BGE 108 V 13 | |||
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5. Urteil vom 4. März 1982 i.S. Primus gegen Schweizerische Ausgleichskasse und Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen | |
Regeste |
Verzugszinsen. | |
Sachverhalt | |
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Italino Primus beschwerte sich hiegegen am 22. Februar 1974 bei der Eidgenössischen Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen und reichte, als deren Entscheid auf sich warten liess, am 4. April 1977 beim Eidg. Versicherungsgericht Rechtsverzögerungsbeschwerde ein. Diese wurde teilweise gutgeheissen, indem das Eidg. Versicherungsgericht die Rekurskommission anwies, die bei ihr anhängige Beschwerde im Sinne der Erwägungen an die Hand zu nehmen und so rasch als möglich zum Entscheid zu führen (Urteil vom 19. Dezember 1977).
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Mit Entscheid vom 21. Februar 1978 hiess die Rekurskommission die Beschwerde vom 22. Februar 1974 in dem Sinne gut, dass sie Italino Primus ab 1. Juli 1973 eine ganze einfache Invalidenrente zusprach. Daraufhin wandte sich der Anwalt des Versicherten am 2. März 1978 an die Schweizerische Ausgleichskasse mit dem Begehren, es sei für die lange Wartezeit ein Zins zu 5% seit mittlerem Verfall zusätzlich zu den Rentenzahlungen auszurichten. Gestützt auf Art. 8 lit. c in Verbindung mit Art. 7 lit. a des schweizerisch-italienischen Abkommens über Soziale Sicherheit verfügte die Schweizerische Ausgleichskasse am 14. Juni 1978 anstelle derRente eine Abfindung von Fr. 11'241.--. Mit separater Verfügung vom 30. Juni 1978 lehnte die Kasse das Begehren um Ausrichtung von Verzugszinsen ab.
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B.- Die gegen die Verfügung vom 30. Juni 1978 erhobene Beschwerde wies die Eidgenössische Rekurskommission der AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen mit Entscheid vom 13. September 1979 ab.
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C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Italino Primus beantragen, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und es sei die Schweizerische Ausgleichskasse anzuweisen, ihm "als Zins den Betrag von Fr. 2'810.25 nebst Zins darauf zu 5% ab 1. Juli 1978 zu bezahlen". Auf die Begründung wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. Die Schweizerische Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
1. Das vorliegende Verfahren betrifft Verzugszinsen auf einer Sozialversicherungsleistung. Es handelt sich mithin um einen Streit um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, weshalb dem Eidg. Versicherungsgericht die umfassende Überprüfungsbefugnis gemäss Art. 132 OG zusteht (BGE 101 V 117 Erw. 2).
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In BGE 101 V 117 Erw. 3 hat das Eidg. Versicherungsgericht seine Rechtsprechung einlässlich dargelegt und festgehalten, dass der Hauptgrund für die Verneinung einer Verzugszinspflicht sich aus der Rolle ergibt, welche der Verwaltung zukommt. Sie tritt als Inhaberin der öffentlichen Gewalt auf und ist verpflichtet, die Leistungsbegehren der Versicherten zu prüfen, was manchmal längere Zeit in Anspruch nimmt, und das Recht in objektiver Weise darauf anzuwenden. Wollte man ihr durchwegs Verzugszinsen auferlegen, so käme dies einer Bestrafung für die sorgfältige Erfüllung ihrer Aufgaben gleich. Nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung muss anderseits auch der Versicherte von der Bezahlung von Verzugszinsen befreit sein, wenn er glaubt, sein Recht verteidigt zu haben.
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b) Allerdings hat das Eidg. Versicherungsgericht schon im Jahre 1967 die Möglichkeit von Ausnahmen bei besonderen Umständen ("circonstances particulières") vorbehalten, diese aber nicht näher umschrieben (EVGE 1967 S. 64 Erw. 4 in fine; vgl. auch BGE 103 V 156 Erw. 7b, EVGE 1968 S. 21 Erw. 2, S. 173, RSKV 1973 S. 123). In BGE 101 V 118 hat es entschieden, dass die ausnahmsweise Auferlegung von Verzugszinsen bei widerrechtlichen oder auch nur trölerischen Machenschaften von Verwaltungsorganen ("manoeuvres illicites ou purement dilatoires") gerechtfertigt ist (vgl. auch RSKV 1979 S. 12).
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Diese Voraussetzungen sah das Eidg. Versicherungsgericht bislang nur in besonders krassen Einzelfällen als erfüllt an. So wurden im Bereiche der Krankenversicherung solche Umstände darin erblickt, dass eine Versicherte ihre Beitragsschuld bestritten hatte, ohne irgendeinen Entschuldigungsgrund dafür anzugeben; auch hatte sie keinen Vergleich mit der Krankenkasse angestrebt und sich auch nicht die Mühe genommen, sich sobald als möglich von Verpflichtungen zu befreien, die sie nicht mehr tragen wollte oder konnte; durch ihr Verhalten hatte sie der Kasse erhebliche Umtriebe verursacht. Das Gericht stellte fest, gegenüber denjenigen Versicherten, die ihrer Beitragspflicht regelmässig nachkommen, wäre es unbillig, wenn die Kasse die ganze Belastung durch diesen Streitfall zu übernehmen hätte, und bestätigte die von der Vorinstanz angeordnete Auferlegung von Verzugszinsen (EVGE 1968 S. 21 Erw. 2). In einem andern Fall nahm das Eidg. Versicherungsgericht eine Ausnahme vom Grundsatz der Nichtverzinsbarkeit deshalb an, weil eine Ausgleichskasse sich in willkürlicher Weise wiederholt und während einer langen Dauer geweigert hatte, einen von der zuständigen Invalidenversicherungs-Kommission gefassten Beschluss durch Verfügung zu eröffnen und der Versicherten eine Invalidenrente zuzusprechen (BGE 101 V 119 Erw. 4). Keine besonderen Umstände im Sinne einer Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz lagen hingegen vor, als Krankenkassen auf den von einem Arzt eingereichten Rechnungen Abzüge vornahmen, welche sich als unrechtmässig erwiesen (BGE 103 V 156 Erw. 7b), als sie Krankengelder bzw. eine Invaliditätsentschädigung zu Unrecht vorenthielten (EVGE 1968 S. 167 ff., 1967 S. 57 ff.; RSKV 1979 S. 3 ff., 1973 S. 68 ff.) und als sich die Auszahlung von Arbeitslosenentschädigungen zufolge der Erhebung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde durch die Arbeitslosenkasse verzögerte (unveröffentlichtes Urteil Wipf vom 17. Januar 1978).
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b) Praxisänderungen lassen sich im allgemeinen nur rechtfertigen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht (BGE 107 V 82 Erw. 5a mit Hinweisen). Wie das Gesamtgericht, dem die Rechtsfrage der Verzugszinspflicht wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung unterbreitet wurde, entschieden hat, sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts geht dem Grundsatz nach davon aus, dass Verzugszinsen nicht geschuldet sind, sofern sie das Gesetz nicht vorsieht, und nimmt mithin ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzes an (MAURER, Sozialversicherungsrecht, S. 232 und 306 Fussnote 688). An diesem Rechtszustand änderte sich bis zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Kassenverfügung (30. Juni 1978) nichts. Dass auf den 1. Januar 1979 mit der 9. AHV-Revision im Bereich der Beitragserhebung die Verzugszinspflicht eingeführt wurde, spricht entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht gegen, sondern vielmehr für die bisherige Rechtsprechung. In seiner Botschaft über die 9. AHV-Revision vom 7. Juli 1976 (BBl 1976 III 28) führte der Bundesrat nach der Darlegung der für Verzugs- und Vergütungszinsen im Beitragssektor sprechenden Gründe folgendes aus:
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"Dagegen dürfte es sich erübrigen, eine Regelung zu treffen für Vergütungszinsen, die nach der Praxis des EVG zu bezahlen sind, wenn Versicherungsleistungen in schwer schuldhafter Weise mit erheblicher Verspätung ausgerichtet werden; die hiefür von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen werden bei der AHV/IV nach bisheriger Erfahrung nur selten erfüllt sein. Solche Tatbestände können daher vorderhand in den Verwaltungsweisungen geordnet werden."
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In den Beratungen der Kommissionen der eidgenössischen Räte und auch im Plenum selber stand eine allfällige Ausdehnung der Verzugszinspflicht auf den Leistungsbereich in keinem Zeitpunkt zur Diskussion (vgl. Protokolle der nationalrätlichen Kommission vom 14. Februar 1977, S. 28 ff., und der ständerätlichen Kommission vom 31. März 1977, S. 36; Amtl. Bull. 1977 N 307, S. 256). Es ist daher nach wie vor davon auszugehen, dass die grundsätzliche Verneinung von Verzugszinsen auf Leistungen der Sozialversicherung auf einem qualifizierten Schweigen des Gesetzes beruht. Angesichts dieser klaren Situation kann auch nicht gesagt werden, die generelle Einführung von Verzugszinsen im Sozialversicherungsrecht entspreche gewandelten Rechtsanschauungen. Demnach ist daran festzuhalten, dass das Sozialversicherungsrecht grundsätzlich keine Verzugszinsen kennt, sofern solche nicht gesetzlich vorgesehen sind.
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c) Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Gleichbehandlungsgebot vermag hieran nichts zu ändern. Wird um die Ausrichtung einer Rente der Invalidenversicherung nachgesucht, so hat die Verwaltung bezüglich der Leistungspflicht verschiedene Abklärungen (etwa über die Versicherteneigenschaft, die gesundheitlichen und erwerblichen Verhältnisse, die Eingliederungsmöglichkeiten, die Faktoren der Rentenberechnung) vorzunehmen, deren Dauer in starkem Masse von den Gegebenheiten im konkreten Einzelfall abhängt. Erfahrungsgemäss hat dies (sowie der Umstand, dass die Leistungen der Invalidenversicherung für die zwölf der Anmeldung vorangehenden Monate ausgerichtet werden können; vgl. Art. 48 Abs. 2 IVG) zur Folge, dass es, wenn - möglicherweise erst nach Durchlaufen des Beschwerdeweges - die Leistungspflicht bejaht wird, praktisch in allen Fällen zu einer rückwirkenden Zusprechung von Renten (und auch von Hilflosenentschädigungen und Taggeldern) kommt. Insofern liegen die Verhältnisse bei der überwiegenden Zahl der Gesuchsteller grundsätzlich gleich, weshalb nicht von einer rechtsungleichen Behandlung der einen Versicherten im Vergleich zu andern gesprochen und daraus die Notwendigkeit eines Zinsausgleichs abgeleitet werden kann.
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Auch die übrigen Vorbringen des Beschwerdeführers sind nicht stichhaltig. Zwar mag es zutreffen, dass sich im Falle der Nichtverzinsbarkeit im Leistungsbereich für die Sozialversicherung gewisse Zinsvorteile ergeben können. Indessen gilt es zu bedenken, dass eine generelle Bejahung der Verzugszinspflicht angesichts der grossen Zahl von Leistungsbegehren, welche die Verwaltung zu bearbeiten hat, zu einer erheblichen Vermehrung des administrativen Aufwandes und zu einer Verminderung der Leistungsfähigkeit der Sozialversicherung führen würde, was letztlich dem Interesse der Allgemeinheit der Versicherten zuwiderliefe. Dem könnte zwar entgegengehalten werden, die Frage nach dem Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen stelle sich auch bezüglich der Verzugszinspflicht im Beitragssektor. Zu beachten ist aber, dass hier Verzugszinsen nicht bei jeder verspäteten Beitragszahlung, sondern in der Regel erst dann geschuldet sind, wenn die Beiträge nicht innert vier Monaten nach Beginn des Zinslaufs bezahlt werden (Art. 41bis Abs. 1 und 2 AHVV), und dass auf Beiträgen von weniger als Fr. 3'000.-- generell keine Verzugszinsen zu entrichten sind (Art. 41bis Abs. 4 AHVV). Daraus folgt, dass sich die Verzugszinsfrage bloss bei einem Teil der verspäteten Beitragszahlungen stellt, wogegen sie im Falle der generellen Bejahung der Verzugszinspflicht im Leistungsbereich nach dem zuvor Gesagten praktisch bei jeder Gewährung von Geldleistungen zu prüfen wäre.
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b) Gemäss Beschluss des Gesamtgerichts ist daran festzuhalten, dass die ausnahmsweise Bejahung der Verzugszinspflicht nur bei besonderen Umständen in Betracht kommen kann. Solche sind nur gegeben bei widerrechtlichen oder trölerischen Machenschaften; dabei bedarf es neben der Rechtswidrigkeit auch eines schuldhaften Verhaltens der Verwaltung (oder einer Rekursbehörde). Ferner hat es das Gesamtgericht abgelehnt, die Verzugszinspflicht generell für bestimmte Gruppen von Fällen (etwa gerichtlich festgestellte Rechtsverzögerungen) zu bejahen. Wegleitend dafür ist die Überlegung, dass die Auferlegung von Verzugszinsen im Sozialversicherungsrecht nach wie vor nur ausnahmsweise und in Einzelfällen gerechtfertigt ist, bei denen das Rechtsempfinden in besonderer Weise tangiert ist.
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c) Im Urteil vom 19. Dezember 1977 betreffend die Rechtsverzögerungsbeschwerde des Beschwerdeführers (vgl. den Parallelfall in BGE 103 V 190 ff.) hat das Eidg. Versicherungsgericht ausgeführt, dass eine unrechtmässige Rechtsverzögerung dann vorliegt, wenn die Umstände, welche zur unangemessenen Verlängerung des Verfahrens führten, objektiv nicht gerechtfertigt sind; unerheblich ist dabei, auf welche Gründe - beispielsweise auf ein Fehlverhalten der Behörden oder auf andere Umstände - die Rechtsverzögerung zurückzuführen ist (BGE 103 V 194 Erw. 3c). Das Gericht sah in jenem Verfahren die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge als berechtigt an und stellte eine objektiv nicht gerechtfertigte Verzögerung fest. Die Frage eines subjektiven Verschuldens war dabei nicht zu prüfen. Angesichts des in Erw. 4b hievor Gesagten kann der Beschwerdeführer aus dem erwähnten Urteil für die hier streitige Frage der Verzugszinspflicht nichts zu seinen Gunsten ableiten. Im übrigen bringt er in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts vor, was auf ein Verschulden bei der von der Rekurskommission begangenen Rechtsverzögerung in dem am 21. Februar 1978 erledigten Verfahren schliessen bzw. die im vorinstanzlichen Entscheid zur Verneinung eines Verschuldens angeführten Überlegungen als fragwürdig erscheinen liesse.
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Somit sind die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Auferlegung von Verzugszinsen nicht erfüllt. Soweit der Beschwerdeführer sein Begehren, die Schweizerische Ausgleichskasse habe ihm den Betrag von Fr. 2'810.25 samt Zins ab 1. Juli 1978 zu bezahlen, auf Art. 3 Abs. 1 VG abstützt, ist auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde schon deshalb nicht einzutreten, weil Staatshaftungsforderungen nicht in die sachliche Zuständigkeit des Eidg. Versicherungsgerichts fallen (Art. 10 Abs. 1 VG) und im übrigen ohnehin nicht mittels Beschwerde, sondern auf dem Klageweg zu verfolgen sind (Art. 10 Abs. 2 VG, Art. 116 lit. c OG, Art. 5 Abs. 3 VwVG).
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