![]() ![]() | |||
| |||
Bearbeitung, zuletzt am 15.03.2020, durch: DFR-Server (automatisch) | |||
![]() | ![]() |
4. Auszug aus dem Urteil vom 22. Januar 1985 i.S. Liotta gegen Schweizerische Ausgleichskasse und Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV | |
Regeste |
Art. 47 AHVG. |
- Die Rückforderung ist als einheitliche Gesamtforderung zu betrachten. Vor Erlass der Rückerstattungsverfügung muss die Gesamtsumme der unrechtmässig ausbezahlten Renten feststehen (Erw. 5). | |
Sachverhalt | |
![]() | 1 |
Am 12. Februar 1982 forderte die Ausgleichskasse Giuseppina Liotta verfügungsweise auf, die in der Zeit vom 1. Mai 1977 bis 31. Januar 1980 zu Unrecht ausbezahlten Renten im Gesamtbetrag von Fr. 12'474.-- zurückzuerstatten.
| 2 |
B.- Gegen diese Verfügung liess die Versicherte Beschwerde erheben mit dem Antrag, die Rückforderungsverfügung sei aufzuheben; eventuell sei von der Rückerstattung abzusehen; subeventuell sei die Rückforderung zu ermässigen. Der Hauptantrag wurde im wesentlichen mit der Verjährungseinrede begründet.
| 3 |
Mit Entscheid vom 2. Juli 1982 trat die Rekurskommission des Kantons Thurgau für die AHV auf die Beschwerde insoweit nicht ein, als mit dieser der vollständige oder teilweise Erlass der Rückforderung beantragt worden war. Im übrigen vertrat die Rekurskommission insbesondere die Ansicht, die für den Rückforderungsanspruch ![]() | 4 |
C.- Mit der gegen diesen Entscheid erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Giuseppina Liotta erneut die Aufhebung der Kassenverfügung beantragen; allenfalls sei der Rückforderungsbetrag auf Fr. 6426.-- herabzusetzen. Die einjährige Verjährungsfrist habe in dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, als die Ausgleichskasse aufgrund der Mitteilung der Versicherten vom 12. Dezember 1979 festgestellt habe, dass seit Mai 1977 kein Rentenanspruch mehr bestand. Richtigerweise hätte die Ausgleichskasse damals unverzüglich eine Rückforderungsverfügung erlassen müssen, statt zunächst nach dem Schicksal der bereits im Oktober 1978 der Generaldirektion des INPS zuhanden der Versicherten überwiesenen rückständigen Renten zu forschen. Vom Oktober 1978 bis Januar 1980 seien die Renten der Versicherten bzw. ihren Verwandten in Italien ohne Vermittlung des INPS direkt durch die Post ausbezahlt worden. Für diese Renten sei der Rückforderungsanspruch am 12. Februar 1982 mit Sicherheit verjährt gewesen, weshalb höchstens die Renten vom Mai 1977 bis September 1978 im Gesamtbetrag von Fr. 6426.-- zurückgefordert werden könnten.
| 5 |
Die Ausgleichskasse beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung vertritt die Auffassung, dass der Rückforderungsanspruch jedenfalls bezüglich der vom Mai 1977 bis September 1978 ausbezahlten Renten im Betrag von Fr. 6426.-- zu bejahen sei, während der Rückforderung der Renten für die Monate Oktober 1978 bis Januar 1980 allenfalls die Verjährungseinrede entgegengehalten werden könne.
| 6 |
Aus den Erwägungen: | |
3. Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin zu Unrecht Renten bezogen hat. Sie lässt aber geltend machen, dass sie nicht rückerstattungspflichtig sei, weil der Rückforderungsanspruch gemäss Art. 47 Abs. 2 Satz 1 AHVG verjährt sei. Nach dieser Bestimmung verjährt der Rückforderungsanspruch mit dem ![]() | 7 |
In Anlehnung an die Praxis zu Art. 82 Abs. 1 AHVV betreffend die Verjährung von Schadenersatzforderungen im Sinne von Art. 52 AHVG hat das Eidg. Versicherungsgericht entschieden, dass die relative einjährige Verjährungsfrist in dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in welchem die Verwaltung bei Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für eine Rückerstattung bestehen (BGE 110 V 304 Erw. 2b). Um die Voraussetzungen für eine Rückerstattung beurteilen zu können, müssen der Verwaltung alle im konkreten Einzelfall erheblichen Umstände zugänglich sein, aus deren Kenntnis sich der Rückforderungsanspruch dem Grundsatz nach und in seinem Ausmass gegenüber einem bestimmten Rückerstattungspflichtigen ergibt (vgl. dazu BGE 108 V 50). Für die Beurteilung des Rückforderungsanspruchs genügt es nicht, dass der Kasse bloss Umstände bekannt werden, die möglicherweise zu einem solchen Anspruch führen können, oder dass dieser Anspruch bloss dem Grundsatz nach, nicht aber in masslicher Hinsicht feststeht; das gleiche gilt, wenn nicht feststeht, gegen welche Person sich die Rückforderung zu richten hat.
| 8 |
Die absolute Verjährungsfrist des Art. 47 Abs. 2 AHVG von fünf Jahren beginnt mit dem Zeitpunkt zu laufen, an welchem die Leistung effektiv erbracht worden ist, und nicht etwa mit dem Datum, an welchem sie hätte erbracht werden sollen (BGE 108 V 4).
| 9 |
10 | |
b) Damit bleibt zu prüfen, ob die Kasse die Rückforderung innerhalb der einjährigen relativen Verjährungsfrist geltend gemacht hat. Es fragt sich also, in welchem Zeitpunkt die Ausgleichskasse unter Beachtung der ihr zumutbaren Aufmerksamkeit hätte feststellen müssen, dass der Beschwerdeführerin zu Unrecht Renten ausgerichtet worden sind und wie hoch die unrechtmässigen Rentenzahlungen waren.
| 11 |
In Anwendung von Art. 9 der Verwaltungsvereinbarung vom 18. Dezember 1963 betreffend die Durchführung des schweizerisch-italienischen ![]() | 12 |
Wohl war der Ausgleichskasse bereits aufgrund des Schreibens der Beschwerdeführerin vom 12. Dezember 1979 klar, dass ein Rentenanspruch seit Mai 1977 nicht mehr gegeben war. Aber erst durch das Schreiben der INPS-Agentur Catanzaro vom 27. Januar 1982 erfuhr die Ausgleichskasse, dass der Betrag von Lit. 6'529'700.-- (am 12. Juli 1980) der Beschwerdeführerin schon ausbezahlt worden war. Erst in diesem Zeitpunkt wusste die Kasse, dass die Beschwerdeführerin den gesamten Rentenbetrag für die Zeit von Mai 1977 bis Januar 1980 effektiv erhalten hatte. Somit wusste sie auch erst in diesem Zeitpunkt, dass sie die Rückforderung gegenüber der Beschwerdeführerin persönlich in der vollen Höhe der zu Unrecht ausbezahlten Renten geltend zu machen hatte. Vorher bestand für die Ausgleichskasse kein Anlass, mit ![]() | 13 |
14 | |
Die Gesamtsumme von Fr. 12'474.-- der zu Unrecht ausbezahlten Renten setzt sich wie folgt zusammen:
| 15 |
an INPS erfolgte Nachzahlung Renten
| 16 |
Mai 1977 - September 1978 = Fr. 6'426.--
| 17 |
monatlich direkt ausbezahlte Renten
| 18 |
Oktober 1978 - Januar 1980 = Fr. 6'048.--
| 19 |
-------------
| 20 |
Fr. 12'474.--
| 21 |
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird folgendes geltend gemacht: Die Kasse habe bereits im Dezember 1979 gewusst, dass die Beschwerdeführerin sicher für den Betrag der monatlich direkt ausbezahlten Renten rückerstattungspflichtig wäre. Bei Erlass der Rückforderungsverfügung im Februar 1982 sei somit die Verjährungsfrist betreffend die Rückforderung der Renten Oktober 1978 bis Januar 1980 schon lange abgelaufen gewesen. Indessen ist die Rückforderung als einheitliche Gesamtforderung zu betrachten, ohne Rücksicht darauf, dass die Renten für die Monate Mai 1977 bis September 1978 der Generaldirektion des INPS überwiesen und diejenigen für die Zeit von Oktober 1978 bis Januar 1980 direkt der Beschwerdeführerin oder ihren Verwandten ausbezahlt worden waren. Die Kasse durfte demnach mit dem Erlass der Rückforderungsverfügung zuwarten, bis der Umfang des Gesamtbetrages der unrechtmässig bezogenen Renten feststand. Das war aber erst im Januar 1982 der Fall, als die INPS-Agentur Catanzaro der Kasse mitteilte, dass die Summe von Lit. 6'529'700.-- der Beschwerdeführerin ausbezahlt worden sei. Demzufolge war ![]() | 22 |
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
| 23 |
24 | |
© 1994-2020 Das Fallrecht (DFR). |