BGE 109 V 207 | |||
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38. Auszug aus dem Urteil vom 29. August 1983 i.S. Firma Max Ritter gegen Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössisches Departement des Innern | |
Regeste |
Art. 104 OG. Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts, wenn die Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln streitig ist (Erw. 1b). |
- Art. 12 Abs. 6 und Art. 23 KUVG sind eine genügende gesetzliche Grundlage für eine über den blossen Missbrauchsschutz hinausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung; keine Berufung auf die Handels- und Gewerbefreiheit (Erw. 4). |
- Die Vorschriften zur Wirtschaftlichkeitsprüfung in Vo VIII und Vf 10 halten sich innerhalb der gesetzlichen Delegationsnorm (Erw. 5). |
- Art. 6 Abs. 1 Vf 10 ist Grundlage für eine Preisabstufung nach der Grösse der Arzneimittelpackung (Erw. 6a). |
Richtlinien des Bundesamtes für Sozialversicherung über Preisrelationen bei unterschiedlichen Packungsgrössen gleicher Dosierung bzw. bei gleichen Packungsgrössen unterschiedlicher Dosierung (vom 28. März 1979). |
- Rechtlicher Charakter der Richtlinien; sie enthalten keine Rechtssätze und bedürfen keiner gesetzlichen Grundlage (Erw. 3). |
- Die Richtlinien beruhen auf Erfahrungswerten; ihre Anwendung lässt sich nicht beanstanden, soweit im konkreten Fall nicht nachgewiesen ist, dass sie aufgrund besonderer Umstände zu einem offensichtlich unhaltbaren Ergebnis führen (Erw. 6b). |
- Verletzung der Rechtsgleichheit im Hinblick auf Arzneimittel, die vor Erlass der Richtlinien in die Spezialitätenliste aufgenommen worden sind (Erw. 6c)? | |
Sachverhalt | |
A.- Die Firma Max Ritter vertreibt in der Schweiz das durch die Ferring AB in Malmö hergestellte Arzneimittel GAVISCON. Es ist indiziert bei saurem Aufstossen, Reflux, Oesophagitis, Sodbrennen, Völlegefühl bei Patienten mit und ohne Hiatushernie, bei Lageanomalien des Magens z.B. infolge Schwangerschaft sowie bei Hypersekretion. Mit Wirkung ab 15. März 1977 wurden die Packungen zu 24 und 48 Tabletten in die Spezialitätenliste aufgenommen, und zwar zum Preise von Fr. 6.25 bzw. Fr. 11.20. Im Dezember 1978 meldete die Firma eine Grosspackung zu 200 Tabletten zur Aufnahme in die Spezialitätenliste an und nannte dabei einen Preis von Fr. 42.50. Mit Verfügung vom 5. Juli 1979 lehnte das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) das Gesuch ab, da eine Einsparung von nur 9% gegenüber der Packung zu 48 Tabletten zu gering und die Grosspackung somit zu teuer sei.
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B.- Gegen diese Verfügung liess die Firma Beschwerde erheben mit dem Antrag, es sei die Grosspackung zu 200 Tabletten zum vorgesehenen Preis von Fr. 42.50 in die Spezialitätenliste aufzunehmen. Dazu machte sie geltend, die Richtlinien des BSV über Preisrelationen bei unterschiedlichen Packungsgrössen seien willkürlich, stellten praktisch eine Preiskontrolle dar und würden rechtsungleich angewendet; ein Rabatt von 24% zur kleinsten Packung sei nicht möglich, da bei zunehmendem Preis des Produkts die prozentuale Einsparung bei der Herstellung der Packung kleiner werde.
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Nach Einholen einer Meinungsäusserung der Eidgenössischen Arzneimittelkommission (EAK) durch das BSV wies das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) die Beschwerde mit Entscheid vom 10. Dezember 1980 ab.
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C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Firma beantragen, es sei die Aufnahme von GAVISCON 200 Tabletten in die Spezialitätenliste anzuordnen; eventualiter sei die Sache zum Erlass einer entsprechenden Verfügung an das BSV zurückzuweisen. Das EDI schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
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Aus den Erwägungen: | |
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b) Die Beschwerdeführerin bemängelt zunächst unter Berufung auf ein Gutachten von RHINOW vom 22. April 1980 über die Preisaufsicht des Bundes bei Arzneimitteln (abgedruckt in Wirtschaft und Recht [WuR] 33/1981 S. 1 ff.), in BGE 105 V 190 f. schränke das Eidg. Versicherungsgericht seine Überprüfungsbefugnis bei Streitfällen über die Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln in unzulässiger Weise ein (a.a.O. S. 60 ff.). Der EAK komme bei Preisfragen keine Expertenstellung zu; wenn das Gericht sich dennoch "auf das Fachwissen und die Praxis der Verwaltung" zurückziehe und eine "reine Rechtsfrage" wie die "der Art und des Umfangs der im Rahmen des KUVG zulässigen Preiskontrolle" nicht "voll" überprüfe, so führe dies "zu einer unhaltbaren Verkürzung des Rechtsschutzes der Betroffenen".
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Entgegen der Befürchtung der Beschwerdeführerin kann aus dem erwähnten Urteil nicht gefolgert werden, das Eidg. Versicherungsgericht wolle seine gesetzlich festgelegte Überprüfungsbefugnis einschränken und Rechtsfragen nicht voll überprüfen. Wie dies ganz allgemein bei Streitigkeiten über die Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste zutrifft, können sich auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit "reine" Rechtsfragen stellen. Sie sind vom Eidg. Versicherungsgericht gemäss Art. 104 lit. a OG auf die Verletzung von Bundesrecht hin zu überprüfen, wobei zum Bundesrecht auch das Bundesverfassungsrecht und die allgemeinen Rechtsgrundsätze wie die Rechtsgleichheit und die Verhältnismässigkeit gehören (BGE 108 Ib 74, BGE 106 Ib 253, BGE 104 V 177 Erw. 2, BGE 102 V 125 Erw. 1b, BGE 99 V 57 und 60). Allerdings sind beim Entscheid darüber, ob der für ein bestimmtes Arzneimittel vorgesehene Preis einer Aufnahme in die Spezialitätenliste entgegensteht oder nicht, auch ausgesprochene Fachfragen zu beurteilen. In diesem Bereich ist die Verwaltung auf die besonderen Fachkenntnisse ihrer Amtsträger oder auf die Beratung durch entsprechende Fachleute angewiesen. So sehen denn auch Art. 12 Abs. 6 KUVG und Art. 8 ff. Vo VIII den Beizug der EAK vor, der - funktionell betrachtet - die Bedeutung eines verwaltungsinternen beratenden Gremiums zukommt (BGE 108 V 138 Erw. 4). Bei der Beantwortung solcher Fachfragen steht der Verwaltung ein weiter Spielraum des Ermessens bzw. - wo es sich um die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe handelt - ein Beurteilungsspielraum zu. Im Rahmen der auf die Rechtskontrolle beschränkten Überprüfungsbefugnis hat sich das Eidg. Versicherungsgericht bei der Prüfung von Fragen, die solche Fachkenntnisse voraussetzen, Zurückhaltung aufzuerlegen, solange nicht ernsthafte Gründe zu Zweifeln bestehen. Keiner solchen Zurückhaltung bedarf es hingegen, wenn es sich um Fragen handelt, welche die Beschwerdeinstanz nach Massgabe ihrer Überprüfungsbefugnis ebenso gut beurteilen kann wie die Verwaltung (vgl. BGE 108 V 140 Erw. 4c/dd).
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b) Am 28. März 1979 hat das BSV Richtlinien über die Preisrelation zwischen unterschiedlichen Packungsgrössen gleicher Dosierung sowie über die Preisrelation zwischen gleichen Packungsgrössen unterschiedlicher Dosierung herausgegeben. Darin werden unter Berücksichtigung verschiedener galenischer Formgebungen (Tabletten, Salben, Sirups, Zäpfchen, Ampullen) sowie des Verhältnisses zwischen Klein- und Grosspackung bzw. des Dosierungsunterschiedes prozentuale Preisreduktionen vorgesehen. Sie sollen beispielsweise bei Tabletten und einem Packungsgrössenverhältnis von 1:3 ca. 16% und von 1:5 ca. 24% ausmachen.
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3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der vorinstanzliche Entscheid sei rechtswidrig, weil er sich auf die Richtlinien des BSV vom 28. März 1979 stütze. Diese entbehrten mangels einer Delegationsnorm der gesetzlichen Grundlage und könnten damit nicht als verbindlich angesehen werden. Die Beschwerdeführerin setzt dabei anscheinend voraus, dass die Vorinstanz diesen Richtlinien die Verbindlichkeit eines Rechtssatzes beimisst. Dies trifft indessen nicht zu. Die Vorinstanz bezeichnet die Richtlinien an keiner Stelle als verbindlich, sondern führt in diesem Zusammenhang in ihrem Entscheid bloss aus, die EAK habe sich zur Beurteilung des Preisverhältnisses eine Praxis erarbeitet, welche in den Richtlinien des BSV zum Ausdruck komme. Aus diesen ist denn auch deutlich ersichtlich, dass es sich dabei "lediglich um Richtwerte (handelt), von denen je nach therapeutischer Indikationsgruppe oder Zusammensetzung des einzelnen Medikamentes Abweichungen nach unten wie nach oben möglich sind". Derartige verwaltungsinterne Richtlinien, die im Interesse einer einheitlichen und rechtsgleichen Verwaltungspraxis aufgestellt und allenfalls zu Orientierungszwecken herausgegeben werden - was gerade vorliegend entsprechend einem Wunsch der Hersteller und Importeure von Arzneimitteln geschehen ist (Protokoll Hearing vom 12. Juli 1979 mit Vertretern der chemischen Industrie) -, stellen keine Rechtssätze dar und sind für den Richter nicht verbindlich (BGE 107 Ib 51 f., BGE 107 V 154 Erw. 2b, je mit Hinweisen). Sie bedürfen keiner gesetzlichen Grundlage (vgl. BGE 98 Ib 261 Erw. 4a). Dies wird denn auch von RHINOW (a.a.O. S. 43 ff.) mit Recht nicht in Zweifel gezogen. Der Einwand der Beschwerdeführerin stösst damit ins Leere.
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a) In BGE 102 V 79 Erw. 2 hat das Eidg. Versicherungsgericht im Anschluss an die vorstehend in Erw. 2a dargestellte materiellrechtliche Ordnung ausgeführt:
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"Demzufolge beurteilt sich die Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels teils unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Wertung mehrerer zum gleichen Behandlungszweck zur Verfügung stehender Heilmittel, teils nach der Höhe des Preises des in Frage stehenden Arzneimittels an sich. Über die in der Verfügung genannten Kriterien hinaus muss der Preis eines bestimmten Arzneimittels, bzw. einer Gruppe von solchen, auch in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Nutzen stehen. Je schwerer eine Krankheit (und gegebenenfalls deren Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit) im allgemeinen einzustufen ist, desto höhere Kosten dürfen für das indizierte Arzneimittel verantwortet werden. Anderseits setzt der Begriff der Wirtschaftlichkeit voraus, dass sich der Preis eines Arzneimittels auch mit Bezug auf dessen Kosten (Herstellungskosten einschliesslich der in Art. 6 Abs. 2 lit. c Verfügung 10 genannten Kosten) in vertretbarem Rahmen hält. Eine Preiskontrolle in dem Sinne, dass die Aufnahme eines Arzneimittels in die Spezialitätenliste davon abhängig zu machen wäre, dass der Preis des Präparates ausschliesslich nach Massgabe der Gestehungskosten zuzüglich einer angemessenen Gewinnmarge festgesetzt wird, ginge allerdings über Sinn und Zweck des Erfordernisses der Wirtschaftlichkeit hinaus. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beinhaltet indessen einen Schutz vor missbräuchlicher Ausnützung der freien Preisgestaltung."
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b) Die Beschwerdeführerin beruft sich auf dieses Urteil. Zum einen wird darin gesagt, die Wirtschaftlichkeit dürfe nicht "ausschliesslich nach Massgabe der Gestehungskosten zuzüglich einer angemessenen Gewinnmarge" beurteilt werden. Daran ist festzuhalten. Andernfalls wäre nämlich insofern eine Erhöhung der Arzneimittelpreise zu befürchten, indem dann auch Präparate mit übersetzten Gestehungskosten wegen unrationeller Betriebsführung unter Zubilligung einer angemessenen Gewinnmarge in die Spezialitätenliste aufgenommen werden müssten mit der Folge, dass andere, wirtschaftlich arbeitende Hersteller unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung die selben Preise verlangen könnten; damit flössen ihnen zusätzliche Gewinne zulasten der Krankenversicherung zu, die sachlich nicht gerechtfertigt wären. Ein solches Verfahren zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wäre im übrigen ohnehin praktisch nicht durchführbar. In diesem Zusammenhang weist RHINOW auf folgende Schwierigkeiten hin (a.a.O. S. 16 f.):
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"Die Kostenstruktur pharmazeutischer Unternehmen zeichnet sich aus durch einen hohen Anteil an Kosten, die nicht den einzelnen Produkten zugerechnet werden können. Die Kostenfaktoren Forschung und Entwicklung, wissenschaftliche Information, Werbung, Vertrieb und Verwaltungskosten sind weitgehend Gemeinkosten, die vom gesamten Pharmasortiment getragen werden müssen. Dabei ist es den Herstellern nicht möglich, diese Gemeinkosten nach Belieben den einzelnen Produkten zuzuordnen und einen entsprechenden Preis zu fordern. Die Wettbewerbssituation auf dem Arzneimittelmarkt zwingt den Hersteller vielmehr, selbst bei der Einführung eines Innovationsprodukts den Preis nach den sich bereits auf dem Markt befindenden Substitutionsprodukten auszurichten. Die wettbewerblich einzig mögliche Art der Zurechnung besteht deshalb darin, zu fordern, was der Markt 'hergibt'. Diese Feststellungen deutscher Autoren treffen nach der Untersuchung der Kartellkommission auch auf schweizerische Verhältnisse zu. Danach besteht die Preispolitik der am Markt massgebenden Unternehmen darin, die Preise ihrer Produkte so hoch anzusetzen, 'wie es die Konkurrenz erlaubt', um grosse Beträge für die Forschung und Entwicklung ihrer Produkte auf dem Markt aufwenden zu können."
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Dass nach diesen zutreffenden Ausführungen eine von den Gestehungskosten ausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht möglich ist und vom Eidg. Versicherungsgericht in BGE 102 V 79 Erw. 2 denn auch abgelehnt wird, ist indessen nicht Anlass zur Folgerung, eine solche Prüfung dürfe demnach allein eine Missbrauchskontrolle sein. Über diese Feststellung hinaus lässt sich jedoch der angeführten Urteilsstelle keine Antwort auf die Frage nach dem Inhalt der Wirtschaftlichkeitsprüfung entnehmen.
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c) Zum andern findet sich in BGE 102 V 79 Erw. 2 der Hinweis, der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit beinhalte "einen Schutz vor missbräuchlicher Ausnützung der freien Preisgestaltung". Unter Berufung darauf sowie auf RHINOW (a.a.O. S. 34 f.) leitet die Beschwerdeführerin ab, dass "die Wirtschaftlichkeitsprüfung sich darauf beschränkt, unhaltbare, offensichtlich übersetzte Medikamentenpreise zu verhindern, und dass das Gesetz eine weitergehende Preiskontrolle ausschliesst". Dem ist jedoch nicht so. Das Eidg. Versicherungsgericht hat im genannten Urteil darauf hingewiesen, die Wirtschaftlichkeit beurteile sich a) unter dem Gesichtspunkt der vergleichenden Wertung mehrerer zum gleichen Behandlungszweck zur Verfügung stehender Heilmittel, b) nach der Höhe des Preises des in Frage stehenden Arzneimittels an sich, c) aufgrund des Verhältnisses zwischen Preis und Nutzen sowie d) unter Berücksichtigung der Kosten des Präparates (Herstellungskosten einschliesslich der in Art. 6 Abs. 2 lit. c Vf 10 genannten Kosten). Damit hat das Gericht den Wirtschaftlichkeitsbegriff sehr weitgehend konkretisiert und deutlich gemacht, dass es nicht nur um die Verhinderung von Missbräuchen geht. Zudem geht aus der Umschreibung, dass der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit einen Schutz vor missbräuchlicher Ausnützung der freien Preisgestaltung "beinhalte", d.h. miteinschliesse bzw. umfasse, ebenfalls hervor, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung über eine blosse Missbrauchskontrolle hinausführt (BGE 108 V 147).
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Gemäss Art. 23 KUVG haben sich unter anderem Ärzte, Apotheker und Heilanstalten in der Behandlung, in der Verordnung und Abgabe von Arzneimitteln sowie in der Anordnung und Durchführung von wissenschaftlich anerkannten Heilanwendungen und Analysen auf das durch das Interesse des Versicherten und den Behandlungszweck erforderliche Mass zu beschränken. Diese Bestimmung verpflichtet zur Wirtschaftlichkeit der Behandlung und stellt eine Schutzvorschrift für die Versicherten und die Krankenkassen dar (BGE 103 V 151 Erw. 3). Sie richtet sich zwar an Medizinalpersonen und Heilanstalten. Das Gebot wirtschaftlicher Behandlung setzt aber voraus, dass auch die Spezialitäten und konfektionierten Arzneimittel in der Spezialitätenliste diesem Erfordernis gerecht werden. Insofern wendet sich Art. 23 KUVG auch an die Instanzen, welche für Prüfung und Bezeichnung der den Krankenkassen empfohlenen Arzneimittel zuständig sind, und ist von diesen ebenfalls zu beachten (BGE 108 V 147). In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Bund den anerkannten Krankenkassen erhebliche Bundesbeiträge (1980 rund 912 Millionen Franken; Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1982, S. 316) gewährt, die grundsätzlich (Vorbehalt der Sparbeschlüsse; vgl. Art. 38bis KUVG) auf dem Landesmittel der Krankenpflegekosten berechnet werden (Art. 35 ff. KUVG, Art. 22 ff. Vo I). Zu diesen gehören auch die Ausgaben für Arzneimittel, sei es als Pflichtleistungen nach Art. 12 Abs. 6 Satz 1 KUVG, sei es im Rahmen der Empfehlung in Art. 12 Abs. 6 Satz 2 KUVG, deren Nichtbeachtung eine Beitragskürzung nach sich zieht (vgl. Art. 35 Abs. 1 lit. a letzter Satz KUVG). Mit der Wirtschaftlichkeitsprüfung soll nun aber unter anderem ein möglichst hoher Wirkungsgrad der Bundesbeiträge sichergestellt werden, was dann nicht der Fall wäre, wenn diese Prüfung bloss eine Missbrauchskontrolle darstellte mit der Folge, dass von der Beitragsgewährung lediglich jene Arzneimittel ausgeschlossen wären, deren Preise in missbräuchlicher Ausnützung der im Grundsatz freien Preisgestaltung festgesetzt worden sind (BGE 108 V 147 f.). Im Hinblick darauf lässt sich sagen, das Gebot der Wirtschaftlichkeit in Art. 23 KUVG stelle auch eine Schutzvorschrift für die Zuschüsse leistende öffentliche Hand dar (Maurer, Sozialversicherungsrecht, Band II, S. 372).
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d) Die Argumente für eine Beschränkung der Wirtschaftlichkeitsprüfung auf eine Missbrauchskontrolle werden von RHINOW, auf den sich die Beschwerdeführerin stützt, im wesentlichen wie folgt zusammengefasst (a.a.O. S. 36).
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"Art. 12 Abs. 6 KUVG kann in dieser materiellen Substanzarmut zu keinen Eingriffen ermächtigen, die zu einer andern als polizeilichen Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit führen. Die Wirtschaftlichkeitsprüfung muss als Missbrauchskontrolle mit dem Ziel der Verhinderung übersetzter Medikamentenpreise konzipiert werden. Die Durchsetzung des im Einzelfall günstigsten Preises findet im Gesetz keine Grundlage, da sie Eingriffe in die Preis- und Kostenstruktur der einzelnen Produzenten, ja eine allgemeine Aufsicht über die Pharmaindustrie in einem Ausmass voraussetzen würde, das weder von der Bundesverfassung noch vom KUVG gedeckt ist. Die Preiskontrolle ist eine der einschneidensten Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit, weil sie den Marktmechanismus in seinem 'Lebensnerv' trifft. Die Bundesverfassung ermächtigt zwar in Art. 34bis den Gesetzgeber, von der Handels- und Gewerbefreiheit abzuweichen, sofern dies im Interesse der Krankenversicherung unausweichlich erscheint. Aber der Gesetzgeber hat diese Anordnungen in der erforderlichen Bestimmtheit vorzunehmen. Verzichtet er darauf, so kann der Verordnungsgeber dies nicht 'nachholen'."
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Demnach erachtet RHINOW Art. 12 Abs. 6 KUVG als ungenügende gesetzliche Grundlage für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, die - in Abweichung von der Handels- und Gewerbefreiheit - mehr als nur eine Verhinderung von Missbräuchen bezweckt. Da RHINOW und damit die Beschwerdeführerin letztlich eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit geltend machen, fragt sich, ob dieser Grundsatz im Zusammenhang mit der streitigen Wirtschaftlichkeitsprüfung bei der Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste überhaupt angerufen werden kann.
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aa) In BGE 78 II 30 Erw. 8 hat das Bundesgericht folgendes ausgeführt:
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"Auch die Rüge der Verletzung der in der Bundes- und der Kantonsverfassung gewährleisteten Handels- und Gewerbefreiheit geht offensichtlich fehl. Dieser Verfassungsgrundsatz verbietet dem Staate, durch einseitige, zwingende Anordnungen die Handels- und Gewerbefreiheit einzuschränken, soweit sie garantiert ist. Aber er ist nicht anwendbar, wo der Staat Subventionen gewährt oder Geschäfte, z.B. über öffentliche Arbeiten, abschliesst und dabei seine Leistungen von gewissen Bedingungen abhängig macht, welche die Entschlussfreiheit des Privaten einengen. In Frage steht dabei nicht eine staatliche Regelung der Gewerbeausübung als solcher, sondern lediglich eine Bestimmung, die an die Verwendung staatlicher Gelder zu einem bestimmten Zweck geknüpft wird."
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Zwar ist das KUVG kein reines Subventionsgesetz (RHINOW, a.a.O. S. 22; vgl. aber auch MAURER, a.a.O. S. 277), doch kommt den - wie erwähnt - ganz erheblichen Beiträgen, welche der Bund den anerkannten Krankenkassen ausrichtet, eine sehr gewichtige Bedeutung zu. Voraussetzung für die Beitragsgewährung ist, dass die Kassen den Anforderungen des Gesetzes genügen (Art. 1 Abs. 2 KUVG) und dass sie, wenn sie nicht eine Beitragskürzung in Kauf nehmen wollen, die Kosten für die in der Spezialitätenliste aufgenommenen und demzufolge als wirtschaftlich erachteten Arzneimittel übernehmen. Wenn das BSV bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht bloss eine Missbrauchskontrolle vornimmt, dann geht es dabei keineswegs um die staatliche Regelung der Gewerbeausübung der Hersteller und Importeure von Arzneimitteln als solcher, sondern unter anderem eben um die Sicherstellung eines möglichst hohen Wirkungsgrades dieser Bundesbeiträge. Darum bezeichnet denn auch Art. 6 Abs. 1 Vf 10 ein Arzneimittel dann als wirtschaftlich, wenn es die indizierte Heilwirkung mit möglichst geringem finanziellem Aufwand gewährleistet, was unter anderem voraussetzt, dass das Kosten-Nutzenverhältnis beim Einsatz staatlicher Gelder möglichst günstig ist. Damit ergibt sich im Krankenkassenbereich eine Situation, welche bezüglich der Wirtschaftlichkeitsprüfung als Voraussetzung für die Aufnahme von Arzneimitteln in die Spezialitätenliste im Sinne von BGE 78 II 30 nicht unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit steht.
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bb) Zum gleichen Ergebnis führt auch eine andere Überlegung. Nach Art. 31 Abs. 1 BV ist die Handels- und Gewerbefreiheit nur so weit gewährleistet, als sie nicht durch die Bundesverfassung und die auf ihr beruhende Gesetzgebung eingeschränkt ist. Art. 34bis BV sieht vor, dass der Bund auf dem Wege der Gesetzgebung die Kranken- und Unfallversicherung unter Berücksichtigung der bestehenden Krankenkassen einrichtet und dass er den Beitritt allgemein oder für einzelne Bevölkerungsgruppen obligatorisch erklären kann. Aufgrund dieser Verfassungsbestimmung besitzt der Bund im Bereich der sozialen Krankenversicherung ein mittelbar rechtliches Monopol, das als solches bereits eine Einschränkung der Handels- und Gewerbefreiheit darstellt (RHINOW, a.a.O. S. 20; MARTI, Die Wirtschaftsfreiheit, 1976, S. 168 ff.; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, 1967, S. 694 f.; vgl. auch GYGI, Wirtschaftsverfassungsrecht, 1981, S. 51 ff.). Im Krankenkassenbereich hat der Gesetzgeber mit dem KUVG ein Konzessionssystem geschaffen. Aufgrund der Anerkennung durch den Bund steht den Krankenkassen ein Anspruch auf Bundesbeiträge zu. Die Erteilung der Anerkennung ist dabei davon abhängig, dass die Kassen bestimmten gesetzlichen Anforderungen genügen. Unter anderem müssen sie Sicherheit für ein finanzielles Gleichgewicht bieten (Art. 3 Abs. 4 KUVG, Art. 9 ff. Vo V) und sich bei der Ausgestaltung ihrer Leistungen an das KUVG und dessen Ausführungsbestimmungen halten. Insbesondere sind sie im Arzneimittelbereich nicht frei. Zum einen sind sie nicht gehalten, alle Arzneimittel und damit auch unwirtschaftliche zu übernehmen. Zum anderen hat ihnen der Gesetzgeber weder die Befugnis belassen, über die Frage der Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln im Zusammenhang mit der Kostenübernahme selber zu entscheiden, noch dürfen sie sich direkt mit den Pharmaproduzenten verständigen. Vielmehr sieht Art. 12 Abs. 6 KUVG vor, dass der Bundesrat bzw. - gemäss Art. 1 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Vo VIII - das BSV unter den Spezialitäten und konfektionierten Arzneimitteln eine Auswahl vornimmt und die den Krankenkassen zur Übernahme empfohlenen in einer Liste bezeichnet, wobei unter anderem dem gesetzlichen Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung zu tragen ist (Art. 23 KUVG). Diese Gesetzesbestimmungen sind eine ausreichende Grundlage für eine über eine blosse Missbrauchskontrolle hinausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung sowie auch dafür, dass unter den Arzneimitteln eine Auswahl getroffen werden muss mit der Folge, dass den Krankenkassen nicht alle Arzneimittel zur Übernahme empfohlen werden dürfen. Soweit es darum geht, welche Arzneimittel im Bereich der sozialen Krankenversicherung nach Massgabe der erwähnten gesetzlichen Voraussetzungen den Krankenkassen zur Übernahme zu empfehlen und in die Spezialitätenliste aufzunehmen sind, können sich Hersteller und Importeure nicht auf die Handels- und Gewerbefreiheit berufen und aus diesem Grundsatz nicht einen Anspruch ableiten, Arzneimittel müssten unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit schon dann in die Spezialitätenliste aufgenommen werden, wenn ihr Preis nicht unhaltbar und offensichtlich übersetzt sei (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 103 Ia 378, BGE 102 Ia 395 Erw. 9 in fine, 542 Erw. 10b). Daran ändert nichts, dass - vom erwähnten Vorbehalt abgesehen - die Herstellung und der Verkauf von Arzneimitteln eine grundsätzlich unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit stehende Erwerbstätigkeit ist (BGE 99 Ia 373 Erw. 2 mit Hinweisen).
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cc) Somit ergibt sich, dass die im Rahmen des KUVG für Arzneimittel vorgesehene Wirtschaftlichkeitsprüfung als Voraussetzung für die Aufnahme in die Spezialitätenliste nicht unter dem Gesichtspunkt der Handels- und Gewerbefreiheit beanstandet werden kann. Demnach kann RHINOW und auch der Beschwerdeführerin darin nicht beigepflichtet werden, dass wegen der Unbestimmtheit der Delegation von Art. 12 Abs. 6 KUVG eine ausreichende gesetzliche Grundlage für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung fehle, die mehr als bloss eine Missbrauchskontrolle darstelle.
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5. a) Nach der Rechtsprechung kann das Bundesgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Es unterwirft dieser Kontrolle insbesondere die auf eine gesetzliche Delegation gestützten (unselbständigen) Verordnungen des Bundesrates. Es prüft hiebei, ob solche Verordnungen sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Soweit das Gesetz ihn nicht ermächtigt, von der Verfassung abzuweichen, befindet das Gericht auch über die Verfassungsmässigkeit der unselbständigen Verordnungen. Die Ausführungsverordnung muss sich somit innerhalb der vom Gesetz gewollten Ordnung halten.
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Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, ist dieser Spielraum für das Bundesgericht nach Art. 113 Abs. 3/Art. 114bis Abs. 3 BV verbindlich. Deshalb muss sich das Bundesgericht auf die Prüfung beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV, wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen (BGE 108 V 116 Erw. 3a, BGE 107 Ib 246 Erw. 4, je mit Hinweisen).
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b) Nach RHINOW entspricht Art. 12 Abs. 6 KUVG nicht den Anforderungen, die im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Gewaltentrennung und der (formellen) Gesetzmässigkeit an eine Delegationsnorm gestellt werden müssen, weil er eine Blankovollmacht darstelle und überhaupt keine Aussage über die Art und Weise enthalte, wie von der Ermächtigung Gebrauch zu machen sei (a.a.O. S. 32 f.). Wie er aber mit Recht feststellt, hat sich das Eidg. Versicherungsgericht zufolge der verfassungsrechtlichen Beschränkung der Überprüfungsbefugnis nicht dazu zu äussern (a.a.O. S. 35).
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c) Im vorliegenden Fall wurde die breite Regelungskompetenz, welche der Gesetzgeber dem Bundesrat bezüglich der Wirtschaftlichkeitsprüfung von Arzneimitteln durch Art. 12 Abs. 6 KUVG eingeräumt hat, unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebotes in Art. 23 KUVG zum Teil mit dem Erlass der Vo VIII (insbesondere Art. 4 Abs. 1 lit. c und Abs. 3) genutzt, zum Teil aber mit Art. 4 Abs. 6 Vo VIII an das EDI weiterdelegiert. Dieses erliess gestützt auf diese Subdelegation die Vf 10, welche in Art. 6 Abs. 1 generell bestimmt, dass ein Arzneimittel dann als wirtschaftlich gilt, "wenn es die indizierte Heilwirkung mit möglichst geringem finanziellem Aufwand gewährleistet", während Abs. 2 verschiedene Einzelkriterien für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit aufzählt (vgl. Erw. 2a hievor). Dabei besagt Art. 6 Abs. 1 Vf 10 klar, dass die Aufnahme in die Spezialitätenliste nicht schon dann erfolgen soll, wenn der Preis nicht unhaltbar, weil nicht offensichtlich übersetzt ist, sondern nur, wenn ein günstiges Verhältnis zwischen Preis und Heilwirkung besteht. Dies ist im Hinblick darauf, dass das Gesetz Grundlage für eine über eine Missbrauchskontrolle hinausgehende Wirtschaftlichkeitsprüfung ist, nur folgerichtig. Gegen diese Ordnung kann die Beschwerdeführerin - wie bereits dargelegt (Erw. 4d hievor) - aus der Handels- und der Gewerbefreiheit nichts zu ihren Gunsten ableiten. Auch lässt sich nicht sagen, dass die in Vo VIII und Vf 10 hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsprüfung getroffene Ordnung aus dem Rahmen der delegierten Kompetenzen herausfalle, sich nicht auf ernsthafte Gründe stütze oder aus andern relevanten Gründen rechtswidrig oder gar willkürlich sei. Die in Vo VIII und insbesondere Vf 10 näher umschriebene Wirtschaftlichkeitsprüfung ist das notwendige Korrektiv dazu, dass mit dem System des KUVG auf der Nachfrageseite wesentliche Kräfte für die Preisbildung aufgehoben werden, indem die Krankenkassen unter Androhung von Beitragskürzungen verpflichtet sind, die ihnen zur Übernahme empfohlenen Arzneimittel zu den festgesetzten Preisen zu vergüten (vgl. Art. 3 Abs. 2 Vo VIII).
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"Die hier vorgeschriebenen Verbilligungen beruhen offenbar auf Erhebungen des Bundesamtes für Sozialversicherung hinsichtlich der Abstufungen, welche die Herstellerfirmen üblicherweise vorsehen. Diese Preisabstufungen von 12 bis 40% haben jedoch ein weit grösseres Ausmass als derjenige Anteil des Publikumspreises, der gesamthaft auf Fassonierung und Konfektionierung entfällt. Dieser Kostenanteil beträgt durchschnittlich ca. 9% des Publikumspreises (Angaben von Industrieseite). Das Bundesamt für Sozialversicherung verlangt somit schematisch eine Verbilligung, die angesichts der Kostenstruktur nicht unbedingt gerechtfertigt erscheint, sondern die sich im Wettbewerb zwischen den Anbietern herausgebildet hat. Die starre Regelung verhindert jedoch die Berücksichtigung der konkreten Umstände bei der Preisbildung eines Produkts. Die geforderte prozentuale Verbilligung ist zudem auch fragwürdig, weil die sich aus der vorgeschriebenen Berechnung ergebende Verbilligung in absoluten Zahlen mit zunehmendem Preis des Produkts grösser wird, obwohl die Kosten für Fassonierung und Konfektionierung mit zunehmendem Preis relativ niedriger werden. Man kann daher argumentieren, die vorgesehenen Abstufungen seien innerlich widersprüchlich und mit Art. 4 BV (Willkürverbot) kaum vereinbar."
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Die Richtlinien des BSV sind - wie die Beschwerdeführerin selber schreibt - Durchschnittswerte und beruhen auf Erfahrungswerten der Hersteller. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Pharmamarktes, die RHINOW sehr eindrücklich darstellt (vgl. Erw. 4b hievor), ist eine andere Lösung jedoch gar nicht denkbar. Wenn sich schon in einem wesentlichen Umfang nicht einmal sagen lässt, welche Kosten den einzelnen Produkten zuzurechnen sind, kann noch weniger errechnet werden, welcher Preisnachlass betriebswirtschaftlich für eine grössere Packung rechnerisch richtig wäre. Die vom BSV ermittelten Erfahrungswerte sind das Ergebnis einer Durchschnittsberechnung sämtlicher Präparate der Spezialitätenliste und ihrer Packungsgrössenverhältnisse und geben immerhin Hinweise darauf, was von der Pharmaindustrie in der Regel als angemessener Rabatt betrachtet wird. Da angenommen werden darf, dass die Hersteller die für die Preiskalkulierung bei unterschiedlichen Packungsgrössen relevanten Gegebenheiten gesamthaft zu beurteilen vermögen, wird deren Praxis kaum als realitätsfremd betrachtet werden können. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Verwaltung auf die aus der Praxis gewonnenen Erfahrungswerte abstellt, jedenfalls solange nicht in einem konkreten Fall nachgewiesen ist, dass sie aufgrund besonderer Umstände zu einem offensichtlich unhaltbaren Ergebnis führen (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 106 Ib 253 f.).
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Im vorliegenden Fall versucht die Beschwerdeführerin darzulegen, das die 200er-Packung GAVISCON unter dem Gesichtspunkt der Anwendung dieses Präparates bei Langzeittherapie und unter Mitberücksichtigung weiterer relevanter Faktoren wie der Anzahl notwendiger Arztkonsultationen zur Verschreibung des Mittels sowie der Wegstrecken und Arbeitsunterbrechungen der Patienten usw. auch ohne Rabatt wirtschaftlicher sei als die kleineren Packungen zu 24 und 48 Tabletten und dass einer Aufnahme auch der Grosspackung in die Spezialitätenliste darum keine Wirtschaftlichkeitsüberlegungen entgegengehalten werden dürfen. Die Beschwerdeführerin vermag damit aber nicht darzutun, weshalb gerade in ihrem Fall ein Rabatt, der aufgrund der vom BSV ermittelten Erfahrungswerte für die Grosspackung im Vergleich zur 48er-Packung bei rund 20% und nicht bei blossen 9% liegen müsste, zu einem für sie offenbar unhaltbaren Ergebnis führe. Unter diesen Umständen kann offenbleiben, ob es in besonders gelagerten Fällen möglicherweise gerechtfertigt wäre, bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung eines Arzneimittels auch die mit dessen Verabreichung verbundenen notwendigen Arztkosten zu berücksichtigen. Immerhin ist aber festzuhalten, dass Gegenstand der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach der Ordnung in Vo VIII und Vf 10 grundsätzlich allein das Arzneimittel ist.
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c) Schliesslich macht die Beschwerdeführerin noch geltend, dass die Anwendung der Richtlinien des BSV in ihrem Fall die Rechtsgleichheit verletze, da das Bundesamt in andern Fällen Grosspackungen auch mit geringeren Rabatten zugelassen habe. Dem hält die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen, dass von den mit GAVISCON vergleichbaren Arzneimitteln ANDURSIL Compr. 1977 und MAALOXAN Compr. schon 1968 in die Spezialitätenliste aufgenommen worden seien. Die Richtlinien betreffend Preisrelationen seien aber erst im März 1979 als Erfahrungswerte schriftlich festgehalten worden und dienten seither als Grundlage für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit sämtlicher neu zur Aufnahme in die Spezialitätenliste angemeldeter Präparate und Packungsgrössen. Da ANDURSIL und MAALOXAN vor diesem Zeitpunkt in die Spezialitätenliste aufgenommen worden seien, rechtfertige sich schon im Hinblick auf den zeitlichen Ablauf eine abweichende Preisrelation.
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"La recourante estime que le refus d'inscrire le Flussema dans la liste des spécialités est arbitraire, qu'il consacre une inégalité de traitement et qu'il viole par conséquent le droit fédéral, soit l'art. 4 Cst. Le moyen n'est toutefois pas pertinent. En effet, s'il est exact qu'à l'époque où a été prise la décision attaquée et aujourd'hui encore la liste des spécialités contient des préparations trop coûteuses en Suisse au regard du prix auquel elles sont vendues dans le pays de production, l'Office fédéral des assurances sociales et la Commission fédérale des médicaments ont entrepris et entreprennent systématiquement d'en réduire le prix ou de les exclure de la liste, ainsi que cela ressort du dossier et d'autres affaires soumises à la Cour de céans. La recourante ne pourrait se plaindre d'une violation de l'art. 4 Cst. que si l'administration ne faisait rien pour rétablir une égalité temporairement troublée par un changement ou un raidissement de la pratique (voir p. ex. ATF 102 Ib 364; 99 Ib 291, 383 ss; 98 Ia 161 ss, 658; 98 Ib 26 et 241)."
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Daran ist festzuhalten. Die Beschwerdeführerin kann daher auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsgleichheit nichts für sich herleiten.
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d) Demzufolge liegen keine Gründe dafür vor, von den in den Richtlinien des BSV enthaltenen Erfahrungswerten abzuweichen und die 200er-Packung GAVISCON bei dem von der Beschwerdeführerin verlangten Preis von Fr. 42.50 als wirtschaftlich zu betrachten. Verfügung und vorinstanzlicher Entscheid können darum nicht beanstandet werden.
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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