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41. Urteil vom 20. August 1985 i.S. Zimmermann gegen Ausgleichskasse des Kantons Schaffhausen und Obergericht des Kantons Schaffhausen | |
Regeste |
Art. 21 Abs. 1 IVG, Ziff. 13.05* und 13.06* HVI Anhang. |
- Hat der Versicherte Anrecht auf Beiträge an einen Treppenlift auf der Grundlage einer Beitragsgewährung an einen Treppenfahrstuhl, wenn er die Anspruchsvoraussetzungen nur für das letztere Hilfsmittel erfüllt? Voraussetzungen einer solchen Leistungszusprechung (Präzisierung der Rechtsprechung). In casu Voraussetzungen für Beiträge auf der Grundlage der Kosten für einen Treppenfahrstuhl bejaht (Erw. 2). | |
Sachverhalt | |
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Am 14. Juli 1983 teilte ihr Vater der Invalidenversicherungs-Kommission mit, er beabsichtige, im Haus seiner Schwiegereltern einen Treppenlift einzubauen, dessen Kosten sich auf rund Fr. 30'000.-- belaufen würden; zur Begründung führte er u.a. an, er könne es nicht länger verantworten, dass seine Frau die gehunfähige Marion "täglich im Hause und zum Schulbus tragen" müsse; die Kommission werde deshalb um Prüfung ersucht, inwieweit die Invalidenversicherung einen Beitrag an die Baukosten leisten könne. Dieses Begehren lehnte die Ausgleichskasse des Kantons Schaffhausen gestützt auf einen Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission vom 29. September 1983 ab, weil nach Ziff. 13.05* HVI Anhang Beiträge an Treppenlifts nur zugesprochen werden könnten, sofern damit die Überwindung des Arbeitsweges zur Ausübung einer existenzsichernden Tätigkeit ermöglicht werde; dies treffe jedoch bei der minderjährigen nichterwerbstätigen Versicherten nicht zu (Verfügung vom 27. Oktober 1983).
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B.- Das Obergericht des Kantons Schaffhausen wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 30. Dezember 1983 ab.
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C.- Marion Zimmermann lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es sei die Invalidenversicherung, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides, zu verpflichten, "einen ![]() | 4 |
Während die Ausgleichskasse auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) deren Gutheissung in dem Sinne, dass der Versicherten an die Anschaffung des Treppenliftes ein Kostenbeitrag von Fr. 6000.-- zuzusprechen sei.
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Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: | |
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Demgegenüber ist die Hilfsmittelliste, soweit vorliegend von Bedeutung, aufgrund der Verordnungsänderung vom 21. September 1982 (in Kraft seit 1. Januar 1983) folgendermassen ausgestaltet worden:
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"13.05* Beiträge an Hebebühnen, Treppenlifts, ..., Rampen und das Verbreitern der Eingangstüre, sofern damit die Überwindung des Arbeitsweges zur Ausübung einer existenzsichernden Tätigkeit ermöglicht wird.
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13.06* Treppenfahrstühle, sofern damit die Überwindung des Weges zur Arbeits-, Schulungs- oder Ausbildungsstätte ermöglicht wird."
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Kraft dieser Verordnungsänderung ist es seit dem 1. Januar 1983 möglich, Beiträge an Treppenfahrstühle auch Versicherten zu gewähren, die keine existenzsichernde Tätigkeit im Sinne der Rechtsprechung (BGE 105 V 63; vgl. auch BGE 110 V 269 Erw. 1c) ausüben, wie dies etwa bei Schülern oder Lehrlingen regelmässig zutrifft. Dagegen ist der Anspruch auf Gewährung von Beiträgen an einen Treppenlift nach wie vor vom Erfordernis einer existenzsichernden (Erwerbs-)Tätigkeit abhängig.
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b) Soweit die Beschwerdeführerin wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren rügt, die Verordnungsbestimmungen der Ziff. 13.05* und 13.06* HVI Anhang seien gesetzwidrig, kann ihr angesichts der dem Bundesrat bzw. dem Eidgenössischen Departement des Innern (Art. 14 IVV) zustehenden weitgehenden Freiheit in der ![]() | 11 |
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Nach dem Gesagten könnte die Beschwerdeführerin zur Überwindung des Schulweges gestützt auf Ziff. 13.06* HVI Anhang Beiträge an einen Treppenfahrstuhl beanspruchen, auf dessen Anschaffung indessen verzichtet wurde.
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Anderseits hat sie nach Ziff. 13.05* HVI Anhang kein Anrecht auf Beiträge an den Treppenlift, weil sie diesen nicht für die Bewältigung des Arbeitsweges zur Ausübung einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit braucht.
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Zu prüfende Rechtsfrage ist somit, ob der Beschwerdeführerin an den von ihrem Vater eingebauten Treppenlift Leistungen auf ![]() | 15 |
b) In den Urteilen Gschwend vom 24. Juli 1979 (ZAK 1979 S. 564) und Furginé vom 29. November 1979 hat das Eidg. Versicherungsgericht festgehalten, dass der Versicherte, der auf eigene Kosten einen strassenverkehrstauglichen Elektrofahrstuhl (Ziff. 10.03* HVI Anhang) gekauft hatte, Anspruch auf einen für den Strassenverkehr nicht zugelassenen Elektrofahrstuhl (Ziff. 9.02 HVI Anhang) hat, weshalb Amortisationsbeiträge auf der Basis des Anschaffungspreises eines derartigen Hilfsmittels zu gewähren sind. Diesen Rechtsgedanken, welcher in der Lehre als Austauschbefugnis des Versicherten bezeichnet worden ist (MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985, S. 87 ff.), hat das Eidg. Versicherungsgericht in dem von den Verfahrensbeteiligten mehrfach erwähnten Urteil Elsener vom 27. März 1981 (BGE 107 V 89) folgendermassen umschrieben: Umfasst das selber angeschaffte Hilfsmittel auch die Funktion eines dem Versicherten an sich zustehenden Hilfsmittels, so steht einer Gewährung von Amortisationsbeiträgen nichts entgegen; diese sind alsdann auf der Basis der Anschaffungskosten des Hilfsmittels zu berechnen, auf das der Versicherte an sich Anspruch hat (BGE 107 V 93). Diesen Grundsatz hat das Gericht ![]() | 16 |
c) An dieser Rechtsprechung ist grundsätzlich festzuhalten; doch ist sie in folgendem Sinne zu präzisieren: Massgeblich für die Bejahung der Austauschbefugnis im Sinne von BGE 107 V 89 ist, dass das vom Versicherten angeschaffte Hilfsmittel nicht nur unter den Voraussetzungen der unmittelbaren Gegenwart, sondern auch unter den Voraussetzungen, mit denen auf weitere Sicht gerechnet werden muss, die Funktion des dem Versicherten Rechtens zustehenden Hilfsmittels erfüllt.
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Unter diesem Gesichtspunkt ist die Gewährung von Leistungen an einen Treppenlift auf der Grundlage der Beitragszahlung an einen Treppenfahrstuhl grundsätzlich möglich. Doch muss nach dem Gesagten die Gewähr bestehen, dass der Versicherte den Treppenlift auf weitere Sicht tatsächlich zur Überwindung des Weges zur Arbeits-, Schulungs- oder Ausbildungsstätte im Sinne von Ziff. 13.06* HVI Anhang benutzt. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Denn in Anbetracht des Alters der Beschwerdeführerin (im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung erst 8 1/2 Jahre), ihrer Betreuungsbedürftigkeit, der Wohnverhältnisse und der Schulsituation darf davon ausgegangen werden, dass der eingebaute Treppenlift während längerer Zeit zur Überwindung des Weges zur Sonderschule und später zu einer anderen Ausbildungsstätte eingesetzt wird. Damit ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt, dass der eingebaute Treppenlift auf weitere Sicht die Funktion eines Treppenfahrstuhles übernimmt. Folglich ist das oben umschriebene Erfordernis für einen Beitrag an den Treppenlift auf der Grundlage einer Beitragsleistung an den Treppenfahrstuhl erfüllt.
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In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 30. Dezember 1983 und die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Schaffhausen vom 27. Oktober 1983 aufgehoben, und es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin gegen die Invalidenversicherung Anspruch auf einen Beitrag von Fr. 6000.-- an die Kosten des Einbaues eines Treppenliftes hat.
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