Eingliederung gerichtet. Die Invalidenversicherung übernimmt im Prinzip nur unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler Defektzustände oder Funktionsausfälle gerichtete Vorkehren, sofern diese die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges im Sinne von Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen. Bei nichterwerbstätigen minderjährigen Versicherten ist insbesondere zu beachten, dass diese als invalid gelten, wenn ihr Gesundheitsschaden künftig wahrschemlich eine Erwerbsunfähigkeit zur Folge haben wird (Art. 5 Abs. 2 IVG). Nach ![]() | 6 |
b) Nach der Rechtsprechung gehen medizinische Vorkehren für eine durch Sturz bewirkte Epiphysenlösung Minderjähriger nicht zu Lasten der Invalidenversicherung. Treten im unmittelbaren Anschluss an einen Sturz, der zu einem solchen Leiden führt, erstmals und heftig Schmerzen auf, so spricht die überwiegende Wahrscheinlichkeit für die unfallmässige Entstehung des Leidens. Die notwendigen Behandlungsvorkehren dienen daher der Heilung der Unfallfolgen und stellen keine medizinischen Eingliederungsmassnahmen dar (EVGE 1965 S. 253; nicht publizierte Urteile i.S. Jobin vom 6. Januar 1966 und Stuker vom 1, September 1972). Denn die Kriterien von Art. 12 Abs. 1 IVG können erst dann angewendet werden, wenn zuvor die grundsätzliche Abgrenzungsfrage beantwortet ist, ob nämlich medizinische Vorkehren nicht von vorneherein ins Gebiet der sozialen Kranken- oder Unfallversicherung fallen (vgl. EVGE 1967 S. 100 ff.). Nach der Abgrenzungsregel, die sich aus der Interpretation des Art. 12 IVG ergibt, gehört die Behandlung von Unfallfolgen und von infektiösen Prozessen grundsätzlich in das Gebiet der sozialen Kranken- und Unfallversicherung (vgl. Art. 2 Abs. 4 IVV). Das gilt ebenfalls für Vorkehren, die der Behandlung Minderjähriger dienen (EVGE 1969 S. 227).
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c) Hinsichtlich der nicht auf einen Unfall zurückzuführenden Epiphysiolysis gilt folgendes: Alle operativen Eingriffe, die nach dem Gleiten des Schenkelkopfes medizinisch indiziert sind, stellen grundsätzlich Eingliederungsmassnahmen dar. Zwar ist einzuräumen, dass über den Verlauf des Gleitprozesses nicht einmal eine Wahrscheinlichkeitsprognose gestellt werden kann, ob er bis zu den schweren Formen fortschreiten oder innerhalb der Grenze zum Stehen kommt, die die Funktion der Hüfte noch nicht beeinträchtigt. Die frühere Praxis, nur Vorkehren ![]() | 8 |
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Nach den überzeugenden ärztlichen Ausführungen ist ein ![]() | 10 |
Diente die linksseitige Operation somit nicht der Heilung von Unfallfolgen, so kann sie nach dem in Erw. 1 Gesagten als medizinische Massnahme im Sinne des Art. 12 IVG von der Invalidenversicherung übernommen werden.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht
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I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichtes des Kantons Bern vom 26. Juni 1973 und die angefochtene Kassenverfügung vom 30. April 1973 aufgehoben.
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II. Die Invalidenversicherung wird verpflichtet, die linksseitige Operation der Epiphysenlösung als medizinische Massnahme zu übernehmen.
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