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40. Urteil vom 10. Juli 1986 i.S. Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit gegen Ernst und Kantonale Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung, Zürich | |
Regeste |
Art. 10 Abs. 2 lit. b, 18, 22 Abs. 1, 23 AVIG, Art. 41 Abs. 1 AVIV. | |
Sachverhalt | |
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Die Arbeitslosenkasse nahm an, dass die Versicherte durch die Ehescheidung gezwungen gewesen sei, ihre unselbständige Erwerbstätigkeit zu erweitern. Deshalb sei sie von der Erfüllung der Beitragszeit befreit. Folglich belaufe sich ihr versicherter Tagesverdienst ![]() | 2 |
B.- Die Versicherte liess hiegegen Beschwerde bei der Kantonalen Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich einreichen. Diese gelangte zur Auffassung, dass die von der Kasse angewendete bundesamtliche Weisung weder im Gesetz noch in der Verordnung eine genügende Grundlage finde, weshalb von einer Anrechnung des Teilzeitverdienstes auf die Arbeitslosenentschädigung abzusehen sei. Die für von der Erfüllung der Beitragszeit befreite Personen massgeblichen Pauschalansätze seien lediglich die Berechnungsgrundlage für das Taggeld, welches sich im übrigen nach den für alle Versicherten geltenden Bestimmungen ermittle. Da die Versicherte bei einer effektiv ausgeübten Teilarbeitszeit von 15 Wochenstunden im Verhältnis zur betrieblichen Normalarbeitszeit von 43 Wochenstunden nur im Umfange von 28 Stunden arbeitslos sei, betrage der versicherte Verdienst für sie nicht Fr. 80.--, sondern lediglich Fr. 52.10 je Tag (Fr. 80.-- : 43 x 28 = 52.10). Davon stünden ihr 80%, somit Fr. 41.70 als Taggeld zu. Die Rekurskommission hiess in diesem Sinne die Beschwerde, soweit sie darauf eintrat, gut und verpflichtete die Arbeitslosenkasse zur Zusprechung eines Taggeldes von Fr. 41.70 "ab 1. Januar 1984, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt" seien (Entscheid vom 7. Dezember 1984).
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C.- Das BIGA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
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Während die Versicherte die Abweisung der Beschwerde beantragen lässt, verzichtet die Arbeitslosenkasse auf eine Vernehmlassung.
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b) Von den Anspruchsnormen sind die Bestimmungen über die Bemessung der Arbeitslosenentschädigung zu unterscheiden. Diese finden sich in den Art. 18 ff. AVIG. Gemäss Art. 18 Abs. 1 erster Satz AVIG richtet sich der Entschädigungsanspruch nach dem anrechenbaren Arbeitsausfall während einer Kontrollperiode. Als solche gilt jeder Kalendermonat, für den der Arbeitslose Entschädigungsansprüche geltend macht (Art. 18 Abs. 2 AVIG). Laut Art. 22 Abs. 1 AVIG beträgt ein volles Taggeld 70%, für Verheiratete und ihnen durch den Bundesrat gleichgestellte Personen 80% des versicherten Verdienstes, wie er sich aus dem Bemessungszeitraum ergibt (Art. 23 Abs. 1 in fine AVIG in Verbindung mit Art. 37 AVIV). 80% stehen insbesondere einer geschiedenen Frau zu, welche als Inhaberin der elterlichen Gewalt für eine minderjährige Tochter zu sorgen hat (Art. 33 Abs. 1 lit. b AVIV in Verbindung mit Art. 276 ZGB). Hinsichtlich des versicherten Verdienstes gelten u.a. für von der Erfüllung der Beitragszeit befreite Personen angemessene Pauschalansätze, welche der Bundesrat festlegt (Art. 23 Abs. 2 AVIG). Für Personen, die sich nicht mindestens über eine abgeschlossene Berufslehre oder gleichwertige Ausbildung ausweisen können (Art. 41 Abs. 1 lit. b AVIV), beträgt der Pauschalansatz Fr. 80.-- im Tag (Art. 41 Abs. 1 lit. c AVIV).
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c) Die Beschwerdegegnerin war im massgeblichen Zeitraum (Januar bis März 1984) teilweise arbeitslos. Sie hat ferner in diesen ![]() | 8 |
Die Beschwerdegegnerin erfüllt somit sämtliche der hier näher zu prüfenden Anspruchsvoraussetzungen; auch ist ein versicherter Tagesverdienst von pauschal Fr. 80.-- ausgewiesen. Dennoch hält das BIGA dafür, dass kein Entschädigungsanspruch bestehe. Denn der von der Beschwerdegegnerin in den streitigen Kontrollperioden erzielte Teilzeitverdienst überschreite die höchstmöglichen, d.h. auf dem vollen versicherten Pauschalverdienst von Fr. 80.-- je Tag berechneten Taggeldbetreffnisse. Anders ist die Rekurskommission vorgegangen: sie hat von einer Anrechnung des Teilzeitverdienstes auf die Arbeitslosenentschädigung abgesehen, diese jedoch nicht auf dem vollen, sondern nur auf einem anteilmässigen versicherten Pauschalverdienst ermittelt. Dieser Anteil ergab sich aus dem Verhältnis des effektiven wöchentlichen teilweisen Arbeitsausfalles von 28 Stunden zum höchstmöglichen Arbeitsausfall im Umfange der betrieblichen Normalarbeitszeit von 43 Stunden. Es ist im Folgenden zu prüfen, welche dieser Auffassungen rechtmässig ist.
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2. a) Das BIGA verweist für seinen Standpunkt auf die von ihm erlassenen Weisungen im Kreisschreiben über die Arbeitslosenentschädigung (provisorische Fassung vom Februar 1984, Rz. 4.10). Das Kreisschreiben, erläutert das Bundesamt, gehe davon aus, dass Verdienste aus Teilzeitbeschäftigung von der Arbeitslosenentschädigung abzuziehen seien, "so dass der teilweise Arbeitslose insgesamt (Verdienst aus Teilzeitarbeit und Entschädigung) höchstens den Betrag erreichen" könne, "der ihm bei 100%iger Arbeitslosigkeit zustünde". Die gleiche Betrachtungsweise kommt auch in den Rz. 56 i.f., 178, 179.4 und 179.6 des ![]() | 10 |
b) Die Anrechnung des Teilzeitverdienstes auf das Taggeld gemäss der Verwaltungspraxis führt dazu, dass jeder Teilarbeitslose, dessen Einkommen auf den Beginn der Leistungsbezugszeit (Art. 9 Abs. 2 AVIG) im Vergleich zum massgeblichen Bemessungszeitraum (Art. 37 AVIV) nicht um wenigstens 20 bzw. 30% absinkt, keinen Entschädigungsanspruch hat; denn in diesen Fällen wird das vom Versicherten während der Teilarbeitslosigkeit erzielte Einkommen stets 80% bzw. 70% des versicherten Verdienstes (Art. 22 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 AVIG und Art. 37 AVIV) übersteigen. Deshalb ergibt sich durch die Anrechnung des Teilzeitverdienstes auf die Arbeitslosenentschädigung von vornherein ein negativer Taggeldsaldo. Die gleiche Folge tritt nach der Verwaltungspraxis zwangsläufig ein, wenn die Einkünfte eines teilarbeitslosen Versicherten, der - wie die Beschwerdegegnerin - von der Erfüllung der Beitragszeit befreit ist, 80% bzw. 70% des für den versicherten Verdienst in solchen Fällen massgeblichen Pauschalansatzes erreichen oder übersteigen (Art. 22 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 AVIG in Verbindung mit Art. 41 Abs. 1 AVIV). Die Weisungen des BIGA schliessen somit einen Grossteil der teilarbeitslosen Versicherten zum vornherein vom Entschädigungsanspruch aus, obwohl das Gesetz ausdrücklich auch die Versicherten als anspruchsberechtigte Personen bezeichnet, welche einerseits eine Teilzeitbeschäftigung - und damit notwendigerweise auch ein Erwerbseinkommen - haben, anderseits eine Vollzeitarbeit suchen (Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 2 lit. b AVIG). Allein schon unter diesem gesetzlichen Gesichtspunkt ist die von der Verwaltungspraxis vorgesehene voraussetzungslose und undifferenzierte Anrechnung von Teilzeitverdienst auf den Taggeldanspruch unhaltbar. Soweit dem in ARV 1985 Nr. 8 S. 29 publizierten Urteil K. vom 24. Mai 1985 etwas anderes entnommen werden könnte, ist daran nicht festzuhalten.
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d) Das BIGA beruft sich im weitern auf die gesetzliche Regelung des Zwischenverdienstes. Nach Art. 18 Abs. 1 zweiter Satz AVIG wird ein allfälliger Zwischenverdienst bei der Ermittlung des anrechenbaren Arbeitsausfalles berücksichtigt. Als Zwischenverdienst gilt Einkommen aus selbständiger oder unselbständiger Erwerbstätigkeit, das der Arbeitslose innerhalb einer Kontrollperiode erzielt, wobei ein Nebenverdienst unberücksichtigt bleibt (Art. 24 Abs. 1 AVIG). Der Gesamtbetrag der Arbeitslosenentschädigung, ![]() | 13 |
Zwischenverdienst erzielen jene Arbeitslosen, denen es gelingt, während der Leistungsbezugszeit eine Erwerbstätigkeit wiederaufzunehmen (Erw. 1 des in BGE 111 V 255 Erw. 4 erwähnten Urteils Huguenin vom 19. Juni 1985). Dies trifft hier nicht zu, hat doch die Beschwerdegegnerin ihre Teilzeitarbeit bereits vor der Leistungsbezugszeit ausgeübt und während der drei streitigen Kontrollperioden beibehalten. Davon abgesehen, bestätigt die gesetzliche Regelung des Zwischenverdienstes das eben Gesagte, wonach der anrechenbare Arbeitsausfall die Höhe des Taggeldanspruches mitbestimmt. Gleichzeitig soll mit der Anrechnung von Zwischenverdienst eine Überentschädigung vermieden werden (HOLZER, a.a.O., S. 154), ein Gedanke, der beim Teilzeitverdienst ebenfalls zu berücksichtigen ist.
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e) Nach dem Gesagten ist für die richtige Behandlung von Teilzeitverdienst, den ein Teilarbeitsloser während der Kontrollperioden erzielt, zunächst der Umfang des anrechenbaren Arbeitsausfalles festzustellen. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen der effektiven Teilarbeitszeit und der nach den jeweils herrschenden Umständen betriebs- oder branchenüblichen normalen Arbeitszeit. Nach Massgabe eines solchen teilweisen Arbeitsausfalles steht dem Versicherten grundsätzlich eine Arbeitslosenentschädigung zu. Für deren Bemessung wird ein versicherter Verdienst herangezogen, wie er sich aus Art. 37 AVIV oder - bei Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit - aus Art. 41 AVIV ergibt. Ist die Höhe des versicherten Verdienstes Ausdruck einer bereits im Bemessungszeitraum ausgeübten Teilzeitarbeit, so darf zwar - abgesehen von den hier nicht zutreffenden Fällen, wo dies gesetzlich vorgesehen ist (Art. 39 und Art. 40b AVIV) - keine hypothetische Hochrechnung des versicherten Verdienstes erfolgen (BGE 111 V 248 Erw. 3a). Folgerichtig hat dann aber die Anrechnung des Teilzeitverdienstes an den Taggeldanspruch zu unterbleiben; denn sonst würde der in den Kontrollperioden effektiv aufgetretene teilweise Arbeitsausfall nicht entschädigt, was das ![]() | 15 |
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b) Mit einzubeziehen in die neue Überprüfung hat die Arbeitslosenkasse, entgegen dem diesbezüglichen Nichteintreten der Vorinstanz, auch die Zeitspanne vom 28. Dezember 1983 bis zum 2. Januar 1984, für welche Tage die Beschwerdegegnerin ebenfalls ![]() | 18 |
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Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:
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