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14. Urteil vom 29. April 1975 i.S. Sch. gegen Caisse de compensation de la Fédération genevoise des sociétés de détaillants und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen | |
Regeste |
Art. 20 Abs. 3 und Art. 23 Abs. 4 AHVV. |
- Wer beitragspflichtig ist, bestimmt sich nicht nach steuerrechtlichen Kriterien. | |
Sachverhalt | |
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Die Caisse de compensation de la Fédération genevoise des sociétés de détaillants stellte fest, dass Sch. für die ersten sechs Monate seiner Tätigkeit in der D. & Co. einen Gewinnanteil von Fr. 330'112.-- erhalten hatte, rechnete diesen Betrag auf ein Jahreseinkommen um und ermittelte nach Abzug des Zinses des im Betrieb investierten Eigenkapitals ein Einkommen von Fr. 628'774.--. Auf dieser Grundlage setzte die Ausgleichskasse die von Sch. für die Zeit vom August 1970 bis September 1971 geschuldeten persönlichen Sozialversicherungsbeiträge fest. Die entsprechende Kassenverfügung vom 21. Oktober 1971 ist von der AHV-Rekurskommission des Kantons Genf am 12. Mai 1972 bestätigt worden. Die dagegen eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat das Eidg. Versicherungsgericht mit Entscheid vom 26. Oktober 1972 abgewiesen (BGE 98 V 191).
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B.- Mit Verfügung vom 8. April 1974 eröffnete die Ausgleichskasse dem Sch., dass er für die Jahre 1974 und 1975 persönliche Sozialversicherungsbeiträge von je Fr. 53'640.-- zu bezahlen habe. Dieser Forderung legte sie ein nach Abzug des Eigenkapitalzinses verbliebenes mittleres Jahreseinkommen von Fr. 670'515.-- aus selbständiger Erwerbstätigkeit der Jahre 1971/72 zugrunde.
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C.- Sch. liess gegen diese Verfügung bei der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel, Beschwerde erheben, indem er unter anderem geltend machte: Die Erträgnisse aus der Beteiligung an der D. & Co. würden ungeschmälert der Aktiengesellschaft abgeliefert. Die Eidgenössische Wehrsteuerverwaltung habe es bezüglich der Wehrsteuer als zulässig anerkannt, dass seine Beteiligung an der Kollektivgesellschaft D. & Co. der O. AG zugerechnet werde. In diesem Sinn sei die kantonale Wehrsteuerverwaltung bei der Steuerveranlagung 1973/74 vorgegangen. Weil die Steuerverwaltung den Ertrag aus der "Beteiligung D." nicht als Erwerbseinkommen des Sch., sondern als Ertrag der O. AG qualifiziert habe, dürften auf diesem Ertrag keine Sozialversicherungsbeiträge erhoben werden.
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Die Vorinstanz hat die Beschwerde am 27. Juni 1974 abgewiesen.
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Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
1. In seinem Urteil vom 26. Oktober 1972 hat das Eidg. Versicherungsgericht erkannt, dass der zwischen Sch. und der O. AG abgeschlossene Treuhandvertrag für die D. & Co. eine "res inter alios acta" sei. Zu den Teilhabern der Kollektivgesellschaft gehöre Sch., nicht die O. AG. Sch. kämen Dritten gegenüber alle Verpflichtungen zu, welche das Gesetz den Mitgliedern einer Kollektivgesellschaft auferlege. Zu diesen Verpflichtungen gehöre auch die Entrichtung von Sozialversicherungsbeiträgen als Selbständigerwerbender auf dem ihm zukommenden Netto-Gewinnanteil. Die Beitragspflicht bestehe ohne Rücksicht darauf, ob der Beitragspflichtige den ![]() | 8 |
Ebenfalls im Urteil vom 26. Oktober 1972 hat das Eidg. Versicherungsgericht unter Berufung auf EVGE 1967 S. 227 aber auch darauf hingewiesen, dass die Beiträge von treuhänderisch erzieltem Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit regelmässig von jener Person bezahlt werden müssen, die der Fiskus als dafür steuerpflichtig bezeichnet. Die Frage wurde offen gelassen, ob die Ausgleichskasse im Falle des Sch. durch eine spätere definitive Steuermeldung gebunden wäre, wenn sich aus dieser Meldung ergäbe, dass der Fiskus die Gewinnanteile aus der D. & Co. bei der O. AG besteuert hat (BGE 98 V 194 Erw. 5).
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3. Als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gilt das in selbständiger Stellung erzielte Einkommen unter anderem aus Handel und Gewerbe, einschliesslich der Anteile der Teilhaber von Kollektivgesellschaften, soweit sie den gesetzlich abzugsfähigen Eigenkapitalzins übersteigen ![]() | 11 |
Diese Ordnung geht einer abweichenden steuerrechtlichen Betrachtungsweise schon deshalb vor, weil der Treuhandvertrag nur die daran beteiligten Personen verpflichten, mithin keine darüber hinausgehenden gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse begründen kann. Aber auch abgesehen davon, muss der Treuhänder den auf ihn entfallenden Gewinnanteil aus der Kollektivgesellschaft jedenfalls dort AHV-rechtlich selber verabgaben, wo der Treugeber selber überhaupt nicht der Beitragspflicht unterworfen werden könnte. Denn das AHV-rechtliche Postulat lückenloser Erfassung des Arbeitseinkommens hat ohnehin Priorität gegenüber den Veranlagungsvorschriften des Art. 23 Abs. 1 und 4 AHVV, wonach die Steuerbehörden das massgebende Einkommen anhand der Wehrsteuerveranlagung zu ermitteln und die Ausgleichskassen sich an die Angaben der Steuerbehörden zu halten haben. In diesem Zusammenhang ist folgendes zu beachten:
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Das Wehrsteuerrecht bestimmt nicht, wer für treuhänderisch erworbenes Einkommen steuerpflichtig ist - ob der Treuhänder oder der Treugeber -, sondern lässt wahlweise beide Lösungen zu (KÄNZIG, Wehrsteuer N. 25 zu Art. 2). Wenn die Eidgenössische Steuerverwaltung am 19. November 1971 der heutigen Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers geschrieben hat: "Vorliegend dürften die Verhältnisse genügend klar und übersichtlich gestaltet worden sein, um eine direkte Zurechnung der auf den in Frage stehenden Gesellschaftsanteil an der D. & Co. entfallenden Faktoren bei der Treugeberin ... ![]() | 13 |
Im übrigen hat die Rechtsprechung zu Art. 23 Abs. 4 AHVV schon längst erkannt, dass der Richter von rechtskräftigen Steuertaxationen unter anderem dann abweichen darf, wenn sachliche Umstände gewürdigt werden müssen, die steuerrechtlich belanglos, sozialversicherungsrechtlich aber bedeutsam sind (BGE 98 V 188 Erw. 2 und dort zitierte Urteile).
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An diesem Ausgang des Verfahrens vermögen die Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu ändern. Insbesondere ist es belanglos, ob die für die Beteiligung der O. AG an der D. & Co. gewählte Konstruktion steuerliche Vorteile bietet oder nicht und ob es durch eine ![]() | 16 |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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