![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
18. Urteil vom 4. April 1979 i.S. Ausgleichskasse des Kantons Bern gegen Schmid und Versicherungsgericht des Kantons Bern | |
Regeste |
Art. 3 ELG. | |
Sachverhalt | |
1 | |
In den Jahren 1972 bis 1974 wurden ihr Ergänzungsleistungen zur AHV-Rente gewährt. Mit der Rentenerhöhung per 1. Januar 1975 fiel der diesbezügliche Anspruch der Versicherten weg. Ein Gesuch um Zusprechung von Ergänzungsleistungen vom Mai 1976 wurde wegen Überschreitung der Einkommensgrenze abgewiesen.
| 2 |
Am 15. Dezember 1976 bzw. 18. Januar 1977 ersuchte Ida Schmid erneut um Gewährung von Ergänzungsleistungen. Mit Verfügungen vom 16. Juni 1977 (für den Dezember 1976) und 17. Juni 1977 (für das Jahr 1977) wies die Ausgleichskasse des Kantons Bern das Gesuch wiederum wegen Überschreitung der Einkommensgrenze ab. Ausschlaggebend war, dass die Kasse unter dem Titel "Unterhaltskosten für Gebäude" nicht den von der Versicherten geltend gemachten Betrag von ![]() | 3 |
B.- Gegen die Verfügungen vom 16. und 17. Juni 1977 erhob Ida Schmid Beschwerde. Sie beantragte, es sei der steuerrechtlich als nicht wertvermehrend anerkannte Unterhaltskosten-Betrag von Fr. 8'443.65 als abzugsberechtigt zu erklären.
| 4 |
Soweit damit ihre Verfügung vom 16. Juni 1977 betroffen wurde, schloss die Ausgleichskasse in ihrer Stellungnahme auf Abweisung der Beschwerde; soweit die Verfügung vom 17. Juni 1977 angefochten wurde, schloss die Kasse auf teilweise Gutheissung der Beschwerde mit Rückweisung der Akten an sie, zwecks Neuberechnung eines allfälligen Anspruchs auf Ergänzungsleistungen für das Jahr 1977. Sie wies unter anderem darauf hin, dass, entgegen der Berechnung in der angefochtenen Verfügung vom 17. Juni 1977, bei noch unverteilten Erbschaften, deren Nutzung faktisch dem überlebenden Ehegatten überlassen wird, diesem für die Belange der Ergänzungsleistungen ein Viertel des Nachlasses als Eigentum, die restlichen drei Viertel als Nutzniessung anzurechnen seien. Bei der Einkommensberechnung sei dementsprechend der Ertrag aus dem Nachlassvermögen zu einem Viertel infolge Eigentums und zu drei Viertel infolge Nutzniessung zu berücksichtigen. Die gleiche Unterteilung sei bei den abzugsberechtigten Schuldzinsen vorzunehmen. Als Gebäudeunterhaltskosten könnten indes anteilsmässig abgezogen werden: auf dem Eigentumsviertel der tatsächliche, nicht wertvermehrende Unterhalt; beim Nutzniessungsanteil, in Anlehnung an das Steuerrecht, ein Sechstel des Liegenschaftsertrages.
| 5 |
Mit Entscheid vom 24. Februar 1978 erkannte das Versicherungsgericht des Kantons Bern: "Soweit die Verfügung vom 16. Juni 1977 betreffend, wird die Beschwerde abgewiesen; betreffend die Verfügung vom 17. Juni 1977 wird sie insofern gutgeheissen, als die angefochtene Verfügung aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen wird zur Neuberechnung des EL-Anspruches für 1977 nach Massgabe der Motive." In den Erwägungen wurde der Verwaltung hinsichtlich Einkommensberechnung nahegelegt, diese sowohl unter Annahme einer Wahl des Eigentumsviertels durch die Versicherte als auch unter Annahme einer Wahl der Nutzniessung an der Hälfte des Nachlasses nach den von ihr selber ![]() | 6 |
C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Ausgleichskasse, der Entscheid des Versicherungsgerichts sei teilweise aufzuheben; die Sache sei anschliessend an sie zurückzuweisen, damit sie eine neue Verfügung im Sinne ihrer Anträge vor der Vorinstanz erlassen könne.
| 7 |
Die Versicherte stellt ihrerseits den Antrag, die Ausgleichskasse sei anzuweisen, den von der Steuerbehörde anerkannten Unterhaltskosten-Betrag von Fr. 8'443.-- bei der Einkommensberechnung in Abzug zu bringen; eventualiter sei die Hälfte davon zu berücksichtigen, entsprechend dem ihr von den Miterben freiwillig zur Nutzniessung überlassenen halben Teil der Liegenschaft.
| 8 |
Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; der Entscheid der Vorinstanz sei aufzuheben und die Akten seien zur neuen Abklärung des EL-Anspruchs - unter Anrechnung je eines Viertels des Liegenschaftsertrags, der Hypothekarzinsen sowie der tatsächlich erwachsenen Gebäudeunterhaltskosten (in Anlehnung an Art. 18 ELV) - und zu neuer Verfügung an die Verwaltung zurückzuweisen.
| 9 |
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
10 | |
2. a) Als Einkommen sind nach Art. 3 Abs. 1 lit. b ELG unter anderem auch die Einkünfte aus beweglichem oder unbeweglichem Vermögen anzurechnen. Darunter fallen ohne Zweifel auch die Einkünfte, welche Ida Schmid aus ihrem für ![]() | 11 |
Wie das Eidg. Versicherungsgericht in einem nicht veröffentlichten Urteil vom 9. November 1970 i.S. Reichmuth entschieden hat, kann den den Erbanspruch übersteigenden Zuwendungen von Miterben (Nachkommen) aus der Erbschaft der Charakter einer Verwandtenunterstützung gemäss den Artikeln 328 ff. ZGB zugesprochen werden. Im vorliegenden Fall ist von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Es wäre nämlich unverständlich, wenn eine derartige Geste nicht zu einer Besserstellung der Bedachten, sondern lediglich zu einer Entlastung der öffentlichen Hand führen würde.
| 12 |
b) Vom Einkommen sind laut Art. 3 Abs. 4 lit. b ELG die Schuldzinsen abzuziehen. Die Ausgleichskasse und die Vorinstanz scheinen sich darüber einig zu sein, dass bei der Berechnung des EL-Anspruchs die gesamten aus der hypothekarischen Belastung der Nachlassliegenschaft sich ergebenden Schuldzinsen vom Einkommen in Abzug zu bringen seien und nicht nur ein Viertel derselben gemäss der von Art. 18 ELV vorgesehenen Vermögensaufteilung.
| 13 |
Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Ihre Konkretisierung würde zur Folge haben, dass ein Leistungsansprecher durch Bezahlung von Schulden Dritter Ergänzungsleistungen erwirken könnte. Dies widerspräche der Zielsetzung von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG, wonach Einkünfte und Vermögenswerte, auf die zur Erwirkung von Ergänzungsleistungen verzichtet worden ist, als Einkommen anzurechnen sind. Entsprechend dem anrechenbaren Vermögensviertel ist daher lediglich ein Viertel der Schuldzinsen vom Einkommen der Versicherten abzuziehen.
| 14 |
c) Vom anrechenbaren Einkommen sind weiter die Gebäudeunterhaltskosten abzuziehen (Art. 3 Abs. 4 lit. c ELG). Art. 16 ELV präzisiert dazu, dass die Kosten des laufenden ![]() ![]() | 15 |
16 | |
Für die von der Vorinstanz vorgeschlagene Berechnung des Anspruchs auf Ergänzungsleistungen sowohl auf Grund des Eigentumsviertels als auch auf Grund der Nutzniessung an der Hälfte des Nachlasses mit nachfolgender Zusprechung des Mittels beider Ergebnisse fehlt die diesbezügliche rechtliche und sachliche Grundlage.
| 17 |
18 | |
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 24. Februar 1978 und die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Bern vom 17. Juni 1977 aufgehoben werden. Die Sache wird an die Ausgleichskasse des Kantons Bern zur Neuberechnung im Sinne der Erwägungen und zu neuer Verfügung zurückgewiesen.
| 19 |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |