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38. Urteil vom 5. September 1974 i.S. Heim gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Verjährung der Beitragsforderung (Art. 16 Abs. 1 AHVG). |
Bedeutung des Grundsatzes von Treu und Glauben in diesem Zusammenhang. | |
Sachverhalt | |
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B.- Beschwerdeweise beantragte die Versicherte die Ausrichtung einer ordentlichen Vollrente. In den Jahren 1948 bis 1956 habe sie kein Einkommen erzielt. Sie habe sich damals wiederholt bei der AHV-Zweigstelle über ihre Beitragspflicht erkundigt und jeweils die Antwort erhalten, mangels eines Verdienstes sei- sie nicht beitragspflichtig. Es gehe nicht an, dass sie zufolge dieser unzutreffenden Auskunft in ihrem Rentenanspruch geschmälert werde.
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Mit Entscheid vom 16. Mai 1973 wies das Versicherungsgericht des Kantons Bern die Beschwerde ab. Auf die Beitragspflicht für die Jahre 1948 bis 1956 könne wegen Verjährung ![]() | 3 |
C.- Margreth Heim lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben mit dem Antrag auf Zusprechung einer "ordentlichen AHV-Rente ohne Kürzung wegen fehlender Beitragsjahre", eventuell "gegen Nachzahlung der Beiträge für die Jahre 1948 bis 1955". Die Beschwerdeführerin beanstandet, die Vorinstanz habe es unterlassen, die näheren Umstände der seinerzeitigen Auskunfterteilung abzuklären. Dieser Sachverhalt sei entscheidend für die Beurteilung des Falles, da sämtliche Voraussetzungen zu einer vom Gesetz abweichenden Behandlung im Sinne des Grundsatzes von Treu und Glauben erfüllt seien: Die Beschwerdeführerin habe sich bei der zuständigen Stelle über ihre Beitragspflicht erkundigt; die Verwaltung habe ihr vorbehaltlos die Auskunft erteilt, sie habe keine Beiträge zu leisten; schliesslich habe sie die Unrichtigkeit der Auskunft nicht erkennen können. Zur Begründung ihres Begehrens stellt die Beschwerdeführerin verschiedene Béweisanträge, insbesondere auf Einvernahme von Zeugen; eventuell seien die Akten zur Beweisergänzung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Für den Ausgang des Verfahrens ist entscheidend, ob die Jahre 1948 bis 1956, während welchen von der Beschwerdeführerin zu Unrecht keine Beiträge erhoben worden sind, nachträglich - eventuell unter Nachzahlung der Beiträge - als Beitragsjahre anzuerkennen seien.
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2. a) Nach Art. 16 Abs. 1 AHVG können Beiträge, die nicht innert 5 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches sie geschuldet sind, geltend gemacht werden, nicht ![]() | 8 |
b) Die für die Jahre 1948 bis 1956 geschuldeten Beiträge konnten demnach spätestens in den Jahren 1953 bis 1961 nachgefordert werden. Als die Ausgleichskasse im Jahre 1961 auf die fehlenden Beiträge aufmerksam wurde, verfügte sie eine Nachzahlung mit Wirkung ab 1957. Unter Berücksichtigung dieser Beiträge legte sie im Jahre 1973 der Rentenberechnung eine Beitragsdauer von 15 Jahren (1957 bis 1971) zugrunde und setzte die Rente nach Skala 17 - bzw. 22 für die Zeit ab 1. Januar 1973 - unter Annahme eines durchschnittlichen Jahreseinkommens von Fr. 4800.-- auf Fr. 154.-- bzw. Fr. 280.-- fest.
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Bei einer Beitragsdauer der Versicherten von 15 Jahren gegenüber einer solchen ihres Jahrganges von 24 Jahren wäre nach Art. 52 AHVV für die Zeit ab 1. Januar 1973 jedoch Rentenskala 21 anwendbar gewesen, was der Beschwerdeführerin lediglich Anspruch auf eine Rente von Fr. 260.-- im Monat gegeben hätte. Dies wäre zu beachten, falls die einfache Altersrente wegen Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin künftig als ordentliche Rente zur Ausrichtung gelangen sollte.
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Anderseits hätte sich die Beitragsnachforderung im Jahre 1961 auch auf die noch nicht verjährte Beitragsschuld des Jahres 1956 erstrecken sollen. Da der Beitrag für dieses Jahr im Zeitpunkt der Rentenverfügung ebenfalls verjährt war, ist hierauf jedoch nicht zurückzukommen.
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b) Ob die genannten Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt seien, lässt sich auf Grund der Akten nicht mit Sicherheit beurteilen. Es ist nicht auszuschliessen, dass sich die Beschwerdeführerin in der Zeit nach Inkrafttreten der AHV bei der Zweigstelle über ihre Beitragspflicht erkundigt hatte und die Auskunft erhielt, sie habe mangels eines Einkommens keine Beiträge zu entrichten. Spätestens im Jahre 1961, als die Ausgleichskasse eine Beitragsnachzahlung mit Wirkung ab 1957 verfügte, musste der Beschwerdeführerin indessen klar sein, dass sie seit 1948 irrtümlicherweise nicht der Beitragspflicht unterstellt worden war. Auch musste ihr - insbesondere auf Grund der regelmässigen amtlichen Publikationen (Art. 67 Abs. 2 AHVV) - bekannt sein, dass die fehlenden Beitragszahlungen die künftige Rentenhöhe beeinflussen würden. Sie kann sich daher jedenfalls im Leistungsverfahren nicht mehr auf den Grundsatz von Treu und Glauben berufen, nachdem sie anlässlich der Beitragsverfügung im Jahre 1961 und auch während der folgenden Zeit Stillschweigen gewahrt hat.
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c) Des weitern ist zu beachten, dass die Bestimmung von Art. 16 AHVG auf die Erhaltung des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit gerichtet ist. Wie in der bundesrätlichen Botschaft vom 5. Mai 1953 zur Änderung von Art. 16 AHVG ausgeführt wurde, muss im Interesse der Rechtssicherheit und aus verwaltungstechnischen Erwägungen hinsichtlich der einzelnen ![]() | 15 |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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