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24. Urteil vom 10. Juli 1980 i.S. Mittnacht gegen Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössisches Departement des Innern | |
Regeste |
Art. 2 Abs. 1 Vo VI. | |
Sachverhalt | |
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Mit Verfügung vom 26. April 1979 wies das Bundesamt für Sozialversicherung ihr Gesuch um Zulassung zur selbständigen Berufsausübung für die Krankenkassen ab. Das Amt begründete ![]() | 2 |
B.- Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies das Eidgenössische Departement des Innern am 13. September 1979 mit gleichlautender Begründung ab.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Ingrid Mittnacht, es sei ihrem Zulassungsgesuch zu entsprechen. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst unter Hinweis auf den Antrag des Eidgenössischen Departements des Innern auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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- allgemeine Anatomie und Physiologie, mit besonderer Berücksichtigung des Bewegungsapparates;
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- allgemeine Krankheitslehre, angepasst der Physiotherapeutentätigkeit;
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- physikalische Therapie in Theorie und Praxis: Massage, Heilgymnastik und Elektrotherapie.
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Art. 2 Abs. 2 Vo VI schreibt überdies eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit bei einem gemäss dieser Verordnung zugelassenen Physiotherapeuten oder in einer physikalisch-therapeutischen Spezialabteilung einer Heilanstalt vor.
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2. Streitig ist im vorliegenden Fall einzig, ob die Beschwerdeführerin über die geforderte dreijährige Fachausbildung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Vo VI verfügt. Die Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherung haben dies mit der Begründung verneint, die Ausbildung der Beschwerdeführerin zur Krankengymnastin in der Bundesrepublik Deutschland entspreche nicht vollumfänglich derjenigen in der Schweiz. Ein wesentlicher Unterschied bestehe darin, dass der deutsche Lehrgang bereits nach zwei Jahren mit der Prüfung abgeschlossen werde, ![]() | 10 |
a) Die Beschwerdeführerin absolvierte im Jahre 1962 ein dreimonatiges Praktikum in einem Akutkrankenhaus. Dieses Praktikum entspricht der Empfehlung in Ziff. 3 lit. h der Aufnahmebedingungen und Bestimmungen der von ihr anschliessend besuchten Lehranstalt "Rudolf-Klapp-Schule". Nach ihrer glaubwürdigen und unwidersprochen gebliebenen Aussage musste sie im weiteren an dieser Schule eine Aufnahmeprüfung bestehen. Art. 8 der deutschen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankengymnasten vom 7. Dezember 1960 (in der Fassung vom 25. Juni 1971) schreibt für die Zulassung sodann abgeschlossene Mittelschulbildung oder eine mindestens gleichwertige Schulbildung vor. Es lässt sich daher nicht sagen, die Beschwerdeführerin habe ihre Ausbildung unter massgeblich weniger strengen Voraussetzungen angetreten, als sie für die Zulassung an verschiedenen anerkannten schweizerischen Physiotherapeutenschulen üblich sind.
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b) Festzustellen ist ferner, dass die Beschwerdeführerin über eine dreijährige Fachausbildung verfügt. Sie liess sich vom Oktober 1962 bis Ende September 1964 an der "Rudolf-Klapp-Schule" in Krankengymnastik ausbilden und beendete diesen Lehrgang erfolgreich mit dem Staatsexamen. Anschliessend absolvierte sie vorschriftsgemäss am Klinikum der Philipps-Universität in Marburg/Lahn ein Praktikumsjahr, verbunden mit ergänzendem Theorieunterricht. Der Ausbildungszweck und -charakter dieser praxisbezogenen Tätigkeit ergibt sich klar aus der erwähnten Ausbildungs- und Prüfungsordnung (KAPO). So schreibt § 20 KAPO vor, dass von der praktischen Tätigkeit mindestens vier Monate auf einer chirurgischen oder orthopädischen und mindestens vier Monate auf einer innermedizinischen Abteilung zu leisten sind (Ziff. 2). Während der praktischen Tätigkeit hat der Praktikant durch Teilnahme an mindestens 100 Unterrichtsstunden seine während des Lehrgangs ![]() | 12 |
c) Indes bleibt zu prüfen, ob die oben als dreijährig qualifizierte deutsche Fachausbildung in Krankengymnastik dem dreijährigen Lehrgang an anerkannten schweizerischen Physiotherapeutenschulen gleichwertig ist. Im Zusammenhang mit dieser Frage wird zu untersuchen sein, ob dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin die Fachprüfung (gemäss deutscher Prüfungsordnung) bereits nach zwei Lehrjahren abgelegt hatte, entscheidende Bedeutung zukommt.
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Sowohl die Vorinstanz wie das Bundesamt für Sozialversicherung vertreten zutreffend die Auffassung, dass sich das Stoffgebiet der Lehrpläne anerkannter schweizerischer Physiotherapeutenschulen mit demjenigen deutscher Lehranstalten für Krankengymnastik inhaltlich weitgehend deckt und dass die Beschwerdeführerin insofern über eine Ausbildung verfügt, die sich von der schweizerischen nicht wesentlich unterscheidet. Es wird im weiteren nicht behauptet, dass sich der deutsche Lehrgang hinsichtlich des Umfangs der vermittelten Kenntnisse und der Qualität der Ausbildung nicht mit den Verhältnissen an schweizerischen Physiotherapeutenschulen messen könne. Zu einer solchen Annahme besteht nach Massgabe der Akten auch kein Grund. So ergab eine Ermittlung des Gesundheitsamtes Basel-Stadt, dass die Absolventen der Physiotherapeutenschule des Kantonsspitals Basel-Stadt im Laufe der dreijährigen ![]() | 14 |
Die Vorinstanz und das Bundesamt für Sozialversicherung haben denn die Zulassung zur selbständigen Berufsausübung für die Krankenkassen auch nicht mit ungenügender ausbildungsmässiger und beruflicher Qualifikation der Beschwerdeführerin begründet, sondern mit der andersgearteten Ausbildungskonzeption in der Bundesrepublik. Sowohl in der Schweiz wie in der Bundesrepublik wird der theoretische Wissensstoff zur Hauptsache in den ersten zwei Lehrjahren vermittelt. Der Schwerpunkt im dritten Lehrjahr liegt in beiden Staaten nahezu ausschliesslich in der ausbildungsmässigen praktischen Tätigkeit. Der die Erfahrungen aus der Praxis ergänzende theoretische Unterricht nimmt nur bescheidenen Raum ein. Insofern stimmen die beiden Lehrsysteme im wesentlichen überein. Da die Prüfungen über die theoretischen Kenntnisse und die praktischen Fähigkeiten (§ 12 Ziff. 1 KAPO) der angehenden Krankengymnastin gemäss deutschem Recht bereits nach zwei Lehrjahren stattfinden, besteht der Unterschied zur Hauptsache darin, dass die im dritten Lehrjahr erworbene praktische Befähigung keinem Examen unterworfen ist. Diese Tatsache allein genügt nicht, dem einjährigen Praktikum die ![]() | 15 |
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Eidgenössischen Departements des Innern vom 13. September 1979 sowie die Verfügung des Bundesamtes für Sozialversicherung vom 26. April 1979 aufgehoben und es wird die Sache an das Bundesamt für Sozialversicherung zur Weiterbehandlung im Sinne der Erwägungen zurückgewiesen.
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